OGH 6Nd513/96

OGH6Nd513/9621.11.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner und Dr.Schenk als weitere Richter in der zu 1 C 49/96x des Bezirksgerichtes Haag anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Maria L*****, derzeit ***** wider die beklagte Partei Ing.Stefan L*****, vertreten durch Dr.Thomas und Dr.Christa Watzenböck, Rechtsanwälte in Kremsmünster, wegen Ehescheidung, infolge Antrages der beklagten Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Steyr wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Bezirksgericht Haag als dem nach § 76 JN zuständigen Gericht eingebrachten Klage die Ehescheidung verbunden mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach dem Beklagten aufgetragen werden möge, die Ehewohnung in 4431 Haidershofen gemäß § 382 Z 8 lit b EO bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens bei Exekution zu verlassen.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, äußerte sich zum Sicherungsantrag und machte eine Reihe von Zeugen namhaft. Gleichzeitig beantragte er die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Steyr. Der Großteil der von ihm namhaft gemachten Zeugen wohnen in Steyr, der letzte gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten in Haidershofen liege nahe der Grenze zur Stadt Steyr, wo der Beklagte auch ein Unternehmen betreibe. Der Kanzleisitz des Klagevertreters sei in Kremsmünster, somit 20 km näher zu Steyr als zur Stadt Haag gelegen.

Die Klägerin sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus, worauf das Bezirksgericht Haag den Delegierungsantrag vorlegte. Eine ausdrückliche Äußerung gemäß § 31 Abs 3 JN ist unterblieben.

Am 18.10.1996 teilte die Klägerin dem Bezirksgericht Haag mit, sie habe die Ehewohnung am 14.10.1996 aus Angst vor weiteren tätlichen Angriffen und Bedrohungen unter Mitnahme der gemeinsamen Kinder verlassen und sei ins Frauenhaus Steyr geflüchtet. Sie beantrage die Feststellung der gesonderten Wohnungsnahme und die Übertragung der einstweiligen alleinigen Obsorge für die beiden Minderjährigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Im gegenständlichen Fall richtet sich die Zuständigkeit zur Führung des Ehescheidungsverfahrens nach § 76 JN, wonach für Streitigkeiten über die Scheidung einer Ehe ausschließlich das Gericht zuständig ist, in dessen Sprengel die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt gehabt haben. Eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen (§ 31 JN) könnte nur dann verfügt werden, wenn ein klares überwiegendes Interesse an der Übertragung der Zuständigkeit bejaht werden kann. Dies ist hier nicht der Fall. Wenngleich acht der vom Beklagten namhaft gemachten Zeugen in Steyr wohnen, wohnen doch fünf weitere Zeugen weder in Steyr noch in Haidershofen noch in Haag, so daß diese Zeugen jedenfalls zu den Gerichtsverhandlungen anreisen müssen, gleichgültig welches Bezirksgericht dafür zuständig ist. Auch die in Haidershofen wohnenden weiteren zwei Zeugen können sich einer Anreise zum Gerichtsort nicht entziehen, und zwar gleichgültig, ob die Rechtssache in Steyr oder in Haag verhandelt wird. Daß die Entfernung von Haidershofen nach Steyr etwas geringer ist als jene zum örtlich zuständigen Bezirksgericht Haag, ist nicht entscheidend.

Der Umstand, daß die Klägerin Mitte Oktober 1996 ins Frauenhaus Steyr aufgenommen wurde, kann das überwiegende Interesse an der Delegierung gleichfalls nicht begründen, handelt es sich doch dabei um eine bloß vorübergehende Maßnahme. Die Klägerin strebt eine einstweilige Verfügung im Sinn des § 382 Z 8 lit b EO für die Dauer bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens an, so daß bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Sicherungsantrag nicht feststeht, an welchem Ort sie für die Dauer des Scheidungsverfahrens wohnen wird.

Auch die berufliche Tätigkeit des Beklagten in Steyr kann ein überwiegendes Interesse an der Delegierung nicht begründen, zumal der Kläger in Haidershofen, somit im Sprengel des zuständigen Bezirksgerichts Haag wohnt. Auch der Kanzleisitz der Anwälte ist nicht entscheidend. Die Klägerin hat ihrem zunächst bestellten Rechtsvertreter die Vollmacht gekündigt, ein neuer Klagsanwalt ist noch nicht bestellt. Der Anwalt des Beklagten hat seinen Kanzleisitz in Kremsmünster, also weder im Sprengel des Bezirksgerichtes Steyr noch in jenem des Bezirksgerichtes Haag, so daß er zu beiden Gerichten anreisen muß. Eine Delegierung an das Bezirksgericht Steyr würde daher auch in dieser Hinsicht keine Kostenersparnis bewirken.

Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Delegierungsantrages. Dem Umstand, daß das Bezirksgericht Haag eine ausdrückliche Äußerung unterlassen hat, kann entnommen werden, daß es dem Delegierungsantrag des Beklagten grundsätzlich nicht entgegentritt, sodaß eine Entscheidung getroffen werden konnte.

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