Spruch:
1. Die Bezeichnung der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei wird in U***** AG richtiggestellt.
2. Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird in Ansehung der Zurückweisung der Nebenintervention ersatzlos aufgehoben.
Dem Berufungsgericht wird weiters die neuerliche Entscheidung über die Berufung der Nebenintervenientin unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Die klagende Partei lieferte und übergab durch ihren Geschäftsführer dem Beklagten gebrauchte Thermoglasfenster. Danach zerstörte der Geschäftsführer der klagenden Partei mit dem zur Lieferung verwendeten Lkw samt Anhänger im Zuge eines Wendemanövers die Fenster zur Gänze.
Die klagende Partei begehrte zunächst die Zahlung des im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreises von 93.600 S. Nach Zahlung von 44.410 S schränkte sie in der Folge das Klagebegehren auf 49.190 S = 3.574,78 EUR s.A. ein.
Nach dem Einspruch des Beklagten gegen den erstgerichtlichen Zahlungsbefehl verkündete die klagende Partei dem Haftpflichtversicherer ihres Lkws den Streit. In der Folge schloss sich diese Versicherungs AG dem Verfahren auf Seiten der klagenden Partei als Nebenintervenientin an; im Beitrittsschriftsatz wird auf die Frage des Interventionsinteresses nicht ausdrücklich Bezug genommen. Die Parteien stellten keine Anträge auf Zurückweisung der Nebenintervention.
Der Beklagte wendet im Wesentlichen als Gegenforderung aufrechnungsweise einen Schadenersatzanspruch in Höhe der Klageforderung ein, weil der Fahrer (Geschäftsführer) der klagenden Partei die gelieferten Fenster aufgrund Unachtsamkeit total zerstört habe.
Im zweiten Rechtsgang entschied das Erstgericht mit Urteil, dass sowohl die Klageforderung von restlichen 3.574,78 EUR als auch die Gegenforderung in derselben Höhe zu Recht bestehen und wies demnach das restliche Klagebegehren ab.
Gegen dieses Urteil erhob allein die Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei Berufung.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht sowohl die Nebenintervention als auch die Berufung als unzulässig zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 519 ZPO zulässig sei.
Die zweite Instanz vertrat die Auffassung, dass nach stRsp des Obersten Gerichtshofs eine Nebenintervention mangels Streitanhängigkeit der kompensando eingewendeten Gegenforderung zurückzuweisen sei, wenn sich das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten lediglich auf die Gegenforderung erstrecke. Dies sei hier der Fall. Das Fehlen dieser Voraussetzung des § 17 Abs 1 ZPO sei in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen, somit auch noch im Berufungsverfahren. Als prozessfremde Partei sei aber die Versicherungs AG zur Erhebung einer Berufung nicht legitimiert, weshalb auch ihre Berufung zurückzuweisen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen beide Entscheidungsteile der zweiten Instanz gerichtete Rekurs der Nebenintervenientin ist iS seines Eventualaufhebungsantrags berechtigt.
a) Aus Anlass des Rekurses ist zunächst die Bezeichnung der Nebenintervenientin richtigzustellen (§ 235 Abs 5 ZPO). Zur nunmehrigen Bezeichnung der Nebenintervenientin kam es durch Spaltung zur Aufnahme des maßgebenden Teils der früheren Nebenintervenientin (§ 1 Abs 2 Z 1 SpaltG), die zu einer Gesamtrechtsnachfolge auf die neue Gesellschaft führte (§ 14 Abs 2 Z 1 SpaltG).
b) Die Zurückweisung der Nebenintervention durch das Berufungsgericht ist nicht als im Berufungsverfahren ergehender Beschluss nach § 519 Abs 1 ZPO zu beurteilen, weshalb der Rekurs dagegen uneingeschränkt zulässig ist (SZ 33/58 = EvBl 1960/292; 6 Ob 598/94).
Im Ergebnis zu Recht macht die Nebenintervenientin geltend, das Gericht zweiter Instanz hätte ihre Nebenintervention nicht zurückweisen dürfen. Darauf, ob ihr iSd § 17 Abs 1 ZPO ein rechtliches Interesse wegen der in § 28 KHVG geregelten Rechtskrafterstreckung zuzubilligen sei, kommt es nämlich nicht an.
Gemäß § 18 Abs 2 erster Satz ZPO ist über Anträge der Prozessparteien auf Zurückweisung des Nebenintervenienten nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt wird, entspricht es einhelliger Auffassung von Rsp und Lehre, dass das Gericht, bei dem der Beitritt erklärt wird, vor Zustellung des Beitrittsschriftsatzes von Amts wegen die formellen Beitrittsvoraussetzungen zu prüfen hat (1 Ob 66/99h = EvBl 1999/148 = RdW 1999, 723 = RZ 1999/70 mwN; Schubert in Fasching² § 18 ZPO Rz 6; Fucik in Rechberger2 § 18 ZPO Rz 1). Einhelligkeit besteht in Rsp und Lehre darüber, dass im weiteren Verlauf des Verfahrens mangels eines Zurückweisungsantrags einer der Parteien nur mehr das Fehlen von Prozessvoraussetzungen (in Bezug auf den Nebenintervenienten), nicht aber das Fehlen des erforderlichen rechtlichen Interesses von Amts wegen wahrgenommen werden kann (ZAS 1990, 191 [Fink]; 6 Ob 598/94; Fasching, Lehrbuch2 Rz 401). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht weder von Amts wegen noch auf Antrag einer Partei auf Zurückweisung über die Zulässigkeit der Nebenintervention entschieden. Soweit nun das Berufungsgericht unter Berufung auf Schubert (aaO Rz 8) die Ansicht vertritt, es könne mit der Begründung, das rechtliche Interesse der Nebenintervenientin beruhe allein auf der Gegenforderung, auch noch in zweiter Instanz die Nebenintervention zurückweisen, kann ihm nicht gefolgt werden.
Derartiges ist auch der Kommentierung von Schubert nicht zu entnehmen, führt doch dieser unter Berufung auf die bereits zitierte E 1 Ob 66/99h ausdrücklich aus, dass zu jenen Voraussetzungen des § 17 Abs 1 ZPO, wegen derer die Nebenintervention in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zurückgewiesen werden könne, das Fehlen des Interventionsinteresses nicht zählt. Auf eine Prüfung dieses Interesses läuft es aber hinaus, wenn die zweite Instanz - gestützt auf Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs - seine Entscheidung damit begründet, dass sie das rechtliche Interesse der Nebenintervenientin lediglich auf die eingewendete Gegenforderung erstrecke. Zwar zählt zu den formellen Voraussetzungen einer Nebenintervention auch die Anhängigkeit eines Rechtsstreits zwischen anderen Personen, an einem solchen kann hier aber kein Zweifel bestehen. Dass tatsächlich die Nebenintervenientin mit ihrer Berufung nur die stattgebende Entscheidung über die eingewendete Gegenforderung bekämpft, ändert daran nichts, weil der Nebenintervenient nach § 19 Abs 1 ZPO berechtigt ist, zur Unterstützung seiner Hauptpartei alle Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und seine Prozesshandlungen für die Hauptpartei rechtlich wirksam sind, soweit sie nicht mit ihren eigenen im Widerspruch. Demnach kann der Nebenintervenient sowohl neben als auch anstelle der Hauptpartei Rechtsmittel ergreifen (Schubert aaO § 19 Rz 8 mwN). Da es mangels Antrags auf Zurückweisung sowohl dem Gericht erster als auch dem zweiter Instanz verwehrt ist, das Vorliegen des Interventionsinteresses zu prüfen (1 Ob 66/99h mwN), durfte das Berufungsgericht diesen allfälligen Mangel nicht mehr wahrnehmen. Selbst ein nach Einlassung der Parteien in die Hauptsache nicht mehr zulässiger Zurückweisungsantrag könnte daran nichts ändern; wie zu 1 Ob 66/99h dargelegt wurde, wäre ein solcher zurückzuweisen. Die bei Fasching1 (II 218 f) erwähnte Zurückweisung der Nebenintervention erst im Rechtsmittelverfahren bezieht sich nur auf den Fall, dass die Nebenintervention - anders als hier - erst im Rechtsmittelverfahren erklärt wird (3 Ob 569/82, 6 Ob 589/94).
Demnach ist in Stattgebung des Rekurses der Nebenintervenientin der ihren Beitritt zurückweisende Beschluss des Berufungsgerichts ersatzlos aufzuheben.
Daraus folgt auch schon die Berechtigung des gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässigen Rekurses gegen die Zurückweisung der Berufung, die ja allein mit der mangelnden Rechtsmittellegitimation der Nebenintervenientin begründet wurde. In diesem Punkt ist die Entscheidung der zweiten Instanz aufzuheben und dieser die neuerliche Entscheidung über die Berufung ohne Rücksicht auf den gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO.
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