OGH 5Ob175/13s

OGH5Ob175/13s27.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Z*****, vertreten durch Dr. Herta Jani, MIM Verein Mieter informieren Mieter, 1150 Wien, Löhrgasse 13/20, gegen die Antragsgegnerin F*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Margit Berger‑Schoeller, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Dr. Susi Pariasek, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8, § 16 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. März 2013, GZ 38 R 44/13x‑70, mit dem infolge der Rekurse beider Parteien der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 3. Dezember 2012, GZ 10 Msch 41/10b‑61, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 180 EUR bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es existiere ‑ soweit überblickbar ‑ keine Judikatur, ob die Mängelrüge auf den Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses zurückwirke bzw welche Rechtsfolgen die Unterlassung der sofortigen Mängelrüge für die Zinshöhe mit sich bringe.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG).

1.1. Die Antragsgegnerin macht in ihrem Revisionsrekurs zur Zulassungsfrage geltend, dass erst mit dem zweiten im Verfahren eingeholten, ihrer Vertreterin am 8. 2. 2012 zugestellten Sachverständigengutachten definitiv die Mangelhaftigkeit der Lüftung festgestanden sei und die Antragstellerin in der Folge mit ihrem Verhalten die Reparatur verzögert habe.

1.2. Gemäß § 15a Abs 2 MRG richtet sich die Ausstattungskategorie nach § 15a Abs 1 MRG nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags. Ist im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags die Wohnung oder ein Ausstattungsmerkmal nicht brauchbar oder entspricht eine Badegelegenheit nicht dem zeitgemäßen Standard, so ist dies nach § 15a Abs 2 Satz 3 MRG (idF WRN 2006, BGBl I 2006/124) für die Einstufung der Wohnung im Kategoriesystem nur zu berücksichtigen, wenn der Mieter die Unbrauchbarkeit oder das Fehlen des zeitgemäßen Standards dem Vermieter angezeigt und dieser den Mangel nicht in angemessener Frist, höchstens aber binnen dreier Monate ab Zugang der Anzeige, behoben hat. Schon aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut folgt somit, dass die Unbrauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmals im Fall nicht fristgerechter Behebung nach Mangelanzeige ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags zu berücksichtigen ist.

1.3. Die Antragstellerin hat den Mangel der Lüftung in ihrem Antrag an die Schlichtungsstelle, dem Hausverwalter der Antragsgegnerin zugestellt am 6. 7. 2010, geltend gemacht. In den ErläutRV zur WRN 2006 (1183 BlgNR 22. GP 41) heißt es dazu: „Eine Anzeige des Mangels im Sinn des neuen zweiten Satzes des § 15a Abs 2 MRG liegt auch darin, wenn der Mieter unter Bezugnahme auf diesen Mangel bei Gericht oder der Schlichtungsstelle ein Mietzinsprüfungsverfahren einleitet“ (so auch Stabentheiner , Die Wohnrechtsnovelle 2006 ‑ Änderungen im Mietrecht, immolex 2006, 262; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht I 22 § 15a MRG Rz 8; Schinnagl in Illedits/Reich‑Rohrwig , Wohnrecht Kurzkommentar, § 15a MRG Rz 13). Auf den Zeitpunkt, in dem ‑ nach subjektiver Meinung der Antragsgegnerin ‑ aufgrund eines Sachverständigengutachtens (aus dem Jahr 2012 [!]) der Mangel feststand, kommt es daher nicht an.

1.4. Die im Zusammenhang mit § 15a Abs 2 Satz 3 MRG (idF WRN 2006) relevierten Rechtsfragen lassen sich somit unmittelbar aufgrund des Gesetzes und seiner Materialien zweifelsfrei lösen, sodass sich insoweit keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG stellt (vgl RIS‑Justiz RS0042656).

2. Zu den von der Antragsgegnerin im Revisionsrekurs angesprochenen Voraussetzungen des Vorliegens einer Neuschaffung eines Mietgegenstands im Sinn des § 16 Abs 1 Z 2 MRG liegen bereits zahlreiche höchstgerichtliche Entscheidungen vor. Die Vorinstanzen sind bei dieser Beurteilung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt, wonach der Begriff „Neuschaffung“ streng auszulegen ist (RIS‑Justiz RS0070741; RS0069647 [T4]). Die Beurteilung, dass der hier vorgelegene Umbau von Geschäftsräumlichkeiten in Wohnungen keine solche Neuschaffung darstellte, ist jedenfalls vertretbar. Die von der Antragsgegnerin bezogene Entscheidung 7 Ob 343/97k (wobl 1998/185 = immolex 1998/144) betrifft einen nicht vergleichbar gelagerten Sachverhalt.

3. Schließlich entspricht die Auffassung der Vorinstanzen, dass die ‑ nicht zeitgemäßen Standards entsprechende ‑ Badegelegenheit nicht durch ein oder mehrere Ausstattungsmerkmale einer höheren Ausstattungskategorie aufgewogen werden kann, bereits vorliegender Rechtsprechung (5 Ob 33/88) und die dort vertretene Rechtsansicht wird auch von der Lehre geteilt ( T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht, § 15a MRG Rz 23; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht I 22 § 15a MRG Rz 15; Schinnagl in Illedits/Reich‑Rohrwig , Wohnrecht Kurzkommentar, § 15a MRG Rz 15).

4.1. Da die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend macht, ist dieser zurückzuweisen.

4.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG; die Antragstellerin hat die Zurückweisung des Revisionsrekurses beantragt.

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