OGH 4Ob73/15m

OGH4Ob73/15m19.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****Ö***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verein *****, vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung sA (Gesamtstreitwert 75.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2015, GZ 4 R 133/14d‑13, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin einer überwiegend gratis verbreiteten Tageszeitung. Der Beklagte ist ein Verein, dessen Tätigkeit auf die Förderung der Pressefreiheit und die Selbstkontrolle der österreichischen Printmedien gerichtet ist. Zweck seiner Arbeit ist der (ethisch) korrekte Umgang der Printmedien mit der Pressefreiheit. Die Klägerin ist nicht Mitglied des Beklagten und hat sich nicht dessen Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen.

An den Beklagten wurde der Verdacht herangetragen, dass zwei Artikel im Medium der Klägerin mit Werbegeld finanziert worden seien, ohne dies entsprechend auszuweisen. Der Beklagte sah sich veranlasst, diesem Verdacht nachzugehen und unter anderem die potentiellen Werbekunden der Klägerin (AK Wien und Frauenministerium) um Stellungnahme zu bitten. Der Brief enthielt einen Disclaimer, wonach es sich um ein selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung eines Lesers handle. Der Presserat sei ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetze und dem die wichtigste Journalisten‑ und Verlegerverbände Österreichs angehörten. Die Mitglieder der beiden Senate des Presserats seien weisungsfrei und unabhängig. Im Rahmen der Verfahren äußere der Senat seine Meinung, ob ein Artikel den Grundsätzen der Medienethik entspreche.

Die Klägerin beantragte zusammengefasst, den Beklagten zur Unterlassung der Behauptung gegenüber Inseratenkunden zu verhalten, die Klägerin verstoße gegen ein Reglement des Beklagten, so sie sich nicht dessen „Selbstkontrolle“ unterworfen habe. Weiters erhob sie ein Veröffentlichungsbegehren. Der Beklagte sei verlängerter Arm der in ihm organisierten Konkurrenzunternehmen der Klägerin, deren Wettbewerb er fördere. Die beanstandeten Schreiben des Beklagten seien Pauschalherabsetzungen iSv § 1 UWG.

Der Beklagte bestritt eine Handlung im geschäftlichen Verkehr. Die von ihm gefassten Beschlüsse seien im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit getroffene Werturteile einer privatrechtlich organisierten Brancheneinrichtung über die Einhaltung ethischer Prinzipien.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Bei Überwiegen anderer Zielsetzungen als der Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs liege kein Handeln im geschäftlichen Verkehr vor. Der beklagte Verein bezwecke die Selbstkontrolle der österreichischen Printmedien. Er habe weder ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Ergebnis seiner Erhebungen, noch ein Interesse an einem wirtschaftlichen Misserfolg der Klägerin. Damit lägen keine lauterkeitsrechtlichen Verstöße vor.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision geltend, es läge unlauteres Handeln im geschäftlichen Verkehr vor, wenn ein Verein statutenwidrig ehrenbeleidigende und kreditschädigende Äußerungen über einen dem Verein nicht Zugehörigen verbreite (und dieser Verein von Mitbewerbern des Betroffenen geprägt, dem Betroffenen aber der Beitritt zu den Trägervereinen verwehrt werde).

Rechtliche Beurteilung

Damit zeigt die Klägerin jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSv § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Der Beklagte wird selbst nicht wirtschaftlich tätig und könnte daher allenfalls wegen der Förderung fremden Wettbewerbs in Anspruch genommen werden. Wegen des generellen Wegfalls der Wettbewerbsabsicht als Tatbestandsmerkmal des § 1 UWG durch die UWG‑Novelle 2007 kommt es nach der ständigen Rechtsprechung nicht mehr auf die Absicht an, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern auf die Eignung, sofern nicht bei objektiver Betrachtung eine andere Zielsetzung eindeutig überwiegt. In solchen Fällen scheitert ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch am fehlenden Handeln im geschäftlichen Verkehr, dies ungeachtet der als bloßer Reflex zu wertenden faktischen Förderung des Wettbewerbs von einzelnen Konkurrenten (4 Ob 7/15f mwN).

2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach bei objektiver Betrachtung das Ziel des beklagten Vereins nicht in der Förderung eigenen oder fremden Wettbewerbs, sondern in der Selbstkontrolle der österreichischen Printmedien liege, weshalb kein lauterkeitsrechtlicher Verstoß vorliege, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Ob der Beklagte im Rahmen seiner Handlungen den eigenen Statuten gemäß vorging, ist für die Frage des Vorliegens eines Handelns im geschäftlichen Verkehr ebenso ohne Relevanz wie der Umstand, dass der Beklagte Untersuchungen (auch) gegen Nichtmitglieder führt. Denn auch ein allfälliger Verstoß gegen eigene Verfahrensregeln und ein Vorgehen (auch) gegen Nichtmitglieder, wenn dies ‑ wie hier ‑ im Rahmen des (wettbewerbsfremden) Vereinszwecks erfolgt, macht das Handeln noch nicht zu einem solchen im geschäftlichen Verkehr.

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