Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.072,51 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin 345,42 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Berufsfotograf und Inhaber eines Fotostudios. Die Beklagte erzeugt und vertreibt Maschinen. Die Streitteile standen von Sommer 1993 bis Jahresanfang 2000 in ständiger Geschäftsbeziehung. Nach einigen Aufträgen schlossen die Parteien am 30. September 1993 eine Rahmenvereinbarung.
Der Kläger sollte von der Beklagten hergestellte und vertriebene Werkzeugmaschinen und technische Gerätschaften fotografieren, wobei die Beklagte diese Aufnahmen für verschiedene, damals übliche Werbemaßnahmen verwendete. Das die Rahmenvereinbarung festhaltende Schreiben vom 30. September 1993 enthielt keine Regelung über die Verwendung der vom Kläger hergestellten Aufnahmen. Die Beklagte verwendete die Fotos für Werbemaßnahmen wie Verkaufskataloge, Prospekte, Presseaussendungen und Anzeigenkampagnen. Die Lichtbilder dienten für Werbemaßnahmen verschiedenster Art. Es steht nicht fest, dass die Beklagte in der Verwendung der Lichtbilder in irgendeiner Art und Weise eingeschränkt gewesen sei oder für bestimmte Werbemaßnahmen erst die Zustimmung des Klägers hätte einholen müssen. Dieser war aber in der Regel informiert, wofür seine Bilder konkret verwendet werden. Das Internet war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und auch in den ersten Jahren der Zusammenarbeit weitgehend unbekannt und in den Gesprächen zwischen den Streitteilen während der gesamten Geschäftsbeziehung kein Thema. Im Oktober 1999 richtete die Beklagte erstmalig eine „Homepage" im Internet ein, wobei sie in dieser ersten Phase keine Lichtbilder des Klägers verwendete. Auch die Digitalisierung der Lichtbilder des Klägers wurde zwischen den Streitteilen nie erörtert. Die Beklagte verwendete die Lichtbilder „ausschließlich für den Print-Bereich, eine andere Nutzung der Bilder war während der aufrechten Geschäftsbeziehung der Streitteile weder bekannt noch vorgesehen, mangels Kenntnis einer anderen Nutzungsart aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen". Wann immer die Beklagte neuerlich Bilder oder Auszüge von bereits bestehenden Lichtbildern benötigte, ließ sie den Kläger diese Aufträge ausführen. Eine Beschränkung der Lichtbildverwendung gab es für die Beklagte nicht.
Erst in weiterer Folge - mit zunehmender Bedeutung des Internets - entnahm die Beklagte ihrem Fotoarchiv auch Lichtbilder des Klägers, bearbeitete diese teilweise auch und verwendete sie ohne Information des Klägers im Internet.
Im Mai 2002 erhob der Kläger erstmals Unterlassungsklage und begehrte, der Beklagten die Vervielfältigung und/oder Verbreitung bestimmter Lichtbilder im Internet zu verbieten, die endgültige Löschung sämtlicher elektronischer Daten, die der Speicherung und der Wiedergabe (insbesondere im Internet) der genannten Lichtbilder dienen, die Rechnungslegung über die seit 1997 im Internet vervielfältigten und/oder verbreiteten Lichtbilder und die Prüfung der Richtigkeit der gelegten Rechnung durch einen Sachverständigen, die Zahlung eines angemessenen Entgelts für die seit 1997 vervielfältigten und/oder verbreiteten Lichtbilder, die Herausgabe des Gewinns, den die Beklagte durch den Eingriff erzielt hat, insoweit dieser das angemessene Entgelt übersteigt, sowie die Leistung von Schadenersatz bis zum Doppelten des angemessenen Entgelts gemäß § 87 Abs 3 UrhG, insoweit dieser das angemessene Entgelt und den herauszugebenden Gewinn übersteigt, wobei er sich die ziffernmäßige Festsetzung des gesamten Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehielt.
Im April 2004 brachte der Kläger eine weitere Klage ein, mit der er für den Zeitraum Jahresanfang 1995 bis April 2004 Rechnungslegung über die im Internet vervielfältigten und/oder verbreiteten Lichtbilder und die Prüfung der gelegten Rechnung durch einen Sachverständigen, sowie die Zahlung eines angemessenen Entgelts, die Herausgabe des Gewinns und Schadenersatz bis zum Doppelten des angemessenen Entgelts hinsichtlich der Lichtbilder begehrt, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des gesamten Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten blieb. Dieses Klagebegehren dehnte der Kläger im März 2005 im Sinn einer Repertoireklage auf alle von ihm hergestellten Lichtbilder, die von der Beklagten und deren Beauftragten im Internet verwendet werden, mit Ausnahme jener Lichtbilder, die „bereits gerichtsanhängig" seien, aus. Zu allen nunmehr verbundenen Klagebegehren brachte der Kläger zusammengefasst vor, er sei auf Grundlage der Honorar-Rahmenvereinbarung von der Beklagten laufend mit der Lichtbildherstellung für jeweils bestimmte Anlässe und Zwecke beauftragt worden. Aufträge hätten sich stets nur auf eine im Vorhinein definierte bestimmte Werbeaktion ausschließlich im „Print-Bereich" bezogen. Er habe das ausschließliche Recht, die im Rahmen dieser Vereinbarung von ihm hergestellten Lichtbilder zu vervielfältigen und zu verbreiten. Er habe der Beklagten für diese Lichtbilder niemals ein Werknutzungsrecht eingeräumt, dennoch habe die Beklagte die Lichtbilder ohne seine Zustimmung auf zahlreichen Internetseiten laufend verwendet.
Die Beklagte wendete ein, es sei unausgesprochen geblieben, zu welchem Zweck die Fotos hergestellt würden. Zweck des Auftrags an den Kläger sei gewesen, Fotos für Werbemaßnahmen, Verkaufskataloge etc zu erhalten. Wozu die Fotos genau verwendet würden, sei der Beklagten überlassen geblieben. Die Nutzung im Internet sei mitenthalten gewesen. Der Kläger habe der Beklagten an von ihm gemachten Lichtbildern ein umfassendes Werknutzungsrecht eingeräumt, dieses habe ab 1995 auch die Werbung im Internet umfasst. Der Kläger könne auf Grund der Vertragsverhältnisse und des eingeräumten exklusiven Verwertungsrechts der Beklagten, höchstens eine Erhöhung seiner Vergütung fordern.
Das Erstgericht wies mit Teil- und Zwischenurteil das Unterlassungsbegehren, das Beseitigungsbegehren, die Rechnungslegungsbegehren sowie die noch nicht bezifferten Leistungsbegehren auf Herausgabe des Gewinns und auf Schadenersatz ebenso ab wie das hilfsweise erhobene Beseitigungsbegehren. Es erkannte das Leistungsbegehren auf Zahlung eines angemessenen Entgelts für die seit 1997 vervielfältigten und/oder verbreiteten Lichtbilder des Klägers als dem Grunde nach zu Recht bestehend und behielt die Entscheidung über die hilfsweise gestellten Zahlungsbegehren vor. Die Lichtbilder des Klägers seien Lichtbildwerke im Sinn des § 3 Abs 2 UrhG. Der Kläger habe der Beklagte die von ihm hergestellten Lichtbilder für Zwecke von Werbemaßnahmen überlassen, die zwischen den Parteien nicht näher beschrieben, aber auch nicht eingeschränkt worden seien. Eine ausdrückliche Einräumung eines sich auf die Verwendung der Fotos im Internet beziehenden Werknutzungsrechts oder einer sich darauf beziehenden Werknutzungsbewilligung sei nicht erfolgt, dies aber nur deshalb, weil diese Nutzungsart seinerzeit von keiner der Parteien ins Auge gefasst worden sei. Welche Befugnisse dem Auftraggeber übertragen würden, sei im Zweifel nach dem praktischen Zweck der beabsichtigten Werknutzung zu bestimmen. Die Lichtbilder hätten ausschließlich Produkte der Beklagten betroffen. Wäre die Verwendungsart durch Internet bekannt gewesen, gebe es keinen Grund anzunehmen, dass der Beklagten die Verwendung der Lichtbilder im Internet untersagt worden wäre. Sei der Auftrag für den Auftraggeber nur sinnvoll, wenn er - allein - berechtigt sei, das Arbeitsergebnis zu verwenden, dann schließe der zwischen ihm und dem Auftragnehmer zustande gekommene Vertrag die Einräumung eines Werknutzungsrechts ein. Nach dem Grundsatz der Übung des redlichen Verkehrs sei indes anzunehmen, dass die Parteien eine höhere Vergütung vereinbart hätten, wäre die Verwertung der Lichtbilder auch im Internet bereits bei Vertragsabschluss bekannt gewesen. Ein unbefugter Eingriff in Urheberrechte liege somit nicht vor.
Das Berufungsgericht hob das gesamte Teil- und Zwischenurteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000,-- EUR übersteige und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof mit der Begründung zu, der Sachverhalt sei nicht im Sinne der ergangenen Provisorialentscheidung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 70/03g) zu beurteilen, wenn der im Hauptverfahren festgestellte Sachverhalt im Wesentlichen mit dem im Provisorialverfahren als bescheinigt angenommenen Sachverhalt nicht deckungsgleich sein sollte. Vergleiche man den im Provisorialverfahren als bescheinigt angenommenen Sachverhalt mit dem im Hauptverfahren getroffenen Feststellungen ergebe sich allerdings kein entscheidungswesentlicher Unterschied. Es stehe nunmehr ebenso fest, dass die vom Kläger hergestellten Fotos für Werbemaßnahmen, Verkaufskataloge, Prospekte, Presseaussendungen und Anzeigenkampagnen, also ausschließlich im Print-Bereich verwendet worden seien. Der Kläger sei in der Regel auch informiert gewesen, wofür seine Bilder konkret verwendet würden. Zwar habe die Rahmenvereinbarung vom 30. September 1993 keine Regelung über die Verwendung der vom Kläger hergestellten Aufnahmen enthalten und sei eine Verwendungsbeschränkung in irgendeiner Art und Weise nicht feststellbar gewesen, das Internet sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, aber auch in den ersten Folgejahren der Zusammenarbeit der Streitteile weitgehend unbekannt und daher zwischen den Streitteilen während der gesamten Geschäftsbeziehung kein Thema gewesen. Eine Internetnutzung sei daher nicht vorgesehen gewesen. Somit sei die Verwendung der Lichtbilder im Internet ohne Zustimmung des Klägers urheberrechtswidrig. Nur die Einräumung eines sich auch auf die Verwendung der Fotos im Internet beziehenden Werknutzungsrechts oder einer sich darauf beziehenden Werknutzungsbewilligung hätte die Beklagte berechtigt, die Fotos im Internet zu verwenden. Die Einräumung eines derartigen Werknutzungsrechts oder einer derartigen Werknutzungsbewilligung fehle aber. Eine neue Nutzungsart scheide immer dann aus, wenn sich eine schon bisher übliche Nutzungsmöglichkeit durch den technischen Fortschritt bloß erweitert habe. Bei Digitalnutzungen handle es sich in der Regel um eine wirtschaftlich eigenständige Verwertung. Nach Sinn und Zweck des Vervielfältigungsrechts solle der Urheber auch an dieser durch Übertragung seines Werks in ein digitales Format erreichten qualitativen Erweiterung dessen Nutzungsmöglichkeiten teilhaben. Selbst umfassende Rechtseinräumungen reichten grundsätzlich nicht, wenn die neue Nutzungsart zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht bekannt gewesen sei. Eine Vertragsauslegung, die die Rechte der Beklagten auf die Verwertung der Lichtbilder im Print-Bereich beschränke, liege nahe, weil das neue Medium Internet im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch weitgehend unbekannt oder jedenfalls seine wirtschaftliche Bedeutung für den Kläger als Urheber noch in keiner Weise absehbar gewesen sei. Das Klagebegehren bestehe daher grundsätzlich zu Recht, die verschiedenen, teilweise einander überschneidenden Klagebegehren seien aber mit den Parteien zu erörtern, bevor eine abschließende Beurteilung möglich sei. Im Übrigen komme es nicht auf die von der Beklagten ab einem bestimmten Zeitpunkt bezweckte Verwendung an, sondern nur auf allfällige konkrete Vereinbarungen der Parteien. Die Beklagte habe erst im Oktober 1999 erstmalig eine Homepage eingerichtet, hiebei keine Lichtbilder des Klägers verwendet, die Geschäftsbeziehung sei aber schon Anfang 2000 beendet worden, die Verwendung der Bilder im Internet sei zwischen den Parteien nicht vereinbart gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Beklagten, mit dem sie sich gegen die vom Berufungsgericht seinem Aufhebungsbeschluss zugrundegelegte Rechtsansicht sowie dagegen wendet, dass das Berufungsgericht ergänzende Feststellungen zu treffen abgelehnt habe, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Der Urheber kann die Nutzung seines Werks nicht untersagen, wenn er dem Nutzer - ausdrücklich oder schlüssig - ein Werknutzungsrecht (§ 24 Abs 1 Satz 1 UrhG) oder eine Werknutzungsbewilligung (§ 24 Abs 1 Satz 2 UrhG) eingeräumt hat (4 Ob 184/04v = RdW 2005, 158 = MR 2005, 34 - Leistungsbeschreibung). Wird ein Werk im Auftrag eines anderen geschaffen, so wird damit jedenfalls schlüssig das Recht eingeräumt, das Werk zu dem Zweck zu verwenden, zu dem es in Auftrag gegeben wurde (4 Ob 105/94 = MR 1995, 27 - Anpfiff). Der Werknutzungsberechtigte erwirbt im Zweifel nicht mehr Rechte, als für den praktischen Zweck der vorgesehenen Werknutzung notwendig erscheint (4 Ob 2161/96i = ÖBl 1997, 38 - Buchstützen mwN; RIS-Justiz RS0077666, RS0077726). Die Auslegung der schlüssig getroffenen Werknutzungsvereinbarung hat daher unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit der zuvor referierten Rechtsprechung im Einklang. Eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor. Der von der Beklagten behauptete Widerspruch zur E 4 Ob 212/06i besteht nicht, unterscheiden sich doch die jeweils betroffenen Sachverhalte. Dort war zugrundezulegen, dass nicht nur keine Verwendungsbeschränkung für die angefertigten Fotografien bestand, sondern es für den Fotografen nicht überraschend sein konnte, dass Reisebürowerbung nicht nur über Kataloge, sondern auch im Internet stattfindet. Hier war eine Internetwerbung der Beklagten nicht nur bei Abschluss der der Geschäftsbeziehung der Streitteile zugrundeliegenden Rahmenvereinbarung im Jahr 1993, sondern auch während der bis Anfang 2000 anhaltenden Geschäftsbeziehung der Streitteile kein Thema. Das Internet war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und auch in den ersten Jahren der Zusammenarbeit weitgehend unbekannt, jedenfalls in seiner wirtschaftlichen Bedeutung (vgl 4 Ob 193/98f = GRUR Int 1999, 360), weshalb es nahe liegt, Sachverhaltsähnlichkeiten zu jenen Fällen zu sehen, in denen eine Rechteeinräumung nicht allgemein für „Werbung", sondern nur für bestimmte Verwendungsarten vorlag (4 Ob 77/00b = ÖBl-LS 2000/86 - Katalog und Folder; 4 Ob 70/03b = MR 2003, 315).
3. Die im Rekurs abschließend aufgeworfene Frage, ob jemand, der im Auftrag eines anderen für diesen urheberrechtlich geschützte Werke herstellt, bei einer neuen, ursprünglich nicht mitbedachten Verwendungsart der grundsätzlichen Verwendung dieser urheberrechtlich geschützten Werke für die neue Nutzungsart nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zustimmen muss, lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht beantworten. Die für den Umfang allfälliger Werknutzungsrechte maßgebliche Vereinbarung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände bei Abschluss derselben, bildet aber grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten ausdrücklich hingewiesen.
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