Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung
Die klagende Partei nahm im Rechtsstreit 6 Cg 137/90 des Landesgerichts Innsbruck einen Verein, dessen Mitglied und Schriftführer der Beklagte ist, auf Zahlung des Kaufpreises für die Lieferung des Fahrgestells für ein Sanitätsfahrzeug von S 442.200 in Anspruch. Der Verein bestritt zwar das Klagebegehren, strebte jedoch eine vergleichsweise Bereinigung an; geplant war die Finanzierung des Sanitätsfahrzeuges durch eine Leasinggesellschaft, die sich hiezu auch bereitfand, sofern der Obmann des Vereins, der Beklagte und ein weiteres Mitglied die persönliche Haftung für die Zahlung der Leasingraten übernehmen. Diese Bedingung wurde jedoch nicht erfüllt, sodaß schließlich die angestrebte Finanzierung des Sanitätsfahrzeuges unterblieb.
Die klagende Partei begehrte zuletzt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 146.880 s.A. und brachte hiezu vor, der Beklagte habe im Zuge der Bemühungen, den Rechtsstreit mit dem Verein vergleichsweise zu bereinigen, die persönliche Haftung für den Hauptsachenbetrag von S 442.200, eines Zinsenbetrages von S 45.000 und eines Kostenbeitrages von S 90.000 übernommen.
Der Beklagte wendete insbesondere ein, er habe sich zwar gemeinsam mit dem Obmann des Vereins um die Finanzierung des Sanitätsfahrzeugs durch eine Leasinggesellschaft bemüht und sich dabei auch bereit erklärt, der Leasinggesellschaft gegenüber zu bürgen, der klagenden Partei hingegen habe er nur zugesagt, er werde sich persönlich für eine einvernehmliche Regelung verwenden, sich aber ihr gegenüber persönlich zu nichts verpflichtet; zu einer solchen Erklärung hätte er auch gar keinen Anlaß gehabt, zumal dem Verein nur mit einer Finanzierung des Gesamtkaufpreises des Fahrzeugs, also auch der Kosten des Aufbaus, gedient gewesen wäre; zuletzt wendete er auch die mangelnde Schriftform der behaupteten Haftungserklärung und damit die Formungültigkeit ein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Es stellte fest, die drei schon erwähnten Vereinsfunktionäre - darunter auch der Beklagte - seien an eine vom Beklagtenvertreter als Geschäftsführer geleitete Leasinggesellschaft mit dem Ansinnen herangetreten, das Fahrzeug im Leasingweg zu finanzieren. Der Beklagtenvertreter habe das angestrebte Leasing davon abhängig gemacht, daß es vorerst zu einer Ordnung der finanziellen Verhältnisse des Vereins kommen müsse. Bei einer Besprechung sei man davon ausgegangen, daß der Verein die Leasingraten aus den Einsatzerträgnissen des Fahrzeugs abdecken könne. Überdies wurde von der Leasinggesellschaft verlangt, daß die drei Vereinsfunktionäre hiefür die persönliche Haftung übernehmen. Die Gesellschaft habe den Fall zwar im Auftrag des Beklagtenvertreters in Bearbeitung genommen, eine verbindliche Finanzierungszusage sei jedoch nicht erteilt worden. Zu der von der Leasinggesellschaft geforderten schriftlichen Haftungserklärung der erwähnten Vereinsfunktionäre sei es nicht gekommen. Der Beklagte sei beauftragt worden, eine Reduktion der Zinsen- und Kostenforderung der klagenden Partei im anhängigen Rechtsstreit anzustreben. Am 27. September 1990 sei der Beklagte mit dem Klagevertreter im Büro des Vorstands der klagenden Partei zusammengetroffen. Er habe dort die geplante Leasingfinanzierung erläutert und den Wunsch zum Ausdruck gebracht, den anhängigen Rechtsstreit beizulegen. Nach Verhandlungen über die Höhe des zu zahlenden Betrages sei eine Einigung dahin erzielt worden, daß sich die klagende Partei mit der Zahlung eines Hauptsachenbetrages von S 442.000 zuzüglich Zinsen von S 45.000 und eines Kostenbeitrags von S 90.000 abfinden würde. „Dabei“ habe der Beklagte die persönliche Haftung für die Zahlung dieser Beträge übernommen und betont, er würde auch für den Hauptsachenbetrag haften, sofern die Leasinggesellschaft „wider Erwarten“ dessen Finanzierung nicht übernehmen sollte. Der Klagevertreter habe auf einer schriftlichen Festlegung dieser Haftungserklärung nicht bestanden. Am 4. Oktober 1990 habe der Klagevertreter beim Beklagten die Zahlung von S 577.200 fernmündlich urgiert, der Beklagte habe darauf erwidert, daß dieser Betrag beim Klagevertreter einlangen werde und er hiefür die persönliche Haftung übernehme.
In rechtlicher Hinsicht beschränkte sich das Erstgericht auf den Hinweis, aus dem Sachverhalt folge, „daß der Beklagte den gesamten Klagsbetrag samt Zinsen zu bezahlen habe“.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, der Beklagte habe nach den erstinstanzlichen Feststellungen erklärt, daß er die persönliche Haftung für die Zahlung des Kaufpreises samt Nebengebühren übernehme; diese Haftungserklärung sei nach deren Wortlaut keine Bürgschaft, sondern ein Schuldbeitritt im Sinne des § 1406 ABGB. Diese Ansicht werde dadurch erhärtet, daß die Beteiligten bei dem Gespräch vom 27. September 1990 nicht von einer Zahlung durch den damals beklagten Verein, sondern von einer Finanzierung durch eine Leasinggesellschaft ausgegangen seien, die damals schon deshalb nicht Schuldnerin der klagenden Partei gewesen sei, weil sie das Leasing nur bedingt zugesagt habe. Eine Bürgschaft für die Leasinggesellschaft komme daher nicht in Betracht. Der Schuldbeitritt könne nur durch einen Dritten, also eine am eigentlichen Vertrag nicht beteiligte Person, erklärt werden, sodaß die weiteren Rechtsausführungen des Beklagten, er habe als Außenstehender kein Anerkenntnis abgeben können, ins Leere gingen.
Die Revision des Beklagten ist im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Er beharrt auf seinem Standpunkt, seine von der beklagten Partei behauptete Haftungserklärung wäre als mündlich erklärte Bürgschaft gemäß § 1346 Abs. 2 ABGB formungültig. Während das Erstgericht diese Einwendung einfach überging, wertete das Gericht zweiter Instanz die Erklärung des Beklagten, sollte die Leasinggesellschaft die Finanzierung des Fahrzeugs „wider Erwarten“ (ON 12, S. 9) nicht übernehmen, werde er für diesen Betrag (S 442.200) persönlich haften, als Schuldbeitritt. Bei der Begründung dieser Rechtsauffassung begnügte sich das Berufungsgericht mit dem Hinweis, die Leasinggesellschaft habe die Finanzierung bloß „bedingt“ zugesagt, sodaß eine Bürgschaft für die Leasinggesellschaft nicht in Betracht komme.
Der von den Vorinstanzen festgestellten mündlichen Haftungserklärung des Beklagten, die sich in ihrer Formulierung auf die Übernahme der persönlichen Haftung beschränkte, lag ein Rechtsstreit zugrunde, in dem die klagende Partei einen Verein, dessen Schriftführer und Mitglied der Beklagte war, auf Zahlung des Kaufpreises für das Fahrgestell eines Sanitätsfahrzeuges belangte; weil den Funktionären des Vereins an einer vergleichsweisen Bereinigung des Rechtsstreits lag, traten sie an eine Leasinggesellschaft mit dem Ansinnen heran, die Finanzierung des streitverfangenen Kaufpreises zu übernehmen. Die Gesellschaft war dazu grundsätzlich auch bereit, sofern nur die Funktionäre entsprechende Haftungserklärungen abgeben würden. Gleichzeitig wurde der Beklagte beauftragt, eine Reduktion des Zinsen- und Kostenbetrages zu erwirken. Die Streitteile handelten in der Folge auch pauschalierte Beträge für die Zinsen und Kosten aus; für diese Beträge und den eingeklagten Hauptsachenbetrag wollte der Beklagte persönlich haften, sollte es wider Erwarten zu keiner Finanzierung durch die Leasinggesellschaft kommen. Die Haftungserklärung kann angesichts dieser Begleitumstände - ihr Wortlaut selbst läßt keine eindeutige Zuordnung zu - schon deshalb nicht als Schuldbeitritt beurteilt werden, weil dieser im Zweifel nur dann anzunehmen ist, wenn der Interzedent ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Grundgeschäft zwischen Gläubiger und Altschuldner hat oder nach den Umständen des Falles nicht erwarten kann, daß der Altschuldner seine Verpflichtung erfüllen wird (SZ 62/160; SZ 61/174 jeweils mwN uva). Keines dieser Zuordnungskriterien kann im vorliegenden Fall für die Annahme einer kumulativen Schuldübernahme ins Treffen geführt werden: Für ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Beklagten am Kaufvertrag zwischen klagender Partei und Verein fehlt jedweder Anhaltspunkt, weil weder feststeht, daß der Beklagte für Vereinsverbindlichkeiten Haftungserklärungen abgegeben hätte, noch festgestellt ist, daß er durch die Verurteilung des Vereins zur Zahlung des Kaufpreises in seinen wirtschaftlichen Belangen in irgendeiner Form tangiert werden würde. Er mußte aber - nach den erstinstanzlichen Feststellungen - im Zeitpunkt der Abgabe seiner Haftungserklärung auch nicht mit einer Inanspruchnahme durch den Gläubiger rechnen, schien es doch abgemachte Sache (arg. „wider Erwarten“), daß die Leasinggesellschaft einspringen werde und die Leasingraten aus dem Einsatz des Sanitätsfahrzeuges bestritten werden könnten.
Damit wäre an sich aber für den Standpunkt des Klägers noch nichts gewonnen, weil die Vorinstanzen ebenso wie die Parteien die denkbare Möglichkeit, die Haftungserklärung des Beklagten als nicht akzessorisches Garantieversprechen zu deuten, gänzlich außer Betracht ließen. In einem Fall, in dem die Haftungserklärung des dort Beklagten ihrem Wortlaut nach gleichfalls keine eindeutige Zuordnung zur Bürgschaft oder zur Garantie zuließ, hat der erkennende Senat (EvBl 1991/134 = RdW 1991, 228 = ecolex 1991, 530 = ÖBA 1991, 822) unter Berufung auf Koziol (Garantievertrag, 52) und Canaris (GroßK HGB4, Bankvertragsrecht Rz 1124) ausgeführt, mit dem Garantievertrag übernehme der Garant eine gegenüber der Hauptschuld selbständige und damit von deren Bestand unabhängige Haftung für die Leistung durch einen Dritten. In dieser Selbständigkeit des Garantieversprechens liege der dogmatische Unterschied zur Bürgschaft, die in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig sei. So einfach die Grenze zwischen Garantie und Bürgschaft abstrakt zu ziehen sei, so schwierig könne dagegen die Einordnung eines konkreten Geschäfts sein, weil im Einzelfall mitunter nur schwer feststellbar sei, ob die Vertragsteile eine akzessorische oder eine selbständige Sicherheit schaffen wollten. Das treffe vor allem auf solche Fälle zu, in denen auf Einwendungen nicht ausdrücklich verzichtet wurde. In diesen Fällen sei die Zuordnung nur im Wege der Auslegung möglich. Bleibe die Haftungserklärung ihrem Wortlaut nach - wie das auf den vorliegenden Fall zutrifft - unklar, sei bei der Auslegung auf die konkreten Umstände, insbesondere auf den Geschäftszweck und die Interessenlage Bedacht zu nehmen. Vor allem letztere sei für die Abgrenzung zwischen Garantie und Bürgschaft von wesentlicher Bedeutung. Habe die Interessenlage erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Rechtsstellung im Vergleich zur bloßen Bürgenhaftung zum Ziel, spreche das auch ohne Verwendung des Ausdrucks „Garantie“ nachdrücklich für die Annahme einer solchen Haftungserklärung. Dagegen könne aus der - übrigens auch bei Garantien - allgemein üblichen Bezugnahme auf das Valutaverhältnis allein noch nicht auf eine akzessorische Haftung geschlossen werden, weil dadurch in erster Linie bloß umschrieben werden solle, welche Leistung eines bestimmten Dritten dem Begünstigten garantiert werden solle. An dieser Ansicht, die im Schrifttum weitgehende Zustimmung fand (P. Bydlinski in ÖBA 1991, 825; in hier nicht maßgeblichen Belangen allerdings kritisch Wilhelm in ecolex 1991, 531), ist festzuhalten, weil nur eine interessengerechte Wertung im Einzelfall brauchbare Abgrenzungskriterien liefert.
Im vorliegenden Fall sollte die Haftungserklärung nach den erstinstanzlichen Feststellungen die klagende Partei für den Fall absichern, daß es dem Beklagten trotz seiner Bemühungen „wider Erwarten“ nicht gelingen sollte, die Leasinggesellschaft für die Finanzierung des Fahrgestells - also dessen Ankauf und leasingweise Überlassung an den Verein - zu gewinnen. Der Beklagte wollte sich demnach jedenfalls der klagenden Partei gegenüber zur Verwendung bei der Leasinggesellschaft verpflichten, um das beabsichtigte Finanzierungsleasing zustande zu bringen, ihr aber gleichzeitig auch - unabhängig vom Ausgang des anhängigen Rechtsstreits - für den Erfolg dieser Bemühung durch die Übernahme der „persönlichen Haftung“ einstehen, was vom Standpunkt des Erklärungsempfängers aus mit allem Nachdruck für eine Garantie spricht (vgl. § 880a erster und zweiter Halbsatz ABGB). Die Abmachung zwischen den Streitteilen konnte in ihrer Gesamtheit deshalb nur so verstanden werden, daß die klagende Partei zwar auf einen Teil ihrer beträchtlichen Nebenforderungen verzichten wollte, dafür aber das Recht erlangen sollte, für den restlichen Betrag den Beklagten aus seiner Haftungserklärung jedenfalls und unabhängig vom Zustandekommen des geplanten Finanzierungsleasings, aber auch unabhängig vom Ausgang des zwischen ihr und dem Verein anhängigen Rechtsstreits in Anspruch zu nehmen. Die Haftungserklärung des Beklagten ist demnach als selbständiges Garantieversprechen zu beurteilen, auch wenn der Beklagte auf Einwendungen aus dem Grundgeschäft nicht ausdrücklich verzichtet hat.
Die Frage, ob das im § 1346 Abs 2 ABGB verankerte Formgebot auch auf das - im Gesetz nicht näher geregelte - Garantieversprechen ausgedehnt werden sollte, wird im österreichischen Schrifttum unterschiedlich gelöst. Ohmeyer-Klang (in Klang 2 VI, 204) lehnen die analoge Anwendung dieser Bestimmung mit der Begründung ab, die Rechtslage bei Gewährverträgen sei von jener bei der Bürgschaft völlig verschieden. Auch Schinnerer-Avancini (Bankverträge3 II 301 und FN 114) vertreten diese Ansicht, ohne sie näher zu begründen. Schinnerer meint in ÖBA 1953, 221, bei der Garantie sei bestimmendes Element der Leistungspflicht die Bedingung der Nichtleistung durch den anderen, sodaß eine analoge Anwendung des bürgschaftsrechtlichen Formgebotes außer Betracht zu bleiben habe. Sonnenberger (QuGHZ 1974, 75) lehnt diese Analogie gleichfalls ab, weil keine Gesetzeslücke zu finden sei; rechtspolitische Argumente, wie der gleiche Zweck von Bürgschaft und Garantie, reichten hiezu nicht aus. Die Unanwendbarkeit der Vorschriften über die Bürgschaft ergebe sich aus der sachlich andersartigen Garantenhaftung. Stölzle weist in AnwBl. 1978, 103, auf die Wesensverschiedenheit von Garantie und Bürgschaft hin, sodaß allein schon deshalb die Formvorschriften für die Bürgschaft auf die Garantie nicht anwendbar seien. Während Mayrhofer (in Ehrenzweig, Schuldrecht3 AT 149) letztlich bloß den Meinungsstand referiert und Rummel (in Rummel, ABGB2 § 880 a Rz 5) die Abgrenzung der Garantie von der Bürgschaft „allenfalls auch wegen der Formfrage“ für wichtig hält meint Gamerith (in Rummel ABGB1 § 1346 Rz 9) ohne weitere Begründung, der Garantievertrag unterliege dem Schriftlichkeitsgebot der Bürgschaft nicht, verweist jedoch auf die gegenteilige Auffassung von Bydlinski-Koziol in Les suretrs personelles, 383.
Auch Guhl (in Obligationenrecht8 167) lehnt - für das schweizerische Recht - die Ausdehnung der Bürgschaftsformen auf die Garantie ab; im deutschen Schrifttum begründet Pecher in MünchK2 § 766 BGB Rz 2 bei grundsätzlich gleicher Rechtslage wie in Österreich die Ablehnung der Analogie lediglich mit dem Hinweis auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in NJW 1972, 576, und WM 1964, 61, 62, obwohl er die Warnung des Garanten für angezeigt hält. Auch Horn (in Staudinger 12 Vorbem. zu den §§ 765 bis 778 Rz 82), Mühl (in Soergel 11, vor § 765 Rz 41) und Mormann (in RGRK BGB12 vor § 765 Rz 6) wollen § 766 BGB (der § 1346 Abs 2 ABGB in jeder Hinsicht entspricht) nicht auch auf andere ähnliche Interzessionsgeschäfte, wie die Garantie, ausdehnen, weil der Gesetzgeber bewußt nicht alle diese Geschäfte dem Formgebot der Bürgschaft unterworfen habe (Horn) bzw. weil keine Notwendigkeit bestehe, den Garanten wie den Bürgen zu schützen (Mühl).
Im neueren österreichischen Schrifttum wird diese Auffassung in zunehmendem Maße kritisiert. Schon Bydlinski-Koziol (aaO) sind für die analoge Anwendung der für die Bürgschaft geltenden Formvorschriften eingetreten. Koziol (aaO 39 ff) hält der herrschenden Auffassung entgegen, daß die Rechtslage bei der Bürgschaft und der Garantie keineswegs völlig verschieden sei. Abgesehen davon, daß es auch nicht akzessorische Bürgschaften gebe, wie etwa die Verbürgung für den Geschäftsunfähigen und den Ausgleichsschuldner, für die das Schriftlichkeitsgebot in gleicher Weise gelte, dürfe es vom Zweck der Formvorschrift her nicht zweifelhaft sein, daß der Garant, der eine nicht akzessorische und daher noch gefährlichere Haftung übernehme, noch mehr des Schutzes vor Übereilung bedürfe. Es wäre wertungswidrig, sollte die Schutzvorschrift gerade deshalb nicht gelten, weil der Interzedent ein größeres Risiko übernommen habe. Gleicher Ansicht ist P. Bydlinski (in ÖBA 1990, 845, und Die Bürgschaft im österreichischen und deutschen Handels-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht <1991>, 11, 45); auch Apathy (in Schwimann § 880 a Rz 5) und Kramer (in Straube, HGB § 350 Rz 3) verweisen zur Formbedürftigkeit des Garantievertrags auf Koziol (aaO); letzterer meint demgemäß, daß Garantieerklärungen des Vollkaufmanns formfrei möglich bleiben müßten. In jüngster Zeit hat auch Ch. Lindinger (in WBl. 1992, 139 f) die herrschende Ansicht kritisiert.
Auch im jüngeren deutschen Schrifttum mehrt sich die Kritik an der herrschenden Auffassung. Die Ausdehnung des Schriftlichkeitsgebotes des § 766 BGB auf den Garantievertrag haben schon v. Caemmerer (in FS Riese 305 f), v. Marschall (in Horn-v. Marschall-Rosenberg-Pavicevic, Dokumentenakkreditive und Bürgschaften im internationalen Zahlungsverkehr (1977), 33) und Rimmelspacher (in Kreditsicherungsrecht (Juristischer Studienkurs 1980), 18 f gefordert; auch Larenz (Schuldrecht12 II § 64 II) meint unter Berufung auf Rimmelspacher, es habe einiges für sich, für die Erklärung des Garanten dann, wenn es sich, wie bei der Leistungsgarantie zumeist, um einen einseitig verpflichtenden Vertrag handelt, die Schriftform zu verlangen. Zuletzt hat Canaris (aaO) gefordert, die Vorschriften über die Bürgschaft auf die Garantie insoweit analog anzuwenden, als deren Abstraktheit dem nicht entgegenstehe. Das gelte auch für § 766 BGB. Diese Vorschrift sei auf die Garantie (außerhalb des Anwendungsbereiches des § 350 HGB) analog anzuwenden, wenn auf seiten des Garanten ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem dem Hauptschuldner vom Begünstigten gewährten Kredit oder dem sonstigen Geschäft fehlt.
Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage der Formbedürftigkeit von Garantieversprechen - soweit überblickbar - bisher nur zweimal befaßt. In SZ 56/55 führte er zur Begründung seiner Auffassung, daß schriftliche Erklärungen über die Bankgarantie bloß Beweisurkunden seien, unter Berufung auf Schinnerer-Avancini (aaO) die Formfreiheit des Bankgarantievertrags ins Treffen; tatsächlich lagen jedoch damals schriftliche Garantieverträge vor. Der erkennende Senat hat dagegen in ÖBA 1990, 843, unter Berufung auf Koziol-Welser (in Grundriß8 I 299, die dort den Meinungsstand referieren) ausgeführt, zum Unterschied von der Bürgschaft bedürfe der (echte) Garantievertrag nach herrschender Auffassung zu seiner Gültigkeit nicht der Schriftform; damit bestünden keine Bedenken, daß die vom (dort) Beklagten in dessen Brief bestätigte Erklärung inhaltlich eine Garantie sei. Diese Erklärung hatte er allerdings - nach dem Sachverhalt - in einem Telefonat abgegeben, sodaß von einer mündlichen Haftungserklärung des (dort) Beklagten auszugehen war.
An dieser Auffassung vermag der erkennende Senat jedoch angesichts der kritischen Stimmen im Schrifttum nach neuerlicher Prüfung der Rechtslage nicht mehr festzuhalten: Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages ist - soweit nicht handelsrechtliche Sonderregelungen (§§ 350 f HGB) eingreifen - erforderlich, daß die Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben wird (§ 1346 Abs 2 ABGB). Die Schriftform wurde mit § 97 III. TN - nach dem Vorbild des § 766 BGB - zum Zweck der Vermeidung der schweren Folgen unüberlegter Gutstehungserklärungen eingeführt. Soweit die herrschende Auffassung, die die Ausdehnung der Formvorschrift auf das Garantieversprechen ablehnt, für ihren Standpunkt die Wesensverschiedenheit von Bürgschaft und Garantie ins Treffen führt, bleibt sie eine dogmatisch einwandfreie Begründung schuldig. Koziol (aaO 40) wirft ihr zu Recht vor, daß sich die Bürgschaft von der (Leistungs-)Garantie in Wahrheit einzig und allein durch die Akzessorietät unterscheidet (so insbesondere auch SZ 48/130), und dem geltenden Recht zudem nicht akzessorische Bürgschaften nicht fremd sind: Bei der Verbürgung für den Geschäftsunfähigen (§ 1352 ABGB) und der Haftung für den im Ausgleich befindlichen Hauptschuldner (vgl. § 53 Abs 2 AO) bleibt der Bürge für den gesamten Betrag verhaftet, obwohl der Hauptschuldner entweder überhaupt nicht oder doch nur mehr mit der Quote einzustehen hat. Auch für diese nicht akzessorischen Formen der Bürgschaft gilt aber uneingeschränkt das Formgebot des § 1346 Abs 2 ABGB, sodaß es schon deshalb naheliegt, den Anwendungsbereich der Formvorschrift auf nicht akzessorische Sicherungen auszudehnen. Noch schwerer wiegt aber der Größenschluß auf der Grundlage des erklärten Zwecks des Formgebots, des Schutzes von Gutstehungswilligen vor Übereilung: Es ist - was Koziol, P. Bydlinski und Ch. Lindinger (jeweils aaO) zu Recht hervorheben - ein nicht aufklärbarer Wertungswiderspruch, die Haftungserklärung des Bürgen, der eine bloß akzessorische Haftung übernimmt, wegen der „schweren Folgen“ einem Formgebot zu unterwerfen, die Haftungserklärung des Interzedenten, der eine selbständige Haftung übernimmt, dagegen von dieser Formvorschrift auszunehmen. Wollte der Gesetzgeber dem Gutstehungswilligen schon bei der bloß akzessorischen Bürgschaft Schutz vor Übereilung angedeihen lassen, so muß das umso mehr für die Übernahme der nicht akzessorischen und daher wesentlich gefährlicheren Garantie Geltung haben. Dagegen kann auch die Möglichkeit des in Anspruch genommenen Garanten zum Rückgriff gegen seinen Auftraggeber nicht für die unterschiedliche Behandlung ins Treffen geführt werden, weil dieser Rechtsbehelf zumeist auch dem Bürgen zu Gebote steht, der Bürge aber jedenfalls nach Zahlung gemäß § 1358 ABGB gegen den Hauptschuldner Regreß nehmen kann. Auch das für die Formbedürftigkeit der Bürgschaftsverpflichtung ins Treffen geführte Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners und der damit verbundenen Entwertung des Rückgriffsanspruches trifft voll und ganz auch auf die Garantie zu, deren wirtschaftlicher Zweck in vielen Fällen gerade die Absicherung des Begünstigten vor der Insolvenz seines Vertragspartners ist (Koziol aaO 40).
Die Bürgschaft und die Garantie in bezug auf ihre Formbedürftigkeit unterschiedlich zu behandeln, birgt im geschäftlichen Verkehr zudem auch nicht zu unterschätzende Gefahr in sich, wenn der Interzedent - wie gar nicht selten - nicht Vollkaufmann ist. Auf die Probleme bei der Abgrenzung der beiden Sicherungsgeschäfte voneinander wurde bereits hingewiesen; Canaris (aaO) bezeichnet die beiden Geschäftstypen angesichts der fließenden Übergänge zu Recht als „Endpunkte einer Typenreihe“. Ob Haftungserklärungen, deren Akzessorietät bloß punktuell - also etwa durch den Ausschluß einer oder weniger Einwendungen aus dem Grundverhältnis - eingeschränkt wurde, als Bürgschaft und daher formgebundene Haftungserklärung oder als formungebundenes Garantieversprechen zu beurteilen sind (vgl. etwa SZ 62/75), kann dann im Einzelfall zu kaum lösbaren Auslegungsschwierigkeiten führen, obwohl die (Form-)Gültigkeit des Geschäftes schlechthin auf dem Spiel steht (vgl dazu P. Bydlinski in JBl 1992, 475f, der eine zwischen Garantie und Bürgschaft angesiedelte Interzession für zulässig erachtet).
Auch das Argument, dem Gesetzgeber seien bei Einführung der Formbindung der Bürgenverpflichtung die Garantieverträge bekannt gewesen, er habe demnach bewußt davon Abstand genommen, auch sie der Schriftform zu unterwerfen, verfängt nicht: Ist den Materialien (HHB 265 und 270) zu entnehmen, daß das Formgebot vor übereilten „Gutstehungserklärungen“ schützen soll (270), die Bestimmung des § 881 ABGB aF, dessen zweiter Satz in geänderter Fassung durch § 91 III. TN als § 880a ABGB eingeschoben wurde, aber gerade auch die „Gutstehung“ für das Verhalten eines Dritten vor Augen hatte (265) und das Erfordernis der Schriftlichkeit das „Unheil leichtsinniger Garantieübernahmen“ eindämmen sollte (270), so beweist dies, daß der Gesetzgeber der Dritten Teilnovelle die Bürgschaft und die Garantie in Wahrheit gar nicht - wie die moderne Rechtslehre - ihrem Gehalt nach scharf voneinander unterschied, sondern als nachgerade austauschbare Ausdrücke für die „Gutstehung“ (für das Verhalten eines Dritten) verwendete. Daß der Gesetzgeber das Formgebot des § 1346 Abs 2 ABGB nicht expressis verbis auch auf die nicht akzessorische Gutstehungserklärung (Garantieversprechen) ausdehnte, liegt zum einen darin, daß die Leistungsgarantie im Gesetz praktisch gar nicht geregelt ist (SZ 48/130 ua), und zum andern in der soeben erörterten Tatsache, daß der Gesetzgeber der Dritten Teilnovelle zwischen Bürgschaft und Garantieversprechen keine scharfen Trennlinien zog. Der Annahme einer Regelungslücke, die die analoge Anwendung des im § 1346 Abs 2 ABGB verankerten Formgebots außerhalb des Geltungsbereichs des § 350 HGB zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen gebietet, stehen daher weder der Wortlaut des § 880a ABGB noch die Materialien zu dieser Bestimmung bzw. zu § 1346 Abs 2 ABGB entgegen. Ob und inwieweit diese Erwägungen auch für den Schuldbeitritt Geltung haben, ist im vorliegenden Fall nicht zu prüfen.
Ob die als Garantieversprechen zu beurteilende mündliche Haftungserklärung des Beklagten mangels Schriftlichkeit formungültig ist, kann jedoch nach den bisherigen Verfahrensergebnissen noch nicht abschließend beurteilt werden. Sind die Formvorschriften des § 1346 Abs 2 ABGB auf eine Bürgschaft, die auf Seiten des Bürgen ein Handelsgeschäft ist, nicht anzuwenden (§ 350 HGB), sofern dessen Gewerbebetrieb über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht (§§ 351 und 4 HGB), wäre auch die mündliche Garantieerklärung des Beklagten dann als wirksam zustande gekommen anzusehen, wenn dieser Vollkaufmann sein und die Verpflichtung im Betrieb seines Handelsgewerbes begründet haben sollte (Kramer aaO § 350 Rz 2 und 3).
Der Beklagte gab zwar bei seiner Vernehmung als Partei (§ 375 Abs 1 und § 340 Abs 1 ZPO) als Beschäftigung „Kaufmann“ an (ON 5, S. 3) und bezeichnete sich auch in seinen Schriftsätzen selbst teils als „Geschäftsmann“ (ON 2), teils als „Kaufmann“ (ON 13), berief sich aber andererseits auf die Formvorschrift des § 1346 Abs 2 ABGB, die ihm, wäre er Kaufmann, nur zugute käme, wenn er im Zeitpunkt der Haftungserklärung entweder nur ein Minderhandelsgewerbe (§ 4 Abs 1 HGB) betrieben oder aber die Erklärung nicht im Betrieb seines Vollhandelsgewerbes abgegeben haben sollte. Die Vorinstanzen haben diese Frage nicht erörtert, das Erstgericht nicht, weil es die auf § 1346 Abs 2 ABGB gestützte Einwendung des Beklagten überging, das Berufungsgericht nicht, weil es Schuldbeitritt (§ 1406 ABGB) annahm, auf den die Formvorschrift des § 1346 Abs 2 ABGB auch nicht analog angewendet werden dürfe. Im Hinblick auf die zur Einordnung der Haftungserklärung des Beklagten als Garantieversprechen und dessen Formbindung außerhalb des Anwendungsbereiches der §§ 350 und 351 HGB weiter oben angestellten Erwägungen kommt dieser Frage indessen streitentscheidende Bedeutung zu.
Das Erstgericht wird diese Frage mit den Parteien gemäß § 182 ZPO im fortgesetzten Verfahren zu erörtern und die Sachverhaltsgrundlage im Rahmen des ergänzten Parteivorbringens soweit zu verbreitern haben, daß diese Frage abschließend beurteilt werden kann. Dabei wird zu beachten sein, daß die Kaufmannseigenschaft des (Bürgen und) Garanten von demjenigen zu beweisen ist, der sich auf die Formfreiheit der Haftungserklärung berufen hat; beruft sich dagegen der Kaufmann auf seine Eigenschaft als Minderkaufmann, ist er beweispflichtig (Kramer aaO 351 Rz 4; SZ 54/186; EvBl 1979/201). Das Erstgericht wird ferner, sofern es streitig sein sollte, ob der Beklagte die Haftungserklärung im Betrieb seines Handelsgewerbes abgab, die im § 344 Abs 1 HGB verankerte gesetzliche Vermutung zu beachten haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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