Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung:
Zur Sicherung des von der klagenden Partei gegen die beklagte Partei geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung wettbewerbswidriger Zugaben, wird der beklagten Partei aufgetragen, es ab sofort und für die Dauer des Rechtsstreits zu unterlassen, in Österreich die Zeitschrift "Laura" verkaufen zu lassen, wenn darin die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel mit nicht unerheblichen Preisen, insbesondere zweimal 500 DM, einmal 1.000 DM oder 5.000 DM, angekündigt oder gewährt wird.
Der klagenden Partei wird aufgetragen, für alle der beklagten Partei dadurch verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 1,000.000 S Sicherheit zu leisten. Vor dem Nachweis der bewirkten Sicherheitsleistung wird mit dem Vollzug der Verfügung nicht begonnen werden.
Die klagende Partei hat die Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat diese Kosten endgültig selbst zu tragen."
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin und Verlegerin (ua) der Wochenzeitschrift "Die Ganze Woche". Der in der Budesrepublik Deutschland ansässige Beklagte ist Medieninhaber und Verleger der Wochenzeitschrift "Laura", die auch in Österreich vertrieben wird.
Die Ausgabe der Zeitschrift "Laura" vom 22. 2. 1995 enthielt auf S. 14 ein Kreuzworträtsel. Die Einsender der richtigen Lösung konnten an einer Verlosung teilnehmen, in der zwei Preise von jeweils 500 DM ausgesetzt waren. In derselben Ausgabe waren noch zwei weitere Rätsel abgedruckt, für die im einen Fall ein Preis von 1.000 DM (S. 32) und im anderen Fall ein solcher von 5.000 DM (S. 54) ausgesetzt war, die unter den Personen verlost würden, welche die richtigen Antworten einsenden. In jedem Fall war es erforderlich, die Lösung auf eine frankierte Postkarte oder den Gewinn-Coupon auf S 55 zu schreiben, der seinerseits auf eine frankierte Postkarte zu kleben war.
Auch in den folgenden Ausgaben der Zeitschrift wurden ähnliche Preisausschreiben angeboten. In jeder Ausgabe war vermerkt, daß diese Preisrätsel jede Woche veranstaltet würden.
Die Zeitschrift "Laura" bezeichnet sich als "INFO-Frauenzeitschrift" und enthält spezifisch auf Frauen zugeschnittene Beiträge über Männer, Mode, Küche, Familienleben udgl. Sie erscheint wöchentlich und kostete zuletzt 11 S. Regelmäßig erscheinen darin Kreuzworträtsel mit Gewinnmöglichkeiten wie in der Ausgabe vom 22. 2. 1995.
In Österreich erscheinen wöchentlich gleichfalls mit typischen Frauenthemen das wie eine Zeitung aufgemachte "Frauenblatt" des Herold-Verlags um 11 S und der gleichartig gestaltete "Samstag" aus dem gleichen Verlag um 15 S. Beide bringen auch das Wochenprogramm von ORF 1 und ORF 2. Der "Samstag" ist eher auf österreichische Themen zugeschnitten.
Andere Wochenzeitschriften aus österreichischen Verlagen sind keine typischen Frauenmassenunterhaltungsblätter, sondern anderen Themen gewidmet, wie etwa der Mode, der Gesundheit, dem Kochen und Backen oder sind Programmzeitschriften. Es gibt auch wöchentlich oder vierzehntägig erscheinende österreichische Zeitschriften, die sich mit Frauenthemen befassen, sich gleichzeitig aber um ein ausstattungs- und themenmäßig höheres Niveau als "Laura" bemühen.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, in Österreich die Zeitschrift "Laura" verkaufen zu lassen, wenn darin die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel mit nicht unerheblichen Preisen, insbesondere zweimal 500 DM, einmal 1.000 DM oder 5.000 DM, angekündigt oder gewährt wird. Die vom Beklagten angekündigten Gewinnchancen seien unzulässige Zugaben im Sinne des § 9a UWG. Da das für Medienunternehmen geltende Zugabenverbot der Erhaltung der Medienvielfalt diene, verstoße es nicht gegen Art 30 EGV. Der Beklagte stehe nämlich mit kleinen österreichischen Presseunternehmen im Wettbewerb, die keine vergleichbaren Preise aussetzen könnten. Die von ihr ausgespielten Preise seien auch geeignet, zu einer Verlagerung der Nachfrage zugunsten des Beklagten zu führen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die österreichischen Verlage, welche mit "Laura" vergleichbare Zeitschriften vertrieben, wären sehr wohl in der Lage, sich Ausspielungen von 50.000 S wöchentlich zu leisten. Die Klägerin habe auch keine Nachfrageverlagerung zum Beklagten infolge von deren Gewinnspielen bescheinigt. Das Zugabenverbot des § 9a Abs 1 Z 1 UWG diene somit nicht der Erhaltung der Medienvielfalt, so daß es gegen Art 30 EGV verstoße. Bei Erlassung der einstweiligen Verfügung drohe dem Beklagten ein erheblicher Umsatzausfall. In diesem Falle möge daher der Klägerin eine Sicherheitsleistung von 20,000.000 S aufgetragen werden.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Das anzuwendende Recht sei grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln, die tatsächlichen Grundlagen habe jedoch zu beweisen, wer sich darauf berufe. Das Zugabenverbot bewirke eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Art 30 EGV. Da die Klägerin ihren Anspruch auf § 9a UWG gründe, habe sie die Tatsachengrundlagen zu behaupten und zu beweisen (bescheinigen), aus denen sich ein Ausnahmetatbestand ergebe, der vom EuGH als Rechtfertigungsgrund für die in § 9a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 Z 8 UWG enthaltene mengenmäßige Einfuhrbeschränkung beurteilt wurde. Das sei ihr nicht gelungen. Die grundsätzliche Eignung der Veranstaltung von Kreuzworträtseln mit Gewinnmöglichkeit, den Entschluß zum Erwerb der entsprechenden Zeitschrift zu beeinflussen, könne zwar als gegeben angesehen werden, würde doch sonst die Beklagte solche Gewinnspiele nicht veranstalten. Es fehle jedoch an Bescheinigungsergebnissen darüber, welchen Einfluß dieser Kaufanreiz auf die Nachfrage nach Zeitschriften kleiner österreichischer Verlage, die sich solche Gewinnspiele nicht leisten könnten, tatsächlich habe. Ein in einer Zeitschrift wie "Laura" enthaltenes Gewinnspiel könne - ohne daß es dazu einer Meinungsanalyse bedürfe - nur für den Kaufentschluß solcher Kunden maßgebend sein, die den Erwerb einer solchen oder ähnlichen Zeitschrift überhaupt in Erwägung ziehen. Die Gewinnankündigungen der Beklagten seien nicht so gestaltet, daß ein Interessent veranlaßt werden könnte, die Zeitschrift wie einen Lottoschein zu erwerben, wenn er nicht den Kauf eines solchen Produkts bereits beabsichtige. In die Beurteilung könnten daher nur solche Zeitschriften einbezogen werden, die "Laura" ähnlich seien. Wer etwa ein Kochmagazin, ein Modemagazin, ein Gesundheitsmagazin oder eine Programmzeitschrift suche, werde sich auch dann nicht für "Laura" entscheiden, wenn dort ein Gewinnspiel mit einer Gewinnchance bis zu 35.000 S angeboten werde. Auch ein Leser, der eine Qualitätszeitschrift suche, werde wegen solcher Gewinnspiele nicht "Laura" wählen, deren Inhalt seinen Interessen nicht entspreche. Eine bunte Frauenillustrierte, die auf Massenunterhaltung ausgerichtet sei, finde sich in den Vergleichszeitschriften gar nicht. "Frauenblatt" und "Samstag" unterschieden sich schon in Druck und Aufmachung derart von "Laura", daß nicht ungeprüft davon auszugehen sei, ein wirtschaftlich bedeutsamer Teil der Leserschaft werde gerade wegen der Gewinnspiele - und nicht etwa wegen der bunten Aufmachung - dazu angeregt, statt dieser Blätter "Laura" zu kaufen. Es sei daher in keiner Weise bescheinigt, daß die Gewinnspiele in der Zeitschrift "Laura" den Bestand konkreter österreichischer Medien gefährden könnte. Überdies könne aus dem Stammkapital der Medienunternehmer nicht auf ihre wirkliche wirtschaftliche Kapazität geschlossen werden, so daß auch ihre Unfähigkeit, ähnlich wirksame Gewinnspiele zu veranstalten, nicht bescheinigt sei.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zu der nach dem bindenden, infolge eines im vorliegenden Verfahren gestellten Vorabentscheidungsersuchens ergangenen Urteil des EuGH vom 26. 6. 1997, C-368/95 , erforderlichen Beurteilung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem österreichischen Pressemarkt reichten die von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht aus. Die Tatsache, daß die Gewinnspiele in "Laura" den Absatz anderer Zeitschriften auf dem österreichischen Medienmarkt derart beeinträchtigen könnten, daß dadurch der Bestand konkreter Medien gefährdet wäre, sei in keiner Weise bescheinigt. Es erübrige sich daher auf die Frage einzugehen, ob die Zeitschrift "Frauenblatt" und "Samstag" oder auch "Die Ganze Woche" überhaupt als Vergleichszeitschriften in Frage kämen. Ob Druck und Aufmachung von "Laura" sich von den übrigen vorgelegten Zeitschriften unterschieden, könne daher offenbleiben.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen der Meinung des Beklagten zulässig, weil Rechtsprechung des OGH zu den hier wesentlichen Rechtsfragen im Gefolge des Urteils des EuGH vom 26. 6. 1997 - Laura fehlt; er ist auch teilweise berechtigt.
Aufgrund des im vorliegenden Verfahren vom Erstgericht gemäß Art 177 Abs 3 EGV gestellten Vorabentscheidungsersuchens hat der EuGH mit
Urteil vom 26. Juni 1997 C-368/95 - Laura (Slg I 1997, 3689 = ecolex
1997, 586 = MR 1997, 158 = ÖBl 1997, 229 = WBl 1997, 333)
ausgesprochen, daß die Anwendung von Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach denen in seinem Gebiet der Vertrieb einer in einem anderen Mitgliedstaat hergestellten periodischen Zeitschrift durch ein in diesem Staat niedergelassenes Unternehmen verboten ist, wenn diese Zeitschrift Preisrätsel oder Gewinnspiele enthält, die in dem zuletzt genannten Staat rechtmäßig veranstaltet werden, dann nicht gegen Art 30 EGV verstoße, wenn dieses Verbot in einem angemessenen Verhältnis zur Aufrechterhaltung der Medienvielfalt stehe und dieser Zweck nicht durch Maßnahmen erreicht werden könne, die weniger beschränkend sind. Das setze insbesondere voraus, daß Zeitschriften, die im Rahmen von Gewinnspielen, Rätseln oder Preisausschreiben eine Gewinnchance eröffnen, mit den kleinen Presseunternehmen in Wettbewerb stehen, von denen angenommen wird, daß sie keine vergleichbaren Preise aussetzen können, und daß eine solche Gewinnchance zu einer Verlagerung der Nachfrage führen könne. Ferner dürfe das nationale Verbot dem Inverkehrbringen von Zeitschriften nicht entgegenstehen, die zwar Preisausschreiben, Rätsel oder Gewinnspiele enthalten, jedoch Lesern im fraglichen Mitgliedstaat keine Gewinnchance eröffnen. Es sei Sache des nationalen Gerichts, aufgrund einer Untersuchung des betroffenen nationalen Pressemarkts zu entscheiden, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Der EuGH stellte in seinem Erkenntnis klar, daß das hier streitige Verbot des § 9a UWG den Zugang einer ausländischen Zeitschrift zum Markt des Einfuhrmitgliedstaats beeinträchtige und daher den freien Warenverkehr behindere, weil es in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Verlage zwinge, deren Inhalt zu ändern; es sei daher grundsätzlich eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinn des Art 30 EGV (Rdn 12). Das Verbot, Zeitschriften zu verkaufen, die die Teilnahme an Preisausschreiben ermöglichen, könne zwar (auch) die Meinungsfreiheit beeinträchtigen, Art 10 EMRK lasse jedoch Ausnahmen von dieser Freiheit zum Zweck der Aufrechterhaltung der Medienvielfalt zu, soweit sie durch Gesetz geregelt und in einer demokratischen Gesellschaft erforderlich sind (Rdn 26). Es sei daher zu untersuchen, ob ein nationales Verbot der im Ausgangsverfahren streitigen Art in einem angemessenen Verhältnis zur Aufrechterhaltung der Medienvielfalt stehe oder ob dieser Zweck nicht durch Maßnahmen erreicht werden könne, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr sowie die Meinungsfreiheit weniger beschränken (Rdn 27). Es sei Sache des nationalen Gerichts, auf der Grundlage einer Untersuchung des österreichischen Pressemarkt (Rdn 28) zu beurteilen, ob die im Spruch der Anfragebeantwortung genannten Voraussetzungen erfüllt seien (Rdn 29). Im Rahmen dieser Untersuchung werde das nationale Gericht den Markt des betreffenden Erzeugnisses abzugrenzen und die Marktanteile, die die einzelnen Herausgeber oder Pressekonzerne halten, sowie deren Entwicklung zu berücksichtigen haben (Rdn 30) und anhand sämtlicher Umstände, die die Kaufentscheidung beeinflussen können - etwa von Werbung auf der Titelseite, die auf die Gewinnchance verweist, der Wahrscheinlichkeit des Gewinns, des Werts der Preise, der Abhängigkeit des Gewinns von der Lösung einer Aufgabe, die einen gewissen Grad von Einfallsreichtum, Geschicklichkeit oder Kenntnissen erfordert - beurteilen müssen, inwieweit das betreffende Erzeugnis in den Augen des Verbrauchers die Zeitschriften ersetzen kann, die keine Gewinnchance bieten (Rdn 31).
Diese vom EuGH dem nationalen Gericht aufgetragenen Tatsachenermittlungen (Rdn 28) unterscheiden sich von den sonst in gerichtlichen Verfahren zu treffenden Feststellungen dadurch, daß es sich dabei nicht allein um den zwischen den Parteien des Verfahrens streitigen Sachverhalt, sondern darum handelt, ob eine Norm des österreichischen Rechts für einen bestimmten Bereich (Markt) anwendbar bleibt oder - mangels Eignung, den angestrebten Zweck, die Medienvielfalt zu erhalten - unverhältnismäßig und daher unanwendbar ist. Diese Tatsachen sind daher - soweit sie nicht im Einzelfall notorisch sind, durch Sachverständigengutachten - von Amts wegen zu erheben, ohne daß das Gericht auf die Beweisanbote der Parteien beschränkt wäre; dabei kann es nicht auf die Beweislast der Parteien ankommen. Wieweit bei Beurteilung dieser Frage der Oberste Gerichtshof an die Beweiswürdigung der Vorinstanzen gebunden ist - was zur Folge haben könnte, daß die Anwendbarkeit der fraglichen Bestimmung in den einzelnen Verfahren trotz gleichartiger Marktverhältnisse unterschiedlich zu beurteilen wäre - , braucht diesmal noch nicht untersucht zu werden:
Hier ist die Entscheidung in einem Provisorialverfahren zu treffen. Mit dem Zweck eines solchen Verfahrens - möglichst schnell einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren - ist es aber unvereinbar, erst ein Sachverständigengutachten, noch dazu ein solches, das eingehende Untersuchungen der Marktverhältnisse sowie des Verhaltens von Verbrauchern erfordert, einzuholen. Aus diesem Grund sind im Sicherungsverfahren nur solche Beweismittel zu berücksichtigen, die "sofort ausführbar" (§ 274 ZPO) sind (§ 389 EO); ein vom Gericht einzuholendes Sachverständigengutachten zählt nicht zu diesen "paraten" Bescheinigungsmitteln (SZ 61/9 = EFSlg 64.397 ua). Da dem Obersten Gerichtshof die Verhältnisse auf dem hier maßgeblichen Markt, auf dem sich Erzeugnisse gegenüberstehen, die der Deckung desselben Bedarfs dienen (vgl § 3 KartG) - also auf dem Markt für Unterhaltungszeitschriften von der Art der Zeitschrift "Laura" - und die tatsächlichen Auswirkungen der in "Laura" veranstalteten Gewinnspiele auf die Nachfrage nach anderen Frauenzeitschriften vergleichbaren Inhalts nicht bekannt sind, können die vom EuGH für erforderlich erachteten Feststellungen hier nicht getroffen werden.
Im Provisorialverfahren muß es aber auch für die Lösung der
Rechtsfrage der Anwendbarkeit des Zugabenverbotes für Medien genügen,
wenn die nach dem Urteil des EuGH bedeutsamen Tatsachen glaubhaft,
also wahrscheinlich, sind. Insoweit besteht eine Ähnlichkeit mit den
Fällen, in denen der zu sichernde Anspruch nach ausländischem Recht
zu beurteilen ist (vgl die ältere Rechtsprechung hiezu: SZ 45/94 =
EvBl 1973/53 = JBl 1973, 530 = ÖBl 1973, 19 - Nadelmaschinen; aM SZ
61/39 = ÖBA 1988, 609 = RdW 1988, 320; dazu ausführlich Konecny, Zur
Anwendung fremden Rechts bei der Anspruchsprüfung im Provisorialverfahren, ÖBA 1988, 1184 ff).
Aufgrund der Feststellungen der Vorinstanzen erscheint es - zwar nicht sicher, aber - wahrscheinlich, daß es unter den Medieninhabern derjenigen österreichischen Blätter, welche ihrer Art nach mit "Laura" in Konkurrenz treten (können), auch solche gibt, von denen anzunehmen ist, daß sie keine vergleichbaren Preise aussetzen können. Im Hinblick auf die sich aus der Aktenlage ergebenden Verkaufszahlen des "Frauenblatts" von wöchentlich 12.478 Stück und der Wochenzeitung "Samstag" von 20.876 Stück (Beil ./G) und des sich daraus ergebenden wöchentlichen Umsatzes von 137.258 S und 313.140 S kann für das Provisorialverfahren davon ausgegangen werden, daß die Medieninhaberin dieser Zeitschriften gegenüber dem Beklagten wirtschaftlich weit unterlegen ist und es sich nicht leisten kann, wöchentlich Gewinne in einer Höhe auszuspielen, wie sie in "Laura" angekündigt werden.
Die Wahrscheinlichkeit spricht auch dafür, daß Gewinnspielankündigungen der hier beanstandeten Art zu einer Verlagerung der Nachfrage von Zeitschriften wie "Frauenblatt" und "Samstag" zur Zeitschrift des Beklagten führen kann. Im Gegensatz zur Meinung des Erstgerichts ist auch glaubhaft, daß die von "Laura" gebrachten Gewinnspiele geeignet sind, Anziehungskraft auf Leserinnen der genannten, wenn auch nicht als Illustrierte, sondern wie Zeitungen aufgemachten Blätter - "Samstag" und "Frauenblatt" - auszuüben. Erfährt jemand von der Übung des Beklagten, in jeder Ausgabe seiner Zeitschrift solche Gewinnmöglichkeiten zu eröffnen, so ist es wahrscheinlich, daß dieser Umstand die Bereitschaft zum Erwerb dieses Mediums statt einer anderen Frauenzeitschrift fördert. Eine solche Eignung wird vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Gewinnspielen, die mit dem Absatz einer Ware insoweit verknüpft sind, als durch ihre regelmäßige Veranstaltung in den angesprochenen Leserkreisen der sichere Eindruck erweckt wird, daß auch in künftigen Ausgaben der Zeitung wieder ein Gewinnspiel enthalten sein werde, zugesprochen (ÖBl 1994, 160 - Bub oder Mädl II; ÖBl 1997, 287 - Krone Aktion uva). Der Verfassungsgerichtshof hat die Verfassungswidrigkeit der besonderen Zugabenverbote für periodische Druckwerke in § 9a Abs 1 Z 1 und § 9a Abs 2 Z 8 UWG mit der Begründung verneint, daß diese Verbote geeignet seien, die Medienvielfalt zu bewahren und (ua) ausgeführt, es erscheine ihm "plausibel, daß auflagestarke Printmedien durch Preisausschreiben so massiv in die Käuferschichten von Printmedien mit geringer Auflage, die die Kosten aufwendiger Preisausschreiben nicht zu tragen in der Lage sind, eindringen können, daß die Existenz solcher auflagenschwächerer Printmedien gefährdet sein könne" (ÖBl 1994, 151 [154]).
Geht man von diesen als wahrscheinlich erachteten Umständen aus, daß nämlich mit der Zeitschrift der Beklagten in Österreich auch solche Presseunternehmen in Konkurrenz stehen, die sich Gewinnspiele nicht oder zumindest nicht in dem Ausmaß wie der Beklagte leisten können, sowie weiters, daß die Gewinnspiele des Beklagten eine Nachfrageverlagerung zu seinen Gunsten herbeizuführen geeignet sind, dann erscheint jedenfalls für den hier maßgebenden Markt der Unterhaltungsblätter die Verbotsnorm des § 9a Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 8 UWG verhältnismäßig und angemessen, so daß die durch sie bewirkte Einfuhrbeschränkung im Sinn des Art 30 EGV gerechtfertigt ist.
Daß Gewinnspiele der hier beanstandeten Art nach der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland nicht verboten sind, zieht die Klägerin mit Recht nicht in Zweifel. Gewinnspiele gelten nach bundesdeutschem Recht nicht als Zugabe und verstoßen grundsätzlich auch nicht gegen § 1 dUWG, wenn sie den Zweck verfolgen, die Aufmerksamkeit des Publikums auf das Angebot zu lenken, solange keine Unlauterkeitsmerkmale hinzutreten, die diesen Anlockeffekt noch verstärken. Als solche Merkmale können die Täuschung des Publikums, die Verkoppelung mit dem Absatz, das Bewirken von psychologischem Kaufzwang und ein übertriebenes Anlocken in Frage kommen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20 Rz 151 ff zu § 1 dUWG; von Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb3, Rz 181 zu § 1 dUWG, jeweils mwN). Nach der bundesdeutschen Rechtsprechung sind Preisrätsel gewöhnlich nicht nur Werbemittel, sondern auch Unterhaltungsstoff, mit dem der Käufer rechnet. Nur dann, wenn die Beteiligung an Zeitungspreisrätseln von einem Zeitungskauf - zB dadurch, daß ein Zeitungsabschnitt einzusenden ist - abhängig gemacht wird, tritt der Unterhaltungs- und Bildungszweck zurück und steht die Absatzförderung durch Ausnützen des Spieltriebs im Vordergrund (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 168 mwN). Bei den diesmal beanstandeten Gewinnspielen setzte die Teilnahme daran den Erwerb der Zeitschrift nicht voraus, weil es jedem Teilnehmer freigestellt wurde, das gesuchte Wort auf eine frankierte Postkarte zu schreiben oder den Gewinnkupon aus der Zeitung zu benützen. Auch dieser Gewinnkupon mußte aber auf eine frankierte Postkarte geklebt werden.
Obwohl demnach das Zugabenverbot für Österreich die Einfuhr der Zeitschrift der Beklagten ins Inland erschwert, war aus den dargelegten Gründen im Provisorialverfahren dem Sicherungsantrag stattzugeben.
Da aber nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden kann, ob die Annahmen über die Marktverhältnisse und die mögliche Nachfrageverlagerung tatsächlich zutreffen, diese Frage vielmehr erst im Hauptverfahren, in welchem das Erstgericht die erforderlichen Gutachten einzuholen haben wird, endgültig geklärt werden kann, mußte die einstweilige Verfügung vom Erlag einer Sicherheit abhängig gemacht werden (vgl Konecny aaO 1190).
Da der Beklagte in Befolgung der einstweiligen Verfügung nicht auf jegliche Einfuhr seiner Zeitschrift nach Österreich verzichten muß, sondern es genügt, wenn er klarstellt, daß österreichische Leser an seinen Gewinnspielen nicht teilnehmen können, erscheint die vom Beklagten geforderte Sicherheit von 20,000.000 S weit überhöht. Der Betrag von 1,000.000 S erscheint vielmehr angemessen. Sollte er sich als zu niedrig erweisen, kann ja nachträglich eine Erhöhung vorgenommen werden.
In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses war daher die einstweilige Verfügung zu erlassen, ihr Vollzug aber gemäß § 390 EO vom Erlag einer Sicherheit in der Höhe von 1,000.000 S abhängig zu machen.
Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO.
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