European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00158.14K.1021.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die Parteien stehen im Wettbewerb auf dem Markt für transdermale Pflaster zur Behandlung von Demenzerkrankungen. Gegenstand der Zulassungsbeschwerde ist ausschließlich die Auffassung des Rekursgerichts, dass zwischen der Bildmarke der Erstklägerin, die das von ihr vertriebene Pflaster darstellt (allerdings ohne Abbildung der auf diesem Pflaster tatsächlich aufgedruckten Wortmarke samt Dosierung), und der konkreten Gestaltung des Pflasters der Beklagten keine Verwechslungsgefahr bestehe.
2. Die Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind die ‑ originäre oder durch Benutzung erworbene (17 Ob 15/08t mwN) ‑ Kennzeichnungskraft der verletzten Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0121500). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt in diesem Zusammenhang nur vor, wenn das Gericht zweiter Instanz seinen wegen der Einzelfallbezogenheit bestehenden Beurteilungsspielraum überschritten oder tragende Grundsätze der Rechtsprechung missachtet hat.
3. Solche Umstände zeigt die Zulassungsbeschwerde nicht auf.
3.1. Zwar ist richtig, dass Warenidentität vorliegt. Die Auffassung des Rekursgerichts, die unterschiedliche farbliche Gestaltung - Marke: gelber Kreis auf grauem Grund; Eingriffsgegenstand: jeweils transparentes Material ‑ schließe Verwechslungsgefahr aus, ist aber vertretbar. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der Frage, ob für die angesprochenen Kreise die Farbgestaltung oder die Proportionen im Vordergrund stehen. Die Annahme geringer Kennzeichnungskraft ist nicht zu beanstanden, da Form und (nicht auffällige) Farbe eines transdermalen Pflasters unabhängig vom jeweiligen Wirkstoff nur wenig geeignet sind, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen.
3.2. Zwar bringt die Erstklägerin vor, dass die Kennzeichnungskraft der Marke durch Benutzung erhöht sei. Sie bezieht sich dafür aber nur auf die Befragung einschlägig tätiger Ärzte. Gerade bei Angehörigen dieser Gruppe ist aber hohe Aufmerksamkeit bei der Verschreibung von Arzneimitteln zu erwarten; es ist schlechthin ausgeschlossen, dass sie die Pflaster trotz unterschiedlicher Farbgebung nur deswegen verwechseln, weil die Wirkfläche rund und die Abziehfolie eckig ist und weil um die Wirkfläche Noppen angeordnet sind, die als Abstandhalter eine technische Funktion haben. Auch wenn Ärzte daher die Marke (richtig: das Pflaster) der Erstklägerin kennen, was aufgrund deren bisheriger Monopolstellung nahe liegt, werden sie aus der Form des Pflasters der Beklagten nicht auf die Herkunft aus dem Unternehmen der Erstklägerin schließen. Zu einer durch Benutzung erhöhten Kennzeichnungskraft bei Endverbrauchern hat die Erstklägerin nichts Konkretes vorgebracht. Auch insofern ist die Verwechslungsgefahr aufgrund der vom Rekursgericht angestellten Erwägungen wegen geringer originärer Kennzeichnungskraft der Klagsmarke zu verneinen. Damit kann offen bleiben, ob die vom Revisionsrekurs so bezeichnete „Post-sale-Situation“ (also die regelmäßig sehr kurze Zeitspanne zwischen dem Entnehmen des Pflasters aus der Verpackung und dem Aufbringen auf die Haut) überhaupt für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehen ist.
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