OGH 4Ob207/04a

OGH4Ob207/04a21.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. P***** AG, *****, 2. H*****gesellschaft mbH, *****, 3. T***** AG, *****, alle vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B***** GmbH, *****, 2. S***** Baugesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Abgabe von Willenserklärungen (Streitwert 36.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 30. Juni 2006, GZ 6 R 114/04p-52, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 7. April 2004, GZ 43 Cg 7/03p-48, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in ihrem Ausspruch über die Teilbegehren a) und b) dahin abgeändert, dass die Entscheidung als Teilurteil nunmehr zu lauten hat:

"Die beklagten Parteien sind schuldig, es ab sofort zu unterlassen, als Bietergemeinschaft oder jede für sich zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr

a) Einsatzfreigaben und Prüfnachweise, die nicht auf sie selbst ausgestellt sind, zu verwenden, insbesondere sich in eigenen Angeboten darauf zu berufen und sie in Vergabeverfahren vorzulegen, wenn sie nicht die Zustimmung zumindest eines Unternehmens eingeholt haben, auf das die betreffende Einsatzfreigabe bzw der betreffende Prüfnachweis ausgestellt ist;

b) insbesondere Einsatzfreigaben und Prüfnachweise betreffend die Rückhaltesysteme H3 oder H4b, die nicht auf sie selbst ausgestellt sind, zu verwenden, sich in eigenen Angeboten darauf zu berufen und sie in Vergabeverfahren vorzulegen, wenn sie nicht die Zustimmung zumindest eines Unternehmens eingeholt haben, auf das die betreffende Einsatzfreigabe bzw der betreffende Prüfnachweis ausgestellt ist. Das Mehrbegehren, die Beklagten seien zum zuvor angeführten Verhalten zur ungeteilten Hand verpflichtet, wird abgewiesen. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten."

Im Übrigen, also betreffend die Teilbegehren c) bis h), werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerinnen und die Beklagten haben sich 2002 jeweils als Bietergemeinschaft an einem Ausschreibungsverfahren der Österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen AG betreffend Angebote für den Austausch von Aluminiumleitschienen auf Autobahnen durch Betonleitwände beteiligt. Dem Angebot war ein (ua durch Anfahrprüfungen akkreditierter Prüfanstalten belegtes) Prüfzeugnis und ein Eignungsnachweis für das angebotene System beizulegen. Die Bietergemeinschaften der Klägerinnen und der Beklagten boten dasselbe Ortbetonleitwändesystem an.

Die Zweitklägerin hatte mit zwei weiteren Unternehmen dieses System schon vor 1998 beim TÜV mittels Anfahrversuchen mit LKW prüfen lassen; für den Prüfbericht entstanden diesen drei Unternehmen damals Gesamtkosten von etwa 2,5 bis 3 Mio S. Unter Vorlage dieser Unterlagen beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erwirkten sie im Jänner 1998 eine "allgemeine Systemfreigabe" dieser Behörde betreffend das geprüfte System, nachdem der Bund noch einen zusätzlichen Anfahrversuch mit PKW mit einem Kostenaufwand von rund 150.000 S hatte durchführen lassen.

Diese "allgemeine Systemfreigabe" (Beil ./H) ist nach Auffassung der ausstellenden Behörde ein zu Zwecken der Wirtschaftsverwaltung des Bundes (Verwaltungsvereinfachung) ergangenes Schreiben an die Landeshauptleute sowie drei Straßenerrichtungsgesellschaften (darunter auch die Österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen AG), wonach das näher beschriebene Ortbetonleitwandsystem der Zweitklägerin und ihrer beiden Partnerunternehmen (die damals im Inland allein dieses System herstellten) geprüft worden sei und bestimmte technische Vorgaben erfülle. Als Anlage 1 angeschlossen wurde dieser Mitteilung vom Ministerium eine Systemzeichnung mit Angaben zur Bewehrungsart (Spannlitzen), die dem ua von der Zweitklägerin in Auftrag gegebenen TÜV-Prüfbericht entstammt. Zur Erfüllung der Vorgaben des Ausschreibungsverfahrens 2002 legten die Beklagten die "allgemeine Systemfreigabe" des Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten vom Jänner 1998 als Eignungsnachweis für das (auch) von ihnen angebotene System vor. Eine Zustimmung der Klägerinnen zur Verwendung der von ihnen erwirkten Systemzeichnungen durch die Beklagten liegt nicht vor. Die Klägerinnen begehren, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, als Bietergemeinschaft oder jede für sich zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen Verkehr

a) es ab sofort zu unterlassen, Einsatzfreigaben und Prüfnachweise, die nicht auf sie selbst ausgestellt sind, zu verwenden, insbesondere sich in eigenen Angeboten darauf zu berufen und sie in Vergabeverfahren vorzulegen, wenn sie nicht die Zustimmung zumindest eines Unternehmens eingeholt haben, auf das die betreffende Einsatzfreigabe bzw der betreffende Prüfnachweis ausgestellt ist;

b) insbesondere es ab sofort zu unterlassen, Einsatzfreigaben und Prüfnachweise betreffend die Rückhaltesysteme H3 oder H4b, die nicht auf sie selbst ausgestellt sind, zu verwenden, sich in eigenen Angeboten darauf zu berufen und sie in Vergabeverfahren vorzulegen, wenn sie nicht die Zustimmung zumindest eines Unternehmens eingeholt haben, auf das die betreffende Einsatzfreigabe bzw der betreffende Prüfnachweis ausgestellt ist;

c) ab sofort die Bezugnahme im Vergabeverfahren wegen Austausch Alu-Leitschienen "Mitte" auf für die darin genannten Firmen ausgestellte Einsatzfreigaben und Prüfnachweise, insbesondere betreffend die Rückhaltesysteme H3 oder H4b, zu unterlassen;

d) die mit ihrem Angebot im Vergabeverfahren wegen Austausch Alu-Leitschienen "Mitte" vorgelegte Einsatzfreigabe bzw den Prüfnachweis für Rückhaltesysteme der darin genannten Firmen sofort zurückzuziehen;

e) der ÖSAG/ASFINAG binnen drei Tagen mitzuteilen, dass die Beklagten keine von einem der in der mit ihrem Angebot im Vergabeverfahren wegen Austausch Alu-Leitschienen "Mitte" vorgelegten Einsatzfreigabe bzw in dem betreffenden Prüfnachweis angeführten Unternehmen stammenden Ortbetonleitwände zu liefern imstande sind;

f) es ab sofort zu unterlassen, einen auf Grundlage eines Angebotes, im Rahmen dessen die Vorlage der Einsatzfreigabe bzw des Prüfnachweises für einen Dritten erfolgte, ohne dass dieser Dritte seine Zustimmung erteilt hat, [offenbar gemeint:] erteilten Auftrag anzunehmen und auszuführen;

g) es ab sofort zu unterlassen, einen auf Grundlage eines Angebotes der Beklagten als Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren wegen Austausch Alu-Leitschienen "Mitte" erlangten Auftrag anzunehmen und auszuführen;

h) es ab sofort zu unterlassen, gemeinsam wie separat die Einsatzfreigaben Beil ./G und ./H sowie näher bezeichnete TÜV-Prüfberichte zu verwenden, in eventu diese Verwendung zu unterlassen, es sei denn, sie verfügten über die Zustimmung eines der Auftraggeber.

Die Beklagten hätten im Vergabeverfahren "nicht autorisierte Kopien" des ua von der Zweitklägerin unter hohem Kostenaufwand erwirkten Eignungsnachweises und des TÜV-Prüfberichts vorgelegt und dadurch den unrichtigen Eindruck erweckt, sie hätten Zugriff auf das von der Zweitklägerin hergestellte Rückhaltesystem. Die Beklagten beuteten eine fremde Leistung sittenwidrig aus, indem sie sich im Vergabeverfahren bewusst an die spezifische Gestaltung des herzustellenden Produkts wie im Eignungsnachweis beschrieben angelehnt hätten.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie hätten sich eines behördlichen Schreibens bedient, das kein individueller Eignungsnachweis zugunsten bestimmter Anbieter, sondern eine Mitteilung über eine allgemeines Systemprüfung sei. Eine Irreführung des ausschreibenden Unternehmens im Vergabeverfahren durch Vorlage des Schreibens Beil ./H sei nicht erfolgt; mit der Vorlage hätten die Beklagten die Vergabebedingungen erfüllt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Begehren stützte sich - mit Ausnahme von Punkt e) - darauf, dass die Beklagten im Vergabeverfahren das Schreiben Beil ./H als allgemeine Systemfreigabe vorgelegt hätten. In diesem Verhalten liege weder eine Irreführung iSd § 2 UWG noch eine Ausbeutung fremder Leistung iSd § 1 UWG. Die Beklagten hätten ein behördliches Schreiben verwendet, jedoch selbst keine Leistungen der Klägerinnen übernommen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die Beklagten hätten nicht etwa nur von den Klägerinnen stammende Pläne benützt, sondern auf das - auf diesen Plänen beruhende - Schreiben Beil ./H zum Nachweis der Eignung des von ihnen angebotenen Produkts hingewiesen. Darin bestehe aber der wesentliche Unterschied zwischen einer glatten Leistungsübernahme und dem zulässigen Nachahmen nicht sondergesetzlich geschützter fremder Leistung durch Anfertigung von Ortbetonleitwänden in der Ausführung laut Beilage ./H mit Hilfe eines Gleitschalungsfertigers. Durch Herstellung dieser Produkte bauten die Beklagten auch nicht auf einem Arbeitsergebnis der Klägerinnen auf. Bei der gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten nur eine allgemeine Systemfreigabe des zuständigen Bundesministers vorgelegt hätten, aus der nicht hervorgehe, dass ihre Verwendung in Rechte Dritter eingreife. Die Einsatzfreigabe solle gerade verhindern, dass nur einige wenige Unternehmer den technischen Normen entsprechende Produkte anbieten könnten, weshalb es nicht sittenwidrig sei, solche Produkte vorlagengetreu nachzubauen. Das Wettbewerbsrecht habe nämlich nicht den Zweck, einen nicht bestehenden Sonderrechtsschutz zu ersetzen. Es habe nicht festgestellt werden können, wie das Schreiben Beil ./H in die Hände der Beklagten gelangt sei, weshalb der Tatbestand des Erlangens eines fremden Arbeitsergebnisses durch Vertrauensbruch nicht verwirklicht sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts - zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zur sittenwidrigen unmittelbaren Leistungsübernahme iSd § 1 UWG zulässig; das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.

Nach Auffassung der Klägerinnen liege eine sittenwidrige Übernahme fremder Arbeitsergebnisse vor; das Berufungsgericht weiche insbesondere von der Entscheidung 4 Ob 78/94 = SZ 67/207 = ÖBl 1995, 116 - Schuldrucksorten ab, wonach auch eine staatliche Approbation eine unmittelbare Leistungsübernahme (dort: durch Herstellung identischer Formulare durch einen Mitbewerber) nicht rechtfertige.

Dazu ist zu erwägen:

Sittenwidrig handelt nach ständiger Rechtsprechung, wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen (ÖBl 2001, 22 - Jobservice; ÖBl 2003, 18 - Castello I. je mwN; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 33 Rz 67 f). Als Kennzeichen einer solchen "glatten Übernahme" wird vor allem gesehen, dass das Nachahmen mittels eines meist technischen Vervielfältigungsverfahrens unter Ersparung eigener Kosten geschieht, das Nachgeahmte also kopiert oder abgeschrieben wird (Koppensteiner aaO § 33 Rz 68; ÖBl 1995, 116 - Schuldrucksorten; ÖBl 2003, 18 - Castello I. uva). Entscheidend ist nicht, welches Mittel zur Vervielfältigung angewendet wird, sondern ob die Anwendung dieses Mittels unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bewirkt, dass der Schöpfer des Originaldrucks in unbilliger Weise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird (ÖBl 1997, 34 - Mutan-Beipackzettel; ÖBl-LS 2002/117 - Pensionsvorsorge). Die Besonderheit des vorliegenden Sachverhalts liegt darin, dass die Klägerinnen das Ortbetonleitwändesystem mit hohem Kostenaufwand prüfen lassen und unter Vorlage des anlässlich dieser Prüfung verfassten TÜV-Prüfberichts eine "allgemeine Systemfreigabe" (Beil ./H) des Wirtschaftsministeriums erwirkt haben, nachdem der Bund noch einen zusätzlichen Anfahrversuch hatte durchführen lassen. Die Beklagten haben sich sodann in einem Vergabeverfahren, bei dem nach den Ausschreibungsbedingungen dem Angebot ein (ua durch Anfahrprüfungen akkreditierter Prüfanstalten belegtes) Prüfzeugnis und ein Eignungsnachweis für das angebotene System beizulegen war, der "allgemeinen Systemfreigabe" des Wirtschaftsministeriums zur Erfüllung der Ausschreibungsbedingungen und als Eignungsnachweis für das (auch) von ihnen angebotene System bedient.

Die Beklagten haben sich damit des Schreibens Beil ./H keineswegs bestimmungsgemäß bedient. Zweck des Schreibens war es nämlich, die Landeshauptleute und drei Straßenerrichtungsgesellschaften über die Ergebnisse der Prüfung der von bestimmten Unternehmen gefertigten Ortbetonleitwand zu informieren. Indem die Beklagten dieses Schreiben ihrem Angebot angeschlossen haben, haben sie das Ergebnis der von ihren Mitbewerbern veranlassten und größtenteils auch finanzierten Prüfung für sich und ihre eigenen Zwecke in Anspruch genommen. Sie haben damit eine Leistung ihrer Mitbewerber unmittelbar übernommen. Dass die Beklagten - nach dem in erster Instanz behaupteten Sachverhalt - nicht gehindert waren, Ortbetonleitwände anzubieten, die nach demselben System hergestellt waren wie die der Klägerinnen, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Die Beklagten hätten, um den nach den Ausschreibungsbedingungen geforderten Nachweis zu erbringen, das angebotene System entweder selbst prüfen lassen müssen oder das Einverständnis der Klägerinnen für die Verwendung der Ergebnisse der von diesen veranlassten und größtenteils auch finanzierten Prüfung einholen müssen. Den Beklagten wäre es naturgemäß auch unbenommen gewesen, ein anderes System - unter Anschluss entsprechender Prüfnachweise - anzubieten. Die Beklagten haben demnach mit der Vorlage des Schreibens Beil ./H im Vergabeverfahren zum Nachweis der Erfüllung der Ausschreibungserfordernisse sittenwidrig iSd § 1 UWG gehandelt. Daran ändert auch nichts, dass das Wirtschaftsministerium das genannte Schreiben - entgegen seinem ausdrücklichen Inhalt, wonach es sich auf die von bestimmten Unternehmen gefertigten Ortbetonleitwände bezieht, und entgegen dem Ausschreibungsinhalt, wonach das System der Klägerinnen nicht vom Erfordernis der Vorlage von Prüfungsnachweisen ausgenommen ist - als "allgemeine Systemfreigabe" wertet. Selbst wenn es sich nämlich dabei um eine "allgemeine Systemfreigabe" handelt, ist das Ergebnis der von den Klägerinnen veranlassten und finanzierten Prüfungen deshalb noch nicht gemeinfrei, und zwar jedenfalls solange nicht, als die technischen Bedingungen des angebotenen Systems vom jeweiligen Anbotsteller nachgewiesen werden müssen.

Ob sich die Beklagten - wie ihnen die Klägerinnen vorwerfen - das Schreiben Beil ./H durch Vertrauensbruch, also auf sittenwidrige Weise, verschafft haben, spielt nach dem Gesagten für die Wettbewerbswidrigkeit keine Rolle mehr. Von der Frage, ob die der Systemfreigabe vorangegangenen Anfahrversuche "überwiegend" von der Bundesstraßenverwaltung finanziert worden seien, hängt die Entscheidung nicht ab; die in diesem Zusammenhang gerügte Aktenwidrigkeit bedarf daher keiner Erörterung.

Die Klägerinnen haben eine Vielzahl von Teilbegehren gestellt, von denen nur die Teilbegehren zu a) und b) nach den bisherigen Verfahrensergebnissen ohne weitere Erörterungen - jedoch ohne Ausspruch einer Solidarhaftung - als Teilurteil zuzusprechen waren. Eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer für die Unterlassungsverbindlichkeiten kommt nämlich nicht in Betracht, weil die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung durch den einen Schuldner die gleiche Verpflichtung des anderen nicht erfüllt (SZ 72/77 = ÖBl 2000, 16 - Melatonin mwN; ÖBl 2002, 138 - internetfactory; RIS-Justiz RS0079591).

Die Teilbegehren zu c), d), e) und g) bauen darauf auf, dass das konkret angesprochene Vergabeverfahren zum Austausch von Aluminium-Leitschienen beim Bauvorhaben "Mitte" der ÖSAG/ASFINAG noch nicht abgeschlossen bzw die in Auftrag gegebenen Arbeiten noch nicht abgeschlossen worden sind. Ob diese Prämissen zutreffen, steht nicht endgültig fest. Der aktenkundige Umstand, dass bereits ein Nachprüfungsverfahren stattgefunden hat, ließe vielmehr den Schluss zu, dass das Vergabeverfahren schon beendet und der Leistungsvertrag zustandegekommen ist (vgl § 103 BVergG 2002). Soweit das Klagebegehren aber ein Tun oder Unterlassen der Beklagten in einem bereits abgeschlossenen Vergabeverfahren zum Gegenstand hat, käme es zu spät und wäre nicht berechtigt.

Auch das Rechtsmittelgericht darf die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen, auf die sie im Verfahren erster Instanz überhaupt nicht Bedacht genommen haben (SZ 69/238; RIS-Justiz RS0037300) und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht wurden (ARD 4908/30/98). Damit erweist sich eine Aufhebung der Rechtssache im aufgezeigten Umfang zur Erörterung der genannten Umstände als unumgänglich. Den Klägerinnen wird dabei auch Gelegenheit zu geben sein, die sprachlich nicht klar verständliche Fassung ihres Begehrens zu f) zu verbessern; auch wird mit ihnen zu erörtern sein, ob ihr Begehren zu h) nicht schon in den allgemeiner gefassten Begehren zu a) und b) enthalten ist.

Der Revision ist Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung des Teilurteils beruht auf § 52 Abs 2 ZPO, der Kostenvorbehalt im Aufhebungsbeschluss gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.

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