OGH 5Ob209/99t

OGH5Ob209/99t20.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Johann Christian H*****, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in Linz, wegen Einverleibung von Bestandrechten auf den EZ *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 11. Mai 1999, GZ 6 R 123/99a, womit über den Rekurs des Zwangsverwalters Dr. Karl M*****, Rechtsanwalt in ***** M*****, der Beschluß des Bezirksgerichtes Schärding vom 29. März 1999, TZ 604/99, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichts wird wie folgt abgeändert:

"Der Rekurs des Zwangsverwalters Dr. Karl M***** M*****, wird

zurückgewiesen.

Hievon werden verständigt:

1) Johann H*****,

2) Dr. Wolfgang M*****,

3) Renate H*****,

4) Finanzamt *****,

5) Dr. Karl M***** M*****."

Die dadurch erforderlichen Eintragungen obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung

Am 26. 3. 1999 beantragte Johann Christian H***** unter Vorlage von Pachtverträgen bzw. Unterpachtverträgen, die weder im Original vorgelegt wurden noch die nach § 31 Abs 1 GBG erforderliche notarielle Beglaubigung der Parteiunterschriften aufwiesen sowie einer Zustimmungserklärung der Belastungs- und Veräußerungsverbotsberechtigten Renate H*****, die ebenfalls keine gerichtliche oder notarielle Beglaubigung aufwies, die bücherliche Einverleibung von Bestandrechten auf den EZ *****jeweils bis zum 31. 12. 2005. Auf den EZ ***** bis 31. 12. 2007. Alleineigentümer aller dieser Liegenschaften - mit Ausnahme der Liegenschaft EZ *****, wo er nur zu einem Drittel Miteigentümer der Liegenschaft ist - ist Johann H*****.

Eine nach § 32 Abs 1 lit b GBG erforderliche Einverleibungsbewilligung des/bzw. der Liegenschaftseigentümer aller bezeichneten Liegenschaften wurde dem Grundbuchsantrag nicht angeschlossen. Sie findet sich auch nicht in den diversen Pacht- bzw. Unterpachtverträgen.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Schärding vom 17. 3. 1999, 2 E 556/99z-2, wurde der betreibenden Partei R***** AG zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 12,877.373,-- s.A., die Zwangsverwaltung aller oben angeführten Liegenschaften (sowie andere Liegenschaften des dort verpflichteten Johann H*****) bewilligt. Zum Zwangsverwalter wurde Dr. Karl M***** M*****, bestellt. Die Übergabe der Liegenschaften an den Zwangsverwalter wurde am 8. 4. 1999 vollzogen. Die Zwangsverwaltung ist jeweils an letzter Stelle im Lastenblatt sämtlicher oben bezeichneter Liegenschaften grundbücherlich angemerkt.

Das Erstgericht bewilligte die begehrte grundbücherliche Einverleibung der Bestandrechte für den Antragsteller aufgrund der vorliegenden Pacht- bzw. Unterpachtverträge sowie eines Nachtrags zu einem Pachtvertrag und der Zustimmungserklärung der Renate H*****. Der Bewilligungsbeschluß wurde unter anderem auch dem Zwangsverwalter Dr. M***** zugestellt.

Über Rekurs des Zwangsverwalters Dr. M***** änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß das gesamte Begehren des Antragstellers abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde die Anmerkung der Abweisung des Grundbuchsgesuchs auf allen genannten Liegenschaften verfügt.

Das Rekursgericht bejahte die Rekurslegitimation des Zwangsverwalters, die mit der Übergabe der Liegenschaft an ihn bewirkt worden sei. Er habe die Legitimation während des Laufs der "14tägigen Rekursfrist" nämlich am 8. 4. 1999 erworben. Im Zeitpunkt der Rekurserhebung, am 12. 4. 1999, sei er daher bereits zu einer Erhebung eines Rekurses legitimiert gewesen.

Das Erstgericht habe gegen die Bestimmungen des §§ 31 Abs 1, 32 Abs 1 lit b, 26 Abs 1 GBG und § 94 Abs 1 Z 4 GBG verstoßen, wonach eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligt werden dürfe, wenn die Urkunden in der Form vorlägen, die zur Bewilligung erforderlich seien. Den nur in Kopie im Akt erliegenden Vertragsurkunden fehle die gerichtliche und notarielle Beglaubigung der Unterschriften sowie eine Aufsandungserklärung der durch die Eintragung Belasteten. Ob die Einverleibung der Bestandrechte zusätzlich auch einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedurft hätte, sei demnach nicht mehr zu erörtern.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußstrG in Verbindung mit § 126 Abs 2 GBG liege in Anbetracht des Verstoßes gegen den eindeutigen Gesetzeswortlaut der bezogenen Vorschriften des GBG nicht vor.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers, der zulässig und berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Tatsächlich liegt eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs 1 AußstrG in Verbindung mit § 126 Abs 2 GBG in den vom Rekurswerber aufgezeigten Fragen der Rekurslegitimation und Beschwer des Zwangsverwalters zur Bekämpfung des erstinstanzlichen Bewilligungsbeschlusses vor.

Die dem Verwalter nach den §§ 109 bis 112 EO eingeräumten Befugnisse und Berechtigungen treten nicht mit der Bewilligung oder der Anmerkung der Zwangsverwaltung sondern erst mit der Übergabe der Liegenschaft an den Zwangsverwalter, also mit dessen Einführung in Kraft, weshalb er auch die Rekurslegitimation erst mit der Übergabe der Liegenschaft an ihn erwirbt (SZ 10/296; SZ 28/140; EvBl 1973/252; EvBl 1994/38; MietSlg 45.232). Damit unterscheidet sich der maßgebliche Zeitpunkt grundsätzlich von jenem, der allgemein die Rekurslegitimation in Grundbuchsachen bestimmt, wonach maßgeblich der grundbücherliche Interessenstand im Zeitpunkt der angefochtenen Eintragung ist und ein nachträglicher Eintritt in den Kreis der an der Liegenschaft Berechtigten nicht rückwirkend ein Rekursrecht verschaffen kann (SZ 42/38 = EvBl 1969/244 = NZ 1969, 141 = RPflSlgG 1190; 181). Wessen grundbücherliche Rechte also erst nach diesem maßgeblichen Zeitpunkt entstanden sind, der verfügt über kein Rekursrecht.

Für die Rekurslegitimation des Zwangsverwalters gilt also, daß sie mit der Übergabe der Liegenschaft an ihn entsteht und ihm die Erhebung eines Rechtsmittels allerdings nur innerhalb der auch den Parteien offen stehenden Frist (vgl Dittrich-Angst-Auer Grundbuchsrecht4 E 22 f zu § 123 GBG) möglich ist.

Mit Recht weist der Revisionsrekurswerber darauf hin, daß die Verbücherung bereits bestehender Bestandrechte nicht in die Verwaltungs- und Nutzungbefugnis des Zwangsverwalters eingreift. Ausgehend von der Bestimmung des § 111 EO ist der Zwangsverwalter an die bestehenden Bestandrechte an der zwangsverwalteten Liegenschaft gebunden. Die Wirkung einer Verbücherung solcher Bestandrechte erschöpft sich darin, daß ein Übernehmer der Bestandliegenschaft an die vertragsmäßige Bestandzeit gebunden bleibt (§ 1120 ABGB) und im Zwangsversteigerungsverfahren der Ersteher gemäß § 150 Abs 1 und 3 EO an den verbücherten Bestandvertrag gebunden ist, wenn die Einverleibung entweder dem Recht des ersten betreibenden Gläubigers im Rang vorausgeht (ohne Anrechnung auf das Meistbot) oder im Meistbot volle Deckung findet; ansonsten ist das Bestandrecht wie ein unverbüchertes zu behandeln (vgl Würth in Rummel Rz 2 zu § 1121 ABGB; Binder in Schwimann Rz 7 zu § 1121 ABGB).

Unabhängig davon, ob die schon vor Einleitung des Zwangsverwaltungsverfahrens begründeten Pachtverhältnisse verbüchert sind oder nicht, kommt im Verhältnis zwischen dem Zwangsverwalter und dem Pächter § 111 EO zur Anwendung. Die oben beschriebenen Verwaltungsbefugnisse werden somit durch die Verbücherung der bestehenden Pachtverhältnisse nicht tangiert, sodaß auch jede für eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers vorauszusetzende Beeinträchtigung zu verneinen ist.

Diese Umstände zeigt der Revisionsrekurswerber zutreffend auf.

In Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung hat daher die fehlende Beschwer des Zwangsverwalters gegen die Verbücherung der Bestandverhältnisse zur Zurückweisung seines Rechtsmittels zu führen.

Insoweit war der vorliegende außerordentliche Revisionsrekurs auch berechtigt.

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