OGH 5Ob121/09v

OGH5Ob121/09v10.11.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Tamara P*****, geboren am *****, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie - Rechtsfürsorge Bezirk 21, 1210 Wien, Am Spitz 1, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. Robert P*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 4. November 2008, GZ 42 R 394/08i-84, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Dezember 2008, GZ 42 R 394/08i-89, mit dem über Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 18. Juni 2008, GZ 13 P 60/05x-U-80, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Über das Vermögen des Vaters als Einzelunternehmer eröffnete das Handelsgericht Wien zu AZ 6 S 356/02y am 5. 8. 2002 das Konkursverfahren. Das Konkursgericht bestätigte den am 8. 3. 2007 angenommenen Zahlungsplan und hob mit Beschluss vom 3. 4. 2007 den Konkurs auf. Nach dem Zahlungsplan sollen die Konkursgläubiger eine Quote von 3 % erhalten, und zwar zahlbar in fünf gleich hohen Jahresraten zu je 0,6 % jeweils beginnend ein Jahr nach Annahme des Zahlungsplans innerhalb von insgesamt fünf Jahren (Ende der Zahlungsfrist 8. 3. 2012).

Das Erstgericht verpflichtete den Vater, welcher nur für das antragstellende Kind sorgepflichtig ist, zum Unterhalt seiner Tochter vom 1. 7. 2004 bis 30. 4. 2005 monatlich 160 EUR, vom 1. 5. 2005 bis 28. 2. 2006 monatlich 180 EUR und vom 1. 3. 2006 bis 31. 8. 2007 monatlich 200 EUR zu bezahlen. Die Entscheidung über das Unterhaltsbegehren für die Zeit ab 1. 9. 2007 behielt das Erstgericht einer späteren Beschlussfassung vor. Als Bemessungsgrundlage legte das Erstgericht bis April 2005 den vom Masseverwalter dem Vater überlassenen, unpfändbaren Teil seines in dieser Zeit aus unselbstständiger Tätigkeit erzielten Einkommens von rund 870 EUR und ab 1. 5. 2005 bis 31. 8. 2007 ein bei Anspannung erzielbares Einkommen von 1.000 EUR zugrunde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Wende man nicht die Differenzmethode, „sondern die herkömmliche Unterhaltsrechtsprechung (ohne Konkurs des Unterhaltsschuldners) an, so (sei) nicht auszuschließen, dass von der Unterhaltsbemessungsgrundlage von 1.000 EUR ein derart hoher Anteil der Zahlungsplanrate abzuziehen sei, dass sich ein deutlich geringerer Unterhalt ergäbe. Da der Oberste Gerichtshof immer wieder gewisse Anzeichen (zeige), seine von der Lehre und den Gerichtshöfen zweiter Instanz überwiegend abgelehnte Rechtsprechung zumindest teilweise zu modifizieren, (sei) dem Rekurswerber daher die Möglichkeit zu geben, den Obersten Gerichtshof anzurufen".

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, was - wie folgt - kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG) zu begründen ist:

1.1. Der Vater macht geltend, er habe sich als Unternehmer im hier zu beurteilenden Bemessungszeitraum in Konkurs befunden. Die Vorinstanzen hätten zu Unrecht unter teilweiser Anspannung eine Bemessungsgrundlage von 1.000 EUR angenommen und davon den von ihm zu leistenden Unterhaltsbeitrag ermittelt. Dabei werde übersehen, dass ihm unter Anwendung der Anspannungstheorie angerechnete Zusatzeinkünfte nicht verblieben, sondern vom Masseverwalter einbehalten worden wären.

1.2.1. Die grundsätzliche Zulässigkeit der Anspannung auch eines Gemeinschuldners entspricht höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl 3 Ob 1/05a; 6 Ob 51/04z) und die Anwendung der Anspannungstheorie aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (vgl RIS-Justiz RS0007096; ferner 9 Ob 316/97d).

1.2.2. Der Vater meint, ein ihm im Wege der Anspannung (in ohnehin nur geringem Umfang) zugerechnetes Zusatzeinkommen wäre ihm gegebenenfalls nicht zur Bedienung seiner Unterhaltspflicht zur Verfügung gestanden, sondern vom Masseverwalter einbehalten worden. Dabei verkennt der Vater jedoch, dass sich durch zusätzliche Einkünfte auch sein unpfändbares Einkommen erhöht hätte, an dem sich hier der ihm vom Masseverwalter überlassene Betrag orientierte. Der schon vom Rekursgericht vertretenen Ansicht, die für die Zeit des Konkursverfahrens ausgemittelten Unterhaltsbeiträge seien nach Maßgabe der in der Rechtsprechung anerkannten Differenzmethode (vgl RIS-Justiz RS0119114) jedenfalls gerechtfertigt, tritt der Vater in seinem Revisionsrekurs nicht substanziell entgegen.

2. Die vom Rekursgericht und vom Vater relevierte Frage nach der Anrechenbarkeit von Zahlungsplanraten auf die Bemessungsgrundlage stellt sich hier nicht:

2.1. Die Unterhaltsbemessung erfolgte bis einschließlich 31. 8. 2007. Die Unterhaltsbemessung für die Zeit ab 1. 9. 2007 hat das Erstgericht einer späteren Beschlussfassung vorbehalten. Der Zahlungsplan wurde am 8. 3. 2007 angenommen und laut diesem war die erste Jahresrate ein Jahr nach Annahme des Zahlungsplans, also am 8. 3. 2008 zu leisten.

2.2. Der Vater meint in seinem Revisionsrekurs zwar einerseits „nach den erstgerichtlichen Feststellungen werden die mir auferlegten monatlichen Zahlungen im Hinblick auf den bestätigten Zahlungsplan erst in einer Periode aktuell, über welche die Vorinstanzen noch nicht entschieden haben" (S 6 in ON 99); andererseits schlägt der Vater vor, es solle die „Zeitspanne (...) vor Beginn der Zahlungsplanraten zu Gunsten des Unterhaltsschuldners berücksichtigt werden" (S 7 in ON 99).

Ginge man von der (allenfalls teilweisen) Abzugsfähigkeit von Zahlungsplanraten aus (zum Meinungsstand siehe jüngst 9 Ob 74/07h = JBl 2009, 506 = EvBl 2009/80, 556 [Geroldinger]; EF-Z 2009/75, 103 [Gitschthaler]), dann könnte dies hier (nur) die Monate März 2007 bis August 2007 (6 Monate) betreffen, in denen der Vater (allenfalls) finanzielle Vorsorge zur Finanzierung der am 8. 3. 2008 fälligen ersten Raten treffen musste. Ob insoweit die Bemessungsgrundlage zu reduzieren wäre, braucht aber deshalb nicht untersucht zu werden, weil das Erstgericht die Höhe der Zahlungsplanraten nicht festgestellt, der Vater diese in seinem Revisionsrekurs ebenfalls nicht beziffert und auch nicht darlegt hat, ob und wie er im fraglichen Zeitraum für die Aufbringung der ersten Zahlungsplanrate Vorsorge getroffen hat.

3. Der Vater lehnt für die Zeit des gemeinsamen Haushalts mit dem Kind eine Geldunterhaltspflicht mit der Begründung ab, in dieser Zeit Naturalunterhalt geleistet zu haben. In diesem Punkt setzt sich der Vater - unzulässig - über die gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichts hinweg, wonach er während des gemeinsamen Haushalts mit dem Kind keinen Naturalunterhalt geleistet und daher seine Unterhaltspflicht verletzt hat.

4. Der Vater wehrt sich dagegen, dass das Rekursgericht die - in der rechtlichen Beurteilung enthaltene - Annahme des Erstgerichts, er könne 300 bis 320 EUR zusätzlich verdienen, als (dislozierte und beweismäßig nicht [ausreichend] abgesicherte) Tatsachenfeststellung gewertet habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist (vgl RIS-Justiz RS0108449) und die Bewertung der fraglichen Formulierung als Sachverhaltsfeststellung keine unvertretbare Fehlinterpretation des Rekursgerichts darstellt.

Da somit die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vorliegen, ist der Revisionsrekurs des Vaters unzulässig und zurückzuweisen.

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