OGH 5Ob48/69

OGH5Ob48/695.3.1969

SZ 42/38

Normen

Grundbuchsgesetz §122
Grundbuchsgesetz §122

 

Spruch:

Der Käufer der durch die angefochtene Entscheidung betroffenen Liegenschaft hat kein Rekursrecht, wenn er sie erst nachträglich erworben hat.

Entscheidung vom 5. März 1969, 5 Ob 48/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Waidhofen an der Ybbs; II. Instanz:

Kreisgericht St. Pölten.

Text

Mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 23. April 1953 wurde auf Antrag der Eigentümer der Liegenschaft EZ. 275 Grundbuch Y. die Löschung des auf dieser Liegenschaft sowie in EZ. 38 desselben Grundbuches zu Gunsten der Aurelia M. einverleibten lebenslänglichen Fruchtgenußrechtes, ferner die Ersichtlichmachung der Berichtigung der fehlerhaften Darstellung der in der Natur unverändert gebliebenen Grenzlinien hinsichtlich einer Anzahl der zu verschiedenen Liegenschaften gehörigen Grundparzellen, darunter einer Wegparzelle des öffentlichen Gutes und schließlich die Unterteilung mehrerer Grundparzellen der Liegenschaft EZ. 275 in verschiedene Teilstücke bewilligt. Die Anordnung der Mappenberichtigung erfolgte auf Grund der Beurkundung und eines Lageplanes des Zivilgeometers Dipl.-Ing. L. vom 6. August 1951. Durch die Mappenberichtigung wurde auch das zur Liegenschaft EZ. 39 gehörige Grundstück 309/1 berührt. Als Eigentümer dieser Liegenschaft erschien damals im Grundbuch noch der verstorbene Paul G. auf. Das Erstgericht verfügte die Zustellung seines Beschlusses vom 23. April 1953 an Franziska G. "namens der noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft nach Paul G.".

Mit Eingabe vom 7. November 1968 beantragten Werner und Liselotte B. als nunmehrige Eigentümer der Liegenschaft EZ. 39 die Zustellung des Beschlusses des Erstgerichtes vom 23. April 1953 mit der Behauptung, daß Franziska G. seinerzeit nicht berechtigt gewesen sei, die Beurkundung des Geometers über das Einverständnis der Beteiligten zur Mappenberichtigung zu unterfertigen und den Beschluß des Erstgerichtes namens der Verlassenschaft nach Paul G. in Empfang zu nehmen. Gegen den den Einschreitern zugestellten Beschluß erhoben diese aus den gleichen Gründen Rekurs.

Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel zurück, weil die Rekurswerber, die die Liegenschaft EZ. 39 im Jahre 1959 oder 1960 durch Kauf erworben und sie deshalb in jenem Zustand übernommen hatten, in dem sie sich damals befunden habe. Die Rekurswerber könnten sich daher durch einen Vorgang der längere Zeit vor ihrem Eigentumserwerb geschehen ist und der überdies keine rechtsgestaltende Wirkung habe, nicht beschwert erachten. Deshalb sei auf die Frage nicht einzugehen, ob dieser Vorgang fehlerhaft gewesen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Eheleute B. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Legitimation zum Rekurs in Grundbuchssachen ist mangels einer besonderen Bestimmung im Grundbuchsgesetz nach den Vorschriften des Verfahrens außer Streitsachen, insbesondere nach § 9 AußStrG. zu beurteilen. Danach ist jeder, der sich durch eine Verfügung der Vorinstanz beschwert erachtet und dessen Interessensphäre durch eine solche Verfügung berührt wird, zum Rekurs berechtigt (SZ. XX 35). Damit ist aber zugleich klargestellt, daß das Rekursrecht gegen eine Grundbuchseintragung nur demjenigen zusteht, der durch die angefochtene Eintragung benachteiligt wird (Bartsch, Das österreichische allgemeine Grundbuchsrecht[7] S. 602). Das Recht zum Rekurs richtet sich daher nach dem grundbücherlichen Interessenstand der für die Zeit der angefochtenen Eintragung maßgebend war. Der nachträgliche Eintritt in den Kreis der an der Liegenschaft Berechtigten, kann nicht rückwirkend das Rekursrecht verschaffen (SZ. XI 152).

Obwohl durch die Bewilligung der Mappenberichtigung eine Änderung der Eigentumsverhältnisse keinesfalls bewirkt wurde, waren gemäß § 27 (3) LiegTeilG. die Parteien, also die Eigentümer der von der Mappenberichtigung erfaßten Grundstücke, zu verständigen. Ihr Rekursrecht gegen die Anordnung des Grundbuchsgerichtes war zweifellos gegeben. Wenn die Verständigung desjenigen, dem ein Rekursrecht gegen einen Grundbuchsbeschluß zustehen würde, unterblieben ist, ist dieser jedenfalls berechtigt, nachträglich die Zustellung einer Ausfertigung des Beschlusses des Grundbuchsgerichtes zu verlangen und den Beschluß innerhalb der ihm offenstehenden Rechtsmittelfrist anzufechten. Dieses Rekursrecht steht dem Gekränkten so lange zu, als überhaupt eine Anfechtung dieser Eintragung im Klageweg gegen dritte gutgläubige Nachmänner statthaft ist; nach § 64 GBG. erlischt dieses Klagerecht einer nicht vorschriftsmäßig verständigten Person auf Löschung einer Einverleibung gegen dritte Personen, die weitere bücherliche Rechte im guten Glauben erworben haben, binnen drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem um die angefochtene Entscheidung beim Grundbuchsgericht angesucht worden ist. Es kann daher das Rekursrecht auch nur innerhalb dieses Zeitraumes gegen die sich im guten Glauben befindlichen Parteien geltend gemacht werden (Bartsch a. a.O. S. 606). Das gleiche Recht steht auch dem Universalrechtsnachfolger des durch die Eintragung gekränkten Liegenschaftseigentümers zu, weil der Erbe durch die Einantwortung sämtlicher Rechte und Pflichten des Erblassers erwirbt (Gschnitzer, Erbrecht S. 3 f.). Wer dagegen nachträglich in anderer Weise, also auch durch Kauf, das Eigentum an der durch die anzufechtende Grundbuchseintragung berührten Liegenschaften erwirbt, kann das Rekursrecht seines bücherlichen Vormannes nicht geltend machen, weil sein grundbücherlicher Interessenstand erst mit der Einverleibung seines dinglichen Rechtes begrundet wurde, er also zur Zeit der Erlassung der anzufechtenden Entscheidung noch nicht zum Kreis der an der Liegenschaft Berechtigten zählte. Im besonderen Fall ist überdies zu beachten, daß wie schon erwähnt, die Anordnung der Mappenberichtigung die materielle Rechtslage in keiner Weise verändern konnte. Der Umfang der Grundstücke der Rekurswerber richtet sich ausschließlich danach, innerhalb welcher Grenzen der Vormann der Rekurswerber diese Grundstücke besaß und sie ihnen übertrug. Soweit nicht gegenüber dem gutgläubigen Erwerber der Nachbargrundstücke die Löschungsklage verjährt ist, steht es den Rekurswerbern jederzeit frei, ihr besseres Recht diesen Nachbarn gegenüber geltend zu machen. Andererseits aber hat das Rekursgericht den Rechtsmittelwerbern mit Recht das Rechtsschutzinteresse zur Anfechtung des Mappenberichtigungsbeschlusses des Erstgerichtes abgesprochen.

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