OGH 4Ob157/11h

OGH4Ob157/11h28.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** S*****, vertreten durch Dr. Franz Haunschmidt, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach K***** W*****, vertreten durch K***** W*****, dieser vertreten durch Dr. Thomas Schweiger, Rechtsanwalt in Linz, wegen 130.302,46 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Juli 2011, GZ 6 R 154/10z‑35, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 31. Mai 2010, GZ 64 Cg 33/10x‑23, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin schloss im März 2003 mit ihren Eltern einen Pflichtteilsverzichtsvertrag. Der Notariatsakt wurde im Notariat Dr. ***** & Partner errichtet; konkret wurde er von Dr. W***** D***** (im Folgenden: Substitut) als bestelltem Substitut der öffentlichen Notarin Dr. ***** (im Folgenden: Notarin) aufgenommen. Die Notarin ist die Cousine der Klägerin und die Nichte von deren Eltern.

Mit der gegenständlichen Klage begehrt die Klägerin von der (mittlerweile verstorbenen) Beklagten, ihrer Mutter, als Erbin nach dem Vater die Zahlung eines Pflichtteils von 130.302,46 EUR. Der zwischen ihr und dem Erblasser geschlossene notarielle Pflichtteilsverzichtsvertrag sei rechtsunwirksam, weil dieser einerseits in nicht gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragspartner und andererseits von einer gemäß § 33 Notariatsordnung (NO) wegen des Verwandtschaftsverhältnisses ausgeschlossenen Notarin errichtet worden sei. Auch der Substitut der zu substituierenden Notarin habe sich einer Beurkundungstätigkeit zu enthalten. Die Klägerin habe den Pflichtteilsverzicht unter familiärem Druck unterfertigt und sich dabei im Irrtum über die Folgen befunden. Ihre Eltern hätten sie insoweit unter Druck gesetzt, als sie von ihr die Unterfertigung eines Schriftstücks bei der Notarin gegen Erhalt der von ihr benötigten 10.000 EUR forderten. Sie sei über die Rechtsfolgen des Pflichtteilsverzichtsvertrags nicht aufgeklärt worden und hätte diesen nicht unterschrieben, hätte sie nicht dringend die finanzielle Hilfe ihrer Eltern benötigt.

Die Beklagte wendete ein, die Errichtung des Pflichtteilsverzichtsvertrags sei nicht vor der Notarin, sondern bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Vertragspartner vor dem Substituten als Partner der Notarin erfolgt. Dieser habe iSd § 121 Abs 2 NO als Dauersubstitut für die Notariatskanzlei gehandelt. Die Ausgeschlossenheit der Notarin sei ein Substitutionsfall im Sinn des Bestellungsdekrets. § 33 NO beziehe sich nur auf die Person, die den Beurkundungsakt vornehme. Der Substitut sei daher nicht ausgeschlossen iSd § 33 NO. Die Klägerin berufe sich schikanös auf die Formungültigkeit des Pflichtteilsverzichtsvertrags, weil ihr das Verwandschaftsverhältnis mit der Notarin bekannt gewesen sei. Auch liege weder ein Irrtum, noch eine Zwangssituation vor. Die Vertragsanfechtung sei verjährt. Aber auch bei Annahme des Bestehens eines Pflichtteilsanspruchs bliebe bei richtiger Berechnung desselben - unter Berücksichtigung der Vorempfänge der Klägerin - keine Forderung übrig.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte noch fest, dass der Substitut im Jahr 2001 vom Präsidenten des Landesgerichts Linz zum Dauersubstituten ohne zeitliche Befristung für alle in der Kanzlei der Notarin sich ergebenden Substitutionsfälle bestellt worden sei. Die Notarin und der Substitut hätten im selben Jahr einen Gesellschaftsvertrag geschlossen, seit Anfang 2002 werde das Notariat von der Notarin und dem Substituten in Form einer OEG (nunmehr OG) betrieben. Bei Errichtung des strittigen Notariatsakts seien die Vertragsparteien gleichzeitig anwesend gewesen. Die Notarin habe die Parteien begrüßt und sodann darauf hingewiesen, dass sie aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses zu den Parteien den Notariatsakt nicht selbst durchführen könne. Daraufhin habe sie sich zurückgezogen und die Angelegenheit dem Substituten übergeben. Davor habe sie mit diesem erörtert gehabt, ob sich der Ausschlussgrund auch auf ihn erstrecke. Der Substitut habe den Parteien den Vertragstext vorgelesen und diesen erläutert. Daraufhin hätten alle Beteiligten vor ihm unterfertigt. Es hätten weder Unklarheiten bei der Klägerin bestanden, noch habe sie sich im Zeitpunkt der Unterfertigung des Pflichtteilsverzichtsvertrags in einer Zwangssituation befunden. Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass aufgrund der völligen Weisungsungebundenheit des Dauersubstituten eine Ausschließung der Notarin nach § 33 NO nicht auf ihn durchschlagen könne. Seine Amtstätigkeit wäre nur dann unzulässig, wenn Gründe nach § 33 NO bei ihm selbst vorliegen würden. Irrtum, List oder Zwang könnten aus dem festgestellten Sachverhalt nicht abgeleitet werden. Im Übrigen fehle es an jeglichem Vorbringen zur List. Eine Anfechtung wegen Irrtums und Zwangs sei überdies bereits verjährt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage der Erstreckung der Ausschließung eines Notars gemäß § 33 Abs 1 NO auf den Dauersubstituten nach § 121 NO keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und schloss sich dessen Rechtsansicht an. Die Richtlinien der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. 5. 1968 ordneten zwar an, dass der Substitut nicht nur die seine Person, sondern auch die den vertretenen Notar betreffenden Ausschließungsgründe zu beachten habe. Aber weder das Gesetz noch die Standesrichtlinien der Österreichischen Notariatskammer enthielten eine derartige Anordnung. Der Substitut werde von der Rechtsprechung nicht als Erfüllungsgehilfe des Notars angesehen. Er handle selbstständig und weisungsungebunden. Dass er einen ‑ jederzeit modifizierbaren ‑ Textentwurf verwendet habe, ändere nichts daran. Eine Erstreckung von beim Substituenten gegebenen Ausschlussgründen auf ihn sei nicht erforderlich und hätte das Vorliegen einer Gesetzeslücke zur Voraussetzung. Eine planwidrige Unvollständigkeit der NO sei nicht gegeben, weil sich der Gesetzgeber auch bei Einführung der Notar-Partnerschaft nicht zu einer Änderung des § 33 NO veranlasst gesehen habe. Die Klägerin habe daher rechtswirksam auf ihren Pflichtteil nach ihrem Vater verzichtet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, der Klage stattzugeben; in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin macht geltend, der Notarsubstitut handle im Namen und auf Rechnung des Notars und erfülle dessen Aufträge. Normzweck des § 33 NO sei die Vermeidung sämtlicher Zweifel ‑ auch nur des bloßen Anscheins ‑ der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Notars. In Kanzleigemeinschaften von Notaren gelte der gesetzlichen Wertung nach das Beurkundungsverbot für alle Notare, stehe auch nur einer aus der Gemeinschaft in dem von § 33 Abs 1 NO genannten Naheverhältnis. Der Substitut habe den Auftrag zwar in eigener Verantwortung auszuführen, allerdings nach den ihm mitgegebenen Weisungen. Die Dauersubstitution gemäß § 120 NO dürfe nicht dazu führen, dass der Grundsatz der persönlichen Amtsausübung beeinträchtigt oder die Arbeitskraft des Notars verdoppelt werde. Es bedürfe des jedesmaligen Auftrags des Notars an seinen zum Dauersubstituten bestellten Notariatskandidaten, um ein bestimmtes Amtsgeschäft durchzuführen. Daher leite der Substitut bei jedem einzelnen Auftrag seine Amtsgewalt von dem von ihm vertretenen Notar ab. Er bediene sich auch dessen Amtssiegels und Namens. Von einer Gesetzeslücke könne keine Rede sein. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei eine ausdehnende Anwendung des § 33 NO auf Sachverhalte mit vergleichbaren Implikationen vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurück- bzw abzuweisen.

Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Die relevanten Bestimmungen der NO in der im Jahr 2003 geltenden Fassung lauten wie folgt:

§ 33 (1) In Sachen, in welchen der Notar selbst beteiligt ist, sowie in Sachen des Ehegatten oder solcher Personen, welche mit ihm in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden sind, oder mit welchen er in der Seitenlinie bis zum vierten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, darf der Notar keine Notariatsurkunde aufnehmen. Das Gleiche gilt, wenn in einer Urkunde eine Verfügung zu seinem eigenen oder zu dem Vortheile einer der vorgenannten Personen aufgenommen werden soll.

(2) Eine mit Außerachtlassung dieser Bestimmung aufgenommene Notariatsurkunde hat nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde.

§ 119 (1) Wird durch Urlaub, Krankheit, Abwesenheit, Suspension, Amtsentsetzung, Tod oder Austritt eines Notars oder aus anderen Gründen die Substituierung desselben nothwendig, so ist auf Antrag der Notariatskammer von dem Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz am Sitze der Kammer ein Substitut zu bestellen.

§ 121 (1) Erfüllt der zum Dauersubstituten vorgeschlagene Notariatskandidat alle Erfordernisse zur Erlangung einer Notarstelle, so wird er ohne zeitliche Befristung bestellt.

(2) Ist der nach Abs. 1 zum Dauersubstituten bestellte Notariatskandidat außerdem bei dem zu substituierenden Notar angestellt oder dessen Partner, so ist er berechtigt, den Notar in Amtsgeschäften auch dann zu vertreten, wenn kein Substitutionsfall nach § 119 Abs. 1 vorliegt. Der Notar darf jedoch den Dauersubstituten in diesem Fall zur Vornahme von Amtsgeschäften nur dann heranziehen, wenn er wegen anderer Geschäfte oder aus einem anderen triftigen Grund im Einzelfall verhindert ist, die Amtshandlung selbst vorzunehmen.

§ 123 (1) Der Substitut hat alle Geschäfte des Notars zu besorgen und die Geschäftsregister und Verzeichnisse des Notars weiterzuführen. Die dem Notar erteilten Vollmachten gelten auch für den Substituten.

(2) Der Substitut hat in den Notariatsurkunden seine Eigenschaft als Substitut und den Vor- und Zunamen sowie den Amtssitz des von ihm vertretenen Notars anzuführen und seiner Unterschrift einen gleichen Hinweis beizufügen.

(3) Sofern er nicht selbst Notar ist, hat er sich des Amtssiegels des Notars zu bedienen, dessen Stelle er vertritt.

(4) Die für Notare gegebenen Vorschriften finden auch auf ihn Anwendung.

(…)

2. Der Oberste Gerichtshof ging in der Entscheidung 5 Ob 292/04h davon aus, dass die Bestimmung über die Ausschließungsgründe die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Notars außer Zweifel stellen solle. Sie erfordere demnach eine ausdehnende Anwendung auf Sachverhalte mit vergleichbaren Implikationen. Der Substitut nach §§ 120 bzw 121 NO vertrete den Notar. Auf ihn sei ebenfalls § 33 NO anzuwenden.

In seiner Glosse zu dieser Entscheidung (NZ 2006/67) fordert Hoyer, das Verbot auf den beurkundenden Substituten auch dann anzuwenden, wenn das Naheverhältnis zu einer Partei in der Person des zu substituierenden Notars begründet sei. In Kanzleigemeinschaften von Notaren gelte das Beurkundungsverbot für alle Notare, auch wenn nur einer von ihnen in einem Naheverhältnis stehe.

3. Wagner/Knechtel (Kommentar zur Notariatsordnung6 [2006] § 33 Rz 1) führen aus, dass § 33 NO im Substitutionsfall den Substituten betreffe. Auch hier bleibe der Gesetzestext vage, doch sollte sich dieser ‑ nach den Standesrichtlinien der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. 5. 1968 ‑ der Amtstätigkeit enthalten, wenn der von ihm vertretene Notar ausgeschlossen wäre und dem Substituten dies bekannt sei. Der Grund liege darin, dass der Substitut seine (Amts-)Gewalt von dem Notar, den er vertrete, ableite, von diesem wirtschaftlich abhängig sei und dessen Weisungen Folge leisten müsste. Außerdem bediene er sich des Amtssiegels des von ihm vertretenen Notars, aus dem der Name des ‑ in eigener Person jedenfalls ‑ ausgeschlossenen Notars zu entnehmen sei. Gemessen am Normzweck, die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Notars als Urkundsperson außer Zweifel zu stellen, sei der Beteiligtenbegriff weit auszulegen.

Die genannten Autoren vertreten auch, dass der Notar keine Beurkundungen in Angelegenheiten einer Person, mit der er sich zur gemeinsamen Berufsausübung ‑ etwa im Rahmen einer Notar-Partnerschaft ‑ verbunden habe, vornehmen solle, wenn hiebei seine Unabhängigkeit in Zweifel gezogen werden könnte (aaO Rz 15).

Amtsgeschäfte, deren Ausübung dem Notar aus in seiner Person gelegenen Gründen untersagt seien (§ 33 NO), solle auch dessen Substitut nicht vornehmen (damit die Unparteilichkeit nicht in Zweifel gezogen werden könne ...). Ein absoluter Verweigerungsgrund iSd § 35 NO liege jedoch für den Substituten nicht vor (aaO § 123 Rz 4).

In den Standesrichtlinien 1968 war noch davon die Rede, dass sich der Substitut enthalten müsse. Die Standesrichtlinien 2000 enthalten keine vergleichbare Bestimmung.

4. Aufgabe des (Dauer-)Substituten (§ 120 NO) ist es, die Amtsgeschäfte bei vorübergehender Verhinderung des Amtsinhabers zu führen. Die Aussage, er handle dabei selbstständig und in eigener Verantwortung, findet sich im Zusammenhang mit Haftungsfragen und bei Verneinung der Erfüllungsgehilfeneigenschaft (so etwa 2 Ob 49/02y; RIS‑Justiz RS0019417; Koziol in FS Weissman 434). Dennoch ist anerkannt, dass der Substitut Weisungen des Notars zu befolgen hat, soweit sie mit eigenen Amtspflichten vereinbar sind (Wagner/Knechtel, NO6 § 119 Rz 2; § 120 Rz 4; Kletečka in FS Welser 498).

Unstrittig ist, dass der Substitut neue Aufträge im Namen und für Rechnung des Amtsinhabers übernimmt (Wagner/Knechtel aaO § 119 Rz 2). Umso mehr muss dies für Aufträge gelten, die der Notar selbst erhielt und die sein Substitut ausführt. Dafür spricht auch, dass der Substitut das Amtssiegel des Amtsinhabers zu verwenden hat (§ 123 Abs 3 NO). Dass die Tätigkeit des Substituten im Namen und auf Rechnung des Notars erfolgt, wurde durch § 123 Abs 1 NO idF BRÄG 2008 nunmehr klargestellt (zugleich wurde die Haftung des Notars nach § 1313a ABGB festgeschrieben).

5. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Amtsinhaberin, die eine Beurkundung des Pfichtteilsverzichtsvertrags ihrer Verwandten selbst nicht vornehmen durfte, ihren (Dauer-)Substituten damit beauftragte (ihn dazu anwies). Er führte die Beurkundung als ihr Vertreter im Amt (§ 120 NO) durch. Bei einer derartigen Konstellation steht die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des beurkundenden Organs ‑ zumindest dem Anschein nach ‑ keineswegs außer Zweifel. Ob der Substitut die (in der Praxis wohl eher theoretische) Möglichkeit hatte, auf den Text des (nach seinen Angaben) bereits vorhandenen Vertragsentwurfs Einfluss zu nehmen, ist nicht entscheidend. Die Voraussetzungen des § 33 NO treffen daher auch auf den beurkundenden Substituten zu, wenn das Naheverhältnis zu den Parteien in der Person des zu substituierenden Notars begründet ist. Zu berücksichtigen ist überdies die zwischen der Notarin und dem Substituten gegebene gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit aufgrund ihrer Stellung als Notar-Partner, begründet doch die Gesellschaftsform einer OG (§ 105 UGB) eine gesamthandschaftliche Verbindung und unbeschränkte Haftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (vgl dazu Wagner, Die Notar‑Partnerschaft im österreichischen Gesellschaftsrecht, FS Schippel [1996] 809).

6. § 33 NO regelt, dass der Notar in bestimmten Fällen keine Notariatsurkunde aufnehmen darf, wobei das Gleiche gilt, wenn in einer Urkunde eine Verfügung zu seinem eigenen oder zu dem Vorteil bestimmter Personen aufgenommen werden soll. Nun verwendete der Substitut im konkreten Fall (wie in § 123 Abs 3 NO vorgesehen) das Amtssiegel der ausgeschlossenen Notarin. Er wurde ‑ wie oben begründet ‑ in ihrem Namen (und auf ihre Rechnung) tätig (vgl dazu auch Jud, Konkurs des Notars und Treuhandschaft: Zur Stellung des Notariatssubstituten, NZ 2008/95, 355 [356]; Kletečka, Haftet der Notar für seinen Substituten? FS Welser [2004] 477 [507]). § 33 NO ist daher bei Heranziehung des äußerstmöglichen Wortsinns durchaus in dem Sinne auszulegen, dass die wegen der Ausgeschlossenheit des Notars unzulässigen Notariatsurkunden auch nicht durch dessen Substituten (im Namen des Notars) errichtet werden dürfen. Einer ergänzenden Rechtsfortbildung bedarf es zu diesem Ergebnis daher nicht.

7. Die von der Beklagten angesprochenen Haftungsfragen (Substitut als Erfüllungsgehilfe des Notars?) sind für die Lösung der hier anstehenden Rechtsfrage nicht von Relevanz. Abgesehen davon ergibt sich im konkreten Fall die (allfällige) Haftung der Notarin gegenüber den Parteien schon aus dem Gesellschaftsverhältnis zum Substituten. Ebenso wenig ist von Relevanz, dass Notarsubstituten zwar anstelle des verhinderten Notars handeln, das öffentliche Amt aber unter eigener Verantwortung ausüben. Sie sind ‑ wie bereits ausgeführt ‑ zumindest insoweit den Weisungen des Notars unterworfen, als diese mit ihren eigenen Amtspflichten vereinbar und im Rahmen der Gesetze und der Standespflichten erfüllbar sind (vgl Wagner/Knechtel aaO, § 119 Rz 2).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die nach § 33 NO bestehende Ausgeschlossenheit der Notarin auch auf ihren Substituten erstreckte. Der Notariatsakt ist daher ungültig (§ 33 Abs 2 iVm § 2 NO), was zur Unwirksamkeit des zwischen der Klägerin und dem Erblasser geschlossenen Pflichtteilsverzichtsvertrags führt (§ 551 ABGB). Eine rechtsmissbräuchliche Berufung auf diese Unwirksamkeit seitens der Klägerin kann der Senat nicht erkennen.

Der Revision ist daher Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aufzuheben. Das Erstgericht wird sich im zweiten Rechtsgang insbesondere mit den behaupteten Vorempfängen auseinanderzusetzen haben, um beurteilen zu können, ob und allenfalls in welchem Ausmaß der Klägerin ein Pflichtteil nach dem Erblasser zusteht.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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