European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0040OB00180.08M.1215.000
Spruch:
Die Akten werden an das Erstgericht zurückgestellt.
Begründung
Die Kläger begehrten, die Beklagte zur Unterlassung zu verpflichten, Bildnisse der Kläger, welche durch Überwachung ihrer Wohnungseingangstür entstanden sind, zu verbreiten und durch Überwachung der Wohnungseingangstür mittels einer Videokamera oder durch eine ähnliche Einrichtung Bildnisse der Kläger zum Zweck der Verbreitung aufzunehmen, solange diese Wohnung von den Klägern bewohnt wird. Mit dem Unterlassungsbegehren verbanden die Kläger ein auf die erlangten Bilder gerichtetes Herausgabebegehren sowie ein Zahlungsbegehren (1.000 EUR wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild). Die Kläger seien Mieter der im Eigentum der Beklagten stehenden Wohnung. Die von der Beklagten veranlasste Videoüberwachung der Eingangstür zur Wohnung der Kläger verstoße nicht nur gegen Nebenpflichten aus dem Bestandvertrag, sondern verletze auch Persönlichkeitsrechte der Kläger (Recht am eigenen Bild, Recht auf Wahrung der Privatsphäre). Zur Sicherung der Unterlassungsbegehren beantragten die Kläger, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Bildnisse der Kläger, welche durch Überwachung der Wohnungseingangstür entstanden sind, zu verbreiten und weiterzugeben sowie die Wohnungseingangstür mittels einer Videokamera oder durch eine ähnliche Einrichtung zum Zwecke der Verbreitung der gewonnenen Bilder zu überwachen, solange die Wohnung von den Klägern bewohnt wird.
Die Beklagte wendete ein, die zum Zweck der Beweissicherung gewonnenen Bilder seien nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die Videoüberwachung sei nicht rechtswidrig. Sie diene ausschließlich als Beweismittel in einem anhängigen Kündigungsverfahren.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung.
Das Rekursgericht wies das Sicherungsbegehren ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR übersteige, nicht aber 20.000 EUR und der Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Mangels Gefahr der Verbreitung und Zugänglichmachung der Bilder an eine breite Öffentlichkeit sei der Sicherungsantrag nicht berechtigt.
Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger - in zwei getrennten, am gleichen Tag mittels ERV dem Erstgericht übermittelten Schriftsätzen - sowohl einen außerordentlichen Revisionsrekurs als auch einen mit dem Antrag auf Abänderung des Nichtzulassungsausspruchs verbundenen ordentlichen Revisionsrekurs.
Rechtliche Beurteilung
1. Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs über die infolge weitgehender inhaltlicher Übereinstimmung und am selben Tag eingebrachten als einheitliches Rechtsmittel aufzufassenden Revisionsrekurse (vgl 7 Ob 27/00x mwN; E. Kodek in Rechberger3 Rz 12 Vor § 461 mwN) besteht - nach den tieferstehenden Gründen - einstweilen noch nicht.
2. Bei einem vermögensrechtlichen Streitgegenstand an Geld oder Geldeswert bis zu 20.000 EUR ist aufgrund der Rechtslage nach der WGN 1997 (BGBl I 1997/140) gegen eine rekursgerichtliche Entscheidung, in welcher der Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt wurde, - abgesehen von hier nicht maßgebenden Ausnahmen - kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO, hier iVm §§ 78, 402 EO), sondern es ist lediglich im Wege des - hier ohnehin gestellten - Abänderungsantrags nach § 528 Abs 2a ZPO unter sinngemäßer Anwendung des § 508 ZPO sowie eines damit verbundenen ordentlichen Revisionsrekurses beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen. Die Vorlage des „außerordentlichen" Revisionsrekurses des Verpflichteten direkt an den Obersten Gerichtshof widerspricht dieser Rechtslage (zuletzt etwa 3 Ob 182/07x; 3 Ob 113/08a uva).
3. Dass es sich im vorliegenden Fall (auch) um einen vermögensrechtlichen Anspruch handelt, ergibt sich schon daraus, dass die Kläger neben ihren Unterlassungs- und Herausgabeansprüchen auch den Ersatz immateriellen Schadens nach § 87 UrhG und § 1328a ABGB begehren. Es handelt sich daher nicht um aus der Verletzung höchstpersönlicher Rechte abgeleitete Ansprüche, die einer Bewertung in Geld unzugänglich sind, weshalb ein Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz zu entfallen hätte oder gegenstandslos wäre (vgl 6 Ob 148/00h = SZ 73/105 zu Datenschutzansprüchen oder 6 Ob 221/06b zum Anspruch des Klägers auf Unterlassung jeglichen Kontakts des Beklagten mit ihm; RIS‑Justiz RS0042418). Der Bewertungsausspruch durch das Rekursgericht erfolgte daher zu Recht.
4. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unter- oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung überhaupt hätte unterbleiben müssen (stRsp, RIS‑Justiz RS0042437). Eine Bewertung hatte zu erfolgen (siehe oben 3.), zwingende Bewertungsvorschriften für aus Vertrag oder allgemeinen Persönlichkeitsrechten abgeleitete Unterlassungsansprüche bestehen nicht und von einer offenkundigen Unterbewertung durch das Rekursgericht kann ungeachtet der klägerischen Bewertung der geltend gemachten Unterlassungsansprüche mit insgesamt 32.500 EUR - an diese ist das Rechtsmittelgericht grundsätzlich nicht gebunden, es hat sich innerhalb eines Ermessensspielraums zu bewegen, der sich am objektiven Wert des Streitgegenstands orientiert (E. Kodek aaO § 500 ZPO Rz 3 mwN) - auch bei Zusammenrechnung beider Unterlassungsansprüche nicht gesprochen werden.
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