OGH 4Ob212/04m

OGH4Ob212/04m9.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** KG, *****, vertreten durch Dr. Martin Stossier Rechtsanwalt KEG in Wels, gegen die beklagten Parteien 1. Hans P. V*****, 2. R***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und andere Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen Unterlassung, Beseitigung und Rechnungslegung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 1. September 2004, GZ 1 R 152/04k-11, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin erzeugt und vertreibt den Energydrink "Roaring Lion"; die Zweitbeklagte, deren Geschäftsführer der Erstbeklagte ist, erzeugt und vertreibt das nach Kaffe schmeckende Milchmixgetränk "Returnity Feel Better". Der Erstbeklagte war seit Gründung der Klägerin im August 2002 bis Juni 2004 Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin; er hat vor Antritt dieser Tätigkeit einer Gesellschafterin der Klägerin einen Lebenslauf übersandt, in dem er darauf hinweist, Gesellschafter eines Unternehmens zu sein, das die Entwicklung und Einführung eines Getränks auf Milchbasis mit Kaffeegeschmack auf dem europäischen Markt plant. Die Klägerin und die Zweitbeklagte hatten bis Juni 2004 denselben Verwaltungssitz, dessen Kosten sie sich teilten; dort war sowohl der Energydrink der Klägerin als auch das Milchmixgetränk der Zweitbeklagten ausgestellt und zu verkosten. Der Erstbeklagte ist mittelbar an der Klägerin und der Zweitbeklagten beteiligt. Er hat sich 2002 gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet, "weder mittelbar noch unmittelbar auf eigene oder fremde Rechnung Geschäfte im Geschäftszweig der Gesellschaft zu tätigen noch ein mit der Gesellschaft in Konkurrenz stehendes Unternehmen zu gründen, sich daran zu beteiligen oder ein solches zu leiten " (Punkt VI. des Syndikatsvertrags Beil./K). Die Klägerin macht gegen die Beklagten ua durch einstweilige Verfügung zu sichernde wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend: Der Erstbeklagte verstoße gegen das vertragliche Konkurrenzverbot und nütze die Vertriebswege der Klägerin für sein eigenes Produkt, die Zweitbeklagte habe davon Kenntnis. Die Beklagten wenden fehlendes Wettbewerbsverhältnis ein; auch seien der Klägerin die Beteiligungsverhältnisse des Erstbeklagten schon bei ihrer Gründung der Klägerin bekannt und vom vereinbarten Konkurrenzverbot nicht umfasst gewesen, wie der langjährige gemeinsame Bürobetrieb zeige.

Die die Abweisung des Sicherungsantrags bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts weicht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung ab. Danach ist die Verletzung (nur) solcher Vertragspflichten auch sittenwidrig iS des § 1 UWG, die sich unmittelbar auf eine Regelung des Wettbewerbes beziehen, sofern sie in der Absicht verletzt werden, dem Gegner gegenüber einen Vorteil zu erlangen; in einem solchen Fall wird nämlich mit dem Vertrauen in bestehende Bindungen eine wesentliche Grundlage jedes Geschäftsverkehrs erschüttert (SZ 24/150 = ÖBl 1953, 63 - Heugebläse; ÖBl 1980, 65 - exportbüro wien; ÖBl 1993, 222 - Implantatteile; MR 1995, 187 - Sportgeschäft; 4 Ob 272/98y).

Auch im Fall eines Vertragsbruches bedeutet aber nur eine subjektiv vorwerfbare, also zumindest fahrlässige Verletzung rechtlicher Bindungen eine über die bloße schuldrechtliche Verantwortlichkeit hinausgehende unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung (MR 1988, 203 - Traktorseilwinde mwN; 4 Ob 272/98y). Eine Vertragsverletzung kann insbesondere dann nicht als Verstoß gegen § 1 UWG gewertet werden, wenn sich die Vertragswidrigkeit des Handelns erst aus einer bestimmten Auslegung des Vertrages ergibt und dieser allenfalls auch anders gedeutet werden könnte (ÖBl 1980, 65 - exportbüro wien; MR 1995, 187 - Sportgeschäft; 4 Ob 272/98y).

Die Entscheidung hängt von der Frage ab, ob das Verständnis der Beklagten vom Umfang des vereinbarten Wettbewerbsverbots eine vertretbare Auslegung des Vertrages bildet. Das Rekursgericht hat einen Vertragsbruch für nicht bescheinigt erachtet, weil die Pläne zur Einführung eines Milchmixgetränks vor Gründung der Klägerin den Gründern bekannt gewesen sei; im Hauptverfahren sei die Parteiabsicht zu ermitteln und festzustellen, ob auch der Vertrieb des Milchmixgetränks vom Wettbewerbsverbot umfasst sei. Ein Problem der Vertragsauslegung kann nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne der §§ 502 Abs 1, 528 Abs 1 ZPO sein, wenn dem Gericht zweiter Instanz eine auffallende Fehlbeurteilung oder eine wesentliche Verkennung der Rechtslage unterlaufen wäre (VersRdSch 1989, 60; RZ 1994/45 mwN; 1 Ob 2380/96y; 4 Ob 151/98d; 4 Ob 272/98y ua). Ein derartiger Entscheidungsfehler liegt hier jedoch nicht vor, zumal auch einiges für die Auslegung der Beklagten spricht, ein Energydrink und ein Milchmixgetränk behinderten einander im Wettbewerb nicht.

Der Revisionsrekurs ist daher nicht zulässig.

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