OGH 4Ob11/04b

OGH4Ob11/04b30.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verwertungsgesellschaft Bildender Künstler (VBK), ***** vertreten durch Hon. Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Rechnungslegung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. November 2003, GZ 2 R 135/03t-14, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. April 2003, GZ 10 Cg 61/02d-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.754,82 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 292,47 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der UrhG-Nov 1996 (BGBl 151/1996) wurde folgende, am 1. April 1996 in Kraft getretene Bestimmung (§ 16b UrhG) eingeführt:

"Ausstellen

(1) § 16 Abs 2 und 3 gilt für das öffentliche Ausstellen von Werkstücken mit der Maßgabe, dass der Urheber einen Anspruch auf angemessene Vergütung hat, wenn Werkstücke der bildenden Künste zu Erwerbszwecken entgeltlich ausgestellt werden. Solche Ansprüche können nur von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. § 16a Abs 5 gilt sinngemäß.

(2) Abs 1 gilt nicht für Werke der Angewandten Kunst (des Kunstgewerbes)."

Mit der UrhG-Nov 2000 (BGBl I 110/2000) wurde § 16b UrhG ersatzlos aufgehoben; die Aufhebung ist mit dem der Kundmachung folgenden Tag wirksam geworden (26. Oktober 2000).

Die Klägerin ist eine in der Rechtsform eines Vereins konstituierte Verwertungsgesellschaft, die Urheber- und Leistungsschutzrechte ihrer Mitglieder wahrt, mit denen sie formularmäßig gestaltete Verträge schließt. Darin übernimmt es die Klägerin, die den Mitgliedern gegenwärtig zustehenden und zukünftig zufallenden urheberrechtlichen Befugnisse zu den Bedingungen der Wahrnehmungsordnung in der jeweils geltenden Fassung treuhänderisch wahrzunehmen. Zu den der Klägerin eingeräumten Rechten gehört insbesondere das Verbreitungsrecht. Die Wahrnehmungsordnung sieht (unter anderem) die Wahrnehmung der den Mitgliedern zustehenden Vergütungsansprüche im Falle öffentlicher Ausstellung von Werkstücken vor, wie im § 16b UrhG oder in entsprechender Regelung umschrieben. Ab Anfang März 1999 wurde die Wahrnehmung der Geltendmachung der Ausstellungsvergütung ausdrücklich in die Wahrnehmungsverträge aufgenommen.

Während der Zeit der Geltung des § 16b UrhG entstanden der Klägerin im Zusammenhang mit der allgemeinen Durchsetzung der Ausstellungsvergütung sowie Maßnahmen zur Abwehr der Abschaffung des § 16b UrhG Aufwendungen von 38.260 EUR. Darüber hinaus sind ihr Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung von 52.241,09 EUR entstanden (gerichtliche und außergerichtliche Leistungen des Klagevertreters).

Die Beklagte ist in der Rechtsform eines Vereins konstituiert, dessen Tätigkeit ausdrücklich nicht auf Gewinn gerichtet ist. Der Vereinszweck liegt (unter anderem) in der Förderung kultureller Aktivitäten. Die Beklagte veranstaltet nicht nur regelmäßig Ausstellungen, sondern begleitet ihre Tätigkeit mit einem Rahmenprogramm (Vorträge, Symposien etc). Die Beklagte verlangt bei von ihr veranstalteten Ausstellungen Eintrittsgelder, im Jahr 2001 erzielte sie dadurch Einnahmen von etwa 1,100.000 EUR. Die Beklagte kann ihrer statutengemäßen Tätigkeit nur nachkommen, weil sie Geldmittel von Sponsoren erhält. Ihr Hauptsponsor ist die Bank A*****. Viele von der Beklagten durchgeführten Ausstellungen sind nicht kostendeckend, vor allem jene, in denen Kunstwerke von weniger bekannten und nicht populären Künstlern gezeigt werden. Die Beklagte veranstaltet auch Ausstellungen mit Werken von nicht arrivierten Künstlern; seit Bestehen der Beklagten hat sich etwa 1/3 ihrer Ausstellungen mit solchen Werken befasst. Die Beklagte erzielt aus ihrer gesamten Tätigkeit keine Ertragsüberschüsse.

Außer mit der Beklagten hat die Klägerin mit dem Jüdischen Museum auf Intervention des Klagevertreters eine Vereinbarung über Zahlung der Ausstellungsvergütung abgeschlossen. Die Klägerin hat aus der Ausstellungsvergütung im Zeitraum vom 1. April 1996 bis 25. Oktober 2000 (Geltung des § 16b UrhG) Einnahmen von insgesamt 3,643.570 S erzielt, davon 1,485.000 S aufgrund einr Vereinbarung, die die Streitteile geschlossen haben, nachdem die Beklagte zur Leistung der Ausstellungsvergütung verurteilt worden war. Als Höhe der Ausstellungsvergütung legten die Streitteile 6 % des von der USt bereinigten, von der Beklagten eingenommenen Eintrittsentgelts zuzüglich gesetzlicher USt fest. Grundlage dieser Vereinbarung war die Geltung des § 16b UrhG. Nicht festgestellt werden kann, dass sich die Beklagte losgelöst von der Bestimmung des § 16b UrhG jedenfalls zur Zahlung einer Ausstellungsvergütung verpflichten wollte oder eine solche Vereinbarung zwischen den Streitteilen zustande gekommen sei.

Die Klägerin begehrt Rechnungslegung für den Zeitraum vom 26. Oktober 2000 bis 7. Jänner 2001 sowie die Zahlung einer angemessenen Vergütung nach § 16b UrhG mit der Begründung, die Ausstellungsvergütung nach § 16b UrhG idF UrhG-Nov 1996 sei zwar mit Wirksamkeit ab 26. Oktober 2000 abgeschafft worden, der Anspruch der Klägerin auf Rechnungslegung und Zahlung der Ausstellungsvergütung bestehe aber noch weiterhin, weil die Abschaffung des § 16b UrhG sowohl dem Willen des historischen Gesetzgebers widerspreche als auch gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechte verstoße. Die Ausstellungsvergütung für den Bereich der bildenden Künste sei eine ganz wesentliche urheberrechtliche Vergütung, mit der dieser Kunstzweig erst anderen Kunstgattungen wie Sprachwerken, Filmen und vor allem Musikwerken einigermaßen gleichgestellt worden sei. Die Abschaffung sei mit unrichtiger und unsachlicher Begründung erfolgt. Sie greife in die Substanz der Rechte bildender Künstler ein, verstoße gegen das verfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot und gegen das geschützte Vertrauen der Rechtsanwender in den aufrechten Bestand der Gesetzeslage zumindest auf absehbare und kalkulierbare Zeit. Das Fehlen von Übergangsvorschriften bewirke einen Verstoß gegen das Willkürverbot. Der einfache Gesetzgeber habe nicht nur in aufrechte Vertragsverhältnisse eingegriffen, sondern auch mehrjährige Investitionen mit einem Schlag zunichte gemacht.

Die Beklagte wendete ein, für den klageweise geltend gemachten Anspruch fehle nach Aufhebung des § 16b UrhG die gesetzliche Grundlage. Die zwischen den Streitteilen geschlossene Vereinbarung sei durch Aufhebung des § 16b UrhG gegenstandslos geworden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil den geltend gemachten Ansprüchen die gesetzliche Grundlage fehle. Auch die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung begründe keine Zahlungspflicht für den Fall, dass die darin angesprochene gesetzliche Grundlage wegfallen sollte.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Wortlaut der UrhG-Nov 2000 stehe in Verbindung mit der Interessenbewertung des Gesetzgebers der von der Klägerin angestrebten Auslegung entgegen, dass eine unvermittelte Aufhebung der Ausstellungsvergütung ohne Übergangsregelung zumindest auf laufende, gerade erst abgeschlossene Verträge nicht anwendbar sei. Interpretative Bemühungen könnten das von der Klägerin angestrebte Ziel nicht herbeiführen. Die angemeldeten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die UrhG-Nov 2000 würden nicht geteilt: Nach stRsp des Verfassungsgerichtshofs könne der Gesetzgeber verfassungsrechtlich einwandfrei Eigentumsbeschränkungen, soweit sie im öffentlichen Interesse liegen, verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts der Unverletzlichkeit des Eigentums berühre oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstoße. Die Abschaffung der Ausstellungsvergütung verfolge den klar erkennbaren Zweck, die Ausstellungstätigkeit und damit bildende Künstler zu fördern und durch Abschaffung der Ausstellungsvergütung Anreize für Aussteller zu schaffen. Kunstwerke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dadurch die Auseinandersetzung mit bildender Kunst zu fördern, liege im allgemeinen Interesse. Die Abschaffung der erst mit der UrhG-Nov 1996 eingeführten Ausstellungsvergütung erscheine auch nicht unverhältnismäßig. Auch eine Verletzung des allgemeinen Sachlichkeitsgebots sei nicht zu erkennen. Änderungen der Rechtslage, die für die Normunterworfenen nachteilig seien und weder zurückwirkten noch in rechtliche Anwartschaften eingreifen, würden im Allgemeinen durch den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz nicht gehindert. Der Gesetzgeber dürfe im Rahmen seiner politischen Verantwortlichkeit bestehende Rechte einschränken oder Ansprüche beseitigen. Andernfalls würde die gegebene Rechtslage in einem sozial unerträglichen Ausmaß versteinert. Damit sei zwangsläufig die Möglichkeit von Fehlinvestitionen und enttäuschten Erwartungen verbunden, die der Staat seinen Bürgern zumute, wenn etwa in der Erwartung der Beibehaltung einer gegebenen steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Rechtslage wirtschaftliche Aufwendungen getätigt werden. Das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage genieße keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Nur ausnahmsweise und unter ganz spezifischen Voraussetzungen sei der Gesetzgeber verfassungsrechtlich zur Rücksichtnahme verpflichtet und dürfe eine einmal geschaffene Rechtslage nicht ohne weiters zum Nachteil der davon Betroffenen ändern. Dabei handle es sich um Fälle, in denen der Gesetzgeber durch vorheriges Handeln einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, der über das allgemeine Vertrauen hinausgehe, das die Bürger allgemein in den Bestand der Rechtsordnung setzen dürfen. Dies sei angenommen worden, wenn die Normunterworfenen durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlasst worden seien, der dann wegen Wegfalls der Begünstigung frustriert werde. Derartiges sei hier aber nicht der Fall. Die UrhG-Nov 2000 bewege sich im Rahmen des dem Gesetzgeber von der Verfassung zugewiesenen rechtspolitischen Gestaltungsspielraums.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Es ist in Lehre und Rsp anerkannt, dass der äußerste mögliche Wortsinn die Auslegung einer Norm begrenzt (F. Bydlinski in Rummel, ABGB3 § 6 Rz 17 und 25 je mwN; stRsp; RIS-Justiz RS0008796). Der äußerste mögliche Wortsinn bildet die Grenze zwischen objektiv teleologischer Auslegung und ergänzender Rechtsfortbildung (SZ 67/62). Die von der Klägerin angestrebte, als verfassungskonform bezeichnete Auslegung jener Bestimmung der UrhG-Nov 2000, mit der die Ausstellungsvergütung nach § 16b UrhG idF UrhG-Nov 1996 aufgehoben wurde, in der Weise, dass entgegen der infolge Fehlens jeglicher Übergangsbestimmung unmissverständlichen Anordnung des Gesetzgebers diese dennoch erst später in Kraft treten oder auf bereits vorher abgeschlossene Verträge auch nach ihrem Inkrafttreten nicht angewendet werden sollte, muss daher scheitern.

Der Oberste Gerichtshof vermag sich darüber hinaus auch der verfassungsrechtlichen Argumentation der Klägerin nicht anzuschließen und sieht sich daher nicht veranlasst, die Aufhebung der Ausstellungsvergütung durch die UrhG-Nov 2000 (die sofortige Aufhebung der Ausstellungsvergütung ohne Übergangsfrist) gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 140 Abs 1 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Auffassung vermag die Aufhebung der Ausstellungsvergütung keinen derart ins Gewicht fallenden Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Eigentumsrecht oder die gleichen Schutz genießende Erwerbsfreiheit zu begründen, weil eine Ausstellungsvergütung - mag diese infolge ihrer gesammelten Einhebung durch die Klägerin auch insgesamt erhebliche Summen erreichen und dadurch auch nicht unerhebliche Belastungen der Aussteller herbeiführen - doch bezogen auf das einzelne Werk im Vergleich mit der primären Einkommensquelle bildender Künstler aus dem Werk (Verkaufserlös) eine geringe Größe bildet. Es kann daher nicht von einem Eingriff in den "Wesenskern des Grundrechts" gesprochen werden, der aber erforderlich wäre, um Bedenken gegen die hier beanstandete gesetzgeberische Maßnahme zu erwecken (vgl Walter/Mayr, Bundesverfassungsrecht9 Rz 1368, 1372 f, je mwN).

Ob es sich bei der Abschaffung der Ausstellungsvergütung durch die UrhG-Nov 2000 um eine generelle Willensänderung des Gesetzgebers oder bloß um eine Modifikation bzw Korrektur im Sinne des bereits ursprünglich vorhandenen gesetzgeberischen Willens als Antwort auf eine diesem widersprechende Auslegung durch den Obersten Gerichtshof handelt, braucht in diesem Fall nicht untersucht zu werden, weil es der Rsp des Verfassungsgerichtshofs entspricht, dass der Gesetzgeber befugt ist, rechtspolitisch unerwünschte Konsequenzen der Rechtsprechung mit einem Gesetzgebungsakt allenfalls auch rückwirkend entgegenzutreten (VfSlg 15.231; vgl zum "legitimen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers" Öhlinger, Verfassungsrecht5 Rz 763 mwN). Zu Recht verweist die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung darauf, dass die Klägerin selbst auf die stRsp des Verfassungsgerichtshofs Bezug nimmt, wonach der Gesetzgeber grundsätzlich auch in einmal geschaffene Rechtspositionen eingreifen und sie zu Lasten der Rechtsunterworfenen verändern darf, wenn sie sie auch im gegenständlichen Zusammenhang nicht teilt (also auf den sie betreffenden Fall nicht angewendet wissen will).

Wie schon das Berufungssgericht vermag auch der Oberste Gerichtshof keine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erkennen; diese wird vom Verfassungsgerichtshof als Maßstab für die Prüfung des öffentlichen Interesses an Eigentumseingriffen des Gesetzgebers herangezogen, wobei er unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten auf Sachlichkeitserwägungen abstellt und prüft, ob die einem bestimmten Sachverhalt zugeordnete Rechtsfolge auf einem "vernünftigen Grund" beruht (Mayr, B-VG3 Anm IV.1 zu Art 2 StGG; Öhlinger aaO Rz 877; Walter/Mayr aaO Rz 1374; je mwN). Eine Verletzung der zu fordernden Ausgewogenheit zwischen dem auch von der Klägerin anerkannten Interesse der Öffentlichkeit an einem möglichst erleichterten Zugang zu Kunstwerken und dem Interesse der bildenden Künstler an Erlösen aus ihren Werken ist im Hinblick darauf nicht zu sehen, dass die wesentliche Einnahmequelle bildender Künstler (im Gegensatz zu anderen Urhebern) aus dem Verkauf ihrer Werke kommt. Eine Förderung der Ausstellungstätigkeit ist gerade für jene bildenden Künstler aber von Vorteil, die noch keine oder nur eine geringe Bekanntheit und daher auch ebensolche Chance haben, ihre Werke erfolgreich zu verkaufen.

Wenn die Revisionswerberin eine Verletzung des Gleichheitssatzes darin erblicken will, dass der Gesetzgeber der UrhG-Nov 2000 gegen das ihn treffende Willkürverbot verstoßen habe und dies aus unzutreffenden oder irreführenden Begründungen in den Gesetzesmaterialien ableiten will, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich das Willkürverbot an die Vollziehung und nicht den Gesetzgeber richtet (Walter/Mayr aaO Rz 1354 f; Mayr, B-VG3 Anm II.1, je mwN). Die Bindung des Gesetzgebers durch den Gleichheitssatz, der verlangt, Gleiches gleich, Ungleiches aber ungleich zu behandeln, dies im Sinne der entsprechenden Berücksichtigung wesentlicher Sachverhaltsunterschiede durch Anordnung entsprechend unterschiedlicher Rechtsfolgen, mündet in der neueren Rsp des Verfassungsgerichtshofs in verstärktem Maß in ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für Gesetze (Walter/Mayr aaO Rz 1347; Öhlinger aaO Rz 762; Mayr aaO Anm III.1 zu Art 2 StGG, je mwN).

Zu Recht verweist die Beklagte auch darauf, dass grundsätzlich kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht darauf besteht, dass einmal eingeräumte Rechte nie wieder abgeschafft werden; dies vielmehr nur dann ausnahmsweise angenommen wird, wenn der von der Abschaffung Betroffene über einen längeren Zeitraum eine Erwartungshaltung aufbauen durfte, diese Erwartungshaltung enttäuscht wurde und damit für den Einzelnen sachwidrigerweise gravierende Nachteile verbunden sind (Mayr aaO Anm VI.1 zu Art 2 StGG mwN; Öhlinger aaO Rz 787; VfSlg 14.960 uva). Im Gegensatz zu der dem Erkenntnis G 85/02 (Unfallrentenbesteuerung) zugrunde liegenden Sachlage kann im vorliegenden Fall von einer lang andauernden Erwartungshaltung ebensowenig gesprochen werden wie von einem gravierenden, in sachwidriger Weise angeordneten Eingriff. Die Regelung über die Ausstellungsvergütung (§ 16b UrhG) hatte lediglich vier Jahre Bestand (vgl VfSlg 11.288); überdies erfolgte die Klarstellung der Anwendung dieser Bestimmung für das Verhältnis der Streitteile erst weniger als ein Jahr vor der Aufhebung der Bestimmung durch die UrhG-Nov 2000 (E vom 23. 11. 1999, 4 Ob 319/99m; zur sachlichen Rechtfertigung der Aufhebung siehe bereits oben).

Die Aufhebung der Ausstellungsvergütung ohne Übergangsregelung entspricht der grundsätzlichen Anordnung der Verfassung (Art 49 B-VG), wonach Gesetze regelmäßig ohne Übergangsregelung mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten. Von einem dadurch bewirkten "übermäßigen Eigentumseingriff" kann im Hinblick auf die schon erwähnte vergleichsweise geringfügige Bedeutung der Ausstellungsvergütung für den einzelnen betroffenen bildenden Künstler nicht gesprochen werden. Dass der Klägerin als Verwertungsgesellschaft gewisse Aufwendungen entstanden sind und ihre Hoffnung, die einmal erreichte Regelung ungeachtet des anhaltenden Widerstands aufrecht erhalten zu können bzw ihre Abschaffung zu verhindern, enttäuscht worden ist, begründet im Hinblick auf die im Vorfeld der Gesetzgebung stets zu beachtenden Unsicherheiten darüber, welche Interessengruppe(n) sich letztlich mehr oder weniger durchzusetzen vermag, keine Rechtfertigung für den von der Klägerin angestrebten Vertrauensschutz.

Schließlich versucht die Revisionswerberin die von ihr bekämpfte Abschaffung der Ausstellungsvergütung als unzulässigen Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Erwerbsfreiheit darzustellen. Sie anerkennt zwar den vom Verfassungsgerichtshof seiner Rsp zugrunde gelegten weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum, wenn es um Fragen einer "Erwerbsmodalität" geht (im Vergleich zur Errichtung von Antrittsschranken oder Abschaffung eines Berufsbilds), lässt aber unberücksichtigt, dass eine derartige Beschränkung gerechtfertigt ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat ist und auch sonst sachlich gerechtfertigt werden kann (Mayr aaO Anm I.2 zu Art 6 StGG mwN; RIS-Justiz RS0072928, zuletzt SZ 74/10). Im Hinblick auf die zum öffentlichen Interesse an der Aufhebung der Ausstellungsvergütung, zu ihrer sachlichen Rechtfertigung und relativen Geringfügigkeit des damit verbundenen Eingriffs oben gemachten Ausführungen besteht auch unter dem Blickwinkel der Freiheit der Erwerbsausübung kein Anlass, den Eingriff als verfassungswidrig anzusehen.

Der insgesamt unberechtigten Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

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