OGH 4Ob36/05f

OGH4Ob36/05f12.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG, *****, Deutschland, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Schönherr Hafner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W***** GmbH, *****, und 2. T***** D.O.O, *****, Slowenien, vertreten durch Ploil Krepp & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen (restlich) 160.015,90 EUR, über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 22. Dezember 2004, GZ 6 R 257/04t-51, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. September 2004, GZ 43 Cg 8/03k-47, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teils - insgesamt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution 318.586,90 EUR samt 10,75 % Zinsen aus 348.856,20 EUR vom 18. Juni 1998 bis 27. Juni 2002 sowie 10,75 % Zinsen aus 318.586,90 EUR seit 28. Juni 2002 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 15.870,77 EUR (darin 2.278,46 EUR Umsatzsteuer und 2.200 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 17.753,91 EUR (darin 915 EUR Umsatzsteuer und 12.263,90 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 16. Oktober 2001 (4 Ob 54/01x = SZ 74/173 = ecolex 2002/45 [Schönherr] - BOSS-ZIGARETTEN II) wurde den Beklagten verboten, Zigaretten und Zigarettenpackungen unter Verwendung des Firmenschlagworts und der Standardmarke der Klägerin "BOSS" in Verkehr zu bringen. Des Weiteren wurden sie verpflichtet, der Klägerin über die von ihnen in Österreich in Verkehr gebrachten Zigaretten unter Vorlage von Kopien der Eingangs- und Ausgangsrechnungen binnen 14 Tagen Rechnung zu legen. Dem lag unter anderem folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin erzeugt seit vielen Jahren - jedenfalls seit 1980 - mit hohem Prestigewert verbundene Herrenbekleidung. Seit Mitte der 80-iger Jahre lässt sie unter dieser Marke in Lizenz Parfüm, Strickwaren und Krawatten herstellen, seit Ende der 80-iger Jahre Brillen (der Firma Carrera), seit Anfang der 90-iger Jahre Unterwäsche und seit 1996 auch Schuhe. Seit 1996 erzeugt und vertreibt die Klägerin unter den Marken "Hugo" und "Hugo BOSS" auch "Damenprodukte", erst seit 2000 vertreibt sie auch unter der Marke BOSS Damenbekleidung. Das Zeichen der Klägerin "BOSS" war im Oktober/November 1995 58 % der Gesamtbevölkerung und 87 % der engeren Zielgruppe (Verwendern und Käufern hochwertiger Herrenoberbekleidung), im Februar/März 1996 58 % der Gesamtbevölkerung und 92 % der engeren Zielgruppe und im Zeitraum September bis November 1997 66,15 % der Gesamtbevölkerung und 90 % der engeren Zielgruppe bekannt. Die Wortmarke der Klägerin "BOSS" wurde und wird in zahlreichen Zeitschriften, Magazinen, in Programmheften (der Salzburger Festspiele bzw des Formel 1 -Rennens in Österreich) sowie für Sponsoring von Sportveranstaltungen (Formel 1-Rennen, Davis Cup-Tennis Turniere, Golfturniere) durch Kunstsponsoring und durch Ausstattung von Filmen ("Rocky"-Filme) beworben.

Die Zweitbeklagte erzeugt in Slowenien Zigaretten- und Zigarettenpackungen. Das Schriftbild der von der Zweitbeklagten auf den Zigaretten und -packungen angebrachten Aufschrift "BOSS" ist mit dem von der Klägerin auf eigenen oder in Lizenz gegebenen Produkten sowie in der Werbung verwendeten Schriftbild nahezu identisch. Die Zweitbeklagte weist auf den Zigarettenpackungen in ausreichend sichtbarer Form auf sich selbst als den Hersteller der Zigaretten hin.

Die in Österreich ansässige Erstbeklagte steht mit der Zweitbeklagten seit 1998 in Geschäftsbeziehung. Sie kaufte in der Zeit vom 18. Juni 1998 bis 26. März 1999 zumindest 17,31 Mio Stück BOSS-Zigaretten um den Preis von insgesamt 229.780 DM und veräußerte diese Zigaretten in Länder des ehemaligen Ostblocks, insbesondere nach Tschechien, Rumänien und in die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien - mit Ausnahme Sloweniens - weiter. Dabei verfuhr sie auf folgende Weise:

Nach Übersendung der Rechnung nach Österreich und Überweisung des Kaufpreises durch die Erstbeklagte wurden die bestellten Zigaretten - im Wege des sogenannten Zollausschlussverfahrens - mit der Eisenbahn in das bei einem Speditionsunternehmen in Wiener Neudorf eingerichtete Zollfreilager der Erstbeklagten geliefert. Das Speditionsunternehmen trat dabei als Lagerhalter für die Erstbeklagte auf. Die Entladung und die Beladung zur Weiterverfrachtung der Zigaretten durch ÖBB oder LKW fand stets unter Zollaufsicht statt. Die Zigarettenpackungen waren in Stangen verpackt, diese wiederum in Kartons. Während die Markenbezeichnung "BOSS" auf den Zigaretten, den Packungen und den Stangen zu sehen war, wiesen die Kartons als Aufschrift nur die Kurzform der Zweitbeklagten und einen Produktionscode auf.

Weder die Erst- noch die Zweitbeklagte haben Zigaretten mit der Marke "BOSS" in Österreich in der Weise in Verkehr gebracht, dass diese veräußert, verschenkt oder sonst in den Wirtschaftskreislauf eingebracht worden wären. Die von der Zweitbeklagten in einem von der Klägerin beim Österreichischen Patentamt wegen Nichtbenutzung der für Zigaretten registrierten österreichischen Marke "BOSS", Reg.Nr. 151.876, eingeleiteten Löschungsverfahren vorgebrachte Behauptung, die Erstbeklagte habe einen Teil der von ihr gekauften Zigaretten an österreichische Abnehmer verkauft, war eine bewusst wahrheitswidrige "Schutzbehauptung" der Zweitbeklagten im Patentverfahren.

Am 28. Juni 2002 legten die Beklagten Rechnung über die im Zeitraum vom 18. Juni 1998 bis 3. November 1999 von der Zweitbeklagten an die Erstbeklagte verkauften BOSS-Zigaretten; am selben Tag bezahlte die Zweitbeklagte gemäß § 53 MSchG 30.269,30 EUR an die Klägerin.

Die Klägerin begehrte im vorliegenden Verfahren von den Beklagten zuletzt weitere 318.586,90 EUR an angemessenem Entgelt gemäß § 53 Abs 1 MSchG. Die Rechnungslegung habe ergeben, dass die Erstbeklagte im Zeitraum vom 18. Juni 1998 bis 3. November 1999 insgesamt 88,095.000 Stück BOSS-Zigaretten von der Zweitbeklagten gekauft und im Zeitraum 22. Juni 1998 bis 27. April 2000 von der Zweitbeklagten bezogene BOSS-Zigaretten um insgesamt 1,408.648,56 EUR netto an verschiedene Abnehmer außerhalb der Europäischen Union verkauft habe. Bei einem marktüblichen Nettolizenzentgelt von 1,80 EUR/1000 Stück Zigaretten errechne sich ein Anspruch in Höhe von 158.571 EUR, welches im Hinblick auf das grobe Verschulden der Beklagten zu verdoppeln sei. Zuzüglich Umsatzsteuer und abzüglich der geleisteten Zahlung der Zweitbeklagten errechne sich der begehrte Betrag. Die Beklagten hätten die Zigaretten nicht lediglich durch Österreich durchgeführt, sondern den Ruf der Klägerin konkret ausgebeutet.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung. Mit der geleisteten Zahlung, die einer Lizenzgebühr von 5 % des Verkaufspreises der ersten Vertriebsstufe (Umsatz der Zweitbeklagten als Herstellerin) bzw 2,15 % des von der Erstbeklagten erzielten Bruttoerlöses entspreche, seien sämtliche Ansprüche der Klägerin abgegolten. Auch wenn der Transport der Zigaretten durch Österreich in Umkartons, die die Marke der Klägerin gar nicht getragen hätten, ein Markenrechtsverstoß sei, habe ein solcher Transport den Bekanntheitsgrad der Marke öffentlichkeitswirksam gar nicht belastet; einen Absatz in Österreich habe es nicht gegeben. Vernünftige Vertragspartner hätten für den Vorteil der bloßen Durchfuhr der Zigaretten durch Österreich und Tschechien anstelle des Umwegs über Ungarn oder direkte Flugfracht keine Lizenzgebühr vereinbart, allenfalls einen geringen Pauschalbetrag. Da es vor der Umsetzung der Markenharmonisierungs-Richtlinie in Österreich (23. Juli 1999) keinen auf die Unterscheidungsfunktion der berühmten Marke gestützten Unterlassungsanspruch gegeben, der Oberste Gerichtshof seine Entscheidung 4 Ob 54/01x - BOSS-ZIGARETTEN II aber ausschließlich auf § 10 Abs 2 MSchG gestützt habe, könne eine Lizengebühr jedenfalls für vor dem 23. Juli 1999 mit dem Zeichen "BOSS" versehene und in Verkehr gebrachte Zigaretten nicht verlangt werden. Da die Beklagten bereits vor diesem Zeitpunkt Zigaretten mit der Marke der Klägerin in Verkehr gebracht hätten, könne ihnen im Hinblick auf Art 5 Abs 4 Markenharmonisierungs-Richtlinie von der Klägerin auch für den Zeitraum nach dem 23. Juli 1999 ihr Markenrecht nicht entgegen gehalten, jedenfalls kein Entgelt für die Benützung der Marke verlangt werden.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 160.015,90 EUR samt 4 % Zinsen, das Mehrbegehren wies es (insoweit rechtskräftig) ab. Gemäß § 53 Abs 1 MSchG stehe der Klägerin ein bereicherungsrechtlicher Anspruch für die unbefugte Nutzung ihrer Marke durch die Beklagten zu. Lizenzvereinbarungen über die Einräumung eingeschränkter Markengebrauchsrechte wie im vorliegenden Ausmaß seien nicht feststellbar. Hätten die Beklagten jedoch von der Klägerin im Wege einer Lizenzvereinbarung das Recht zur Markenbenützung eingeräumt erhalten, hätten die Parteien dafür ein marktübliches Nettolizenzentgelt von 158.571 EUR (1,80 EUR/1000 Stück Zigaretten x 88.095) vereinbart. Dieser Betrag sei als angemessenes Entgelt anzusehen, das um die Umsatzsteuer zu erhöhen, jedoch um die von der Zweitbeklagten geleistete Zahlung zu verringern sei. Grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz treffe die Beklagten nicht; daher sei das Entgelt auch nicht gemäß § 53 Abs 3 MSchG zu verdoppeln.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es verwarf die Mängelrüge der Beklagten, die geltend gemacht hatten, es wäre ein weiterer Sachverständiger beizuziehen gewesen. Das im Verfahren erster Instanz eingeholte Sachverständigengutachten verstoße nicht gegen die Denkgesetze und habe keinen wesentlichen Verhandlungsstoff außer Acht gelassen. Der beigezogene Sachverständige habe als jahrzehntelanger Mitarbeiter der Austria-Tabak-Werke die Befundgrundlagen, nämlich die auf dem Zigarettenmarkt üblichen Linzenzverträge, aus eigener Erfahrung gekannt; sein Aufgabengebiet habe die Gestaltung, Verhandlung und den Abschluss aller relevanten Lizenzverträge für Tabakwaren in Österreich umfasst. Im vorliegenden Fall habe keine bloße Durchfuhr von Zigaretten, sondern ein Import mit nachfolgendem Reexport vorgelegen, die Umsatzgeschäfte seien somit in Österreich abgewickelt worden. Damit könne aber nicht auf eine niedrigere fiktive Lizenzgebühr abgestellt werden. Maßgeblich sei, welcher Umsatz mit den mit der Marke der Klägerin gekennzeichneten Zigaretten erzielt worden sei bzw welche Umsatzsteigerung durch die Verwendung der Marke "BOSS" habe erzielt werden können. Die Klägerin habe sich im Vorverfahren nicht nur auf § 10 Abs 2 MSchG gestützt, sondern auch auf § 9 Abs 1 UWG. Da auch vor dem Inkrafttreten der Markenrechts-Nov 1999 "ein Vorgehen aus der bekannten Marke" möglich gewesen sei, stehe die Lizengebühr auch für vor dem 23. Juli 1999 in Verkehr gebrachte Zigaretten zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil zur Frage der Angemessenheit des Entgelts nach § 53 MSchG bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht; sie auch berechtigt.

Nach § 53 Abs 1 MSchG idF der Markenrechts-Nov 1999 hat der durch unbefugte Nutzung einer Marke Verletzte gegen den Verletzer Anspruch auf ein angemessenes Entgelt. Eine inhaltsgleiche Regelung enthält § 150 Abs 1 PatG für Patentverletzungen; diese Bestimmung war vor Inkrafttreten der Markenrechts-Nov 1999 gemäß § 56 MSchG auch bei Markenverletzungen anzuwenden. Der Oberste Gerichtshof hat zu § 150 Abs 1 PatG ausgesprochen, dass sich das angemessene Entgelt regelmäßig nach dem Wert der Nutzung des Patents richtet und damit einer angemessenen Lizenzgebühr gleichzusetzen ist. Das angemessene Entgelt kann daher nach den Grundsätzen bemessen werden, die für die Berechnung einer vertraglichen Lizenzgebühr herangezogen werden. Dabei ist vor allem die allgemeine wirtschaftliche Bedeutung des Patents zu berücksichtigen und es sind die Vor- und Nachteile abzuwägen, die der Verletzer gegenüber einem Lizenznehmer hat (4 Ob 246/97y = ÖBl 1998, 307 WURZELENDREDUZIERER mwN). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn das angemessene Entgelt für die Verletzung des Markenrechts zu bemessen ist (4 Ob 243/01s = ÖBl 2002/49 SISSY-WEISSWEIN; 4 Ob 119/04k = RdW 2005/35 SACHER KAFFEE WIEN II).

Im Gegensatz zum österreichischen Markenrecht kennt das deutsche Markenrecht keinen verschuldensunabhängigen Anspruch des in seinen Rechten verletzten Markeninhabers auf angemessenes Entgelt. Nach § 14 Abs 6 dMarkenG ist der vorsätzlich oder fahrlässig handelnde Verletzer verpflichtet, dem Inhaber den durch die Verletzungshandlung entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Schaden kann im Wege einer "Lizenzanalogie" berechnet werden und zwar unabhängig davon, ob der Markeninhaber tatsächlich bereit gewesen wäre, einen Lizenzvertrag abzuschließen (BGH GRUR 1993, 55 TCHIBO/ROLEX II; Schweyer in Von Schultz, Kommentar zum Markenrecht § 14 Rz 250). Dabei wird zur Ermittlung des Schadens auf eine marktübliche Lizenz abgestellt. Maßgebend ist demnach, welche Lizenzgebühr vernünftige Vertragsparteien bei Berücksichtigung aller objektiven lizenzrelevanten Umstände vereinbart hätten. Wesentlich ist dabei der Bekanntheitsgrad und Ruf des verletzten Kennzeichens, der Grad der Verwechslungsgefahr, der Beeinträchtigung oder Ausbeutung, der Bedeutung der Kennzeichnung für die Abnehmer sowie Dauer und Umfang der Kennzeichennutzung (Ingerl/Rohnke, Markengesetz² Vor §§ 14-19 Rz 115 mwN; Fezer, Markenrecht³ § 14 Rz 522; Ekey in Ekey/Klippel, Markenrecht § 14 Rz 173; Schweyer aaO). Die Lizenz wird üblicherweise als Stücklizenz berechnet. Sie beträgt im Regelfall zwischen 1 bis 5 % des Brutterlöses; bei sehr bekannten Marken mit überragender Bedeutung für den Absatz wie etwa bei bestimmten Merchandisingartikeln kann die Lizenz bis zu 15 % betragen (Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rz 16 mwN; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz7 § 14 Rz 312 mwN; Schweyer aaO § 14 Rz 251). Als Grundsatz gilt dabei, dass der Verletzer nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden soll als ein vertraglicher Lizenznehmer (BGH GRUR 1962, 509 DIA-RÄHMCHEN II; Fezer aaO; Hacker aaO).

Auch nach österreichischem Recht soll wie schon die Bezeichnung "angemessenes Entgelt" zeigt der Markeninhaber so gestellt werden, als hätte er dem Verletzer das Recht, die Marke zu benützen, durch Vertrag eingeräumt und dafür ein Entgelt vereinbart. Richtschnur dafür hat wie auch bei einer Vertragsergänzung (ua 5 Ob 550/76 = SZ 49/86; zur Auslegung eines Lizenzvertrags 4 Ob 61/98v = ÖBl 1999, 90 H INTERNATIONAL) zu sein, was redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten.

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass Lizenzvereinbarungen für die Nutzung eines Markenrechts, wie sie durch die Verwendung des Zeichens "BOSS" für Zigaretten in Österreich erfolgt ist, geschlossen werden. Festgestellt konnte nur das marktübliche Nettoentgelt für eine Markenbenützung werden, die nicht auf die Durchfuhr der mit der Marke versehenen Ware beschränkt ist. Die Vorinstanzen haben dieses Entgelt als angemessenes Entgelt ihrer Entscheidung zugrunde gelegt.

Sie haben dabei verkannt, dass darauf abzustellen ist, was redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Dabei ist maßgebend, welche Nutzung tatsächlich erfolgt, weil auszuschließen ist, dass redliche und vernünftige Parteien ein Entgelt vereinbaren, das einen Nutzen abgilt, der gar nicht entstehen kann. Das gilt im vorliegenden Fall für die Ausbeutung und Schädigung des Rufs, die mit der Verwendung der bekannten Marke "BOSS" für Zigaretten in Österreich verbunden ist. Der Ruf wird nicht tatsächlich ausgebeutet oder geschädigt, wenn die Zigaretten durch Österreich bloß durchgeführt werden und sie der inländische Zigarettenkäufer daher gar nicht zu Gesicht bekommt.

Die Klägerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, es komme allein darauf an, "in wie weit beim Weiterverkauf der mit unserer Marke gekennzeichneten Zigaretten die Verwendung unserer Prestigemarke 'BOSS' eine Erhöhung der Umsatzspannen der Beklagten bewirkte" (S 15 der Revisionsbeantwortung). Ohne Verwendung der Marke hätte die Zweitbeklagte niemals beim Verkauf an die Erstbeklagte derart hohe Umsatzspannen erzielen können, genauso wenig wie in weiterer Folge die Erstbeklagte beim Weiterverkauf an die Abnehmer derart hohe Umsatzspannen erzielen hätte können. Erst durch die (widerrechtliche) Kennzeichnung der Zigarettenpackungen mit der "Prestigemarke" der Klägerin seien die betreffenden Waren zu dem geworden, was sie für die Abnehmer und Verbraucher reizvoll mache.

Die Klägerin gesteht damit zu, dass der Wert ihrer Marke aus den Vorstellungen folgt, die die Verbraucher damit verbinden. Nur weil sich für die Verbraucher mit der Marke ein besonderes "Prestige" verbindet, erscheint ihnen der Kauf der damit versehenen Zigaretten attraktiv, was sich aus der Sicht des Händlers - positiv auf den Verkaufspreis und damit auch positiv auf dessen Spanne auswirkt. Diese Wirkung entfaltet die Marke allein in den Bestimmungsländern und nicht auch in Österreich, da die Zigaretten hier nicht in den (Einzel-)Handel gelangen. Auch wenn die Zigaretten daher insoweit in den inländischen Verkehr gelangen, als die (österreichische) Erstbeklagte sie in Slowenien kauft, nach Österreich (im Zollausschlussverfahren) einführt und in die Bestimmungsländer verkauft und ausführt, wird die für den geschäftlichen Erfolg der Beklagten maßgebende Rufausbeutung und Rufbeeinträchtigung nicht in Österreich, sondern erst in den Bestimmungsländern wirksam. Für die Markenverletzung genügt aber, wie in der Entscheidung 4 Ob 54/01x - BOSS-ZIGARETTEN II dargelegt, die abstrakte Eignung zu einer solchen Auswirkung, zu der es bereits dadurch kommt, dass die Zigaretten von einem österreichischen Unternehmen gekauft und verkauft werden und insoweit auf österreichisches Staatsgebiet gelangen, als sie nach Österreich eingeführt werden, um wieder ausgeführt zu werden. Für den geschäftlichen Erfolg ist dies jedoch nur soweit von Bedeutung, als dadurch (allenfalls) geringere Logistik- und Transportkosten anfallen.

Bei dieser Sachlage ist es auszuschließen, dass redliche und vernünftige Parteien für die Nutzung der Marke der Klägerin in Österreich das gleiche Entgelt vereinbart hätten wie sie es vereinbarten, würden die Zigaretten in Österreich verkauft. Dass wie die Klägerin ausführt das für die Einräumung des Nutzungsrechts, die Zigaretten unter einer bestimmten Marke in bestimmten Ländern zu vertreiben, vereinbarte Lizenzentgelt üblicherweise auch die Durchfuhr durch andere Länder abgilt, lässt nicht den Schluss zu, dass auch im vorliegenden Fall ein Lizenzentgelt in gleicher Höhe vereinbart würde. In dem von der Klägerin genannten Fall gilt das Lizenzentgelt die Nutzung der Marke in den Bestimmungsländern ab; im vorliegenden Fall geht es hingegen nicht um die Verletzung des (allfälligen) Markenrechts der Klägerin in den Bestimmungsländern (und daher auch nicht um die Abgeltung dieser Nutzung), sondern um die Nutzung der Marke in Österreich.

Die schon nach allgemeinen Grundsätzen insoweit beweispflichtige Klägerin hat nicht bewiesen, dass für eine solche Nutzung ein Lizenzentgelt in der von ihr geforderten oder in anderer Höhe vereinbart würde. Angesichts der bei der Festsetzung des angemessenen Entgelts regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten ist es gerechtfertigt, das Entgelt unter Heranziehung des § 273 ZPO festzusetzen (4 Ob 119/04k SACHERS KAFFEE WIEN II). Dabei ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Zweitbeklagte der Klägerin bereits 30.269,30 EUR an Lizenzentgelt gezahlt hat. Dieser Betrag gilt die Nutzung der Marke im festgestellten Umfang jedenfalls ab, und zwar auch dann, wenn nicht allein auf den Zeitraum nach Inkrafttreten der MarkenrechtsNov 1999 abgestellt wird. Es kann daher offen bleiben, ob sich der Anspruch der Klägerin auf angemessenes Entgelt nur auf die Verletzung ihrer bekannten Marke oder auch auf die Verletzung ihres Firmenschlagworts bezieht.

Der Revision war somit Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gründet auf § 41 ZPO, hinsichtlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens in Verbindung mit § 50 ZPO. Die Bekanntgabe der Beklagten vom 16. Jänner 2004 war lediglich nach TP 1 RATG zu honorieren, die Vertagungsbitte vom 5. März 2004 überhaupt nicht. Der Ansatz beträgt nach TP 3 RATG 784,30 EUR, nach TP 1 RATG 85,30 EUR. Der Erlag eines Kostenvorschusses in Höhe von 2.000 EUR durch die Beklagten am 4. Dezember 2003 ist aus dem Akt nicht nachvollziehbar.

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