OGH 5Ob151/09f

OGH5Ob151/09f13.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Glawischnig, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragsteller 1. Gertrude S*****, 2. Leopold F*****, 3. Waltraud K*****, 4. Verlassenschaft nach Ludwig S*****, zuletzt *****, alle *****, Antragsteller zu 1., 2. und 4. vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun und Mag. Christian Fellner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin S***** W*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen §§ 21, 37 Abs 1 Z 12 MRG, über den außerordentlichen Revisionrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. März 2009, GZ 39 R 314/08b-26, mit dem über Rekurs der Antragsgegnerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 30. Mai 2008, GZ 8 Msch 2/07d-17, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte mit seinem Sachbeschluss - bei Überprüfung einer Betriebskostenabrechnung aus dem Jahre 1999 - fest, die Antragsgegnerin habe ua hinsichtlich der Positionen „Urlaubsvertreterentschädigung", „Krankenvertreterentschädgiung" und „Entgeltfortzahlungsbetrag-Dienstgeber" durch Überwälzung unzulässiger bzw überhöhter Kosten das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um näher bezifferte Schillingbeträge überschritten.

Gegen diesen Sachbeschluss erhob die Antragsgegnerin Rekurs, in welchem sie (nur) die angenommenen Überschreitungen bei den zuvor genannten Positionen und zwar (auch nur) im Ausmaß von 2.314,07 ATS, 4.545,30 ATS und 7.898,46 ATS, insgesamt daher 14.757,83 ATS bekämpfte.

Das Rekursgericht sprach in seinem Sachbeschluss aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Sachbeschluss erhob die Antragsgegnerin außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Begehren auf Abänderung im Sinn der Abweisung des noch strittigen Überschreitungsfestellungsbegehrens.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legte den Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Sach- und Rechtslage:

Der Oberste Gerichtshof ist an die Bewertung des Streitgegenstands durch das Rekursgericht grundsätzlich gebunden. Eine Bindung besteht (nur) dann nicht, wenn das Rekursgericht zwingende gesetzliche Bewertungsvorschriften verletzt oder den ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum - bezogen auf den objektiven Wert des Entscheidungsgegenstands - krass überschritten hat. Ist eine derartige Fehlbewertung offenkundig, ist der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (vgl RIS-Justiz RS0118748; RS0042515 [T7; T18]; für das Verfahren nach § 37 MRG vgl RIS-Justiz RS0110735; zuletzt 5 Ob 91/08f = EWr I/37/331).

Der Entscheidungsgegenstand in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 12 MRG besteht - wie in einem Mietzinsüberprüfungsverfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG (vgl RIS-Justiz RS0110735) - nicht in einem Geldbetrag, sondern primär in einem Feststellungsbegehren. Es besteht daher keine bindende Richtschnur für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands. Starre Berechnungsmethoden sind nicht vorgegeben, weshalb das Rekursgericht insoweit im Rahmen seines Ermessensspielraums tätig wird.

Hier ist allerdings sowohl dem Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts als auch dem Sachbeschluss des Rekursgerichts (S 9 in ON 26) ganz eindeutig zu entnehmen, dass das Gesamtrekursinteresse 14.757,83 ATS betrug. Offensichtlich unterlief dem Rekursgericht eine Verwechslung der Währungen, wenn es bei dieser Sachlage aussprach, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 10.000 EUR. An einen solchen Fehler ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden.

Für die Zulässigkeit des Revisionrekurses gelten nach § 37 Abs 3 Z 16 MRG die §§ 62 bis 64 AußStrG mit der Maßgabe, dass die in § 37 Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur sind und dass die gemäß §§ 59 Abs 2, 62 Abs 3 und 5 und § 63 Abs 1 AußStrG maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR beträgt. Der Revisionsrekurs ist damit - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier anzunehmen - der Entscheidungsgegenstand 10.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 62 Abs 3 AußStrG). § 63 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG eröffnet aber dem Rechtsmittelwerber die Möglichkeit einer Zulassungsvorstellung an das Rekursgericht verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs. Diese ist beim Erstgericht einzubringen. Ist das Erstgericht der Meinung, der Vorlage an das Rekursgericht stehe noch das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, dann hat es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen (vgl RIS-Justiz RS0109505; 5 Ob 19/08t mwN).

In Anbetracht des hier den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Bewertungsausspruchs durch das Rekursgericht entspricht eine unmittelbare Vorlage des außerordentlichen Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof nicht dem Gesetz.

An dieser Rechtslage hat sich durch das Budgetbegleitgesetz 2009 nichts geändert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte