Spruch:
Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden die Beschlüsse der Vorinstanzen, soweit sie über den Antrag der Ernestine A ergangen sind und nicht die Ehewohnung betreffen, als nichtig aufgehoben und dieser Antrag zurückgewiesen.
Im übrigen, das ist in dem die Ehewohnung betreffenden Umfange, wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.
Ernestine A hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies die Anträge der geschiedenen Eheleute A auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, und zwar den Antrag der Frau, ihr die Hälfteanteile des Mannes an den Liegenschaften EZ 827 KG Orth/Donau und EZ 48 KG Matzneusiedl ins Eigentum zu übertragen, sowie den Antrag des Mannes, ihm die der Frau zugeschriebene Liegenschaftshälfte der EZ 48 KG Matzneusiedl, seiner geschiedenen Ehefrau hingegen die in seinem Eigentum stehende Liegenschaftshälfte EZ 827 KG Orth/Donau ins Eigentum zu übertragen, ab. Ernestine A stützte ihren Antrag auf die Behauptung, daß sie die Liegenschaften anläßlich der Eheschließung von ihren Eltern 'mitbekommen' habe und die 'überschreibung' an beide Eheleute nur deshalb erfolgt sei, weil beide in der Landwirtschaft (ihrer Eltern) mitgearbeitet hätten.
Wilhelm A begründete seinen Antrag mit seiner Mitarbeit im Familienbetrieb der Eltern seiner geschiedenen Frau sowohl in der Landwirtschaft als auch später als Filmvorführer.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht auf Grund der Feststellungen zu der Auffassung, daß die Liegenschaften gemäß § 82 Abs. 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung unterlägen, weil sie den Eheleuten von Franz B, dem Vater der Frau, geschenkt worden seien. Die eheliche Wohnung sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der geschiedenen Ehefrau teilweise Folge.
Es bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß, der hinsichtlich der Abweisung der Anträge des geschiedenen Mannes als unangefochten unberührt blieb, hinsichtlich der Abweisung des Antrages der Ehefrau auf übereignung des Hälfteanteils der Liegenschaft EZ 48 KG Matzneusiedl Grdst.Nr.30/5 Acker.
Dagegen hob es die Abweisung des Antrages hinsichtlich der Liegenschaft EZ 827
KG Orth/Donau Grdst.Nr.171/4 Ortsraum auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfange die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 232 AußStrG für zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Auch die zweite Instanz gelangte nach eingehender Auseinandersetzung mit der Sachrüge der Rekurswerberin zur Ansicht, daß die Liegenschaftsübertragungen und die vorgenommenen werterhöhenden Investitionen kein von den Eheleuten während der Ehe angeschafftes Vermögen, sondern unentgeltliche Leistungen Dritter im Sinne des § 82 Abs. 1 Z 1 EheG darstellten, die der Aufteilung nicht unterliegen. Für die Annahme eines ausdrücklich bestellten Heiratsgutes im Sinne der Behauptungen der Ernestine A fehle es nicht nur am konkreten Parteivorbringen, sondern auch an jedem Anhaltspunkt im durchgeführten Beweisverfahren. Es sei nicht hervorgekommen, daß die Vermögenszuwendungen des Vaters der Frau in der typischen Absicht erfolgten, das eheliche Güterrecht der Parteien zu ordnen.
Keinesfalls könne jedes Rechtsgeschäft, das im Zusammenhang mit einer Ehe steht, den Ehepakten zugerechnet werden. Die Anträge der geschiedenen Ehefrau, ihr die Liegenschaftshälften des Antragsgegners ins Eigentum zu übertragen, seien nicht berechtigt, weil die Liegenschaften in ihrer Gesamtheit nicht der Aufteilung unterlägen. Ausgenommen davon sei gemäß § 82 Abs. 2 EheG lediglich die Ehewohnung trotz des Umstandes, daß die Eheleute zu ihrer Errichtung und Anschaffung nichts beigetragen haben. Sie befinde sich in einem abgegrenzten Teil eines ansonsten nicht in die Aufteilung einzubeziehenden Hauses, das Teil eines Unternehmens sei, verliere aber dadurch ihre besondere Eigenschaft nicht und bleibe der Aufteilung unterworfen. Allerdings habe Ernestine A bezüglich der Ehewohnung keinen konkreten Aufteilungsantrag gestellt, doch sei das Gericht an die Anträge im Aufteilungsverfahren nicht gebunden und könne auch eine nicht beantragte rechtsgestaltende Maßnahme treffen. Das Verfahren sei somit hinsichtlich der Ehewohnung nicht spruchreif und der Rekurs in diesem Umfange berechtigt. Das Erstgericht werde den Parteien insoweit Gelegenheit zur Erörterung sowie zur konkreten Antragstellung geben müssen. Insbesondere werde auch der Bedarf an der Weiterbenützung der Wohnung zur Sicherung der Lebensbedürfnisse zu prüfen sein, wobei der Frage, in welchem Haushalt die Kinder der Eheleute verbleiben, erhöhte Bedeutung zukomme. Erst nach Klärung dieser Frage samt einer genauen Wertermittlung der Ehewohnung werde auch darüber zu befinden sein, ob und in welchem Umfang eine billige Ausgleichszahlung aufzuerlegen sein werde.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhebt Ernestine A Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß ihrem Aufteilungsbegehren vollinhaltlich stattgegeben werde, und stellt hilfsweise einen Aufhebungsantrag.
Wilhelm A hat den Revisionsrekurs nicht beantwortet. Im Rahmen des gemäß § 232 AußStrG zulässigen Rechtsmittels ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, daß Ernestine A in Wahrheit nicht eine Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens (§ 81 EheG), sondern die Herausgabe solchen Vermögens begehrt, das ihrer Meinung nach nicht zum ehelichen Gebrauchsvermögen zu rechnen sei, weil sie es in die Ehe 'mitbekommen', also eingebracht habe (§ 82 Abs. 1 Z 1, 1. Fall EheG).
Was der Gesetzgeber unter 'eingebracht' versteht, wird weder im Gesetz selbst noch in dessen Materialien erläutert (vgl. JAB/916 BlgNR. 14.GP, zitiert in Ent-Hopf 'Das neue Eherecht' 102 f.). Ent-Hopf beschränken sich auf deren Wiedergabe und ebensowenig läßt sich der während der Gesetzwerdung und bald danach erschienenen Literatur dazu Näheres entnehmen (vgl. Bydlinski FS Schwind S 9; Honsell in Ostheim 'Schwerpunkte...' 171 ff.). Auch Pichler zu §§ 81, 82 EheG in Rummel, II, 3113 f., gibt keine Auslegung des Begriffs.
Jedoch erwähnt Schwind EheR 2 314, daß 'Grundbesitz' zu den
praktisch bedeutsamen 'eingebrachten' Sachen zählen werde. Auch über
die Form des Einbringens in die Ehe sagt das Gesetz nichts aus,
insbesondere etwa nicht, daß es förmlich als Heiratsgut gemäß § 1218
ABGB oder sonstwie nach den Bestimmungen des 28. HptSt bestellt
worden oder der Ehegatte schon vor der Eheschließung jedenfalls -
bücherlicher - Eigentümer gewesen sein müßte; es wird somit nicht
ausgeschlossen, daß dem Ehegatten der Grundbesitz anläßlich der
(beabsichtigten) Eheschließung aus seiner Familie als 'Heiratsgut'
im landläufigen Sinne des Wortes zugekommen ist und solcherart in
die Ehe eingebracht wurde. Nach der Absicht des Gesetzgebers soll
indes der Aufteilung grundsätzlich nur Vermögen unterliegen, das die
Ehegatten gemeinsam geschaffen, zu dessen Erwerb sie also während
der Ehe beigetragen haben (Ent-Hopf a.a.O. 103). Gerade diese
Voraussetzung ist nach dem das Begehren stützenden Vorbringen der
Antragstellerin nicht gegeben; sie macht vielmehr ausdrücklich den
Ausnahmefall des § 82 Abs. 1 Z 1, 1.Fall EheG geltend. Wird aber von
einem geschiedenen Ehegatten die Herausgabe von Sachen mit der
Behauptung begehrt, daß diese wegen Vorliegens eines Ausnahmefalles
im Sinne des § 82 EheG nicht zum ehelichen Gebrauchsvermögen
gehören, so ist dieser Anspruch nicht im außerstreitigen Verfahren
geltend zu machen (SZ 53/52 =
EvBl. 1980/156 = JBl. 1980, 594; 7 Ob 687/80; 7 Ob 761/79 = EvBl.
1980/61 =
JBl. 1980, 538; Koziol-Welser II 6 191; Gschnitzer-Faistenberger
FamR 2 54;
Schwind EheR 314; Berger in RZ 1978, 257 ff. !259 ). Der Oberste Gerichtshof hatte aus Anlaß des vorliegenden zulässigen Rechtsmittels die in der Unzulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens liegende Nichtigkeit wahrzunehmen und daher insoweit den Antrag der Ernestine A zurückzuweisen (SZ 53/52 ua.). Ob und allenfalls von wem in diesem Zusammenhang Ansprüche im streitigen Verfahren geltend gemacht werden können, ist hier nicht zu prüfen. Hinsichtlich des aufgehobenen Teils der erstgerichtlichen Entscheidung ist die Rechtsmittelwerberin der Ansicht, daß die zweite Instanz ohne Rückverweisung die beantragte Zuweisung hätte selbst vornehmen können.
Dem kann nicht gefolgt werden. Dem Auftrag des Rekursgerichtes zur Ergänzung des Verfahrens und der vom Sachverhalt her nötigen Entscheidungsgrundlagen kann der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens nicht entgegentreten, wenn das Rekursgericht - wie hier - bei richtiger rechtlicher Beurteilung entscheidungswesentliche Umstände zu klären aufträgt (so auch 3 Ob 501/84). In Ermangelung einer vollständigen Entscheidungsgrundlage kann der Oberste Gerichtshof auch nicht, wie die Antragstellerin vermeint, selbst entscheiden.
Dem Revisionsrekurs muß demnach ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet in § 234 AußStrG. Im Hinblick auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels entspricht es der Billigkeit, daß die Antragstellerin dessen Kosten selbst trägt.
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