European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132574
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Gemäß § 16 Abs 2 Z 1 WEG darf jegliche Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses und keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben. Wenn für eine Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden, verlangt § 16 Abs 2 Z 2 WEG zusätzlich, dass die Änderung entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen muss. Eine Abwägung der Interessen des die Änderung beabsichtigenden Wohnungseigentümers gegen die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer an der Unterlassung der Änderung ist aber nicht vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0083188). Schon die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer allein steht nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG der geplanten Änderung entgegen (RS0083240; RS0083378).
[2] 2. Grundsätzlich steht einer Änderung nicht jede Beeinträchtigung von Interessen der Miteigentümer entgegen, sondern nur eine wesentliche Beeinträchtigung, die bei einer objektiven Betrachtung die Interessen der anderen Wohnungseigentümer am Unterbleiben der Änderung so schutzwürdig erscheinen lässt, dass ein Anspruch des Wohnungseigentümers auf Änderung zurückzustehen hat (RS0083236). Abgewehrt werden kann eine Änderung also nur dann, wenn sie bei einer objektiven Betrachtung mit wesentlichen Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer kollidiert (vgl RS0083309 [T8]; RS0083378 [T1]).
[3] 3. Die Zulässigkeit einer Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts iSd § 16 Abs 2 WEG lässt sich nicht grundsätzlich bejahen oder verneinen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind. Bei dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber dem Außerstreitrichter einen Ermessensspielraum eingeräumt. Solange dieser nicht überschritten wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG vor. Das gilt insbesondere für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer Änderung unter dem Gesichtspunkt der Interessenbeeinträchtigung (RS0083309 [T9, T13, T16]; RS0109643 [T10, T11, T12]). Nur in Fällen einer groben, die Rechtssicherheit in Frage stellenden Fehlbeurteilung hätte der Oberste Gerichtshof korrigierend einzugreifen (5 Ob 235/20z; 5 Ob 153/19i mwN). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
[4] 4. DerAntragsteller plant sein Wohnungseigentumsobjekt, nach dem maßgeblichen (vgl 5 Ob 222/19m) Konsens bei der Begründung des Wohnungseigentums ist das eine 180 m2 große, eingeschossige Dachgeschosswohnung, zweigeschossig auszubauen und in vier selbständige Wohnungen (Maisonetten) zu teilen. Dabei soll der Dachfirst um 2,5 m erhöht und die Gesamtwohnnutzfläche auf etwa 280 m2 vergrößert werden.
[5] Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine Änderung zwar nicht schon allein deshalb ein empfindlicher Eingriff in die Rechtssphäre der übrigen Miteigentümer und damit eine Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen iSd § 16 Abs 2 Z 1 WEG, weil sie eine Veränderung der Nutzwerte nach sich zieht (5 Ob 275/05k; RS0109643 [T1]; RS0083271 [T1]). Das mit dem Änderungsrecht geschützte Interesse eines Wohnungseigentümers bezieht sich grundsätzlich aber nur auf eine Änderung des Wohnungseigentumsobjekts und nicht auf dessengänzliche Um- und/oder Neugestaltung mit schwerwiegenden Eingriffen in das Allgemeingut. Ein derart empfindlicher Eingriff in die Rechtssphäre der übrigen Miteigentümer macht das Änderungsbegehren unzulässig (5 Ob 275/05k [Erweiterungsbau mit Verdoppelung der Nutzfläche eines Geschäftslokals]; 5 Ob 60/09y [Verdreifachung der Nutzfläche durch Umbau eines Dachbodenraums in Wohnräume]; 5 Ob 153/19i [Umbau einer ehemaligen Tankstelle in drei Wohnungseigentumsobjekte]).
[6] Das Rekursgericht ging von einem richtigen Verständnis dieser von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Grundsätze aus. Dessen Rechtsansicht, die vom Antragsteller geplante Änderung (Ausbau des Wohnungseigentumsobjekts durch Aufstockung und erhebliche Vergrößerung der Nutzfläche; Teilung in vier selbständige Wohnungseigentumsobjekte) komme einer von der Rechtsprechungverpönten Um‑ und/oder Neugestaltung gleich, bewegt sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und des ihm bei dieser Beurteilung eingeräumten Ermessensspielraums.
[7] 5. Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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