OGH 3Ob94/91 (3Ob95/91)

OGH3Ob94/91 (3Ob95/91)13.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei N*****, vertreten durch Dr.Georg Kahlig, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Parteien 1.) Sch***** Gesellschaft mbH & Co KG und 2.) Sch***** Gesellschaft mbH, beide *****, vertreten durch Dr.Fritz Czerwenka und Partner Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen 3,500.000 S sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 10. Juli 1991, GZ 46 R 736-737/91-23, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 19.Februar 1991, GZ 12 E 1190/91-3, und vom 15.April 1991, GZ 12 E 1190/91-14, abgeändert wurden, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichteten Parteien haben die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Handelsgericht Wien bewilligte der betreibenden Partei gegen die verpflichteten Parteien gemäß § 371a EO zur Sicherstellung der Forderung von 3,500.000 S sA die Exekution durch Pfändung beweglicher körperlicher Sachen und der im § 296 EO angeführten Papiere und Einlagebücher sowie durch Pfändung von Forderungen der verpflichteten Parteien gegen drei Drittschuldner. Nach dem Eintritt der Rechtskraft des den Exekutionstitel bildenden Urteils bewilligte das Handelsgericht Wien der betreibenden Partei gegen die verpflichteten Parteien nunmehr zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 3,500.000 S sA - unrichtig (vgl MGA EO12 § 374/25 ff) neuerlich - die Exekution "durch Verwahrung und Verkauf der zu pfändenden, in der Gewahrsame der verpflichteten Parteien......befindlichen beweglichen Sachen und der im § 296 EO angeführten Papiere und Einlagebücher" und behielte die Entscheidung über die ebenfalls beantragte Überweisung der "gepfändeten bzw zu pfändenden" Forderungen der verpflichteten Parteien gegen die schon in der ersten Exekutionsbewilligung genannten Drittschuldner dem Erstgericht vor, das sie bewilligte.

Die erstverpflichtete Partei brachte gegen die betreibende Partei beim Handelsgericht Wien eine Klage auf Zahlung von 3,879.007 S sA als Schadenersatz ein. In einer nach Erlassung der beiden angeführten Exekutionsbewilligungen ergangenen einstweiligen Verfügung verbot das Handelsgericht Wien der betreibenden Partei zur Sicherung der eingeklagten Forderung, gegen die erstverpflichtete Partei Forderungen aus dem den Exekutionstitel bildenden Urteil "exekutionsweise oder wie auch sonst immer geltend zu machen". Es trug der erstverpflichteten Partei für alle der betreibenden Partei durch die einstweilige Verfügung drohenden Nachteile eine Sicherheitsleistung von 2 Millionen Schilling auf und sprach aus, daß die einstweilige Verfügung der betreibenden Partei erst nach dem Erlag der Sicherheit zugestellt und das Verbot zu diesem Zeitpunkt wirksam werde. Die einstweilige Verfügung wurde bis zum Eintritt der Rechtskraft des über die von der erstverpflichteten Partei eingebrachte Klage ergehenden Urteils erlassen. In einer weiteren einstweiligen Verfügung erließ das Handelsgericht Wien ein gleichartiges Verbot zugunsten der zweitverpflichteten Partei, gegen eine Sicherheitsleistung von 1 Million Schilling, wobei es zur Wirksamkeit des Verbotes ebenfalls den wiedergegebenen, schon in der ersten Verfügung enthaltenen Ausspruch für den Betrag von 1 Million Schilling traf.

Die verpflichteten Parteien stellten unter Hinweis auf die angeführten einstweiligen Verfügungen in zwei gesonderten Schriftsätzen jeweils den Antrag, "das gegenständliche Exekutionsverfahren" bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der erstverpflichteten Partei eingebrachten Klage aufzuschieben. Den Aufschiebungsanträgen lagen Ablichtungen der einstweiligen Verfügungen und von Bankgarantien über 2 Millionen Schilling und 1 Million Schilling bei.

Das Erstgericht schob in zwei gesonderten Beschlüssen sowohl die Fahrnisexekution als auch die Forderungexekution zunächst gegenüber der erstverpflichteten Partei, in diesem Fall bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von ihr eingebrachten Klage, und dann auch gegenüber der zweitverpflichteten Partei, in diesem Fall für die Dauer des Bestandes der zu ihren Gunsten erlassenen einstweiligen Verfügung, jeweils ohne Auftrag zur Sicherheitsleistung auf. Es war rechtlich der Meinung, daß § 42 Abs 1 Z 5 EO sinngemäß anzuwenden sei, weil die Exekutionsführung durch die einstweiligen Verfügungen ausdrücklich für unzulässig erklärt werde. Im Hinblick auf die bereits erlegte Sicherheit sei eine weitere Sicherheitsleistung nicht notwendig.

Das Rekursgericht wies die Aufschiebungsanträge der verpflichteten Parteien infolge Rekurses der betreibenden Partei ab. Die einstweilige Verfügung könnte nicht in Analogie zu § 42 Abs 1 Z 1 EO gleich einer Klage auf Ungültig- oder Unwirksamerklärung oder auf Aufhebung des Exekutionstitels gewertet werden und es sei auch eine Analogie zum Aufschiebungstatbestand des § 42 Abs 1 Z 5 EO, nämlich zur Einbringung einer Klage nach § 35 oder § 36 EO, nicht zulässig. Auch die von der erstverpflichteten Partei eingebrachte Klage bilde keinen Aufschiebungsgrund, weil damit zwar die Ungültigkeit der Forderung, aber nicht jene des Exekutionstitels geltend gemacht werde.

Der von den verpflichteten Parteien gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennenden Senat vermag sich allerdings der vom Rekursgericht vertretenen Meinung nicht anzuschließen, daß kein Aufschiebungsgrund vorliege. Er hält zwar daran fest, daß die Aufschiebungsgründe im Gesetz erschöpfend aufgezählt sind (MietSlg 21.882, 27.729; SZ 51/48; RZ 1990/59 ua, zuletzt 3 Ob 14-16/91). Den Ausführungen im Revisionsrekurs kann bloß darin beigepflichtet werden, daß dies im Gesetzeswortlaut nicht unmittelbar (etwa durch Verwendung des Wortes "nur") zum Ausdruck kommt. Der von den verpflichteten Parteien gewünschte Auslegung steht aber entgegen, daß ein Widerstreit zwischen dem Interesse des betreibenden Gläubigers an der Fortführung der Exekution und dem Interesse der verpflichteten Partei an deren Stillstand besteht und daß es daher allein dem Gesetzgeber überlassen bleiben muß zu entscheiden und zu regeln, in welchen Fällen er dem Interesse der einen oder der anderen Partei mehr Rechnung trägt und daher die Aufschiebung vorsieht oder nicht. Dies erfordert die Annahme, daß die Aufschiebungsgründe im Gesetz erschöpfend aufgezählt sind.

Das Rekursgericht erkannte ferner auch richtig, daß die erschöpfende Aufzählung allein noch nicht die analoge Anwendung einzelner Aufschiebungstatbestände ausschließt. Zu fordern ist bloß, daß ein nicht genau in einen der beschriebenen Aufschiebungsgründe passender Sachverhalt in seiner Art und seinem Gewicht so beschaffen sein muß, daß alles für eine Gleichbehandlung spricht. Bei demonstrativer Aufzählung würde hingegen schon eine gewisse Ähnlichkeit mit einem im Gesetz angeführten Beispielsfall genügen (MietSlg 37.818; SZ 59/103; RZ 1990/59 ua).

Die angeführte Voraussetzung trifft hier aber entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes im Verhältnis zum Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 1 Z 1 EO zu. Nach dieser Gesetzesstelle ist die Exekution aufzuschieben, wenn eine Klage auf Ungültig- oder Unwirksamerklärung oder auf Aufhebung eines der im § 1 EO angeführten, einer bewilligten Exekution zugrundeliegende Exekutionstitels erhoben wird. Diesem Tatbestand ist es sowohl der Art nach als auch an Gewicht gleichzuhalten, wenn zwar nicht der eingeklagte Anspruch und damit die Klage selbst zur Beseitigung des Exekutionstitels führt, wenn der Anspruch aber durch eine einstweilige Verfügung gesichert wird, die im Ergebnis der (wenn auch möglicherweise nur vorübergehenden) Beseitigung des Exekutionstitels gleichkommt. Dabei ist hier nicht zu erörtern, ob die einstweiligen Verfügungen zu Recht erlassen wurden; solange sie nicht beseitigt sind, haben die im Exekutionsverfahren einschreitenden Gerichte von ihrem rechtmäßigen Bestand auszugehen. Ebensowenig ist es entgegen der von der betreibenden Partei in ihrem Rekurs vertretenen Auffassung eine Voraussetzung der Aufschiebung, daß die einstweiligen Verfügungen rechtskräftig sind, weil ein dagegen erhobener Rekurs - von dem hier jedoch nicht behaupteten Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 524 Abs 2 ZPO abgesehen - gemäß § 402 Abs 2 iVm § 67 Abs 1 EO auf den Vollzug und damit die Wirksamkeit ohne Einfluß ist (SZ 26/197; SZ 54/115).

Gemäß § 55 Abs 2 EO hat jedoch der Antragsteller des Exekutionsverfahrens alle für eine beantragte richterliche Entscheidung oder Verfügung wesentlichen Umstände zu beweisen. Der Aufschiebungswerber muß daher beweisen, daß der Aufschiebungsgrund, auf den er seinen Antrag stützt, vorliegt, sofern dies nicht akten- oder sonst offenkundig ist (§ 78 EO iVm § 269 ZPO). Dieser Forderung haben die verpflichteten Parteien nicht entsprochen. Die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügungen und damit das Vorliegen des Aufschiebungsgrundes hing nämlich davon ab, daß sie der betreibenden Partei zugestellt wurden. Die verpflichteten Parteien hätten die Zustellung daher beweisen müssen. Die Vorlage von Kopien der Bankgarantien reichte nicht aus. Abgesehen davon, daß damit nichts über die Zustellung der einstweiligen Verfügung gesagt wird, ist es allein Sache des die einstweilige Verfügung bewilligenden Gerichtes, ob es eine Bankgarantie als ausreichende Sicherheit ansieht und daher gemäß § 390 Abs 3 EO den Vollzug der einstweiligen Verfügung anordnet. Die - überdies nur im Antrag der zweitverpflichteten Partei - aufgestellte, aber nicht bewiesene Behauptung, die einstweilige Verfügung werde zugestellt werden, reicht nicht aus.

Es steht der beantragten Exekutionsaufschiebung somit schon entgegen, daß die verpflichteten Parteien den von ihnen geltend gemachten Aufschiebungsgrund nicht bewiesen haben. Unter diesen Umständen muß nicht erörtert werden, ob, wie die betreibende Partei in ihren Rekursen gegen die Beschlüsse des Erstgerichtes meint, die Aufschiebung auch deshalb nicht hätte bewilligt werden dürfen, weil die verpflichteten Parteien die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils nicht dargetan haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 52 ZPO.

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