European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00233.15S.0420.000
Spruch:
1. Die Revisionsverfahren 4 Ob 233/15s, 4 Ob 234/15p, 4 Ob 11/16w, 4 Ob 16/16f, 4 Ob 32/16h, 4 Ob 35/16z, 4 Ob 66/16h, 4 Ob 257/15w, 4 Ob 20/16v, 4 Ob 28/16w, 4 Ob 40/16k, 4 Ob 54/16v, 4 Ob 67/16f, 4 Ob 68/16b, 4 Ob 76/16d, 4 Ob 79/16w, 4 Ob 80/16t, 4 Ob 83/16h und 4 Ob 89/16s sowie die Rekursverfahren 4 Ob 248/15x, 4 Ob 260/15m und 4 Ob 5/16p werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führendes Verfahren ist 4 Ob 233/15s.
2. Das sohin verbundene Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den mit hg Beschluss vom 30. März 2016 zu 4 Ob 31/16m ua gestellten Antrag an den Verfassungsgerichtshof, näher bezeichnete Normen des Glücksspielrechts als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.
Die Aufnahme des Verfahrens erfolgt von Amts wegen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Zu Punkt 1 (Verbindung):
Im Hinblick darauf, dass es sich in allen genannten Rechtssachen um gleichgelagerte Fälle handelt und die klagende Partei in allen Causen ident ist, erscheint dem Obersten Gerichtshof eine Verbindung der Rechtssachen zur gemeinsamen Entscheidung im Sinne des § 187 ZPO zweckmäßig.
Zu Punkt 2 (Unterbrechung):
Der Senat hat jüngst in (sechs) verbundenen Verfahren, denen Sachverhalte zugrunde lagen, die mit jenen der gegenständlichen Verfahren vergleichbar sind, mit dem im Spruch genannten Beschluss die dort näher bezeichneten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) und des NÖ Spielautomatengesetzes 2011 beim Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig angefochten.
Grundlage der Anfechtung war ua folgender Sachverhalt:
Die Österreichische Lotterien GmbH, Inhaberin aller in § 14 GSpG vorgesehenen Lotteriekonzessionen, investiert für Werbung jährlich 40 bis knapp 50 Millionen EUR und ist unter den Top‑Acht Investoren bei den Werbeausgaben in Österreich. Die Österreichische Lotterien GmbH sprach dabei ein breites Publikum an, etwa indem sie in Zeitungen bei religiös und kulturell interessierten Menschen warb, in ihrer Werbung auf das Sponsoring großer Festivals (zB dem Donauinselfest) und wohltätiger Zwecke (Einsätze der Rettungshunde Niederösterreich) hinwies, Personen mit einer Spielquittung den Eintritt in den Tiergarten Schönbrunn spendiert und für Schüler von 10 bis 14 Jahren eine große Sportveranstaltung (mit‑)finanzierte.
Die Casinos Austria AG, Inhaberin aller in § 21 GSpG vorgesehenen Spielbankkonzessionen, warb oder wirbt unter anderem mit Slogans wie „Gewinnen macht schön“, „Das Glück steht Ihnen gut“, „Ein Abend so schön wie die Frauen. Mittwoch ist Damentag“, „Frauen haben nicht nur Glück im Spiel“, „Mittwoch packt alle das Diamantenfieber“, „Der Damentag zieht alle an. Jetzt Don Gil Gutscheine und Mailand Trip gewinnen“. Es wurde auch eine U‑Bahn‑Garnitur in Wien im Stil der „Golden Roulette“ ‑ Kampagne mit dem Schriftzug der Casinos Austria AG gebrandet. In Zeitungen wurden Gutscheine der Casinos Austria beigegeben, mit welchem unter dem Titel „Tag des Glücks“ ein Bonus von 10 EUR geboten wurde. Für eine Reihe von kulturellen Veranstaltungen im Casino wurde ua damit geworben, dass im Kartenpreis auch Begrüßungsjetons für das Casino enthalten seien. In mehreren Presseaussendungen wies die Casinos Austria AG darauf hin, dass ihre „Glückstage“ mit jede Menge Gewinnchancen für Besuchsrekorde von weit über 10.000 Gästen täglich sorgten. Die Besucher wurden dabei mit Unterhaltungsprogrammen und Verlosungen angelockt, wobei Kraftfahrzeuge und Lottogutscheine gewonnen werden konnten.
Zu den Anfechtungsgründen wird auf den Beschluss 4 Ob 31/16m ua verwiesen. Die dort angefochtenen Bestimmungen sind auch für die vorliegenden Verfahren präjudiziell.
Da zu erwarten ist, dass der Verfassungs‑ gerichtshof im Fall der Aufhebung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen eine Anlassfallerstreckung gemäß Art 140 Abs 7 B‑VG aussprechen wird, erweist sich die Unterbrechung der verbundenen Verfahren als zweckmäßig.
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