European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00250.16T.0503.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Vorinstanzen verboten der beklagten Mobiltelefoniegesellschaft, in Verträgen, die mit dem Versprechen eines gleichbleibenden Grundentgelts auf Vertragsdauer beworben wurden, insbesondere durch die Tarifbezeichnung und -beschreibung „4 IMMER 4 Cent in alle Netze 4 Euro Grundgebühr“ oder „4 IMMER: Telefonieren Sie für immer um 4 Cent in alle Netze für immer nur 4 Euro Grundgebühr“, während derartiger aufrechter Vertragsverhältnisse, gestützt auf § 25 Abs 3 TKG, Entgelterhöhungen welcher Art immer anzukündigen oder vorzunehmen.
Die Beklagte macht in ihrer außerordentlichen Revision geltend, dass ein vertraglicher Verzicht auf das Änderungsrecht gemäß § 25 TKG weder vorgebracht noch festgestellt worden sei und die vorgenommenen Entgelterhöhungen Vertragsbestandteil geworden seien. Im Übrigen bekämpft sie die Auffassung der Vorinstanzen über den Bedeutungsgehalt der Werbung und die Verneinung der Verjährung.
Damit zeigt die Beklagte jedoch keine erheblichen Rechtsfragen in der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine Werbeaussage verstehen, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist daher nicht erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0107771). Hier sind die Vorinstanzen vertretbar davon ausgegangen, dass in der beanstandeten Werbung ein Versprechen eines gleichbleibenden Grundentgelts auf Vertragsdauer lag, überwiegt doch – unabhängig von einer Wertung in Gesamtbetrachtung – bei den Aussagen „4 IMMER 4 Cent in alle Netze, 4 Euro Grundgebühr“ und „4 IMMER: Telefonieren Sie für immer um 4 Cent in alle Netze, für immer nur 4 Euro Grundgebühr“ auch einzeln und für sich genommen der zeitliche Aspekt dieser Aussagen, zumal „immer“ im allgemeinen Sprachgebrauch überwiegend als zeitliches Kontinuum und weniger als Zusammenfassung einzelner Elemente (etwa im Sinn von „ebenfalls“) verstanden wird. Insbesondere der von der Beklagten gebrauchte Ausdruck „für immer“ kann vom durchschnittlichen Erklärungsempfänger kaum anders als als Zusage eines gleichbleibenden Entgelts für die Vertragsdauer verstanden werden. Auch die Tarifbezeichnung „4 IMMER YOUNG“ spricht für die Auslegung der Vorinstanzen, weil darin die Anlehnung an „forever young“ zum Ausdruck kommt, was einen zeitlichen Bezug nahelegt.
2. Die Werbung ist – worauf die Klägerin bereits in erster Instanz hingewiesen hat – in die Vertragsauslegung einzubeziehen (vgl RIS-Justiz RS0127170 [T1]), sodass es jedenfalls vertretbar ist, wenn die Vorinstanzen dem gegenständlichen Tarifmodell die gleichzeitige Zusicherung unterstellen, dass sich die Entgelte in der zugesicherten Form nicht ändern würden. Wieso die Auslegung des Vertragsverhältnisses in diesem Sinne unrichtig sein soll, legt die Revisionswerberin im Rechtsmittel nicht konkret dar.
3. Die von der Beklagten auch in der Revision vorgebrachte Behauptung, es habe sich bloß um marktschreierische Werbung gehandelt, lässt eine nachvollziehbare Begründung des Umstands vermissen, warum die beanstandeten Werbeaussagen von niemandem wörtlich ernst genommen werden sollten (vgl RIS-Justiz RS0078301; RS0078274; RS0078248); im Zweifel ist nämlich stets eine ernst gemeinte Behauptung anzunehmen (RIS-Justiz RS0078274 [insb T1, T3]; RS0078301 [insb T9, T33]). Der Revisionswerberin gelingt es daher auch in diesem Punkt nicht, eine grobe Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Dasselbe gilt zur Frage der Verjährung.
4. Der Senat hat bereits in der Entscheidung 4 Ob 115/13k – der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag – ausgesprochen, dass § 25 TKG nichts über die Zulässigkeit von Vertragsänderungen im Einzelfall aussagt, sondern nur allgemein unter anderem die Vorgangsweise bei Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgeltbestimmungen der Betreiber von Kommunikationsnetzen regelt. Die Ausführungen im Rechtsmittel zum allfälligen Verzicht auf die Anwendung dieser Bestimmung zeigen daher keine Relevanz für die hier zu beurteilenden Rechtsfragen auf und können die Zulässigkeit des Rechtsmittels schon deshalb nicht begründen. Die außerordentliche Revision ist daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.
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