OGH 4Ob170/05m

OGH4Ob170/05m8.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Österreichischer Automobil-, Motorrad- und Touring Club (ÖAMTC) und 2. Christophorus - Flugrettungsverein, *****, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.336,42 EUR), über den Revisionsrekurs der Kläger gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 27. Juni 2005, GZ 2 R 141/05k-7, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 26. April 2005, GZ 12 Cg 32/05v-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des bestätigten Teils - insgesamt zu lauten hat:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs der Kläger wird der Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils verboten, bei Werbung für ihre Produkte einen geschäftsschädigenden Hinweis auf die Kläger direkt oder in Verbindung mit anderen Erklärungen zu verwenden, wie etwa dass der Einsatz der „ÖAMTC-Hubschrauber" lediglich Werbung für den ÖAMTC sei, in Wirklichkeit die Hubschrauber dem Roten Kreuz gehörten und der ÖAMTC auf den Hubschraubern nur Werbung mache.

Das darüber hinausgehende Begehren, der Beklagten ganz allgemein zu untersagen, bei Werbung für ihre Produkte einen Hinweis auf die Kläger direkt oder in Verbindung mit anderen Erklärungen zu verwenden, wird abgewiesen."

Die Kläger haben ihre Kosten des Provisorialverfahrens zur Hälfte vorläufig und zur Hälfte endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Erstkläger führt über den im Vereinsregister eingetragenen Zweitkläger im Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Roten Kreuz und der Österreichischen Bergrettung bzw in Wien mit der Wiener Berufsrettung Rettungsflüge mit Hubschraubern durch. In den letzten 21 Jahren wurden mehr als 100.000 Einsätze geflogen.

Die Beklagte bietet (nach den Behauptungen der Kläger) Versicherungsschutz sowie den günstigeren Bezug verschiedener Produkte bzw (nach den Behauptungen der Beklagten) ein Notfallsservice an, das etwa Verlegungstransporte innerhalb Österreichs, den Rücktransport aus dem Ausland sowie Hilfe bei Schwierigkeiten in Urlaubsländern umfasst. Zur Bewerbung ihrer Produkte schließt die Beklagte Werbeverträge mit Subfirmen, darunter auch mit der Firma Wolfgang M*****. In diesen Werbeverträgen ist vereinbart, dass die Bestimmungen des UWG einzuhalten und andere Wettbewerber nicht herabzusetzen sind sowie nicht zur Kündigung vergleichbarer Fremdverträge aufgefordert werden darf.

Am 25. 10. 2004 behaupteten Mitarbeiter der erwähnten Vertriebsfirma gegenüber Passanten, der Einsatz der ÖAMTC-Hubschrauber sei lediglich Werbung für den Erstkläger, in Wirklichkeit gehörten die Hubschrauber dem Österreichischen Roten Kreuz und der Erstkläger mache auf den Hubschraubern nur Werbung.

Nachdem die Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 25. 11. 2004 aufgefordert hatten, derartige Werbepraktiken zu unterlassen und diese Behauptungen zu widerrufen, widerrief die Beklagte die Behauptungen mit Schreiben vom 14. 12. 2004. Die Beklagte brachte darin auch zum Ausdruck, dass es nicht in ihrer Absicht liege, die Leistungen des Erstklägers herab zu setzen. Sie teilte weiters mit, die Vertreter der verantwortlichen Vertriebsfirma schriftlich aufgefordert zu haben, die von den Klägern geforderte Erklärung mittels vollstreckbaren Notariatsakts so schnell wie möglich beizubringen. Diesem Schreiben beigelegt war ein Brief der Beklagten an die Vertriebsfirma vom 13. 12. 2004. Darin wies die Beklagte ihre Vertriebsfirma neuerlich an, Aussagen, die den Erstkläger betreffen, und insbesondere Aussagen, die dessen Leistungen herabsetzen, zu unterlassen.

Mit Schreiben vom 27. 1. 2005 behaupteten die Kläger gegenüber der Beklagten, am 8. 1. 2005 hätten von der Beklagten eingesetzte Werber neuerlich herabwürdigende Werbung betrieben. Daraufhin stellte die Beklagte mit Schreiben vom 7. 2. 2005 klar, dass es nicht in ihrem Interesse sei, gegen die Vorschriften des UWG zu verstoßen; sie habe nach den ersten an sie herangetragenen Beschwerden eine lückenlose Aufklärung des beanstandeten und behaupteten Wettbewerbsverstoßes veranlasst; sie habe ihren Vertragspartner darauf hingewiesen und ihn verpflichtet, in Hinkunft jede namentliche Erwähnung des Erstklägers zu unterlassen. Die Beklagte erklärte, es zu unterlassen, bei Werbung für ihre Produkte einen Hinweis auf den Erstkläger direkt oder in Verbindung mit anderen Erklärungen zu verwenden und alle ihr möglichen Vorkehrungen zu treffen, dass sich auch die von ihr eingesetzten Werbeunternehmen an diese Unterlassungserklärung halten.

Es steht nicht fest, ob tatsächlich am 8. 1. 2004 Werber für die Beklagte aufgetreten sind und behauptet haben, der Erstkläger lasse Verletzte liegen; wenn man in Spanien verletzt werde, schicke der Kläger den Ambulanzjet erst, wenn einer frei sei, und nicht schon, wenn einer gebraucht werde. Ebenso wenig steht fest, ob am 29. 1. 2005 „Keiler" der Beklagten wiederum „in Keilaktionen" für die von dieser vertriebene Service Card die Leistungen des Erstklägers herabgesetzt haben.

Die Kläger begehren zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten zu untersagen, bei Werbung für ihre Produkte einen Hinweis auf die Kläger direkt oder in Verbindung mit anderen Erklärungen zu verwenden. Die Leistungen der Kläger würden im Bereich des Notarzthubschraubereinsatzes willkürlich und in einem schädigenden Ausmaß herabgesetzt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Äußerung - am weiteren Provisorialverfahren hat sie sich nicht mehr beteiligt - die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie bediene sich beim Vertrieb ihrer Produkte selbstständiger Unternehmen. Sie habe diese angewiesen, die Bestimmungen des UWG einzuhalten und negative Äußerungen über Mitbewerber zu unterlassen. Sie treffe daher keine Verantwortung. Im Übrigen habe sie vorprozessual eine Unterlassungserklärung angeboten, sodass keine Wiederholungsgefahr bestehe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die beanstandenden Äußerungen hätten nicht Mitarbeiter der Beklagten, sondern Mitarbeiter der beauftragten Subfirma getätigt. Die Beklagte habe einen Verstoß gegen die Bestimmungen des UWG nicht ermöglicht, sondern sei vielmehr umfassend bemüht gewesen, derartige Verstöße gar nicht erst eintreten zu lassen bzw für die Zukunft zu unterbinden. Damit fehle es an der Passivlegitimation der Beklagten.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei; bei der Beurteilung der Frage, ob ein Unterlassungsbegehren zu weit gefasst sei, habe sich das Rekursgericht an Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs orientiert. Die Kläger begehrten nicht die Unterlassung von sie herabsetzenden und geschäftsschädigenden Äußerungen, sondern vielmehr die generelle Unterlassung der Nennung ihrer Namen im Zusammenhang mit Werbeaktivitäten der Beklagten. Eine jegliche Bezugnahme auf die Kläger könne der Beklagten aber nicht verboten werden. Ein zu weites Unterlassungsbegehren sei abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und auch teilweise berechtigt.

1. Die Kläger machen in ihrem Rechtsmittel geltend, die Beklagte verletze ihre durch § 16 ABGB geschützten Persönlichkeitsrechte. Sie habe die herabsetzenden und geschäftsschädigenden Äußerungen der Mitarbeiter des von ihr beauftragten Werbeunternehmens gemäß § 18 UWG zu vertreten. Die Nennung ihrer Namen im Zusammenhang mit Werbeaktivtäten der Beklagten - in welcher Form auch immer - könnte leicht dazu führen, dass eine Verbindung zwischen den Klägern und der Beklagten konstruiert werde; dies könne nicht im Interesse der Kläger liegen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (etwa 4 Ob 14/03t = wbl 2003/233 - MAGNETFELDTHERAPIE mwN; RIS-Justiz RS0009319) schützt § 16 ABGB (unter anderem) vor Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch einen unbefugten, schutzwürdige Interessen des Namensträgers beeinträchtigenden Gebrauch seines Namens zu Werbezwecken. Eine allgemeine Verpflichtung, den „Gebrauch" des Namens eines anderen im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, besteht zwar insoweit nicht, als dies durch bloße „Namensnennung" geschieht. Dessen ungeachtet verstößt jedoch auch eine „Namensnennung" dann gegen das aus § 16 ABGB abgeleitete Persönlichkeitsrecht, wenn sie schutzwürdige Interessen des Genannten beeinträchtigt. Dabei kommt es auf den Inhalt der mit der Namensnennung verbundenen Aussage an.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen haben Mitarbeiter des von der Beklagten beauftragten Werbeunternehmens gegenüber Passanten behauptet, der Einsatz der ÖAMTC-Hubschrauber sei lediglich Werbung für den Erstkläger, in Wirklichkeit gehörten die Hubschrauber dem Österreichischen Roten Kreuz und der Erstkläger mache auf den Hubschraubern lediglich Werbung. Diese Behauptungen sind unwahr, wodurch jedenfalls schutzwürdige Interessen des Erstklägers beeinträchtigt werden. Eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte nach § 16 ABGB ist somit gegeben. Daraus resultieren Unterlassungsansprüche der Kläger (die Aktivlegitimation des Zweitklägers hat die Beklagte im gesamten Verfahren nicht bestritten).

2. Durch die festgestellten Äußerungen wird in der - nicht näher darüber informierten - Öffentlichkeit der unrichtige Eindruck erweckt, der Erstkläger wäre im Bereich Flugrettung gar nicht tätig. Das könnte zu einem Glaubwürdigkeitsdefizit führen, das sich für den Erstkläger geschäftsschädigend auswirken könnte. Kredit- bzw geschäftsschädigende Tatsachenbehauptungen die - wie hier - zu Zwecken des Wettbewerbs aufgestellt werden, sind nach § 7 UWG zu beurteilen. Sie verpflichten zur Unterlassung, wenn sie nicht erweislich wahr sind. Den Wahrheitsbeweis hätte die Beklagte zu erbringen (stRsp, etwa 4 Ob 116/93 = MR 1994, 32 - IMAS-REPORT mwN); sie hat den Wahrheitsbeweis aber nicht einmal angetreten.

Der Beklagten ist daher (auch) ein Verstoß gegen § 7 UWG anzulasten.

3. Das Erstgericht hat die Abweisung des Sicherungsantrags damit begründet, dass die beanstandeten Behauptungen nicht von Mitarbeitern der Beklagten, sondern vom Mitarbeitern eines beauftragten Werbeunternehmens stammten.

Nach § 18 UWG haftet der Inhaber eines Unternehmens auch für Personen, die in seinem Auftrag etwa auf Grund eines Werkvertrags tätig sind. Ihm sind alle Handlungen zuzurechnen, die diese Personen in seinem geschäftlichen Interesse und im Zusammenhang mit seinem Betrieb vornehmen, wenn er auf Grund seiner vertraglichen Beziehungen zu diesen in der Lage gewesen wäre, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern; dabei kommt es nur auf die rechtliche Möglichkeit an, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen (4 Ob 134/01m - DAS VERSTECKTE MIKROFON mwN). Eine derartige rechtliche Möglichkeit ist regelmäßig gegeben, wenn - wie hier - die beanstandeten Äußerungen von Mitarbeitern eines Unternehmens stammen, dass für den Beklagten auf Grund eines Werbevertrags tätig wird.

4. Die Beklagte hat in ihrer Äußerung die Wiederholungsgefahr bestritten; sie habe ihre Vertragspartner darauf hingewiesen und verpflichtet, in Zukunft jede namentliche Erwähnung des Erstklägers zu unterlassen.

Belehrungen der Vertragspartner allein können die Wiederholungsgefahr ebenso wenig ausschließen wie ein ausdrückliches Verbot von Wettbewerbsverstößen (vgl 4 Ob 283/00x = ÖBl 2001, 105 - REISEBEDARF mwN [zu Dienstnehmern]), es sei denn, es wären damit etwa Pönalezahlungen oder sonstige Sanktionen für den Vertragspartner verbunden. Derartiges hat die Beklagte aber nicht einmal behauptet.

5. Das Rekursgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass der Beklagten - wie zu 1. ausgeführt - die Namensnennung im Zusammenhang mit Werbeaktivitäten nicht generell verboten werden kann. Eine gänzliche Abweisung des Sicherungsantrags vermag dies aber nicht zu rechtfertigen.

Ein Unterlassungsgebot ist nach ständiger Rechtsprechung (etwa 4 Ob 22/91 = ÖBl 1991, 216 - BRENNENDES ZÜNDHOLZ mwN; 4 Ob 174/02w - ÖBl 2003/10 - BOSS-ZIGARETTEN IV) dann zu weit gefasst, wenn der Beklagte damit zu Unterlassungen verurteilt würde, zu denen er bei richtiger Auslegung des materiellen Rechts nicht verpflichtet wäre, und zwar ungeachtet des allgemeinen Grundsatzes, dass eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebots - im Verein mit konkreten Einzelverboten - meist schon deshalb notwendig ist, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Der Oberste Gerichtshof hat daher bereits mehrfach zu weit formulierte Sicherungsbegehren eingeschränkt und etwa gerade in der vom Rekursgericht (unter anderem) zitierten Entscheidung 4 Ob 22/91 - BRENNENDES ZÜNDHOLZ nur das Mehrbegehren, dem Beklagten zu gebieten, etwas „schlechthin zu unterlassen", abgewiesen.

Damit waren der Beklagten aber (nur) geschäftsschädigende Hinweise auf die Kläger direkt oder in Verbindung mit anderen Erklärungen bei Werbung für ihre Produkte, und zwar insbesondere die von den Vorinstanzen festgestellten Äußerungen, zu verbieten; das darüber hinausgehende allgemeine Begehren war hingegen abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Kläger beruht auf § 393 Abs 1 EO. Die Beklagte ist nur mit ihrem enger gefassten Begehren durchgedrungen. Mangels anderer Anhaltspunkte ist dieses mit der Hälfte des Streitwerts zu bewerten. Die Klägerin hat daher zur Hälfte obsiegt, zur Hälfte ist sie unterlegen (vgl 4 Ob 38/04y = MR 2004, 277 - HEIMAT). Die Beklagte hat für ihre Äußerung im Verfahren erster Instanz keine Kosten verzeichnet und sich am gesamten Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.

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