Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.036,65 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 1.185,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Beide Parteien vertreiben - unter anderem auch an verschiedenen Standorten in Oberösterreich - Verbrauchermärkte, in denen neben anderen Waren Lebensmittel und Haushaltswaren angeboten werden. Die Beklagte kündigte in einer vierseitigen Postwurfsendung, welche in weiten Teilen Oberösterreichs verbreitet wurde, für ihre Verbrauchermärkte in Traun, Freistadt, Vöcklabruck und Bad Ischl die für den Zeitraum vom 28.September bis 10.Oktober 1987 gültigen Preise für insgesamt 109 Artikel an. Die erste Seite dieser Postwurfsendung enthielt die - durch Buchstabengröße, farbliche Ausgestaltung und drucktechnische Gestaltung blickfangartig hervorgehobene - Ankündigung "familia discount - 3000 Markenartikel zu Superpreisen". Danach folgte die Abbildung von 6 Artikeln mit Waren- und Preisangaben. Am unteren Rand der erste Seite - abermals durch Buchstabengröße und schwarze Schrift auf weißem Untergrund deutlich hervorgehoben - hieß es: "familia immer billiger". Die Innenseiten der Postwurfsendung waren mit den Worten "Warum mehr bezahlen?" überschrieben. Auf der Rückseite (S. 4) fand sich als Überschrift abermals der Werbetext "familia immer billiger" (Beilage E).
86 der von der Beklagten in ihrer Postwurfsendung angebotenen Artikel waren billiger als bei der Klägerin, die übrigen 23 Artikel waren damals bei der Klägerin entweder zum gleichen Preis oder sogar billiger erhältlich. Dabei handelte es sich bei einigen Preisen der Klägerin nicht nur um vorübergehend gültige Preise oder Aktionspreise, sondern um langfristig gültige Verkaufspreise. Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Verwendung der unwahren und zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeigneten Ankündigung "familia immer billiger" zu verbieten. Die beanstandete Werbung könne von den angesprochenen Verkehrskreisen nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte durchwegs preisgünstiger als ihre Mitbewerber seien, ihre Preise also durchwegs unter denen der Mitbewerber lägen. Da dies aber nicht der Fall sei, liege eine irreführende Ankündigung und damit ein Verstoß gegen §§ 1 und 2 UWG vor.
Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Der von ihr verwendete Slogan sei eine marktschreierische Anpreisung, die von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht wörtlich genommen, sondern sogleich als nicht ernst gemeinte Übertreibung erkannt und auf ihren tatsächlichen Gehalt, nämlich auf das Angebot besonders günstiger Preise, zurückgeführt werde. Die Preise der Klägerin seien im übrigen erst nachträglich herabgesetzt worden.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Ankündigung, "immer billiger" zu sein, sei eine überprüfbare Tatsachenbehauptung und enthalte keine erkennbare Übertreibung; mit ihr werde gegenüber den Kunden der Beklagten ausgesagt, daß diese immer - also jederzeit und bezüglich sämtlicher Waren - billiger sei als die Konkurrenz. Diese Behauptung sei aber unrichtig und zur Irreführung geeignet, weshalb ein Verstoß gegen § 2 UWG vorliege. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteige. Von dem eingangs wiedergegebenen und als bescheinigt angenommenen Sachverhalt ausgehend, vertrat das Gericht zweiter Instanz die Rechtsauffassung, die Werbeankündigung der Beklagten sei für das Publikum als marktschreierische Anpreisung erkennbar, weil niemand tatsächlich der Meinung sein werde, ein Kaufmann habe immer und zu jeder Zeit bei jedem einzelnen von zahlreichen angebotenen Artikeln des täglichen Bedarfs die niedrigsten Preise. Dies schließe allerdings nicht aus, daß der in der Werbeankündigung enthaltene Tatsachenkern - nämlich die Behauptung einer besonders preisgünstigen Einkaufsgelegenheit - unrichtig sein könne; das sei aber von der Klägerin nicht bescheinigt worden, biete doch die Beklagte mehr als 3/4 der von ihrem Werbeprospekt erfaßten Waren tatsächlich zu günstigeren Preisen an als die Klägerin. Die Werbeankündigung der Beklagten sei daher auch in diesem Sinne nicht unrichtig oder irreführend; sie verstoße mangels deutlicher Bezugnahme auf bestimmte Mitbewerber auch nicht gegen § 1 UWG. Darüber hinaus fehle es der Klägerin am erforderlichen Rechtsschutzinteresse für die von ihr begehrte einstweilige Verfügung: Zum Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung durch das Erstgericht habe die Klägerin bereits im Verfahren 8 Cg 193/87 des Landesgerichtes Feldkirch gegen die Beklagte eine andere vollstreckbare einstweilige Verfügung erwirkt gehabt, die auch den vorliegenden Wettbewerbsverstoß abdecke. Daß auch dieser Sicherungsantrag zwischenzeitig im Wege einer abändernden Entscheidung des Rekursgerichtes abgewiesen wurde (4 R 279/87), könne daran nichts ändern.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Klägerin hat bereits in ihrem Sicherungsantrag darauf hingewiesen, daß auf ihren Antrag der Beklagten durch einstweilige Verfügung des Erstgerichtes vom 27.August 1987, 8 Cg 193/87-3, die Ankündigungen "Wir sind immer billiger" und "Warum woanders mehr bezahlen?" verboten worden sind. Das Rekursgericht hat daher zutreffend erkannt, daß die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der vom Erstgericht im vorliegenden Verfahren erlassenen einstweiligen Verfügung bereits einen Exekutionstitel besessen hat, der sie sehr wohl in die Lage versetzte, die Unterlassung des jetzt beanstandeten Wettbewerbsverstoßes der Beklagten schon durch eine Exekutionsführung nach § 355 EO zu erwirken. Der Klägerin fehlte daher das Rechtsschutzinteresse für das hier erhobene Sicherungsbegehren (ÖBl 1979, 81; ÖBl 1985; 153; RdW 1986, 44 ua). Daran kann es auch nichts ändern, daß der Beschluß vom 27. August 1987, 8 Cg 193/87-3, durch Beschluß des Rekursgerichtes vom 5.November 1987, 4 R 279/87-8, - also noch vor der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz im gegenständlichen Verfahren - im Sinne einer Abweisung des Sicherungsantrages abgeändert wurde. Die abändernde Entscheidung des Rekursgerichtes im Verfahren 8 Cg 193/87 ist nämlich nicht in Rechtskraft erwachsen; auf Revisionsrekurs der Klägerin wurde vielmehr die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes vom Obersten Gerichtshof wiederhergestellt (Beschluß vom 12. April 1988, 4 Ob 410/87). Damit hat die Klägerin jetzt wieder einen Exekutionstitel, so daß ihr das Rechtsschutzinteresse für das hier erhobene Sicherungsbegehren fehlt. Ob dieser Umstand auch ohne entsprechende Einwendung der Beklagten vom Rekursgericht von Amts wegen aufgegriffen werden durfte (vgl dazu SZ 21/124; SZ 26/99; WBl 1988, 55), braucht hier schon deshalb nicht weiter untersucht zu werden, weil diese Vorgangsweise des Rekursgerichtes im Revisionsrekurs der Klägerin nicht gerügt worden ist (vgl ÖBl 1979, 81).
Zu Unrecht wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, die im Vorverfahren erlassene einstweilige Verfügung decke auch den hier geltend gemachten Wettbewerbsverstoß und sei daher ein tauglicher Exekutionstitel zur Durchsetzung der nunmehr angestrebten Unterlassung. Mit der einstweiligen Verfügung vom 27.August 1987 wurden der Beklagten zwei gesonderte Ankündigungen verboten, darunter auch eine solche mit dem Wortlaut "Wir sind immer billiger". Von diesem Verbot wird aber auch die jetzt beanstandete Ankündigung der Beklagen mit dem Wortlaut "familia immer billiger" umfaßt: Bei den zur Unterlassung verpflichteten Exekutionstiteln darf nämlich das Gebot der Bestimmtheit nicht allzu eng ausgelegt werden, da es in vielen Fällen praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu umschreiben. Für derartige Fälle vertritt daher die Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Unterlassungsgebot auch gleichartige oder ähnliche Handlungsweisen umfaßt (EvBl 1975/94; ÖBl 1978, 75; ÖBl 1983, 16). Hier verbietet sich die von der Klägerin vertretene buchstäbliche Auslegung des genannten Einzelverbotes der im Vorverfahren erlassenen einstweiligen Verfügung schon deshalb, weil damals mit dem persönlichen Fürwort "Wir" ebenso die Beklagte gemeint war wie mit dem jetzt verwendeten Firmenschlagwort "familia".
Da sich somit die Abweisung des hier erhobenen Sicherungsbegehrens der Klägerin durch das Rekursgericht schon deshalb als gerechtfertigt erweist, weil es ihr hiefür an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt, braucht auch nicht mehr geprüft zu werden, ob die Beklagte durch die Verwendung des beanstandeten Werbeslogans im konkreten Fall einen Wettbewerbsverstoß begangen hat; dem Revisionsrekurs mußte schon aus dem erstgenannten Grund ein Erfolg versagt bleiben.
Der Kostenausspruch beruht auf § 402 Abs 2, § 78 EO und §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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