European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00133.24F.0903.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Drittantragstellerin ist Alleineigentümerin einer Liegenschaft ua mit dem Grundstück 216/2. Nach dem dem Grundbuchsantrag zugrunde liegenden Kaufvertrag ist dieses in der Natur in 53 jeweils abgezäunte „Parzellen“ rund um einen Badesee geteilt, die einzelnen Bestandnehmern zum Zweck der Errichtung von Badehütten als Superädifikate in Bestand gegeben wurden. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die „Parzelle K 034“ laut einem dem Kaufvertrag angeschlossenen Plan, die die Drittantragstellerin nach den Vertragsangaben Bestandnehmern vermietet hatte, die darauf eine Badehütte errichteten. Nach einvernehmlicher Auflösung dieses Bestandverhältnisses mit 31. 3. 2023 gab die Drittantragstellerin der Erstantragstellerin und dem Zweitantragsteller die Parzelle K 034 in Bestand und verkaufte ihnen die darauf errichtete Badehütte als Superädifikat nach „Vollsanierung bzw Wiederherstellung“.
[2] Unter Vorlage des Kauf‑ und Bestandvertrags vom 21. 8. 2023, der Negativbestätigungen der Grundverkehrsbehörde und einer Baulandbestätigung beantragten die Antragsteller die Einverleibung des Bestandrechts ob der Liegenschaft der Drittantragstellerin, die Eröffnung einer neuen UH‑EZ für das Superädifikat auf Grundstück 216/2 mit der Bauwerksbezeichnung Badehütte auf Parzelle K 034 sowie die Urkundenhinterlegung in Bezug auf den Kaufvertrag und den Bestandvertrag im Hinblick auf ein der Drittantragstellerin darin eingeräumtes Vorkaufsrecht an der Badehütte.
[3] Das Erstgericht wies sämtliche Anträge – hinsichtlich der Einverleibung des Bestandrechts mittlerweile rechtskräftig – ab. Ein Bauwerk auf eigenem Grund könne kein Superädifikat sein.
[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung unter Hinweis auf den Wortlaut des § 435 ABGB, wonach Superädifikate nur auf fremdem Grund errichtet werden könnten. Den Revisionsrekurs ließ es zu, weil die Rechtsfrage, ob ein Superädifikat auf eigenem Grund zulässig sei, höchstgerichtlich noch nicht geklärt sei.
[5] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die angefochtenen Entscheidungen dahin abzuändern, dass den Begehren – abgesehen von dem auf Einverleibung des Bestandrechts – stattgegeben werde.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[7] 1.1. Nach § 95 Abs 3 GBG – der gemäß § 10 Abs 2 UHG auch im Urkundenhinterlegungsverfahren sinngemäß anzuwenden ist – sind in einem Grundbuchsbeschluss zwar alle Gründe anzugeben, die der Bewilligung entgegenstehen, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG bei einem von mehreren Abweisungsgründen auch dann vorliegen kann, weil das Gesuch wegen anderer Abweisungsgründe, bei denen keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist, abgewiesen werden muss (RS0029353; RS0042767). Die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe kann aber dann unterbleiben, wenn eine Wiederholung des Grundbuchgesuchs nicht in Betracht kommt (RS0060544), so etwa mangels Eignung der vorgelegten Urkunden als Eintragungsgrundlagen (RS0060544 [T5, T8]; 5 Ob 167/19y).
[8] 1.2. Die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete und von den Revisionsrekurswerbern aufgegriffene Rechtsfrage der Zulässigkeit der Errichtung eines Superädifikats auf eigenem Grund durch die Drittantragstellerin würde sich nur dann stellen, wenn sich dieser Umstand aus den beigebrachten Urkunden schlüssig ergibt. Gemäß § 9 UHG ist die Hinterlegung einer Urkunde nämlich (ua) nur dann zu bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet ist. Dies ist hier aber nicht der Fall, weshalb es auf die als erheblichgewertete Rechtsfrage – die somit nur von theoretisch‑abstrakter Bedeutung ist – nicht ankommt (vgl RS0111271).
[9] 2.1. Zufolge §§ 297, 417 f ABGB sind Gebäude grundsätzlich unselbständiger und daher sonderrechtsunfähiger Bestandteil der Liegenschaft, auf der sie errichtet sind. Eigentümeridentität ist die Regel, Sonderrechtsfähigkeit die Ausnahme (5 Ob 190/14y mwN). Eine solche Ausnahme gilt für Superädifikate im Sinn des § 435 ABGB (RS0009939). Die Sonderrechtsfähigkeit hängt vom Fehlen der Absicht ab, das Bauwerk beständig auf fremdem Grund zu belassen. Dies muss objektiv in Erscheinung treten und ergibt sich entweder durch die Bauweise des Gebäudes oder ein von vornherein zeitlich begrenztes Grundbenützungsrecht, aufgrund dessen mit Einverständnis des Grundeigentümers gebaut wurde (RS0009865 [T3]; 5 Ob 190/14y).
[10] 2.2. Beim Eigentumserwerb an einem Superädifikat ist zwischen dem originären Erwerb durch die Bauführung selbst ohne Erfordernis einer Urkundenhinterlegung (RS0011102) und dem derivativem Erwerb zu unterscheiden, der als Modus die Urkundenhinterlegung erfordert (RS0011241; RS0010982; RS0011244). Nach ständiger Rechtsprechung wird auch ein Liegenschaftseigentümer, der ein Superädifikat von dessen Eigentümer erwirbt, erst mit der Urkundenhinterlegung Eigentümer auch des Bauwerks (RS0011241 [T1]; 5 Ob 190/14y). Ist einmal das Eigentum am Überbau wirksam entstanden, ist eine weitgehend dem Eintragungsprinzip bei Liegenschaften entsprechende strenge Handhabung der Regeln über die Erwerbsart der Überbauten geboten. Ist die Spaltung zwischen Grundeigentum und Eigentum am Gebäude einmal eingetreten, soll durch die Urkundenhinterlegung Klarheit darüber bestehen, ob diese Spaltung überhaupt noch weiter besteht bzw zwischen welchen Personen sie besteht (RS0011241).
[11] 2.3. Nach § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG sind Urkunden über den Erwerb eines dinglichen Rechts, sofern für den Rechtserwerb nicht die Hinterlegung erforderlich ist, durch Einreihung aufzunehmen, wovon insbesondere Urkunden erfasst sind, mit denen der Liegenschaftseigentümer einem anderen das Recht eingeräumt hat, auf seiner Liegenschaft ein Bauwerk zu errichten (5 Ob 167/21a).
[12] 3.1. Wie im Grundbuchsverfahren hat sich auch im Verfahren über die Urkundenhinterlegung das Grundbuchsgericht bei der Prüfung eines Gesuchs grundsätzlich auf die Auslegung des Wortlauts der vorgelegten Urkunden zu beschränken (5 Ob 190/14y). Wenn auch die rechtliche Qualifikation eines Bauwerks als Superädifikat im Sinn des § 435 ABGB ebensowenig zu prüfen ist (RS0077193) wie die Berechtigung des Vormanns (5 Ob 190/14y), muss doch als Voraussetzung für die Bewilligung der Hinterlegung das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet sein (§ 9 Abs 1 Z 2 UHG). Es ist daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs etwa dann abzuweisen, wenn aus den beigebrachten Urkunden die Nichtexistenz des Bauwerks hervorgeht oder ein nicht als Superädifikat zu beurteilendes Gebäude vorliegt (5 Ob 190/14y mwN). Dies muss im Hinblick auf den Wortlaut des § 9 Abs 1 Z 2 UHG gleichermaßen gelten, wenn der Hinterlegungsantrag unter Berücksichtigung der hiezu vorgelegten Urkunden unschlüssig ist. Dies ist hier der Fall.
[13] 3.2. Nach den Angaben im vorgelegten Kaufvertrag wurde von den damaligen Bestandnehmern eine Badehütte auf der in Bestand gegebenen „Parzelle K 034“ errichtet, sodass sich ein originärer Eigentumserwerb an dieser Badehütte als Superädifikat durch die damaligen Bestandnehmer – von dem auch die Revisionsrekurswerber ausgehen –aus der Urkundenlage ergibt, zumal den Bestandnehmern damals auch nur ein zeitlich eingeschränktes Benützungsrecht eingeräumt worden war. Der weitere Hinweis im Kaufvertrag, nach einvernehmlicher Auflösung des Bestandvertrags wäre das Eigentum an dieser – bereits wertlosen – Badehütte als Superädifikat an die Drittantragstellerin „zurückgefallen“, widerspricht allerdings der dargestellten Rechtslage, wonach eine Eigentumsübertragung daran jedenfalls der Urkundenhinterlegung – die weder behauptet wurde noch dem Grundbuch zu entnehmen ist – bedurft hätte. Dass die Drittantragstellerin nach Beendigung des Bestandvertrags die Badehütte abgerissen und entsorgt hätte (wovon das Rekursgericht ausging), ist den vorgelegten Urkunden nicht zu entnehmen, in denen – nicht nur unscharf, sondern auch widersprüchlich – teils von „Vollsanierung“, teils von „Wiederherstellung“, teils von „Neuerrichtung“ die Rede ist. Eine faktische Beseitigung des Superädifikats durch Abbruch (vgl 5 Ob 190/14y) und ein daraus zu erschließender Untergang des selbständigen Eigentums am Bauwerk (vgl hiezu [zur Rechtslage vor der Grundbuchsnovelle 2008] 5 Ob 229/07y) lässt sich aus den vorgelegten Urkunden nicht ableiten, die durch ihre Bezugnahme auf die vom Sachverständigen festgestellte Wertlosigkeit der Badehütte bei Rückstellung der vermieteten „Parzelle“ an die Drittantragstellerin und die von der Baubehörde bescheidmäßig angeordnete Nutzungsuntersagung im Gegenteil den Schluss zulassen, ein vollständiger Abbruch des Superädifikats sei eben gerade nicht erfolgt. Weder ein „maroder Zustand“ noch ein Benutzungsverbot würden aber das dingliche (Eigentums-)recht an diesem nach wie vor auf fremdem Grund bestehenden Bauwerk „erlöschen“ lassen.
[14] 3.3. Damit lässt sich aus den vorgelegten Urkunden aber auch nicht schlüssig entnehmen, ob die Drittantragstellerin nun – selbst wenn man ihrer Rechtsauffassung betreffend die Zulässigkeit der Errichtung von Superädifikaten auf eigenem Grund folgen wollte – überhaupt originär Eigentum an der Badehütte auf der „Parzelle K 034“ durch deren erstmalige Errichtung erwerben hätte können, oder sie nicht nur die von den vormaligen Bestandnehmern auf dieser Parzelle bereits errichtete Badehütte, die jedenfalls als Superädifikat in deren Eigentum stand, renovierte, ohne dass es zuvor – mangels Urkundenhinterlegung als erforderlichen Modus – zu einer wirksamen Übereignung dieser Hütte an sie gekommen war. Ist aber den vorgelegten Urkunden nicht ausreichend klar zu entnehmen, wer, wann und auf welche Weise (originär oder derivativ) Eigentum am Superädifikat erworben hat, steht dies im Hinblick auf § 9 Abs 1 Z 2 UHG (selbst unter Berücksichtigung der eingeschränkten Kognitionsbefugnis des Grundbuchsgerichts) einer Bewilligung des Hinterlegungsantrags entgegen (vgl 5 Ob 190/14y [zu § 19 Abs 3 UHG und der Rechtslage vor der Grundbuchsnovelle 2008]).
[15] 4. Schon aus diesem Grund war das Gesuch daher abzuweisen. Die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage der Zulässigkeit der Errichtung eines Superädifikats auf eigenem Grund und die vom Rekursgericht und im Revisionsrekurs hiezu zitierten unterschiedlichen Lehrmeinungen bedürfen – als von bloß abstrakt-theoretischer Bedeutung, zumal das Gesuch aufgrund der vorgelegten Urkunden als Eintragungsgrundlage nicht wiederholt werden kann – keiner weiteren Erörterung (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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