Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Es trifft zu, dass Maßnahmen nach § 176 ABGB nur gerechtfertigt sind, wenn Eltern die Erziehung vernachlässigen, nicht aber schon dann, wenn die Erziehung bei dritten Personen besser wäre (RIS‑Justiz RS0048704), also allein ein Günstigkeitsvergleich noch keinen Eingriff in elterliche Obsorge rechtfertigt (vgl Thunhart in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ §§ 176, 176b Rz 11 mwN). Es wäre untragbar, wenn Dritte durch das Anbieten besonders günstiger Voraussetzungen das Kind den obsorgeberechtigten Eltern entziehen könnten.
Ein derartiger Sachverhalt liegt hier aber nicht vor, war doch eine Obsorgeausübung durch die Mutter nur so lange und insofern ausreichend, als jene Dritte, der nun über ihre eigene Anregung sowie den Antrag der beiden mündigen Minderjährigen (ON 29) die Obsorge übertragen werden soll, die Mutter von Geburt der Kinder an wesentlich bei ihren Erziehungs‑ und Betreuungsaufgaben unterstützte.
2. Maßgeblich für die Obsorgeentscheidung ist nicht zuletzt auch der Wille des Kindes, der entsprechend seiner Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit (§ 146 Abs 3 ABGB) zu berücksichtigen ist. Je älter das Kind ist, umso maßgeblicher wird sein Wunsch nach einer Obsorgeänderung sein. Im Allgemeinen kommt der Meinung eines bereits mündigen Minderjährigen entscheidende Bedeutung zu (1 Ob 172/01b; RIS‑Justiz RS0048818), wenn nicht schwerwiegende Gründe dagegen sprechen (5 Ob 229/98g EF 87.021). Die Rechtsprechung geht dabei ‑ wenn keine solchen Gründe dagegen sprechen ‑ schon ab dem 12. Lebensjahr von der Urteilsfähigkeit eines Kindes bezüglich der Obsorgezuteilung aus (RIS‑Justiz RS0048820 [T9]).
Die Vorinstanzen haben daher richtigerweise dem Wunsch der beiden Minderjährigen, die inzwischen 16 bzw fast 14 Jahre alt sind, besondere Bedeutung für die Entscheidung zuerkannt.
3. Soweit sich die Revisionsrekurswerberin auf ihr Elternrecht beruft, ihre eigenen religiösen Anschauungen gegen die beiden Minderjährigen durchzusetzen und deren Weigerung, den Schleier zu tragen, nur als pubertäre Ablehnung des eigenen kulturellen Hintergrundes beurteilt, ist sie zum einen auf § 5 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung BGBl 155/1985 zu verweisen, wonach die Religionsmündigkeit der älteren Tochter bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahrs eingetreten ist (vgl 7 Ob 543/86). Im Übrigen ist den Feststellungen der Vorinstanzen zu entnehmen, dass es aufgrund „überzogener“ religiöser Vorstellungen der Mutter wiederholt zu groben Differenzen zwischen ihr und den beiden Minderjährigen kam. Als ausschlaggebend für die Obsorgeentziehung wurde dieser Umstand entgegen ihrer Ansicht nicht angesehen.
4. Soweit die Revisionsrekurswerberin einen Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz rügt, wurde dieser vom Rekursgericht verneint und kann insofern keinen Revisionsrekursgrund mehr bilden (RIS‑Justiz RS0050037). Dass im konkreten Fall die Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls geboten wäre (vgl 9 Ob 58/10k mwN), vermag die Revisionsrekurswerberin nicht aufzuzeigen. Neuerlich ist sie wie schon vom Rekursgericht darauf hinzuweisen, dass ihre Zustimmung zur Obsorgeübertragung der Entscheidung ohnedies nicht zugrunde gelegt wurde.
5. Insgesamt hält sich die Entscheidung des Rekursgerichts an alle diese leitenden Grundsätze der Rechtsprechung, ohne dass Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG entscheidungswesentlich wären.
Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels zu führen.
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