OGH 5Ob169/17i

OGH5Ob169/17i23.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers DI M* H*, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin F* Gemeinnützige * regGenmbH, *, vertreten durch die Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen § 22 Abs 1 Z 10 WGG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Mai 2017, GZ 38 R 267/16w‑19, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 22. Juli 2016, GZ 5 Msch 19/15x‑11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119889

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit 501,91 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung und Vermieterin von Objekten in einer von ihr errichteten Wohnhausanlage, die mit einem Gasversorgungsleitungssystem ausgestattet ist. Sie beauftragte im Jahr 2014 die Überprüfung der Dichtheit der Gasverteilungsleitungen (Steigleitungen) sowie der Verbrauchsleitungen in den einzelnen Bestandobjekten und der Waschküche. Dafür wurden ihr insgesamt 31.369,80 EUR in Rechnung gestellt.

Die Vorinstanzen gaben dem Begehren des Antragstellers, festzustellen, dass es sich bei dem in die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 unter der Bezeichnung „diverse Gemeinschaftsanlagen“ aufgenommenen Betrag von 31.369,80 EUR um keine Betriebskosten handle, statt.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Kosten einer verpflichtenden Dichtheitsprüfung von Gasleitungen als Betriebskosten noch nicht befasst gewesen sei, und deren Bedeutung wegen der flächendeckenden Problematik über den Einzelfall hinausgehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass § 14 Abs 1 Z 7 WGG inhaltlich auf § 21 MRG verweist (5 Ob 1/95). Auch in der Lehre wird vertreten, dass auf Betriebskosten (mit Ausnahme von hier nicht in Betracht kommenden Verwaltungskosten), öffentliche Abgaben und Kosten des Betriebs von Gemeinschaftsanlagen die Bestimmungen der §§ 21, 23 und 24 MRG (ausgenommen die Verteilungsgrundsätze bei Objekten gemäß § 20 Abs 1 WGG) voll Anwendung finden (Würth in Rummel,ABGB³§ 14 WGG Rz 25; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 WGG § 14 Rz 18). Das steht im Einklang mit der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 22 Abs 1 Z 10 WGG, in der ausdrücklich auf die §§ 21, 23 und 24 MRG Bezug genommen wird. Dass dessen ungeachtet dem WGG ein anderer Betriebskostenbegriff zu unterstellen wäre als dem MRG, wie die Revisionsrekurswerberin unter Hinweis auf Rudnigger (in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht² § 14 WGG Rz 8) meint, widerspricht damit bereits bestehender Rechtsprechung zu § 14 Abs 1 Z 7 WGG und der vorherrschenden Lehrmeinung.

2.1 Allein das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einer bestimmten Fallgestaltung begründet für sich noch nicht eine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042656; RS0102181). Eine solche liegt insbesondere dann nicht vor, wenn – wie im vorliegenden Fall – die vom Revisionsrekurswerber für erheblich erachteten Fragen anhand des Gesetzes, das selbst eine klare und eindeutige Regelung trifft, und bereits bestehender Judikatur gelöst werden kann (vgl RIS‑Justiz RS0042742 [T13]; RS0118640; zu § 62 Abs 1 AußStrG: RS0102181 [T15]).

2.2 § 21 MRG stellt einen Katalog der auf die Gesamtliegenschaft bezogenen Aufwendungen des Vermieters dar, die als Betriebskosten in der in § 21 Abs 3 bis 5 MRG (hier: in der in § 16 Abs 3 WGG) geregelten Weise auf die Mieter eines Hauses überwälzt werden dürfen. Diese Aufzählung gilt nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0069690; RS0067249) und herrschender Lehre (E. MHausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 21 MRG Rz 6; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 21 MRG Rz 2; Schuster in Schwimann,ABGB² IV §§ 13, 14 WGG Rz 61; Reßler in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht² § 21 MRG Rz 1; Palten, Betriebskosten im Mietrecht² Rz 9)als taxativ; eine zu Lasten der Mieter gehende extensive Gesetzesauslegung ist ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0069690 [T1]).

2.3 Ganz allgemein gilt, dass nur solche Ausgaben als Betriebskosten verrechenbar sind, die in regelmäßigen Zeitabständen wiederkehren, bei denen es sich also um „laufende Kosten des Betriebs“ handelt (vgl 5 Ob 259/08m; 5 Ob 131/09i; 5 Ob 143/09d).

2.4 Im Katalog des § 21 Abs 1 MRG sind die Kosten für eine Dichtheitsprüfung von Gasleitungen nicht enthalten. § 21 Abs 1 Z 1 erster Satz MRG bezieht sich ausdrücklich nur auf die Kosten der Versorgung des Hauses mit Wasser (= Wassergebühren, also die regelmäßig wiederkehrenden Kosten für die Wasserlieferung [EMHausmann aaO § 21 MRG Rz 11]) und die Kosten für die nach den Lieferbedingungen gebotene Überprüfung der Wasserleitungen. Ob bzw inwieweit die Kosten für die Dichtheitsprüfung von Gasleitungen mit dieser Betriebskostenposition vergleichbar sind, kann hier schon deshalb dahinstehen, weil eine Erweiterung des Betriebskostenkatalogs in § 21 Abs 1 MRG durch Auslegung zu Lasten der Mieter nicht in Betracht kommt.

3. Richtig ist, dass § 14 Abs 1 WGG das Entgelt unter Bedachtnahme auf das Kostendeckungsprinzip regelt, doch ist dieser Grundsatz durch den Verweis in § 14 Abs 1 Z 7 WGG auf die Regeln des Mietrechtsgesetzes für Betriebskosten eingeschränkt. In der bereits zitierten Entscheidung 5 Ob 1/95 wurde daher unter ausdrücklicher Bedachtnahme auf das Prinzip der Kostendeckung betont, dass die gemeinnützige Bauvereinigung die Beträge zur Deckung der (sonstigen) Betriebskosten nur nach dem Mietrechtsgesetz begehren darf. Für die von der Antragsgegnerin unter Berufung auf das Kostendeckungsprinzip, das im WGG selbst mehrfach durchbrochen ist (siehe dazu die Beispiele bei Rudnigger aaO § 13 WGG Rz 1), angestrebte Erweiterung des Betriebskostenkatalogs im Anwendungsbereich des WGG verbleibt damit auch unter diesem Aspekt kein Raum.

4.1 Die Revisionsrekurswerberin geht davon aus, dass sie als Inhaberin des gesamten Gasleitungsnetzes im Haus, also auch der Versorgungsleitungen in den Bestandobjekten und der Waschküche, zur Vornahme einer Dichtheitsprüfung verpflichtet war. Sie nennt aber keine Begründung, warum es sich bei diesen Steig- und Versorgungsleitungen, die dazu dienen, Gas zu den Endgeräten zu leiten, um die Warmwasseraufbereitung und/oder Beheizung der Bestandobjekte zu ermöglichen, um eine Gemeinschaftsanlage nach § 24 Abs 1 MRG handeln soll. Nach dieser Gesetzestelle sind die Kosten des Betriebs einer Gemeinschaftsanlage nach den Grundsätzen des § 17 MRG (hier: des § 16 Abs 3 WGG) aufzuteilen, soweit nicht das Heizkostenabrechnungsgesetz (HeizKG) anzuwenden ist. Eine Legaldefinition, was eine Gemeinschaftsanlage ist, existiert nicht. Das Gesetz nennt neben der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage den Personenaufzug oder eine gemeinsame Waschküche als Beispiele für typische Gemeinschaftsanlagen.

4.2 Eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage liegt hier nicht vor; die in Rede stehenden Leitungen sind damit auch nicht Bestandteil einer solchen Anlage (vgl zu den Kosten des Betriebs einer solchen Anlage insbes § 2 Z 10 HeizKG). Nach der Rechtsprechung setzt das Vorliegen einer Gemeinschaftsanlage iSd § 24 Abs 1 MRG voraus, dass es jedem Mieter rechtlich (= aufgrund einer Vereinbarung: 5 Ob 87/08t; 5 Ob 83/15i) freisteht, sie – gegen Beteiligung an den Kosten des Betriebs – zu benützen (RIS‑Justiz RS0069987; RS0070297; RS0101592). Schon danach muss die von der Antragsgegnerin unterstellte Einordnung der Leitungen als Gemeinschaftsanlage scheitern, die sich auch gar nicht darauf beruft, dass die Nutzung der Energieanschlüsse und damit die Versorgung mit Gas über die von ihr geprüften Leitungen auf einer solchen, wohl nicht verkehrsüblichen Veranlagung beruhen würde.

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 22 Abs 4 WGG. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen, sodass der Zuspruch von Kosten der Billigkeit entspricht (5 Ob 142/14i ua).

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