OGH 4Ob238/98y

OGH4Ob238/98y29.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz Z*****, vertreten durch Dr. Helmar Feigl, Rechtsanwalt in Amstetten, wider die beklagte Partei Eduard H*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,608.541,04 s.A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. Mai 1998, GZ 11 R 164/97m-64, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hatte der Beklagte gegenüber dem Kläger geäußert, daß dieser Verhandlungen grundsätzlich mit Rudolf K***** führen solle, wobei intern zwischen dem Beklagten und K***** abgesprochen war, daß K***** vor jeder Entscheidung mit dem Beklagten Rücksprache zu halten habe; diese Beschränkung war dem Kläger jedenfalls nicht bekannt. Die Bedingungen des Nachtragsauftrages betreffend Arbeiten im Speisesaal verhandelte der Kläger mit K*****, der letztlich in dem vom Kläger angenommenen Auftragsschreiben vom 8. 8. 1991 den Verweis auf die Bedingungen des Hauptauftrages ersatzlos strich, womit den Vertragsverhandlern klar war, daß für den Nachtragsauftrag betreffend den Speisesaal keine allgemeinen Preisnachlässe fixiert waren.

Rechtliche Beurteilung

Hat bei dieser Sachlage das Berufungsgericht die Mängelrüge des Beklagten (unterlassene Vernehmung des Zeugen Dr. K***** zum Beweis dafür, daß ihm K***** am 15. 6. 1993 jene Informationen erteilt habe, die als Grundlage des Vorbringens im Schriftsatz ON 11 gedient hätten) mit der Begründung verworfen, dieses Beweisthema sei deshalb nicht maßgeblich, weil der Vertragsschluß nicht in Gegenwart des Zeugen K***** erfolgt sei, kann darin eine durch die Aktenlage nicht gedeckte Begründung in der Erledigung des geltend gemachten Verfahrensmangels erster Instanz (die allein eine neuerliche Rüge des Fehlers auch noch im Revisionsverfahren ermöglichte, vgl. EFSlg 52.239; 9 ObA 27/93; 5 Ob 83/98m ua) nicht erblickt werden. Darüber hinaus übersieht der Revisionswerber, daß die Beurteilung der Frage, ob zur Überprüfung der vernommenen Zeugen oder Parteien ein Kontrollbeweis erforderlich ist, der freien Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen unterliegt. Die Unterlassung von Kontrollbeweisen kann daher nicht unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens angefochten werden (RZ 1991/5 ua).

Soweit der Beklagte eine unrichtige Auslegung des Schreibens vom 8. 8. 1991 (Beilage ./4) durch das Berufungsgericht darzustellen versucht, ist ihm entgegenzuhalten, daß die materielle (innere) Beweiskraft einer Urkunde, die die Bedeutung der beurkundeten Erklärung für das Beweisthema bezeugt, durch keine besonderen Vorschriften festgelegt wird; über sie entscheidet der Richter im Rahmen freier Beweiswürdigung bzw. im Rahmen der rechtlichen Beurteilung bei Subsumtion des beurkundeten Tatbestandes. Hier haben die Vorinstanzen im Rahmen freier, im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbarer Beweiswürdigung das genannte Schreiben unter Heranziehung weiterer Beweisergebnisse (Zeugen- und Parteiaussagen) dahin ausgelegt, daß der Nachtragsauftrag nicht unter den Bedingungen des Hauptauftrages stand. Damit haben die Vorinstanzen tatsächliche, den Obersten Gerichtshof bindende Feststellungen über den Urkundeninhalt getroffen, die auch unter dem Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO keiner weiteren Überprüfung zugänglich sind. Die Feststellung der Bedeutung eines Urkundeninhaltes auf Grund eines über die bloße Vorlage der Urkunde hinaus durchgeführten Beweisverfahrens ist nämlich nicht rechtliche Beurteilung, sondern tatsächliche Feststellung (SZ 41/33; SZ 60/266; ÖBl 1991,87 - Wiener Partie mwN; 1 Ob 602/93).

Auch die vom Beklagten behauptete Aktenwidrigkeit des Berufungsurteiles liegt nicht vor: Aus dem Sinnzusammenhang ergibt sich deutlich, daß das Berufungsgericht seine Ausführungen über die fehlende Kenntnis des Klägers von einer Beschränkung der Vertretungsmacht Rudolf K*****s im Innenverhältnis zum Beklagten ausschließlich auf dessen Vollmacht zu Vertragsverhandlungen mit dem Kläger im Namen des Beklagten bezogen hat; ob Rudolf K***** allenfalls darüber hinaus in seiner Fähigkeit, als Stellvertreter des Beklagten zu handeln, beschränkt war, war weder Gegenstand des Verfahrens noch der Überlegungen des Berufungsgerichtes. Der Revisionswerber zeigt darüber hinaus auch nicht auf, weshalb die behauptete Aktenwidrigkeit einen wichtigen Punkt betraf (vgl. EFSlg 44.101 uva), insbesondere, inwiefern sie abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz herbeizuführen.

Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

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