Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei, den beklagten Parteien den Ersatz der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung aufzutragen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrte von den Beklagten zunächst die Zuhaltung eines Kaufvertrags über eine Liegenschaft. Den Wert des Streitgegenstands bewertete sie dabei mit 12.231 EUR. Im Verfahren ergab sich, dass die Beklagten die Liegenschaft bereits anderweitig veräußert hatten. Daraufhin „stellte“ die Beklagte ihr Begehren auf Zahlung von 4.446,44 EUR (Kosten der Vertragserrichtung und der Finanzierung des Kaufpreises) „um“. Zur Begründung stützte sie sich auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrags.
Die Beklagten werteten dies als Klageänderung, durch die die Zuständigkeit des Landesgerichts - wegen der Wertzuständigkeit der Bezirksgerichte (§ 49 Abs 1 ZPO) - iSv § 235 Abs 3 ZPO „überschritten“ werde. Daher könne sie nicht zugelassen werden.
Das Erstgericht erklärte die Klageänderung für unzulässig und wies das ursprüngliche Klagebegehren ab. Für die Klage auf Zahlung von 4.446,44 EUR sei das Landesgericht sachlich unzuständig, weswegen die Klageänderung nach § 235 Abs 3 ZPO keinesfalls zugelassen werden könne.
Das von der Klägerin angerufene Rekursgericht ließ die Klageänderung zu, behob aus diesem Grund das über das ursprüngliche Begehren ergangene Urteil und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über die geänderte Klage auf. Weiters sprach es aus, dass der Wert seines Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige, und dass der Revisionsrekurs zulässig sei.
§ 235 Abs 4 ZPO sei nicht anwendbar. Denn einerseits begehre die Klägerin nicht ihr Erfüllungsinteresse, sondern Schadenersatz wegen schuldhafter Nichterfüllung. Andererseits handle es sich auch nicht um eine bloße Klageeinschränkung. Aus diesem Grund liege eine Klageänderung vor, die nach § 235 Abs 3 ZPO zu beurteilen sei. Strittig sei nur die Frage, ob die Zuständigkeit des Prozessgerichts „überschritten“ werde. § 29 JN helfe der Klägerin dabei nicht weiter, da diese Bestimmung ein unverändertes Klagebegehren voraussetze. Allerdings könne von einem „Überschreiten“ der Zuständigkeit nur gesprochen werden, wenn durch die Klageänderung die Wertzuständigkeit des Bezirksgerichts überschritten oder vor dem Gerichtshof eine Sache geltend gemacht werde, die in die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte falle. Es könne keinen Unterschied machen, ob die Klägerin mit einer geänderten Klage zunächst mehr als 10.000 EUR begehre und nach zugelassener Klageänderung ihr Klagebegehren auf einen darunter liegenden Betrag einschränke oder ob sie, wie hier, mit ihrer geänderten Klage sogleich einen unterhalb der Wertzuständigkeit des Gerichtshofs liegenden Anspruch verfolge.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob das Unterschreiten der für die sachliche Zuständigkeit des Gerichtshofs maßgebenden Wertgrenze ein Überschreiten seiner Zuständigkeit sei.
In ihrem Revisionsrekurs stützen sich die Beklagten ausschließlich darauf, dass durch die Klageänderung die Zuständigkeit des Gerichtshofs erster Instanz überschritten worden sei, weswegen die Klageänderung unzulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Nach § 45 JN sind nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen das Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, unanfechtbar. Dabei ist unerheblich, ob die Zuständigkeitsentscheidung in erster oder zweiter Instanz ergeht (2 Ob 559/51 = SZ 28/104; RIS-Justiz RS0046328; RS0046417 [T2]; Ballon in Fasching 2 § 45 JN Rz 3). Eine unanfechtbare Zuständigkeitsentscheidung liegt auch ohne ausdrücklichen Ausspruch über die Zuständigkeit vor, wenn sich deren Bejahung aus dem Ergehen einer Sachentscheidung ergibt (RIS-Justiz RS0046339, RS0042084). Daraus hat der Oberste Gerichtshof abgeleitet, dass mit der Zulassung einer Klageänderung durch das Berufungsgericht schlüssig auch die sachliche Zuständigkeit des Prozessgerichts bejaht wird (6 Ob 67/98s; RIS-Justiz RS0110264).
Das gilt auch hier. Mit der Zulassung der Klageänderung und dem Auftrag an das Erstgericht, über die geänderte Klage zu entscheiden, hat das Rekursgericht implizit die - aus welchem Grund auch immer bestehende (RIS-Justiz RS0103687) - sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts bejaht. Denn ein anderes Verständnis würde dem Rekursgericht unterstellen, einem sachlich unzuständigen Gericht eine Sachentscheidung aufzutragen. Damit ist der Beschluss des Rekursgerichts nach § 45 JN unanfechtbar.
Aus diesem Grund ist der Revisionsrekurs der Beklagten als absolut unzulässig zurückzuweisen. Auf die Frage, ob bei Umstellung eines Leistungsbegehrens auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung (vgl zum Inhalt dieses Anspruchs 1 Ob 627/82 und RIS-Justiz RS0018279) überhaupt eine Klageänderung vorliegt (vgl 1 Ob 328/50 = SZ 23/336), kommt es daher nicht an.
Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen. Ihre Revisionsrekursbeantwortung ist daher nicht zu honorieren.
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