Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Parteien gegen die beklagten Parteien auf Unterlassung weiterer Wettbewerbsverstöße, worauf die Klage gerichtet ist, wird den beklagten Parteien aufgetragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Unterputz-Spülkästen den Vertrieb von nicht von 'Geberit' stammenden Unterputz-Spülkästen in der Weise zu bewerben, dass die Kombinierbarkeit mit einer Geberit-Betätigungsplatte hervorgehoben wird, wenn nach Versehung dieses Spülkastens mit einer Geberit-Betätigungsplatte die Gefahr besteht, dass der unrichtige Eindruck erweckt wird, es handle sich um einen Geberit-Unterputz-Spülkasten.
Die klagenden Parteien haben ihre Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig, die beklagten Parteien haben ihre Kosten des Provisorialverfahrens endgültig selbst zu tragen".
Text
Begründung
Die Erstklägerin vertreibt Geberit Produkte auf dem österreichischen Markt. Die Zweitklägerin ist ein Muttergesellschaft der Erstklägerin. Für sie ist die internationale Marke IR 571872 "GEBERIT" (Wortmarke) mit Schutz für Österreich ua in der Warenklasse 11 für Sanitärprodukte eingetragen. Die Zweitklägerin hat die Erstklägerin - durch einen Oberlizenzvertrag der Zweitklägerin mit der GEBERIT ***** AG in Verbindung mit dem Linzenzvertrag zwischen letzterer Gesellschaft und der Erstklägerin - ermächtigt, diese Marke ua im Gebiet von Österreich zu verwenden und überdies gegen die Beklagten gerichtlich vorzugehen. Die Erstklägerin benützt die Marke seit Jahrzehnten regelmäßig sowohl international als auch in Österreich zur Kennzeichnung der im Konzern produzierten und vertriebenen Produkte des Sanitärbereichs. Sie vertreibt in Österreich ua Unterputz-Spülkästen. Diese werden in die Wand versenkt und sind von außen nicht sichtbar. Ausgelöst wird die Spülung durch das Drücken einer Betätigungsplatte. Die Erstklägerin vertreibt die Betätigungsplatten, auf denen die Bezeichnung "GEBERIT TWIN" angebracht ist, gemeinsam mit dem Unterputz-Spülkastensystem oder auch als Ersatzteil.
Die Erstbeklagte, eine Großhandelsgesellschaft (mbH), deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, vertreibt unter der Bezeichnung "R***** WC-Modul" Unterputz-Spühlkasteneinbauelemente, wobei der Spülkasten selbst ein Produkt des Herstellers "V*****" ist. Das "R***** WC-Modul" wird von der Erstbeklagten damit beworben, dass es - neben anderen Betätigungsplatten (auch Drücker- oder Abdeckplatten genannt) auch mit der "GEBERIT TWIN"-Betätigungsplatte kombiniert werden kann. Nach dem Einbau des "R***** WC-Moduls" ist lediglich die Betätigungsplatte und die darauf angebrachte Marke sichtbar und daher nicht erkennbar, von welchem Hersteller der Unterputz-Spülkasten stammt. Der beim "R***** WC-Modul" verwendete Unterputz-Spülkasten unterscheidet sich vom Geberit-Spülkasten in mehreren - vom Erstgericht näher festgestellten - Merkmalen. Dass das Produkt der Beklagten gegenüber dem der Klägerinnen qualitativ minderwertig wäre, ist nicht bescheinigt.
Die Klägerinnen begehren zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens, den Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb von Unterputz-Spülkästen den Vertrieb von nicht von "Geberit" stammenden Unterputz-Spülkästen in der Weise zu bewerben, dass die Kombinierbarkeit mit einer Geberit-Betätigungsplatte hervorgehoben werde, wenn nach Versehung dieses Spülkastens mit einer Geberit-Betätigungsplatte die Gefahr bestehe, dass der unrichtige Eindruck erweckt werde, es handle sich um einen Geberit-Unterputz-Spülkasten. Das Anbieten von "R***** WC-Modul"-Unterputz-WC-Spülkkasten-Einbauelementen eines Fremdherstellers zusammen mit als dazu passend beworbenen Betätigungsplatten des Modells der Klägerinnen "Geberit Twin", welches gut sichtbar das Markenzeichen der Klägerinnen trage, führe dazu, dass beim Benutzer des Spülkastensystems der Eindruck erweckt werden müsse, dass sich hinter der gut sichtbar mit "Geberit" bezeichneten Betätigungsplatte auch ein hochqualitatives Geberit-Produkt befinde. Tatsächlich bestünden allerdings wesentliche Qualitätsunterschiede zwischen den Spülkastensystemen der Klägerinnen und der Beklagten. Dadurch, dass der Benutzer etwaige Qualitätsmängel fälschlich dem Produkt der Klägerinnen zuschreibe, werde der anerkannt gute Ruf der Klägerinnen gefährdet. Beteiligte Verkehrskreise seien hier alle Benützer von Toilettanlagen, somit also jedermann. Das Anbieten einer Geberit-Betätigungsplatte zu einem Konkurrenzspülkastensystem führe auch zur Irreführung der beteiligten Verkehrskreise, weil gerade der einzige Teil, an dem diese den Hersteller des Gesamtprodukts erkennen könnten, zur Täuschung auf ein Konkurrenzprodukt aufgesetzt werde. Das Verhalten der Beklagten verstoße auch gegen § 1 UWG, weil die Gefahr von Qualitätsbeeinträchtigungen durch Vermischung der Produkte evident sei. Schließlich sei den Beklagten aber auch eine Markenrechtsverletzung anzulasten. Da für die beteiligten Verkehrskreise nicht erkennbar sei, dass sich hinter der mit "Geberit" bezeichneten Abdeckplatte kein Geberit-Produkt befinde, werde durch die Verwendung des mit der Marke "Geberit" gekennzeichneten Zubehörteils gemeinsam mit einem nicht sichtbaren Konkurrenzhauptprodukt in unzulässiger Weise das Gesamtprodukt mit der Marke "Geberit" gekennzeichnet. Die Haftung des Zweitbeklagten gründe sich darauf, dass er als alleiniger Geschäftsführer der Erstbeklagten am Wettbewerbsverstoß sowie an der Markenverletzung selbst aktiv mitgewirkt habe.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrags. Der Zweitklägerin mangle es an einem Rechtsschutzinteresse, weil ihre Rechte durch die von ihr dazu ermächtigte Erstklägerin ausreichend gewahrt seien. Als beteiligte Verkehrskreise seien hier nicht die WC-Benützer, sondern jene Personen anzusehen, die WC-Anlagen einbauten bzw einbauen ließen. Eine Markenrechtsverletzung liege nicht vor. Das nicht von den Klägerinnen stammende WC-Einbauelement werde nicht mit der Marke "Geberit" gekennzeichnet. Für jene, die das Einbauelement erwürben, sei klar, dass es nicht von den Klägerinnen stamme. Entscheidungsgegenständlich sei überdies nicht die Verwendung der Wortmarke, sondern die Unterlassung einer nach Ansicht der Klägerinnen irreführenden Werbung. Der Vertrieb eines mit dem Unterputz-Spülkasten der Klägerinnen kompatiblen Erzeugnisses, das in qualitativer Hinsicht dem Produkt der Klägerinnen entspreche, sei nicht wettbewerbswidrig.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Da die Erstklägerin die Rechte der Zweitklägerin in Österreich vollständig wahrnehme, fehle es dieser an einem Rechtsschutzbedürfnis zur eigenen Rechtsverfolgung. Eine Absatzbehinderung durch ein kompatibles Produkt sei nur dann sittenwidrig nach § 1 UWG, wenn das kompatible Produkt minderwertig sei. Den Klägerinnen sei der ihnen insoweit obliegende Beweis im Provisorialverfahren nicht gelungen. Auch ein Verstoß nach § 2 UWG sei nicht verwirklicht. Voraussetzung dafür sei das Vorliegen einer Handlung zu Wettbewerbszwecken. Diesen Zweck könne man den Beklagten hier nicht unterstellen. Sei das "R***** WC-Modul" erst eingebaut, dann sei einzig und allein die Wortmarke "Geberit" erkennbar. Selbst wenn durch die Anbringung der Geberit Twin-Betätigungsplatte der Eindruck entstehe, auch das dahinter eingebaute Spülkastensystem stamme von "Geberit", so sei auch diese Annahme nicht geeignet, den Kundenkreis der Beklagten zu erweitern oder ihren Absatz zu steigern. Entschließe sich der Kunde aufgrund der positiven Erfahrung mit diesem Unterputzspülkasten zum Kauf des Produkts, werde er sich nach einem "Geberit"-Spülkasten erkundigen, weil er davon ausgehe, hinter der GEBERIT TWIN-Betätigungsplatte befinde sich ein Geberit-Unterputzspülkasten. Die Annahme, es handle sich um einen Geberit-Spülkasten sei nur dann geeignet, den Absatz der Erstklägerin zu behindern, wenn der tatsächlich verwendete Spülkasten den in den Geberit-Spülkästen verwirklichten Qualitätsmaßstäben nicht gerecht werde. Dies sei allerdings nicht bescheinigt.
Auch eine Markenrechtsverletzung liege nicht vor. Bei Originalprodukten komme begrifflich eine Verwechslungsgefahr nicht in Frage. Die Erstbeklagte verwende Betätigungsplatten, die von der Erstklägerin in Verkehr gebracht worden seien und mit der Marke "Geberit" gekennzeichnet seien, als Zubehör zu dem von ihr vertriebenen "R***** WC-Modul". Sie verwende die Marke nicht, um die Spülkästen selbst zu kennzeichnen. Der Gebrauch der Marke sei nach § 10b MSchG auch gesetzmäßig, weil das Markenrecht der Erstklägerin durch das Inverkehrbringen der Betätigungsplatte erschöpft sei. Außerdem sei auch § 10 Abs 3 Z 3 MSchG anzuwenden.
Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Inwiefern die beanstandete Werbebehauptung eine markenrechtlich relevante Verletzungshandlung nach § 10a MSchG darstellen solle, sei nicht ersichtlich, weil eine Bewerbung des eigenen Produkts der Beklagten mit dem Zeichen der Klägerinnen nicht erfolge. In der beanstandeten Werbeaussage werde nur auf die Kompatibilität eines eigenen Produkts mit dem Produkt der Beklagten hingewiesen. Sie erwecke gerade nicht den Eindruck, der von den Beklagten vertriebene Spülkasten stamme ebenfalls aus dem Betrieb der Klägerinnen. Sei aber - wie hier - eine durch den Einbau des Spülkastens bewirkte Verwechslungsgefahr unvermeidbar, so könne den Beklagten auch keine vermeidbare Herkunftstäuschung angelastet werden. Dazu komme auch, dass die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht durch eigenes Verhalten der Beklagten, sondern durch das Verhalten eines Käufers, der den Einbau vornehme(n lasse), entstehe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Kläger ist entgegen der Auffassung des Rekursgerichts zulässig, weil die Vorinstanz die Rechtsfrage der Sittenwidrigkeit durch Rufausbeutung (in Verbindung mit einer - geplanten - Zuordnungsverwirrung) unrichtig gelöst hat.
Das Rechtsmittel ist auch berechtigt:
Im vorliegenden Verfahren steht nicht die Rechtsfrage nach der Zulässigkeit der Herstellung/Bewerbung eines kompatiblen Produktes oder des "Einschiebens in eine fremde Serie" im Vordergrund, weil der konkrete Sachverhalt von jenen der vom Rekursgericht für seinen Rechtsstandpunkt zitierten Entscheidungen grundsätzlich verschieden ist. Auch die Frage nach einer Markenverletzung (und in der Folge nach der hiezu vorliegenden Klage/Antragsberechtigung) muss hier - ganz abgesehen davon, ob ein solcher überhaupt Gegenstand des Sicherungs-/Unterlassungsklage-/Begehrens ist - nicht gelöst werden. Das festgestellte Verhalten der Beklagten ist nämlich jedenfalls aus folgenden Gründen als Sittenverstoß im Sinn des § 1 UWG durch Rufausbeutung iVm einer - durch die beanstandeten Werbemaßnahmen geplanten - Zuordnungsverwirrung zu ahnden:
Gerade weil nach dem Einbau des von der Beklagten vertriebenen (und nicht von den Klägerinnen stammenden) Unterputz-Spülkastensystems bei Verwendung der in der Werbung ua als "passende" Abdeck-/Drücker-/Betätigungsplatte genannten "GEBERIT TWIN"-Betätigungsplatte nicht mehr erkennbar ist, dass der - nicht sichtbare - Unterputzspülkasten kein "GEBERIT-Unterputzspülkasten" ist, sondern - mit Ausnahme des Einbauenden bzw Bestellers - jeder WC-Benützer die auf der Betätigungsplatte allein sichtbare Marke/Kennzeichnung des Produkts der Klägerinnen auf das gesamte Spülkastensystem beziehen wird, bezweckt die beanstandete Werbung die Ausbeutung (Übertragung) des guten Rufs des klägerischen Markenprodukts für (auf) das - Produkt der Beklagten. Da - nach der von den Beklagten nicht konkret bestrittenen Behauptung der Klägerinnen - die Produkte der Klägerinnen im Publikum einen guten Ruf und hohen Werbewert genießen, wird dieser Ruf und Werbewert der klägerischen Produkte selbst ohne Täuschung über die betriebliche Herkunft der in der Werbung der Beklagten als passend vorgeschlagenen GEBERIT-TWIN-Platte durch die planmäßige Einbeziehung in die Werbung für das eigene (nach Einbau unsichtbare) Hauptprodukt unlauter ausgenützt. Indem sich die Beklagten das (allfällige) Prestigedenken der von ihrer Werbung angesprochenen Käufer, durch die Verwendung einer GEBERIT-Druckerplatte gegenüber den Benützern der WC-Anlage einen GEBERIT-Unterputzspülkasten vorzugeben, zu Nutze machen und damit den Ruf des klägerischen Produkts für sich ausnützen (könnten), ist ihre Werbung als unlauter zu beurteilen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 Rz 552 ff; insbes 556 mwN zu § 1). Der BGH hat in der aaO zitierten Entscheidung GRUR 1986, 876 - "Tchibo/Rolex" (Klette) - wenn auch bei einem anders gelagerten Sachverhalt (dort hatte eine Kaffee-Großrösterei neben ihren Kaffeeprodukten "Billig-Kopien" der teuren Rolex-Armbanduhren ua mit dem Hinweis auf die Ähnlichkeit mit den Originaluhren beworben und in Verkehr gebracht) - einen Wettbewerbsverstoß (gegen § 1 dUWG) darin erblickt, dass die Beklagte an das Prestigedenken der Käufer appeliere, diese mit dem von der Klägerin für diese Gestaltungsform geschaffenen Image zum Kauf der "Billiguhren" anlocke und sich damit an den Prestigewert und den guten Ruf der klägerischen Luxusmodelle anhänge. Diese Unlauterkeitsbeurteilung trifft im Ergebnis auch auf den vorliegenden Fall zu. Dabei kommt es auf eine - hier nicht erwiesene - Rufschädigung (wegen der Minderwertigkeit des von der Rufausbeutung/Rufübertragung zehrenden Produktes) nicht an. Läge eine solche vor, wäre sie ein weiterer selbständiger Unlauterkeitsgrund (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 556 aE). Gerade der hier zu beurteilende Sachverhalt führt damit überdies nach dem Werbeplan der Beklagten bei einem nicht unbeträchtlichen Teil des Verkehrs zwangsläufig zu einer Zuordnungsverwirrung über das tatsächlich verwendete Unterputzspülkastensystem.
Dass der Zweitbeklagte als einziger Geschäftsführer der Erstbeklagten für deren Wettbewerbsverstoß auch selbst verantwortlich ist, weil er weder behauptet noch bescheinigt hat, dass er ohne sein Verschulden am Einschreiten gegen den Wettbewerbsverstoß gehindert gewesen wäre, entspricht ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1998, 300 - Schneefall am Heiligen Abend mwN).
Die Aktivlegitimation (auch) der Zweitklägerin folgt schon daraus, dass sie als Mutterunternehmen (wie eine Konzernmutter) vom Wettbewerbsverstoß ebenfalls betroffen ist, zumal es in ihrem Interesse liegt, ihre Marketingstrategien überall, jedenfalls aber auch in Österreich, wo die Erstklägerin am Markt auftritt, zu verwirklichen; es kommt daher nicht darauf an, ob sie selbst Mitbewerberin der Erstbeklagten im Sinne des § 14 UWG ist (ÖBl 2000, 25 - Pinkplus mwN). Da die Erstklägerin noch nicht über einen entsprechenden Exekutionstitel verfügt, kann von einem fehlenden Rechtsschutzinteresse der Zweitklägerin keine Rede sein. Dem Revisionsrekurs der Klägerinnen ist daher stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klägerinnen auf § 393 Abs 1 EO, hinsichtlich der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.
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