Spruch:
Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit 25.650 S (darin enthalten 4.275 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger - ein Komponist und Musiker - hatte am 10. 10. 1994 mit der F***** GmbH (in der Folge Verlegerin) einen Verlagsvertrag über bestimmt angeführte Werke abgeschlossen, worin diese sich verpflichtet hatte, sich für die Verbreitung des Werkes in handelsüblicher Weise einzusetzen. Nach Erhalt einer Abrechnung, aus der ein für den Kläger enttäuschender Verkauf von nur ca 750 Tonträgern hervorging, richtete der Kläger am 14. 2. 1996 ein Schreiben an die Verlegerin, in dem er unter anderem erklärte: "Des weiteren betrachte ich alle von mir bei Ihnen bis dato verlegten Werke der Produktion Sternenklang "Alle Wege führen zu Dir" ab 1. März 1996 wieder als verlagsfrei, da als Grundlage für die Unterfertigung der Verlagsverträge ihr Künstlervertrag vom 26. 8. 1994 mit der Gruppe Sternenklang diente, in dem sie eine bundesweite Promotion (BRD) für die zuvor genannten Produktionen garantierten. Von einer bundesweiten Promotion hätte man sicher als Komponist und Autor mehr erwarten können als maximal Tantiemen für ca 750 bis 1000 Tonträger".
Dieses Schreiben hat der Geschäftsführer der Verlegerin auch erhalten. Die Vorinstanzen konnten nicht feststellen, daß er darauf in irgendeiner Weise reagiert hätte.
Am 9. 5. 1996 wurde über das Vermögen der Verlegerin der Konkurs eröffnet und der Nebenintervenient zum Masseverwalter bestellt. Er stellte einen Schließungsantrag. Auf Ersuchen des Klägers, die seiner Auffassung nach am 14. 2. 1996 erfolgte Auflösung des Verlagsvertrages formell zu bestätigen, teilte der Nebenintervenient mit, er sei mit einer Auflösung nicht einverstanden. Er übertrug die Verlagsrechte in der Folge an die Beklagten.
Der Kläger begehrt nun die Feststellung, wonach der Verlagsvertrag seit spätestens 5. 3. 1996 aufgelöst sei, in eventu, der Vertrag sei seit spätestens 18. 12. 1996 (dem Zeitpunkt einer auch gegenüber den Beklagten als Erwerbern der Verlagsrechte sicherheitshalber neuerlich vorgenommenen Aufkündigung) aufgelöst. Die Verlegerin habe die vertraglich übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt und die mit Schreiben vom 14. 2. 1996 erklärte Vertragsauflösung nicht zurückgewiesen. Der Verlagsvertrag sei somit spätestens mit 5. 3. 1996 aufgelöst.
Die Beklagten und der auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenient beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die Verlegerin habe die vertraglich übernommenen Pflichten erfüllt und keinen Anlaß für eine vorzeitige Vertragsauflösung gegeben. Der Masseverwalter sei daher berechtigt gewesen, die Verlagsrechte weiterzugeben. Er habe deren Rechte an die Beklagten übertragen, die ihrerseits keinen Anlaß für eine vorzeitige Vertragsauflösung gegeben hätten.
Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Dem Schreiben vom 14. 2. 1996 sei nicht zu entnehmen, daß der Kläger damit eine vorzeitige Vertragsauflösung im Sinn des § 29 UrhG anstrebe. Es enthalte auch keine Nachfrist. Dem (späteren) Auflösungsschreiben des Klägers hätten sowohl der Nebenintervenient als auch die Beklagten widersprochen.
Das Berufungsgericht stellte - in Abänderung der Entscheidung des Erstgerichtes - die Auflösung des Verlagsvertrages zum 5. 3. 1996 fest. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts, wonach der Geschäftsführer der Verlegerin das Schreiben des Klägers vom 14. 2. 1996 erhalten habe und nicht festgestellt werden könne, daß er in irgendeiner Weise darauf reagiert habe.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, das Schreiben des Klägers enthalte eine vorzeitige Auflösungserklärung. Es bringe die für die Erklärungsempfängerin erkennbare Absicht zum Ausdruck, den Verlagsvertrag vorzeitig - ab 1. 3. 1996 - aufzulösen. Der Kläger habe mit seiner Formulierung auch eine Nachfrist bis 1. 3. 1996 gesetzt. Die Verlegerin habe die Auflösungserklärung nicht in der Fallfrist des § 29 Abs 4 UrhG zurückgewiesen und damit ihre Bestreitungsrechte selbst dann verloren, wenn der Kläger keine Nachfrist gesetzt hätte. Sie - und ihre Rechtsnachfolger - könnten mit ihren Behauptungen, die Auflösungserklärung sei - aus welchen Gründen auch immer - unwirksam, nicht mehr gehört werden.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil die hier entscheidungswesentliche Frage in der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht behandelt worden sei und Rechtsprechung zur Frage, ob die vom Kläger gebrauchte Formulierung eine Auflösungserklärung im Sinn des § 29 UrhG darstelle, fehle.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor. Die Revision der beklagten Parteien und ihres Nebenintervenienten sind daher nicht zulässig:
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (ÖBl 1960, 56 - Edition Bristol II; 4 Ob 2111/96m; RIS-Justiz RS0077750) löst schon die nach § 29 UrhG abgegebene Erklärung des Urhebers den Werknutzungsvertrag auf. Das Urteil im nachfolgenden Prozeß hat bloß deklarative Bedeutung, es soll feststellen, ob die Erklärung rechtswirksam abgegeben wurde. Gemäß § 29 Abs 4 UrhG kann die Wirksamkeit der Auflösungserklärung nicht mehr bestritten werden, wenn der Wertnutzungsberechtigte diese Erklärung nicht binnen 14 Tagen nach ihrem Empfang zurückweist. Mit dem Untergang seines Bestreitungsrechts ist es dem Werknutzungsberechtigten auch nicht mehr möglich, die Wirksamkeit der Auflösungserklärung betreffende Fragen aufzurollen. So tritt nach in der Lehre gebilligter ständiger Rechtsprechung die Verschweigung seines Bestreitungsrechts auch dann ein, wenn der Auflösungserklärung keine Nachfristsetzung voranging (ÖBl 1961, 16 - Quelle & Meyer; 4 Ob 1065/92; RIS-Justiz RS0077758; A. Reindl, Die Nebenrechte im Musikverlagsvertrag 86 f).
Für die Frage, ob der Kläger eine vorzeitige Auflösung des Verlagsvertrages vorgenommen hat, ist die Auslegung der im Schreiben vom 14. 2. 1996 gewählten Formulierung maßgeblich. Dabei ist, ausgehend vom "buchstäblichen Sinn des Ausdruckes", seine Absicht zu erforschen. Die Auslegung der Erklärung ist am Empfängerhorizont zu messen. Die daraus abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen verständigen Menschen zu verstehen war (Rummel in Rummel ABGB2 Rz 4 zu § 914; JBl 1989, 37). Auf konkrete Umstände, namentlich auf den Zweck der Erklärung und die Interessenlage ist hiebei Bedacht zu nehmen. (SZ 65/109; EvBl 1991/134; ÖBA 1997, 61).
Die Auslegung des Berufungsgerichtes, wonach die vom Kläger gewählte Formulierung eine vorzeitige Auflösungserklärung im Sinn des § 29 UrhG enthalte, steht mit diesen Grundsätzen in Einklang. Eine Fehlbeurteilung ist schon deshalb nicht zu erkennen, weil das Berufungsgericht die bei Erklärungen des Urhebers zu berücksichtigenden Wertungen und Auslegungsregeln des Urheberrechtsgesetzes (vgl A. Reindl aaO 45 f, 49) berücksichtigt.
Die Verlegerin ist der vom Kläger erklärten Auflösung nicht fristgerecht entgegengetreten, sodaß sie sich ihres Bestreitungsrechtes verschwiegen hat (§ 29 Abs 4 UrhG). Daran können auch die später abgegebenen Erklärungen ihres mit Konkurseröffnung danach bestellten Masseverwalters nichts ändern.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruhen auf §§ 41 und 50 ZPO; der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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