OGH 5Ob292/04h

OGH5Ob292/04h28.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Grundbuchseintragungen ob den Liegenschaften EZ 272 und EZ 273 GB 63101 Innere Stadt, über den Revisionsrekurs von Univ.-Prof. Dr. Rudolf B*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 15. September 2004, AZ 4 R 274/04z, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Mai 2004, TZ 9808/04, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden abgeändert, sodass sie zu lauten haben wie folgt:

„Der Antrag der Antragstellerin auf Einverleibung des Eigentumsrechtes in EZ 272 GB ***** ob den Anteilen von Dr. Rudolf B***** B-LNr 5 (8/720 Anteile) und B-LNr 7 (12/720 Anteile) und in EZ 273 GB ***** ob den Anteilen von Dr. Rudolf B***** B-LNr 31 (22/1920 Anteile) jeweils im Rang der Anmerkung TZ 3029/04 wird abgewiesen."

Text

Begründung

Die im Spruch ersichtlichen Liegenschaftsanteile stehen im Eigentum des Revisionsrekurswerbers. Am 31. 8. 2001 unterfertigte er in der Notariatskanzlei Dr. Helmut Eigner eine Urkunde, die mit „Kaufvertrag" überschrieben ist. Darin stellte er als Verkäufer an die Antragstellerin das Anbot, die Miteigentumsanteile zu verkaufen und zu übergeben. Die Antragstellerin war berechtigt, dieses Anbot bis 31. 12. 2004 anzunehmen, womit dann der nachfolgende Kaufvertrag rechtsverbindlich zustandekommen sollte. Im Kaufvertrag war bereits die Aufsandungserklärung enthalten. Die Annahmeerklärung war in beglaubigter Form zu unterfertigen. Für die Rechtzeitigkeit kam es auf das Datum der Legalisierung der Unterschriften an. Die Echtheit der Firmenzeichnung der Antragstellerin, vertreten durch den alleinzeichnungsberechtigten Geschäftsführer Dr. Reinhard H*****, und die Echtheit der Unterschrift des Revisionsrekurswerbers wurden von Dr. Lisa H***** als Substitutin des öffentlichen Notars Dr. Helmut E***** bestätigt. Die Annahmeerklärung der Antragstellerin wurde am 19. 3. 2004 abgegeben und am selben Tag die Echtheit der Firmenzeichnung von Dr. Lisa H***** beglaubigt.

Laut Protokoll vom 19. 4. 2004, aufgenommen von Dr. Lisa H*****, wurde von Dr. Reinhard H***** als alleinigem Geschäftsführer der Antragstellerin der Auftrag erteilt, dem Revisionsrekurswerber die Annahmeerklärung bekannt zu machen.

Laut Protokoll vom 5. 5. 2004 wurde die im Protokoll ersichtliche Annahmeerklärung dem Revisionsrekurswerber von Dr. Lisa H***** bekannt gemacht. Sie stellte auch die Intimationsurkunde aus und bekundete darin, dass sie über Ersuchen von Dr. Reinhard H***** dem Revisionsrekurswerber die genau wiedergegebene Annahmeerklärung bekanntgemacht habe, und teilte dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz die Zustellung der Erklärung an den Revisionsrekurswerber nach den für die eigenhändige Zustellung geltenden Vorschriften mit.

Die Antragstellerin begehrt nun die Einverleibung ihres

Eigentumsrechtes.

Das Erstgericht bewilligte den Grundbuchsantrag.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss und vertrat die Rechtsansicht, dass für die Beurteilung eines Grundbuchsansuchens der Zeitpunkt maßgeblich sei, in dem es beim Grundbuchsgericht einlange. Erlaubten das Gesuch, die Beilagen und der Grundbuchstand die begehrte Eintragung und bestünden keine Bedenken iSd § 94 GBG, so sei es zu bewilligen. Dass ein Notar entgegen § 33 NO in Sachen von nahen Angehörigen tätig geworden sei, müsse sich im Grundbuchsverfahren als reinem Urkundenverfahren schon aus den vorgelegten Urkunden ergeben. Die Namensgleichheit sei zwar aus den Urkunden ersichtlich, dies erwecke jedoch noch keine Zweifel an der Eigenschaft der Intimationsurkunde als öffentlicher Urkunde iSd § 33 Abs 2 NO, zumal eine allfällige nahe Verwandtschaft zwischen den Genannten nicht gerichtsbekannt gewesen sei. Der Rekurswerber verstoße mit seinem Vorbringen, die Notariatssubstitutin sei die Tochter des Geschäftsführers der Antragstellerin, gegen das Neuerungsverbot. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Aufgreifbarkeit eines allfälligen Verstoßes gegen § 33 NO in Zusammenschau mit dem im Grundbuchsverfahren bestehenden strengen Neuerungsverbot noch nicht vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs von Univ.-Prof. Dr. Rudolf B***** mit einem Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt. Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, dass für die Beurteilung des Grundbuchsgesuches der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem dieses bei dem Grundbuchsgericht einlangt (§ 93 GBG). Dies gilt auch für die Rechtsmittelgerichte (RIS-Justiz RS0061117). Die Revisionsrekursausführungen über Anträge, die nach Beschlussfassung in erster Instanz, aber noch vor Abfertigung dieses Beschlusses gestellt wurden, gehen daher schon aus diesem Grund ins Leere. Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Es darf eine bücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG). Das Ansuchen kann somit nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt in formaler und materiell-rechtlicher Hinsicht keine Zweifel aufkommen lässt (RIS-Justiz RS0060878).

Es ist also zu überprüfen, ob dem Antrag geeignete Urkunden angeschlossen waren. Die Frage des Neuerungsverbots stellt sich hier nicht.

Die Echtheit der Unterschriften auf dem Kaufvertrag, der Annahmeerklärung, den Protokollen vom 19. 4. 2004 und 5. 5. 2004 und der Intimationsurkunde ist jeweils von Dr. Lisa H***** als Substitutin des öffentlichen Notars Dr. Helmut E***** beglaubigt. Sie machte auch der Antragstellerin die Annahmeerklärung bekannt. Aus den Urkunden ergibt sich auch, dass der Geschäftsführer der antragstellenden Käuferin den gleichen Familiennamen wie die beurkundende Notariatssubstitutin hat.

In Sachen, in welchen der Notar selbst beteiligt ist, sowie in Sachen des Ehegatten oder solcher Personen, welche mit ihm in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden sind, oder mit welchen er in der Seitenlinie bis zum 4. Grad verwandt oder bis zum

2. Grad verschwägert ist, darf der Notar keine Notariatsurkunden aufnehmen. Das gleiche gilt, wenn in einer Urkunde eine Verfügung zu seinem eigenen oder zu dem Vorteil einer der vorgenannten Personen aufgenommen werden soll (§ 33 Abs 1 NO). Eine mit Außerachtlassung dieser Bestimmung aufgenommene Notariatsurkunde hat nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde (§ 33 Abs 2 NO).

Diese Bestimmung über die Ausschließungsgründe soll die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Notars außer Zweifel stellen (Wagner/Knechtel, NO5, MGA, § 33 Rz 1). Sie erfordert demnach eine ausdehnende Anwendung auf Sachverhalte mit vergleichbaren Implikationen.

Auch bei der Beglaubigung von Unterschriften iSd § 79 NO ist vom Notar § 33 NO zu beachten, wenn sich Ausschließungsgründe für ihn aus dem Urkundeninhalt ergeben oder dem Notar bekannt sind (Wagner/Knechtel aaO, § 79, Rz 33 mwN) Auch dabei handelt es sich nämlich um Notariatsurkunden (§ 2 iVm § 76 Abs 1 lit c NO). Gleiches gilt für die Intimation nach § 83 NO (Wagner/Knechtel aaO, § 83, Rz 1).

Ein Substitut nach §§ 120 bzw 121 NO vertritt den Notar. Für ihn gilt im Substitutionsfall ebenfalls § 33 NO (Wagner/Knechtel aaO, § 33, Rz 1).

Besteht zwischen dem beurkundenden Notar/Substitut und - wie hier - dem Geschäftsführer einer Partei des Kaufvertrages Namensgleichheit, so kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die vorgelegten Notariatsurkunden nicht die Kraft öffentlicher Urkunde haben, weil die Vermutung naheliegt, dass in Sachen einer in § 33 Abs 1 NO genannten Person Amtshandlungen vorgenommen wurden. Ein derartiger Zweifel besteht nur dann nicht, wenn der Notar bei Namensgleichheit ausdrücklich erklärt, dass er mit der gleichnamigen Person in keiner Beziehung iSd § 33 Abs 1 NO steht (Wagner/Knechtel aaO, § 33, Rz 11).

Da bis zu einer derartigen Bestätigung Bedenken im Sinne des § 94 Abs 1 Z 3 GBG darüber bestehen, ob überhaupt öffentliche Urkunden vorliegen, war das Grundbuchsgesuch abzuweisen.

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