Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.247,20 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 2.041,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Begründung
Die Beklagte, eine im Jahr 1988 gegründete Handelsgesellschaft, befaßt sich vorwiegend mit der Entwicklung, Vermarktung und dem Verkauf orthopädischer Implantate. Sie entwickelte nach eigener Idee bei Übernahme des wirtschaftlichen und finanziellen Risikos unter Mithilfe einschlägiger Chirurgen und Techniker ein Hüftprothesensystem (bestehend aus Schaft, Pfanne und Einsatz) samt dazugehörigem Operationsinstrumentarium. Die Produktion einzelner Systemteile - und zwar des Schaftes, der Pfanne und von Teilen des Operationsinstrumentariums - übertrug sie der Klägerin. In der von den Streitteilen geschlossenen "Grundsatzvereinbarung" vom 26.9.1988 wurde festgelegt:
"1. Wir (= die Beklagte) übertragen Ihnen (der Klägerin) die Fertigung von orthopädischen Implantaten bzw. Komponenten und übergeben Ihnen zu diesem Zweck alle für die Produktion erforderlichen Unterlagen und Informationen (techn. Zeichn ungen u. ä.) zur vertraulichen Verwendung ausschließlich in Ihrem Unternehmen.
2. Soweit diese Implantate und Komponenten in Ihrem Betrieb hergestellt werden können, sichern wir Ihnen das alleinige Produktionsrecht zu. Wir behalten uns jedoch das Recht vor, spezielle und dem Stand der Medizintechnik entsprechende Produktionsschritte, wie Beschichtung u.ä. außerhalb Ihres Unternehmens auf unsere Rechnung durchführen zu lassen.
3. Als Auftragnehmer sichern Sie uns verbindlich zu, auf dem Gebiet der orthopädischen Implantate ausschließlich für unser Unternehmen tätig zu sein, für die Produktion erforderliche Lizenzverträge zu beachten und diese nötigenfalls zum Schutz des jeweiligen Lizenzgebers allein oder gemeinsam mit uns zu unterfertigen.
4. Nähere Details werden in einer Liefervereinbarung festgelegt."
Die im April 1989 von der Klägerin schriftlich formulierte "Liefervereinbarung" wurde nicht zum Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Streitteilen, weil sich die Beklagte nicht zu der von der Klägerin verlangten verbindlichen Zusage bestimmter Abnahmemengen bereit fand und sich insbesondere dagegen wandte, zur Absicherung einer bestimmten Abnahmemenge eine Bankgarantie über S 10,000.000 abzugeben. Liefervereinbarungen wurden daraufhin jeweils mündlich abgesprochen; dabei ging es im wesentlichen um die Produktionskosten und die Zahlungsmodalitäten.
In der Folge nahm die Klägerin die ihr von der Beklagten übertragene Produktion auf. Zunächst hielt sie sich dabei korrekt an die mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen. 1991 mußte die Beklagte jedoch in Erfahrung bringen, daß sich die Klägerin offenbar vertragswidrig verhielt. Sie erlangte Kenntnis davon, daß die Klägerin vertrauliche Unterlagen an ein Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland weitergegeben hatte. Die Beklagte beschwerte sich darüber schriftlich bei der Klägerin, deren Vorgangsweise sie ihr als groben Vertrauensbruch ankreidete. Darüber hinaus erfuhr die Beklagte, daß die Klägerin in einer Fachzeitschrift und in einem Firmenprospekt Werbung für das Produkt der Beklagten betrieb. Im Frühjahr 1992 wurde der Beklagten bekannt, daß die Klägerin seit einiger Zeit im Auftrag eines Konkurrenzunternehmens (Firma Pan-Titan) ebenfalls Implantatteile erzeugt.
Kurz nachdem die Klägerin die ihr von der Beklagten übertragene Produktion der Hüftimplantate aufgenommen hatte, begann die Beklagte Überlegungen darüber anzustellen, was für den Fall geschehen sollte, daß die Klägerin aus irgendeinem Grund nicht (mehr) in der Lage oder bereit sein sollte, für die Beklagte zu produzieren. Sie zog dabei die lange Anlaufphase von der Entwicklung bis zur Produktionsreife in Betracht und erwog auch die Gefahr, mangels verfügbarer Ware in einem solchen Fall den bereits eroberten Markt wieder zu verlieren. Auf Grund dieser Erwägungen kam sie zu der Erkenntnis, daß sie für einen derartigen Fall eine geeignete und entsprechende Vorsorge treffen müsse. Zu diesem Zweck nahm sie im Sommer 1989 mit der Anton P***** KG, G*****, Verbindung auf und beauftragte Ing.Reinhard K***** zu erkunden, ob und wie weit diese Gesellschaft auf Grund ihrer technischen Ausstattung und ihres Wissens in der Lage sei, Implantantteile für die Beklagte zu erzeugen. Nach mehrfachen Besprechungen und verschiedenen Probeversuchen, die sich bis gegen Ende Dezember 1989 hinzogen, zeigte sich, daß die Anton P***** KG in der Lage war, Implantantteile für die Beklagte zu produzieren. Da es schon im ersten Produktionsjahr (1989) des öfteren zu teils erheblichen Lieferverzögerungen durch die Klägerin gekommen war, immer wieder Qualitätsmängel aufgetreten waren, so daß die Beklagte gegenüber ihren Kunden in Terminschwierigkeiten geriet, und diese Unzukömmlichkeiten auch noch 1990 andauerten und außerdem die Preisgestaltung zunehmend Schwierigkeiten bereitete, ging die Beklagte ab dem Sommer des Jahres 1990 sukzessive dazu über, die Fertigung von Implantantteilen der Anton P***** KG zu übertragen. In weiterer Folge geschah dies dann im zunehmenden Maß und führte letztlich dazu, daß die Beklagte nun diese Implantatteile ausschließlich durch die Anton P***** KG produzieren läßt. Zum letzten Mal bestellte die Beklagte bei der Klägerin etwa Mitte des Jahres 1991. Die Beklagte hatte die Klägerin nicht davon unterrichtet, daß sie neben ihr auch ein anderes Unternehmen mit der Herstellung von Implantatteilen beauftragt hat.
Zu 3 Cg 172/92 des Erstgerichtes erhob die nunmehrige Beklagte gegen die Klägerin des vorliegenden Verfahrens Klage auf Unterlassung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen in bezug auf die von der (hiesigen) Beklagten entwickelten und vertriebenen Hüftimplantatteile, im besonderen auf Unterlassung fälschlicher Angaben über die betriebliche Herkunft dieser Teile sowie jeder Art der Werbung für diese Teile durch die Klägerin. Gleichzeitig beantragte sie zur Sicherung dieses Unterlassungsbegehrens eine inhaltsgleiche einstweilige Verfügung. Das Erstgericht gab diesem Sicherungsantrag mit Beschluß vom 2.10.1992 statt. Dabei nahm es als bescheinigt an, daß die (nunmehrige) Klägerin dadurch gegen vertragliche Abmachungen mit der Beklagten verstoßen hatte, daß sie, obgleich der Beklagten exklusiv verpflichtet, an der Herstellung eines Konkurrenzproduktes mitgewirkt und außerdem mit den von der Beklagten entwickelten und vertriebenen Implantatteilen Werbung betrieben hatte; damit habe sie gleichzeitig gegen §§ 1 und 2 UWG verstoßen. Dem dagegen von der (nunmehrigen) Klägerin erhobenen Rekurs gab das OLG Graz mit Beschluß vom 28.1.1993, 6 R 248/92-16, nicht Folge. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 23.3.1993, 4 Ob 1020/93, zurückgewiesen.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit ihrer Auftragserteilung an die Anton P***** KG den Vertrag mit der Klägerin breche, wodurch dieser ein höchstwahrscheinlich unerstzlicher Vermögensnachteil entstehe, begehrt die Klägerin - gestützt auf "jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auch auf das UWG" - zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, Implantate und Komponenten - soweit sie von der Klägerin hergestellt werden können, insbesondere also Schäfte, Pfannen und Pfanneneinsätze aus Titan für ein Hüftgelenkssystem - von anderen Unternehmen, insbesondere der P***** KG, herstellen zu lassen.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie sei nach wie vor bereit, der Klägerin entsprechend der Grundsatzvereinbarung vom 26.9.1988 die Produktion orthopädischer Implantate und Komponenten zu übertragen. Die Klägerin habe jedoch immer wieder gegen diese Vereinbarung verstoßen und schwerwiegende Vertrags- und Vertrauensverletzungen begangen. Bis zur Wiederherstellung des verlorenen Vertrauens sehe sich die Beklagte außerstande, die Klägerin mit der Produktion von Systemteilen zu betrauen. Sie sei zur Abdeckung ihrer kostenintensiven innovativen Investitionen und zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Abnehmern zur weiteren Produktion von Implantatteilen auf andere als die derzeit vertrauensunwürdige Klägerin angewiesen und daher jedenfalls derzeit zur Suspendierung ihrer vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin berechtigt. Von einem schweren wirtschaftlichen Schaden der Klägerin könne keine Rede sein, könne doch diese auch weiterhin zahlreiche andere technische Produkte fertigen und vertreiben, nur eben nicht Implantatteile.
Der Erstrichter gab dem Sicherungsantrag statt. Die Beklagte habe entgegen der vertraglichen Zusicherung vom 26.9.1988 heimlich, ohne die Klägerin zu unterrichten oder mit ihr das Einvernehmen herzustellen, die Produktion von Implantatteilen nachträglich der Anton P***** KG übertragen und der Klägerin schon seit längerer Zeit überhaupt keinen Produktionsauftrag erteilt, obwohl die Klägerin nach der ausdrücklichen Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten grundsätzlich durchaus in der Lage sei, dem Stand der Medizintechnik entsprechende Produkte zu fertigen. Die Klägerin könne sich auf ein vertragliches Konkurrenzverbot berufen und daraus einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch ableiten. Daneben bestehe aber auch ein Anspruch nach dem UWG. Zwar sei nicht jede Vertragsverletzung im Wettbewerb zugleich sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG; ein die Sittenwidrigkeit begründendes Unlauterkeitselement erblicke aber die Rechtsprechung neben dem wettbewerbsbeschränkenden Charakter des Vertrages auch darin, daß sich der Vertragsbrüchige gegenüber dem Mitbewerber Vorteile verschafft, sofern dadurch das Vertrauen des Vertragspartners und damit die Grundlage jedes Verkehrs erschüttert wird. Die Vorgangsweise der Beklagten müsse als vertragswidrig und unlauter gewertet werden. Mit den Vertragsverletzungen der Klägerin könne die Beklagte ihr Verhalten nicht rechtfertigen. Ihr müsse vor Augen geführt werden, daß sie selbst ihren Vertragspartner wegen Vertragsverletzungen geklagt habe. Da sie exklusiv an die Klägerin gebunden und diese auch in der Lage und bereit sei, die Produkte herzustellen, sei die Beklagte keineswegs befugt gewesen, unter Mißachtung ihrer freiwillig übernommenen Rechtspflicht die Produktion der Implantatteile ausschließlich einem Konkurrenzunternehmen der Klägerin zu übertragen. Dazu wäre sie nur berechtigt gewesen, wenn sie vorher das Einvernehmen mit der Klägerin gesucht und hergestellt hätte. Die festgestellten Unzukömmlichkeiten auf der Seite der Klägerin rechtfertigten die eigenmächtige Vorgangsweise der Beklagten nicht. Dadurch, daß die Beklagte bei einem Konkurrenzunternehmen produzieren läßt, habe sie sich einen Vorteil verschafft; außerdem fördere sie dadurch den Wettbewerb der P***** KG, einer Konkurrentin der Klägerin. Daß das im übrigen auch mit einer Förderung des eigenen Absatzes und somit des eigenen Wettbewerbes verbunden ist, sei offenkundig und bedürfe keiner weiteren Begründung.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Behauptung der Klägerin, ihr bisher erlittener Umsatzausfall verursache einen schweren wirtschaftlichen Schaden, der mit höchster Wahrscheinlichkeit von der Beklagten nicht hereingebracht werden könne, lasse im Hinblick auf die Nichtanführung der ohne Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung zu erwartenden konkreten Schadenshöhe und mangels einer näheren Begründung, warum schon die Größe des Unternehmens der Beklagten für deren begrenzte Zahlungsunfähigkeit spreche, nicht verläßlich auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 381 Z 2 EO schließen. Der Sicherungsanspruch könne daher nur unter der Voraussetzung berechtigt sein, daß der zu sichernde Hauptanspruch auch aus den Bestimmungen des UWG abzuleiten wäre; davon könne jedoch nicht gesprochen werden:
§ 1 UWG setze ein "Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs" voraus. In objektiver Hinsicht erfordere eine Wettbewerbshandlung das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses. Ein solches liege hier nicht vor, weil als Gegenstand des Unternehmens der Beklagten vorwiegend die Entwicklung, die Vermarktung und der Verkauf orthopädischer Implantate anzusehen sei und sich keine Anhaltspunkte dafür ergäben, daß die Klägerin neben ihrer für die Beklagte entfalteten Produktionstätigkeit in Beziehung auf Implantate ähnliche Geschäftszweige wie die Klägerin betreibe. Freilich würde es auch genügen, daß die Beklagte in der Absicht gehandelt hätte, einen fremden Wettbewerber - die P***** KG - zum Nachteil der Klägerin zu fördern. Eine solche Absicht der Beklagten habe jedoch die Klägerin nicht behauptet. Soweit das Erstgericht eine solche Wettbewerbsabsicht annehme, sei diese Tatsachenfeststellung als überschießend unbeachtlich. Im übrigen würde eine allfällige Wettbewerbsabsicht gegenüber den vom Erstgericht festgestellten Beweggründen der Beklagten für ihr vertragswidriges Verhalten so weit in den Hintergrund treten, daß sie zu vernachlässigen wäre.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Mit Recht hat das Rekursgericht ausgeführt, daß dem Sicherungsantrag des Erstgerichtes, soweit der geltend gemachte Anspruch allein aus der Vertragsverletzung abgeleitet wird, nicht stattgegeben werden kann, weil die Klägerin ihre Gefährdung im Sinne des § 381 Z 2 EO - auf § 381 Z 1 EO hat sie sich zutreffend gar nicht berufen - nicht schlüssig behauptet, geschweige denn bescheinigt hat. Sie hat in erster Instanz behauptet, daß mit der Beklagten bestimmte Liefermengen vereinbart worden seien; demgegenüber habe die Beklagte um 1.949 Implantatteilsätze zu wenig bestellt, so daß ihr ein Umsatz von S 9,264.571,50 entgangen sei (S. 7). Demgegenüber hat aber das Erstgericht festgestellt, daß sich die Beklagte zur Abnahme bestimmter Mengen nicht verpflichtet hatte (S. 87). Schon aus diesem Grund hat daher die Klägerin den geltend gemachten Vermögensnachteil nicht bescheinigt. Ganz abgesehen davon, daß im übrigen der entgangene Umsatz keineswegs mit dem Schaden der Klägerin gleichgesetzt werden kann, da die Produktion auch für die Klägerin mit Kosten verbunden ist, die sie sich bei Unterbleiben der Aufträge der Beklagten spart, sind aber die in der Vergangenheit entstandenen Verluste nicht maßgebend. (Mit Recht hat deshalb die Klägerin in erster Instanz ihren Investitionsaufwand nicht zur Begründung der Gefährdung herangezogen.) Für die Beurteilung des unwiederbringlichen Schadens im Sinn des § 381 Z 2 EO kommt es nur darauf an, welchen Schaden die Klägerin erleiden würde, wenn die beantragte einstweilige Verfügung nicht erlassen wird. Welche Nachteile die Klägerin dadurch zu erleiden droht, daß die Beklagte mangels Erlassung der einstweiligen Verfügung auch weiterhin der Anton P***** KG Produktionsaufträge erteilt, wurde weder vorgebracht noch bescheinigt. Die Klägerin hat auch nicht schlüssig begründet, aus welchem Grund die Beklagte nicht in der Lage sein sollte, einen etwaigen Schadenersatz wegen Vertragsverletzung zu leisten. Daß ein "Kleinunternehmen mit vier Mitarbeitern" dazu keinesfalls in der Lage sein könnte, trifft nicht zu. Soweit im Revisionsrekurs gemeint wird, die Beklagte müßte jährlich S 10,000.000 ersetzen, entfernt sich die Klägerin damit von ihrem Vorbringen in erster Instanz; im übrigen geht sie auch hier wieder zu Unrecht davon aus, daß ihr Schaden dem entgangenen Umsatz entspreche.
Dem Sicherungsantrag könnte daher nur dann ein Erfolg beschieden sein, wenn der gleichfalls geltend gemachte Rechtsgrund eines Verstoßes gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) zu bejahen und demnach § 24 UWG anzuwenden wäre. Das trifft aber nicht zu:
Nach Lehre (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 83; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 219; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 660 f Rz 694 f zu § 1 dUWG) und ständiger Rechtsprechung (SZ 34/22; ÖBl 1955, 53; ÖBl 1972, 93; ÖBl 1972, 149; ÖBl 1980, 65 ua) gibt eine bloße Vertragsverletzung allein grundsätzlich noch keinen Anspruch nach den Bestimmungen des UWG; ein solcher ist nur dann zu bejahen, wenn zur Vertragsverletzung besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt. Jede vertragliche Verpflichtung zu einer Leistung zwingt nämlich rechtlich zur Vertragserfüllung. Selbst wenn die Erfüllung aus sittlich verwerflichen Gründen - etwa aus reiner Leichtfertigkeit oder Bosheit - unterbleibt, liegt eine sittenwidrige oder unerlaubte Handlung im Sinne des Privatrechtes regelmäßig nicht vor, hätte es doch sonst keiner Regelung der Folgen der Nichterfüllung bedurft. Eine gegen § 1 UWG verstoßende Wettbewerbshandlung ist hingegen eine unerlaubte Handlung im weiteren Sinne und setzt als solche die widerrechtliche Verletzung einer außervertraglichen, sich aus der Sozialordnung ergebenden allgemeinen Rechtspflicht voraus; diese kann sich nicht schon aus einem Vertrag ergeben, dessen obligatorische Wirkungen sich ja auf die Vertragspartner beschränken (Baumbach-Hefermehl aaO).
Sittenwidrigkeit ist im Zusammenhang mit einer Vertragsverletzung jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Wettbewerbshandlung als solche unabhängig von der Vertragsverletzung gegen die guten Sitten verstößt (ÖBl 1955, 53; ÖBl 1972, 149). Sittenwidrigkeit wurde insbesondere dann angenommen, wenn sich die verletzte Vertragsverpflichtung unmittelbar auf eine Regelung des Wettbewerbes (zwischen den Vertragsteilen) bezieht und diese in der Absicht verletzt wird, dem Gegner gegenüber einen Vorteil zu erlangen, der die Wettbewerbslage planmäßig in rechtswidriger Weise verändert; in einem solchen Fall würde mit dem Vertrauen in bestehende Bindungen eine wesentliche Grundlage jeden Geschäftsverkehrs erschüttert (Hohenecker-Friedl aaO;
Baumbach-Hefermehl aaO 661 Rz 695; SZ 24/150; SZ 34/22; ÖBl 1980, 65;
MR 1988, 203 ua). So wurde als unzulässig gewertet, daß sich ein vertraglich auf ein bestimmtes Gebiet beschränkter Händler dennoch um Aufträge in einem Gebiet bemüht, für das der Hersteller einem anderen Händler ein Alleinvertriebsrecht eingeräumt hat (ÖBl 1980, 6), aber auch das Verhalten des Mieters eines Geschäftslokals, der sich beim Abschluß des Mietvertrages gegenüber dem Vermieter verpflichtet hat, in dem Lokal nur ein ganz bestimmtes Gewerbe zu betreiben, dann aber in Kenntnis des Umstandes, daß diese Verpflichtung dem Schutz eines im selben Haus tätigen Mitbewerbers gegen Konkurrenzierung dienen sollte, seine Vertragspflicht verletzt (ÖBl 1972, 93), oder wenn ein Wettbewerbsverbot "planmäßig" übertreten wird (ÖBl 1980, 71). Ein Unternehmer, der sich verpflichtet hat, bestimmte Erzeugnisse nicht selbständig zu vertreiben, sondern nur für seine Vertragspartner herzustellen, verstößt durch eine Verletzung gerade dieser Vertragspflicht gegen § 1 UWG (SZ 24/150; MR 1988, 203).
Auch ein Vertragsbruch ist - ebenso wie die Mißachtung einer gesetzlichen Vorschrift - nur dann als sittenwidrig anzusehen, wenn eine subjektiv vorwerfbare, also zumindest fahrlässige, Verletzung rechtlicher Bindungen vorliegt (MR 1988, 203).
Wendet man diese Grundsätze auf den hier zu beurteilenden Fall an, dann kann das Verhalten der Beklagten nicht als sittenwidrig angesehen werden. Die Verletzung der Verpflichtung, ausschließlich der Klägerin den Auftrag zur Produktion bestimmter Implantatteile zu erteilen, bedeutet - entgegen der offenbar vom Erstrichter vertretenen Auffassung (S. 95 f) - nicht den Bruch eines wettbewerbsbeschränkenden Vertrages in der Absicht, sich gegenüber dem Mitbewerber Vorteile zu verschaffen. Mit der Grundsatzvereinbarung zwischen den Parteien wurde ja nicht der Wettbewerb zwischen ihnen geregelt; die Beklagte stand auch nicht im Wettbewerb mit der Klägerin, sondern wollte vielmehr mit dieser zusammenarbeiten. Aus welchem Grund der Bruch des Vertrages mit einem beauftragten Werkunternehmer schon an sich sittenwidrig sein sollte, ist nicht zu sehen. Auch kann nicht gesagt werden, daß sich die Beklagte durch das Hinwegsetzen über die Ausschließlichkeitsvereinbarung mit der Klägerin einen Vorsprung gegenüber anderen Mitbewerbern, die ihre Verpflichtungen gegenüber den eigenen Vertragspartnern genau einhalten, erlangen würde.
Dazu kommt noch, daß im Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen wesentliche Spannungen aufgetreten sind, die Klägerin ihrerseits sich vertragswidrig verhalten hatte, darüber hinaus öfters mit den Lieferungen in erheblichem Verzug war und immer wieder mangelhafte Produkte geliefert hatte (S. 91). Wenn die Beklagte bei dieser Sachlage ohne Rücksicht auf die Grundsatzvereinbarung mit der Klägerin einen anderen Partner gesucht hat, dann verstößt dies nicht gegen die Grundsätze des Leistungswettbewerbes und damit nicht gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (vgl Baumbach-Hefermehl aaO 130 Rz 70 EinlUWG und 142 Rz 105 EinlUWG).
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist daher, soweit er auf das UWG gegründet ist, zu verneinen, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit der im Revisionsrekurs aufgeworfenen Frage bedürfte, ob die Parteien im Hinblick auf ihren Unternehmensgegenstand an sich Mitbewerber sind.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50, 52 ZPO.
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