OGH 4Ob84/17g

OGH4Ob84/17g30.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** S*****, vertreten durch Pfletschinger.Renzl Rechtsanwalts‑Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Hon.‑Prof. Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, Beseitigung und Rechnungslegung (Gesamtstreitwert 60.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 16. März 2017, GZ 4 R 186/16z‑39, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00084.17G.0530.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen die vom Kläger als Urheber einer umfangreichen Betriebssoftware zur Steuerung eines Containerterminals gegen die Beklagte als Nutzerin dieser Software erhobene Unterlassungs‑, Beseitigungs‑ und Rechnungslegungsklage mit der Begründung ab, das Verbreitungsrecht des Klägers sei infolge Verkaufs und Übergabe an die Rechtsvorgängerin der Beklagten erschöpft (§ 16 Abs 3 UrhG). Weder die Beklagte noch deren Rechtsvorgängerin hätten die Software des Klägers bearbeitet, die Frage einer „Verwertung der Bearbeitung“ stelle sich daher nicht. Urheberrechtsschutz genieße nicht ein durch die Anwendung der Software erzieltes Arbeitsergebnis, sondern die durch die Kombination vieler Programmschritte erreichte und damit individuell geprägte Problemlösung. Hierin habe aber die Beklagte nicht eingegriffen.

Die außerordentliche Revision des Klägers, mit der er sein Unterlassungs‑, Beseitigungs‑ und Rechnungslegungsbegehren weiter verfolgt, ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Verbreiten im Sinn des § 16 UrhG setzt der Rechtsprechung des EuGH folgend einen Eigentumsübergang voraus (4 Ob 61/16y, Möbel im Hotel II mwN). Damit ist für den Kläger aber nichts gewonnen. Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts für Computerprogramme ist unter Bedachtnahme auf Art 4 Abs 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zu beurteilen. Der EuGH hat zu dieser Bestimmung bereits ausgesprochen, dass es keinen Unterschied macht, ob der Verkauf eines Computerprogramms über einen (körperlichen) Datenträger erfolgt oder nicht (C‑128/11, UsedSoft , Rz 55; C‑166/15, Ranks ua, Rz 34 ff). „Werkstück“ ist insoweit das (unkörperliche) Computerprogramm. Da der Kläger der Rechtsvorgängerin der Beklagten unstrittig eine Programmkopie verkauft und auf ihren Servern installiert hat, folgen die Vorinstanzen der Rechtsprechung des EuGH bzw ist ihnen eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung einer Frage des Gemeinschaftsrechts nicht vorzuwerfen (vgl RIS‑Justiz RS0117100).

Der Oberste Gerichtshof hat darüber hinaus auch bereits klargestellt, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2009/24/EG auch auf Individualsoftware anwendbar sind (4 Ob 21/15i, Office Assistent Pro mwN; Dreier in Dreier/Schulze , UrhG 5 , § 69c Rn 23).

2. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 40f Abs 1 UrhG ist ein Computerprogramm, das für die Herstellung oder den Betrieb einer elektronisch zugänglichen Datenbank verwendet wird, nicht Bestandteil der Datenbank. Aber selbst bei Annahme, dass die Datenbank und das Programm des Klägers eine (untrennbare) Einheit bildeten liegt keine (unzulässige) Bearbeitung der klägerischen Software vor. Computerprogramme werden im Sinn des § 5 Abs 1 UrhG bearbeitet, wenn sie an besondere Gegebenheiten beim Anwender angepasst oder weiterentwickelt werden (4 Ob 45/05d mwN). Von der Bearbeitung ist die Benutzung eines Werks bei der Schaffung eines anderen Werks zu unterscheiden (§ 5 Abs 2 UrhG). Die bloße Benutzung eines Werks greift nicht in die an diesem Werk bestehenden Urheberrechte ein. Für Datenbankwerke bestimmt überdies § 40h Abs 3 UrhG, dass der Benutzungsberechtigte die dem Urheber sonst vorbehaltenen Verwertungshandlungen vornehmen darf, wenn sie für den Zugang zum Inhalt des Datenbankwerks oder für dessen bestimmungsgemäße Benutzung notwendig sind (4 Ob 273/00a).

Der vom Kläger als „Bearbeitung“ beanstandete Datenlink greift weder in das Programm des Klägers noch in die Struktur oder den Aufbau der vom Kläger angesprochenen Datenbank ein. Diese blieb unverändert, es erfolgt lediglich ein automatisierter und damit rein mechanischer und nicht aus eigener schöpferischer Gestaltungskraft entwickelter (vgl RIS‑Justiz RS0076389) Abgleich eines geringen Teils der in der Datenbank gespeicherten Daten, deren Generierung der Datenbankherstellung aber vorgeschaltet ist (vgl 4 Ob 206/14v, ligaportal.at ). Die angesprochene Datenbank wird somit zur Speisung einer weiteren Datenbank der Beklagten genutzt, wozu die Beklagte aber gemäß § 40h Abs 3 UrhG jedenfalls berechtigt war.

3. Die Rechtsausführungen des Klägers im Zusammenhang mit der von ihm behaupteten Verwertung des bearbeiteten Werks des Klägers gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, zumal die Vorinstanzen als erwiesen annahmen, dass weder die Beklagte noch ihre Rechtsvorgängerin Veränderungen an der Software des Klägers vorgenommen haben. Der vom Kläger angesprochene Datenlink wurde nicht von der Rechtsvorgängerin, sondern von der Beklagten selbst beauftragt/veranlasst.

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