OGH 3Ob7/75

OGH3Ob7/7528.1.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Winkelmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Kinzel, Dr. Reithofer, Dr. Stix und Dr. Schubert als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) F*, Angestellter, 2.) A*, Hausfrau, beide *, beide vertreten durch Dr. Gerhard Schmidt, Rechtsanwalt in Graz, wider die verpflichteten Parteien 1.) G*, Hausfrau, *, 2.) M*, Pensionistin, *, beide vertreten durch Dr. Rudolf Griss, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufhebung einer Eigentumsgemeinschaft (§ 352 EO), infolge Rekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für ZRS Graz als Rekursgericht vom 27. November 1974, GZ 1 R 304/74‑82, womit der Rekurs der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Bezirksgerichts für ZRS Graz vom 29. Oktober 1974, GZ 9 E 41/70‑79, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00007.75.0128.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Aus Anlass des Rekurses werden der angefochtene und der erstgerichtliche Beschluss (ON 79) sowie das diesen Entscheidungen vorangegangene Verfahren betreffend die Abänderung der „Amtsbestätigung“ vom 5. 2. 1973, ON 52, als nichtig auf gehoben und die Anträge der betreibenden Parteien vom 28. 9. 1973 und 18. 1. 1974 auf Abänderung der genannten „Amtsbestätigung“ zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht stellte der Erstverpflichteten am 5. 2. 1973 in ON 52 eine „Amtsbestätigung“ aus, worin es „bestätigte“, dass der Beschluss vom 8. 5. 1972, ON 44, womit ihr die nach § 352 EO zur Versteigerung gelangte Liegenschaft EZ * KG * zugeschlagen wurde, in Rechtskraft erwachsen sei, und die Voraussetzung für die Einverleibung des Eigentumsrechts zu ihren Gunsten gegeben sei.

Die betreibenden Gläubiger bekämpften diese „Amtsbestätigung“ zunächst mit Rekurs. Dieser wurde jedoch von der zweiten Instanz mit der Begründung zurückgewiesen, die „Amtsbestätigung“ stelle keinen Beschluss dar und sei daher mit Rekurs nicht anfechtbar. Dieser Zurückweisungsbeschluss (ON 60) ist unbekämpft geblieben.

Die betreibenden Gläubiger stellten am 28. 9. 1973 (ON 53) außerdem einen Antrag auf Abänderung der ihrer Meinung nach unrichtigen „Amtsbestätigung“. Mit Schriftsatz (ON 61) vom 18. 1. 1974 wiederholten sie diesen Antrag. Sie begehrten die Abänderung der „Amtsbestätigung“ dahin, dass der Halbsatz „.... und die Voraussetzungen für die Einverleibung des Eigentums der G* an der gesamten Liegenschaft im Grundbuch gegeben sind“ zu entfallen habe. Das Erstgericht wies die Anträge zunächst im wesentlichen mit der Begründung ab, die beantragte Änderung der „Amtsbestätigung“ könne nicht mehr vor genommen werden, weil die grundbücherliche Eintragung bereits rechtskräftig vor genommen worden sei (ON 62).

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss infolge Rekurses der betreibenden Gläubiger unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung auf (ON 65). Es meinte, die Abweisung des Antrags der betreibenden Gläubiger auf Richtigstellung der gemäß § 278 Abs 2 AußStrG ausgestellten Urkunde durch das Erstgericht aus rein formellen Gründen sei zu Unrecht erfolgt. Das Erstgericht hätte sich vielmehr mit der Behauptung der betreibenden Gläubiger, dass die Amtsurkunde fehlerhaft sei, auseinander setzen müssen. Eine Abweisung des Antrags hätte nur dann erfolgen dürfen, wenn sich diese Behauptung als unzutreffend herausgestellt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Aufhebungsbeschluss erhobene Rekurs wurde vom Obersten Gerichtshof (3 Ob 65/74) wegen Verspätung zurückgewiesen.

Mit Beschluss ON 79 wies das Erstgericht die Anträge der betreibenden Gläubiger vom 28. 9. 1973 und 18. 1. 1974 als sachlich nicht gerechtfertigt ab.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den dagegen von den betreibenden Gläubigern erhobenen Rekurs wegen mangelndem Rechtsschutzinteresses zurück. Es vertrat die Ansicht, die vom Erstgericht gemäß § 278 Abs 2 AußStrG ausgestellte Amtsurkunde habe lediglich den Zweck, die formelle Voraussetzung für die Einverleibung des Eigentumsrechts für G* an der versteigerten Liegenschaft zu schaffen. Den betreibenden Gläubigern könne daher ein Rechtsschutzinteresse an der angestrebten Berichtigung der Amtsurkunde nur bis zu dem Zeitpunkt zuerkannt werden, zu dem sie noch die Möglichkeit hatten, durch die Berichtigung der Urkunde die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Ersteherin an der gesamten Liegenschaft zu verhindern. Nach diesem Zeitpunkt, also nach der Einverleibung des Eigentumsrechts für die Ersteherin auf der Gesamtliegenschaft, sei ein derartiges Interesse jedoch nicht mehr gegeben, weil durch die Berichtigung der Urkunde das Eigentumsrecht der Ersteherin nicht mehr beseitigt werden könne. Da mit dem Beschluss des Erstgerichts vom 6. 6. 1974 das Eigentumsrecht „auf den letzten 2/10 Anteilen“ der versteigerten Liegenschaft für G* einverleibt worden sei, mangle es am Rechtsschutzinteresse der betreibenden Gläubiger an der Berichtigung der Amtsurkunde.

Diesen rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluss bekämpfen die betreibenden Gläubiger mit dem vorliegenden Rekurs.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist den betreibenden Gläubigern ein rechtliches Interesse an der Beseitigung der Feststellung in der „Amtsbestätigung“ vom 5. 2. 1973, dass die Voraussetzung für die Einverleibung des Eigentumsrechts der G* an der gegenständlichen Liegenschaft gegeben sei, auch über den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des entsprechenden Verbücherungsbeschlusses hinaus zuzubilligen, weil die Rekurswerber im Hinblick auf die Möglichkeit, einen allfälligen rechtswidrigen Verlust ihres bücherlichen Eigentums auch noch im Prozessweg zu bekämpfen, durch die mit einem solchen Begehren in Widerspruch stehende Grundbuchsurkunde weiterhin beschwert wären. Der Rekurs der betreibenden Gläubiger gegen den Beschluss des Erstgerichtes ON 79 hätte daher nicht wegen mangelnden Rechtsschutzinteresse zurückgewiesen werden dürfen. Dem im vorliegenden Rekurs gestellten Antrag, dem Rekursgericht eine Sachentscheidung aufzutragen, kann dennoch nicht entsprochen werden, weil das Verfahren zur Abänderung der „Amtsbestätigung“ vom 5. 2. 1973 nichtig ist. Entgegen der Meinung des Rekursgerichts in seiner Entscheidung vom 10. 12. 1973 ON 60 handelt es sich bei der nach § 278 Abs 2 AußStrG, § 352 EO auszustellenden „Amtsurkunde“ um eine gerichtliche Verfügung des Exekutionsgerichts im Sinne des § 62 EO, also um einen (Feststellungs-)Beschluss (Heller-Trenkwalder, 1284 FN 38), der nur durch das ordentliche Rechtsmittel des Rekurses (§ 65 EO) abgeändert werden konnte. Hinsichtlich der in Frage stehenden Qualifikation einer „Amtsurkunde“ nach § 278 Abs 2 AußStrG gilt das Gleiche wie für die „Bestätigung“ im Sinne des § 178 AußStrG, die nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs – in Übereinstimmung mit § 33 Abs 1 lit d GBG 1955 und § 149 Abs 3 Geo – als Beschluss und nicht als Amtszeugnis (Amtsbestätigung) im Sinne des § 149 Abs 1 lit a Geo anzusehen ist (SZ 5/114, SZ 25/15, SZ 25/193, NotZ 1968 Nr 7 S 110, EvBl 1966/226). Die von den betreibenden Gläubigern begehrte Abänderung ist nicht als Berichtigung im Sinne der § 78 EO, §§ 419, 430 ZPO aufzufassen, sie hätte daher nur mit Rekurs durchgesetzt werden können. Daran vermag im vorliegenden Fall auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Rekursgericht in ON 60 bei der Erledigung des Rekurses der betreibenden Gläubiger gegen die „Amtsbestätigung“ (richtig Beschluss) vom 5. 2. 1973 die gegenteilige Ansicht vertreten und deshalb den Rekurs als unzulässig zurück gewiesen hat. Die Entscheidung des Rekursgerichts bezog sich nur auf die Vorfrage, ob die damals angefochtene gerichtliche Erledigung als Beschluss aufzufassen ist; der in Verneinung dieser Frage gefasste Zurückweisungsbeschluss erzeugte daher diesbezüglich keine Rechtskraftwirkung.

Das Verfahren zur Abänderung des Beschlusses vom 5. 2. 1973 und die in diesem getroffenen, noch aufrecht bestehenden und noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen verstoßen demnach gegen die eingetretene Rechtskraft des Beschlusses ON 52 vom 5. 2. 1973. Diese Nichtigkeit war aus Anlass des vorliegenden Rechtsmittels von Amts wegen wahrzunehmen. Dies hat zur Aufhebung der nichtigen Beschlüsse und des diesen vorangegangenen Verfahrens sowie zur Zurückweisung der im Hinblick auf die Rechtskraft der Entscheidung des Erstgerichts vom 5. 2. 1973 unzulässigen Anträge zu führen.

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