Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, „das Verfahren an das Landesgericht Klagenfurt zu delegieren“ (gemeint: an Stelle des Landesgerichts Eisenstadt das Landesgericht Klagenfurt zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache 4 Cg 297/09i zu bestimmen), wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von 26.900 EUR sA Zug um Zug gegen Rückgabe eines von der Beklagten erworbenen Schubbodenaufliegers sowie (nach Einschränkung) weitere 5.080,58 EUR sA aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Beklagte habe einen mängelfreien Zustand des Aufliegers vorgetäuscht. Tatsächlich habe dieser bei Übergabe näher bezeichnete, schwerwiegende Mängel aufgewiesen und sei deshalb nicht verkehrs- und betriebssicher gewesen. Der Kläger sei zur Vertragsaufhebung gemäß § 934 ABGB, hilfsweise zur Wandlung nach Gewährleistungsrecht und in eventu zur Irrtumsanfechtung berechtigt. Zum Beweis des Klagevorbringens stützt sich der Kläger auf vorgelegte Urkunden, Einholung eines Sachverständigengutachtens, Durchführung eines Ortsaugenscheins an dem in Klagenfurt abgestellten und vermeintlich nicht andernorts überstellbaren Auflieger, Einvernahme von 7 Zeugen, von denen 6 Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt wohnhaft sind, und Durchführung seiner Einvernahme als Partei.
Die Beklagte bestritt das Vorliegen wesentlicher Mängel sowie ein Recht des Klägers auf Vertragsaufhebung und beantragte folglich Abweisung des Klagebegehrens. Die Beklagte beruft sich zum Beweis ihres Vorbringens auf Urkunden sowie auf die Einvernahme von 3 Zeugen, die an ihrem Geschäftssitz bzw in 4362 Bad Kreuzen zu laden sind, sowie auf die Einvernahme ihres Geschäftsführers als Partei.
Die Klägerin begehrte in ihrem Schriftsatz vom 22. 2. 2010 (ON 5) die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Klagenfurt mit der wesentlichen Begründung, dass insgesamt 7 einzuvernehmende Personen im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt aufhältig seien, dort auch die Befundaufnahme durch einen Sachverständigen am Auflieger vorzunehmen sei und der Vertreter der Beklagten seinen Sitz in Graz habe, womit sich dessen Zureise nach Klagenfurt an Stelle von Eisenstadt nicht wesentlich verlängern würde.
Die Beklagte sprach sich gegen die vom Kläger beantragte Delegierung aus (ON 6). Diese widerspreche den Interessen der Beklagten und der von ihr namhaft gemachten Zeugen. Die vom Kläger benannten Zeugen könnten im Rechtshilfeweg einvernommen werden, wozu sie bereits jetzt ihr Einverständnis erkläre. Der Auflieger sei fahrbereit und die Beklagte würde diesen erforderlichenfalls zu einer Befundaufnahme überstellen.
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht legte die Akten zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor, ohne dazu eine Äußerung (§ 31 Abs 3 Satz 2 JN) abgegeben zu haben. Der Delegierungsantrag ist - ohne dass zu dessen Beurteilung noch eine Äußerung des Erstgerichts abgefordert hätte werden müssen (vgl 6 Nd 1/95; 6 Nd 513/96), weil eine solche Äußerung zu keiner weiteren Erkenntnis führen könnte (9 Nc 2/07d) - nicht berechtigt:
1. Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl RIS-Justiz RS0046333 [T1]; RS0053169). Die Delegierung ist Ausnahmefall und darf nicht durch großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046589 [T1 und T2]).
- Es mag zwar zutreffen, dass etwa der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage eines Augenscheingegenstands Zweckmäßigkeitsgründe für die Beurteilung eines Delegierungsantrags darstellen können (vgl RIS-Justiz RS0046333 [insb T8]). Im vorliegenden Fall geht es allerdings vorrangig um die Klärung des Vorliegens der vom Kläger behaupteten Mängel des Aufliegers. Dabei handelt es sich typischerweise um eine Frage, die primär von einem Sachverständigen zu klären ist, und bei der Sachverständigenbegutachtung spielt der Ort der Befundaufnahme erfahrungsgemäß keinen wirklich entscheidenden Kostenfaktor. Die Erkenntnisse jener Personen, die der Kläger als „sachverständige Zeugen“ namhaft gemacht hat, liegen als (Privat-)Gutachten bereits vor. Ob es nach dem Vorliegen eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens tatsächlich auch noch der Einvernahme dieser „sachverständigen Zeugen“ bedarf, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Zweckmäßigkeitserwägungen, die eindeutig im Sinn aller Verfahrensbeteiligter für die vom Kläger beantragte Delegierung sprechen, liegen daher nicht vor, weshalb der Delegierungsantrag abzuweisen ist (RISJustiz RS0046324).
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