Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
"Der Antrag, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen für die Dauer dieses Rechtsstreites zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der periodischen Druckschrift F***** die Behauptung aufzustellen, F***** sei das beste Magazin, oder gleichbedeutende Behauptungen, wenn keine Spitzenstellung vorliege, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 14.421,60 S (darin 2.404,60 S USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 39.677,40 S (darin 6.612,90 S USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger ist ein Verein mit dem statutenmäßigen Zweck, die Medienvielfalt und den freien Wettbewerb ebenso zu fördern wie die wirtschaftlichen Interessen der Vereinsmitglieder, letzteres insbesondere durch Schutz gegen geschäftsschädigende Praktiken und durch Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs im Medienbereich. Er wies im Oktober 1999 153 Mitglieder (entweder öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Unternehmen) auf, darunter auch Gesellschaften, die Eigentümer und Medieninhaber von überregionalen Tageszeitungen und Magazinen sind.
Die Beklagte ist Eigentümerin, Verlegerin und Produzentin der periodischen Druckschrift F*****. In ihrem Auftrag wurde am 17. 10. 1999 im Fernsehprogramm ORF 1 eine Werbeeinschaltung mit folgendem Text gesendet: "Morgen F*****! Das beste Magazin zum besten Preis! Um nur 10 S und gratis dazu ihr Restaurant-Extra! F***** morgen nur um 10 S!".
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt der Kläger, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb der periodischen Druckschrift F***** die Behauptung aufzustellen, F***** sei das beste Magazin, oder gleichbedeutende Behauptungen, wenn keine Spitzenstellung vorliege. Die Beklagte werbe durch Verwendung des Superlativs mit einer Alleinstellung, die in den angesprochenen Verkehrskreisen den unrichtigen Eindruck erwecke, bei F***** handle es sich nicht nur um das günstigste, sondern auch um das beste Magazin. Diese generalisierende Behauptung umfasse nicht nur die Qualität des Magazins, sondern auch die Auflagenstärke und sämtliche andere überprüfbaren Faktoren. Die in Anspruch genommene Alleinstellung sei jedoch weder hinsichtlich des Preises, noch des Preis-Leistungsverhältnisses, der inhaltlichen Qualität oder anderer Faktoren gegeben. Das Magazin der Beklagten sei qualitativ nicht wertvoller als andere Magazine und unterscheide sich keinesfalls positiv von vergleichbaren Produkten auf dem Markt. Die Beklagte verstoße mit ihrer Ankündigung insbesondere gegen §§ 2 und 1 UWG. Der Kläger sei gemäß § 14 UWG zur Klage legitimiert.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie bestreitet die Klagelegitimation des Klägers; dieser habe weder bescheinigt, durch eine erhebliche, über die blosse Prozessführung hinausgehende anderweitige Tätigkeit wirtschaftliche Unternehmerinteressen zu fördern, noch, dass ihm aktuell nur Unternehmen angehörten oder die Förderung wirtschaftlicher Unternehmerinteressen infolge seiner sonstigen Zusammensetzung gewährleistet sei. Die beanstandete Ankündigung sei nicht wettbewerbswidrig. Es handle sich um keine zur Irreführung geeignete Superlativwerbung, weil sie insbesondere nicht durch die Anführung konkreter Qualitätsvorteile unterstützt werde. Die Werbung werde vom Publikum als rein subjektives Werturteil empfunden.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das von der Beklagten herausgegebene Wochenblatt vergleichbare Konkurrenzprodukte objektiv oder auch nur nach Meinung der betroffenen Leserkreise an Qualität erheblich übersteige. Gerade im Zeitungswesen sei es aber üblich, Auflagenstärke, Leserkreis und Beurteilung des Niveaus der Zeitschrift durch die Leser mit Meinungsumfragen zu erfassen und den Behauptungen über die Stellung bestimmter Zeitschriften eine objektive Grundlage zu unterlegen. Ein erheblicher Teil der mündigen Werbeempfänger verstehe die beanstandete Werbeaussage daher dahin, ihr lägen tatsächlich nachprüfbare Fakten, etwa die Ergebnisse von Leserumfragen oder die Bewertung durch maßgebliche Fachleute, zugrunde. Es liege daher nicht eine bloß marktschreierische Werbung vor. Die Zeitschrift der Beklagten weise gegenüber Konkurrenzblättern keinen wesentlichen Qualitätsvorsprung auf. Die Werbeaussage verstoße daher gegen § 2 UWG. An der Aktivlegitimation des Klägers bestehe kein Zweifel. Maßgebend hiefür sei sein statutenmäßiger Zweck. Eine namentliche Bekanntgabe seiner Mitglieder sei nicht erforderlich.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die maßgeblichen Rechtsfragen bereits Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidungen gewesen seien. In der Frage der Klagelegitimation komme es nicht auf die Namen der Mitglieder des Klägers, sondern lediglich auf die Mitgliederstruktur an. Gerade in der Zeitungsbranche werde die Aussage, die "Beste" zu sein, nicht nur als Meinungskundgebung, sondern als Tatsachenbehauptung aufgefasst. Derartige Angaben würden insbesondere auf das Niveau der Zeitung bezogen. Eine nachhaltige Überlegenheit des Magazins der Beklagten sei nicht bescheinigt.
Obwohl der Entscheidungsgegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht, hat das Rekursgericht dem Spruch seiner Entscheidung keinen Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1, § 526 Abs 3 ZPO - nämlich, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 260.000 S übersteigt oder nicht - beigesetzt. Aus der Begründung, dass hinsichtlich des Bewertungsausspruchs den Streitteilen gefolgt werde, ergibt sich aber zweifelsfrei, dass die zweite Instanz von einem 260.000 S übersteigenden Entscheidungsgegenstand ausgegangen ist. Ein Verbesserungsauftrag ist daher entbehrlich (ÖBl 1991, 267 - Lotto-Systemplan; 4 Ob 47/94).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil das Rekursgericht - wie die Rechtsmittelwerberin zutreffend aufzeigt - von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Superlativwerbung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Die Beklagte hat mit der beanstandeten Werbung eine Spitzenstellung in Anspruch genommen. Eine derartige Werbung ist nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1986, 42 - Media-Analyse-Zeitungswerbung; ÖBl 1987, 47 - Führende Werbeagentur; MR 1993, 116 - Reichweitenrekord mwN) primär nach § 2 UWG zu beurteilen und wettbewerbsrechtlich dann zu beanstanden, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbar behauptete Spitzenstellung nicht den Tatsachen entspricht oder die Werbebehauptung sonst zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet ist. Ob eine Mitteilung im Einzelfall eine objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptung oder eine rein subjektive, unüberprüfbare Meinungsäußerung - also ein bloßes Werturteil - enthält, muss unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in den die Äußerung gestellt wird, der Form, in der sie gebracht wird, des Gegenstands, den sie betrifft, und aller sonstigen Umstände, die für den Eindruck auf das angesprochene Publikum maßgebend sein können, beurteilt werden (ÖBl 1977, 166 mwN; ÖBl 1981, 119 = MR 1991, 74 = ÖBl 1991, 180 - Die Tageszeitung Österreichs mwN; 4 Ob 21/98m).
Grundsätzlich können auch subjektive Meinungsäußerungen einen sachbezogenen Kern haben; dann muss die Angabe insoweit wahr sein. Wird eine Werbung aber als eine nicht objektiv nachprüfbare Aussage aufgefasst, scheidet § 2 UWG schon nach dem Tatbestand aus (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht21 § 3 UWG Rz 76 mit Beispielen).
Die Behauptung, eine bestimmte Tageszeitung sei "schneller und aktueller", ist nur dann berechtigt, wenn das beworbene Produkt in den genannten Kriterien tatsächlich eine Spitzenstellung besitzt (SZ 60/211 = WBl 1988, 53); gleiches gilt für die Ankündigung, die größte Tageszeitung eines bestimmten Bundeslandes zu sein (4 Ob 51/93). Demgegenüber wurde die Aussage, jemand vertreibe den "besten Suppenwürfel Österreichs" (ern 1989, 105) als subjektive, unüberprüfbare Meinungsäußerung und damit als reines Werturteil qualifiziert, wenn auch betont wurde, darin sei die Tatsachenbehauptung einer qualitativ hochwertigen Ware enthalten (ebenso schon ÖBl 1977, 167 - Österreichs bester Kaffee; ÖBl 1981, 119 - Österreichs bestes Bier).
Fasst man den beanstandeten Werbeslogan - mit den Vorinstanzen - dahin auf, das Magazin der Beklagten sei das qualitativ "beste" oder "wichtigste" Wochenmagazin Österreichs, dann liegt darin eine rein subjektive, unüberprüfbare Meinungsäußerung, also ein Werturteil, stellen doch die Leser auf Grund ihrer verschiedenen Interessen ganz unterschiedliche Ansprüche an Zeitungen (ÖBl 1991, 80 = MR 1991, 74 -
Die Tageszeitung Österreichs; 4 Ob 21/98m - Kurier - Die bessere Zeitung). Auch der Kläger gesteht zu, dass die Aussage, in der Zeitungsbranche der Beste zu sein, an höchst unterschiedlichen Kriterien gemessen werden könnte, und zählt als solche Auflagenstärke, Leserkreis und "Niveau" auf; eine Rangordnung unter Printmedien ließe sich - je nach dem eingenommenen Blickwinkel - auch nach deren Seitenumfang, Anzahl der enthaltenen Bilder, Anteil von Kommentaren, Anzeigenvolumen uä aufstellen. Die beanstandete Aussage legt sich auf kein bestimmtes von vielen in Frage kommenden Beurteilungskriterien fest; sie ist als nicht ernst zu nehmende Übertreibung iS einer marktschreierischen Werbung aufzufassen, sodass in Wahrheit gar keine Tatsachenbehauptung vorliegt (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 24 Rz 19 mit Judikaturnachweisen).
Wollte man - mit den Vorinstanzen - in der beanstandeten Ankündigung keine reklamehafte Übertreibung ohne eigentlichen Wesensgehalt, sondern einen Tatsachenkern des Inhalts erkennen, es werde damit die Behauptung aufgestellt, das Magazin der Beklagten sei qualitativ hochwertig und erfülle voll die Informationsaufgaben eines Wochenmagazins, führt auch diese Beurteilung zu keinem anderen Ergebnis, weil der Kläger das Gegenteil nicht behauptet hat. Eine Pauschalabwertung von Mitbewerbern, die als Verstoß gegen § 1 UWG zu beurteilen wäre, ist in dieser Werbeankündigung hingegen nicht zu erkennen. Dem Revisionsrekurs war deshalb Folge zu geben und der Sicherungsantrag abzuweisen, ohne dass auf die Frage der Aktivlegitimation einzugehen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 41 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO.
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