OGH 6Ob598/94

OGH6Ob598/9430.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Josef Friedrich, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. K***** Handelsgesellschaft mbH & Co KG, ***** 2. K***** Handelsgesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr.Heimo Hofstätter, Rechtsanwalt in Graz und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Parteien P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Helmut Klementschitz, Rechtsanwalt in Graz, wegen 70.361,28 S sA., infolge des als "außerordentlichen Revisionsrekurses" bezeichneten Rekurses der Nebenintervenientin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7. April 1994, GZ 5 R 462/93-19, womit in Stattgebung eines Antrages der klagenden Partei die Nebenintervention zurückgewiesen und die Kostenentscheidung des Urteiles des Bezirksgerichtes Hartberg vom 29. September 1993, GZ 2 C 694/93v-12, in Ansehung der Nebenintervenientin abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rekurs der Nebenintervenientin wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der Nebenintervenientin die mit 4.871,04 S bestimmten Kosten (darin 811,84 S Umsatzsteuer) des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die P***** Gesellschaft mbH (im folgenden Nebenintervenientin) erklärte mit ihrem beiden Parteienvertretern gemäß § 112 ZPO direkt zugestellten Schriftsatz ON 4 ihren Beitritt auf Seite der beklagten Parteien. Im Verfahren erster Instanz stellte keine Partei einen Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention. Die klagende Partei ließ sich in die Verhandlung mit der Nebenintervenientin ein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und sprach auch der Nebenintervenientin Verfahrenskosten zu. Die klagende Partei stellte in ihrem Berufungsschriftsatz auch den Antrag, die Nebenintervention zurückzuweisen, womit auch der Kostenzuspruch für die Nebenintervenientin im erstinstanzlichen Urteil zu entfallen habe, weil durch die Feststellungen des Erstgerichtes klargestellt sei, daß die Nebenintervenientin niemals gegenüber den beklagten Parteien regreßpflichtig sein könne und daher kein Interventionsinteresse habe.

Der Vorsitzende des Berufungsgerichtes verkündete vor Eingehen in die Berufungsverhandlung nach mündlicher Verhandlung zwischen der klagenden Partei und der Nebenintervenientin über den im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention den Beschluß, daß dem Zurückweisungsantrag stattgegeben und die Nebenintervention zurückgewiesen werde. Die zweite Instanz hat mit dem in das schriftliche Urteil aufgenommenen Beschluß (Punkt I.) in Stattgebung des Zurückweisungsantrages die Nebenintervention zurückgewiesen und im übrigen das Ersturteil in der Hauptsache (Punkt II.) bestätigt, jedoch inhaltlich die Kostenentscheidung dahin abgeändert, daß die Nebenintervenientin ihre Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens selbst zu tragen habe. Der Nebenintervenientin fehle das rechtliche Interesse, weil sie von einem Regreß der beklagten Parteien nicht betroffen sein könne. Die Frage der Zulässigkeit der Nebenintervention sei nach dem Zeitpunkt der Beschlußfassung zu beurteilen. Sei demnach ein rechtliches Interesse zunächst vorhanden, aber zum Beschlußzeitpunkt bereits weggefallen, sei dem Zurückweisungsantrag stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der als "außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rekurs der Nebenintervenientin ist zwar nicht nach § 519 ZPO unzulässig, weil das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz in einem Zwischenstreit ohne Zuziehung der beklagten Parteien mit Beschluß nur aus Anlaß des Berufungsverfahrens (Stohanzl, JN und ZPO14 Anm 1 zu § 519 ZPO; vgl EvBl 1960/292; Fasching II 220 unter Hinweis auf ZBl 1929/22 und Lehrbuch2 Rz 402; Novak, Zur Tragweite des § 519 ZPO in JBl 1953, 62 f, 84) entschied, wohl aber wegen Fehlens der Beschwer. Da die beklagten Parteien, an deren Obsiegen die Nebenintervenientin ein rechtliches Interesse hatte (§ 17 Abs 1 ZPO) und auf deren Seite sie in den Rechtstreit eingetreten ist, mangels Erhebung einer außerordentlichen Revision durch die klagende Partei rechtskräftig obsiegt haben, fehlt der Nebenintervenientin jetzt die an einer aufrechten Erledigung ihres Rekurses erforderliche Beschwer. Diese muß aber nach herrschender Auffassung zur Zeit der Erhebung des Rechtsmittels gegeben sein und bei der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (SZ 61/6 mwN). Es ist nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen, über bloß theoretische Fragen zu entscheiden. Das in der Hauptsache fehlende Anfechtungsinteresse kann durch das - hier zweifellos vorhandene - Interesse der Nebenintervenientin an der Beseitigung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz nicht ersetzt werden, ist doch die Entscheidung der Gerichte zweiter Instanz im Kostenpunkt nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO unanfechtbar (SZ 61/6 mwN).

Nach § 50 Abs 2 idF Art XXXI der EO-Novelle 1991, BGBl 1991/628, iVm § 43 Abs 2 ZPO stehen der Nebenintervenientin gegenüber der klagenden Partei als Gegnerin im Zwischenstreit über die Zulassung der Nebenintervention Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof zu, weil die Beschwer der Nebenintervenientin nach Erhebung ihres Rekurses binnen 14 Tagen (§ 521 Abs 1 ZPO) erst nachträglich infolge unterlassener Anfechtung des Berufungsurteiles binnen vier Wochen (§ 505 Abs 2 ZPO) in der Hauptsache weggefallen ist und ohne Wegfall der Beschwer die Nebenintervenientin mit ihrem Rekurs - mit Ausnahme des Rechtsmittelantrags auf Zuspruch von Kosten des Berufungsverfahrens - durchgedrungen wäre.

Der Beitritt des Nebenintervenienten erfolgt nach § 18 Abs 1 ZPO durch Abgabe der Beitrittserklärung an das Gericht und wird mit der Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien rechtswirksam (2 Ob 584/92; Fasching II 216 f und Lehrbuch2 Rz 401). Aufgrund der dem Gericht obliegenden amtswegigen Zulässigkeitsprüfung erfolgt kein Beschluß, mit dem der Nebenintervenient ausdrücklich zugelassen wird. Ungeachtet dessen ermöglicht § 18 Abs 2 ZPO jeder der Parteien, einen Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention zu stellen. Einhelligkeit besteht dabei darüber, daß im weiteren Verlauf des Verfahrens mangels eines Zurückweisungsantrages nur mehr das Fehlen von Prozeßvoraussetzungen (in Bezug auf den Nebenintervenienten), nicht aber das Fehlen des erforderlichen rechtlichen Interesses von Amts wegen wahrgenommen werden kann (ZAS 1990, 191 mit Anm von Fink; Fasching II 218 und Lehrbuch2 Rz 401). Der Antrag einer der Prozeßparteien auf Zurückweisung der Nebenintervention ist zwar weder form- noch fristgebunden, muß aber jedenfalls gestellt werden, bevor sich die Partei in Kenntnis des Zurückweisungsgrundes in die Verhandlung in der Hauptsache mit dem Nebenintervenienten einläßt (ZAS 1990, 191; 2 Ob 584/92; Fasching, Lehrbuch2 Rz 402) und damit auf ihr Bestreitungsrecht verzichtet (1 Ob 685/78). Das widerspruchslose Hinnehmen einer Nebenintervention in erster Instanz - wie hier - bedeutet den Verlust des Rechtes, die Nebenintervention aus Anlaß des Berufungsverfahrens als unzulässig bekämpfen zu können (vgl für das Revisionsverfahren ZAS 1990, 191; SZ 7/237; 3 Ob 569/82). Die bei Fasching (II 218 f) erwähnte Zurückweisung der Nebenintervention erst im Rechtsmittelverfahren bezieht sich nur auf den Fall, daß die Nebenintervention erst im Rechtsmittelverfahren erklärt wird (3 Ob 569/82). Der von der klagenden Partei nur unter Hinweis auf das fehlende rechtliche Interesse der Nebenintervenientin erst im Berufungsschriftsatz gestellte Zurückweisungsantrag nach § 18 Abs 2 ZPO wäre daher richtig abzuweisen gewesen.

Stichworte