European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00096.22X.0622.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Das für den Vertragsabschluss notwendige Wissen oder Wissenmüssen des Machthabers wirkt auf den Machtgeber zurück (RS0019523). Der Vollmachtgeber muss sich daher das Wissen des beauftragten Bevollmächtigten zurechnen lassen, soweit sich dieses Wissen auf den ihm übertragenen Rechtskreis erstreckt (RS0019518). In diesem Sinn muss sich der Machtgeber als Erwerber eines lastenfreien Liegenschaftsanteils die Schlechtgläubigkeit des ihn beim Vertragsabschluss und bei der Verbücherung seines Eigentumsrechts vertretenden Machthabers (konkret: dessen Kenntnis von einer mittels Vergleichs begründeten Verpflichtung seiner Vertragspartnerin, einen Teil der Liegenschaft an einen Dritten zu übertragen) zurechnen lassen (5 Ob 236/06a). Hingegen ist das Wissen des Vertragserrichters jener Vertragspartei, die diesen nur mit der Vertragserrichtung und nicht auch mit ihrer Vertretung beauftragt hat, nicht zurechenbar (4 Ob 238/19g).
[2] 2. Von diesen – entgegen der Ansicht des Klägers sehr wohl miteinander in Einklang zu bringenden – Entscheidungen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen, indem sie davon ausgingen, dass sich die Beklagten, die bei Abschluss des Kaufvertrags über die Liegenschaften von der seinerzeit dem Kläger eingeräumten Kaufoption unstrittig selbst keine Kenntnis hatten, das Wissen des – mit der Abwicklung der Verlassenschaft nach dem vormaligen Liegenschaftseigentümer beauftragten – Rechtsanwalts als Vertragserrichter nicht zurechnen lassen müssen: Die Beklagten stimmten zwar der Vertragserrichtung durch diesen Rechtsanwalt zu, waren aber bei Abschluss des Kaufvertrags gerade nicht durch ihn vertreten, sondern handelten den Vertrag vielmehr mit ihm als Vertreter der Verkäuferseite aus. Dass der Vertragserrichter in dem von ihm verfassten Kaufvertrag auch von den Beklagten ermächtigt wurde, allfällige zur grundbücherlichen Durchführung erforderliche Verbesserungen dieses Vertrags vorzunehmen, macht ihn nicht zum Machthaber der Beklagten bei Vertragsabschluss.
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