OGH 4Nc21/20f

OGH4Nc21/20f9.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte  Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka als weitere Richter in der beim Handelsgericht Wien zu AZ 11 Cg 54/20h anhängigen Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei M***** W*****, vertreten durch Prof. Dr. Johannes Hintermayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Feststellung (Gesamtstreitwert 50.000 EUR), über den Delegierungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040NC00021.20F.0909.000

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Handelsgerichts Wien das Landesgericht Linz bestimmt.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Äußerung im Delegierungsverfahren selbst zu tragen.

Die Kosten des von der beklagten Partei im Delegierungsverfahren eingebrachten Schriftsatzes (Klagebeantwortung) sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Mit ihrer beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage macht die Klägerin geltend, der Beklagte habe die Nutzungsrechte einer ihm gehörenden Marke vertraglich ausschließlich ihr eingeräumt sowie sich zu einem Veräußerungsverbot verpflichtet. Nunmehr drohe der Beklagte aber, die Marke zu veräußern. Dies habe er zu unterlassen; die Klägerin habe zudem ein Interesse an der außerdem begehrten Feststellung des ausschließlichen, uneingeschränkten, zeitlich unbegrenzten und unkündbaren Nutzungsrechts sowie eines Veräußerungsverbots. Sie stützt die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auf § 51 Abs 2 Z 9 und § 53 JN.

Der Beklagte beantragte, die Rechtssache aus Gründen der Zweckmäßigkeit an das Landesgericht Linz zu delegieren, in dessen Sprengel sich die Parteien und die angebotenen Zeugen aufhielten. Ein ausschließlicher Gerichtsstand stehe einer Delegation nicht entgegen.

Die Klägerin bestritt die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegation und sprach sich dagegen aus. Eine Delegation sei auch wegen § 56a MSchG nicht zulässig. Das Landesgericht Linz sei kein Gericht gleicher Gattung.

Das Handelsgericht Wien sprach sich für eine Delegation aus.

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Eine Delegierung gemäß § 31 JN ist im Allgemeinen dann zweckmäßig, wenn sie zur Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit beitragen kann (vgl

RIS‑Justiz RS0046333 [T1]). Zweckmäßigkeitsgründe sind vor allem der Wohnort (Sitz) der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RS0046540; RS0053169 [T12]), zumal wenn sich zumindest eine Partei und die überwiegende Anzahl der Zeugen im Sprengel des anderen Gerichts befinden oder wenn sonstige Beweise im Sprengel dieses Gerichts aufzunehmen sind (vgl 2 Nc 25/06h).

Auch das Vorliegen eines ausschließlichen Gerichtsstands steht einer Delegierung nach § 31 Abs 1 JN grundsätzlich nicht entgegen (RS0118186, RS0115832; Mayr in Rechberger/Klicka https://360.lexisnexis.at/d/kommentar/zu_31_jn_mayr/j_41560_003050_41560_Rechberger_ZPO5_JN_71d4d6f649?origin=rl&searchId=202009080353585 https://360.lexisnexis.at/d/kommentar/zu_31_jn_mayr/j_41560_003050_41560_Rechberger_ZPO5_JN_71d4d6f649?origin=rl&searchId=202009080353585 [2019] § 31 JN Rz 1; vgl

Schneider in Fasching/Konecny https://rdb.manz.at/document/1158_jn_p0031?execution=e1s1&highlight= § 31 jn § 31 JN [2013] Rz 14), wenn auch in solchen Fällen eine besonders sorgfältige Prüfung der Zweckmäßigkeitsgründe geboten ist (4 Nc 18/15g; Mayr aaO).

Hier fällt die Zweckmäßigkeitsprüfung eindeutig zu Gunsten einer Gerichtstätigkeit in Linz aus: Alle Parteien und Zeugen wohnen im Sprengel des Landesgerichts Linz (wo zudem auch beide Parteienvertreter ihren firmenbuchmäßigen Sitz haben). Auf die Frage, ob die von der Klägerin gegen die Delegierung ins Treffen geführten Zuständigkeitstatbestände für Streitigkeiten über die Verletzung gewerblicher Schutzrechte in Bezug auf die hier strittige, als Vertrag sui generis aufzufassende Lizenzvereinbarung (RS0038161 [T1]; vgl auch 4 Ob 90/09b) vorliegen, kommt es daher nicht weiter an.

Dem Delegierungsantrag war daher stattzugeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Beteiligung am Delegierungsverfahren selbst zu tragen. Der Beklagte hat zwar in diesem Zwischenstreit obsiegt; sein mit der Klagebeantwortung verbundener Delegierungsantrag enthält aber auch Vorbringen zur Sache und ist daher im

Hauptverfahren verwertbar, was eine Honorierung im Zwischenstreit ausschließt (

RS0036025 [T2, T5]).

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