OGH 3Ob73/18h

OGH3Ob73/18h25.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. K*, vertreten durch Wieneroiter Raffling Tenschert & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei DI C*, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 39.499,92 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. März 2018, GZ 46 R 56/18b‑7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 27. Dezember 2017, GZ 22 E 56/17m‑2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121694

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurswird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie insgesamt – unter Einbeziehung der unbekämpft gebliebenen Teilabweisung durch das Rekursgericht – wie folgt zu lauten haben:

„Der Antrag der betreibenden Partei, ihr gegen die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 39.499,92 EUR sA die Exekution durch Zwangsversteigerung der 74/766-Anteile (B‑LNr. 25) an der EZ 874 Grundbuch *, mit denen untrennbar Wohnungseigentum an W Top 2/ Hochparterre verbunden ist, zu bewilligen, wird abgewiesen.“

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 2.206,26 EUR (hierin enthalten 367,71 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 31. Jänner 2013 wurden die Gebühren des Betreibenden für seine Tätigkeit als Gerichtskommissär in diesem Verlassenschaftsverfahren mit 52.652,16 EUR bestimmt; dem Verpflichteten wurde aufgetragen, diese Gebühren binnen 14 Tagen bei sonstiger gerichtlicher Einhebung an den Betreibenden zu zahlen. Infolge Rekurses des Verpflichteten reduzierte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz mit (rechtskräftigem) Beschluss vom 3. Oktober 2013 die Höhe der Gebühren auf 39.499,92 EUR.

Der Betreibende beantragte unter Vorlage von Ausfertigungen dieser beiden Entscheidungen zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderung von 39.499,92 EUR samt 4 % Zinsen seit 3. Oktober 2013 die Bewilligung der Zwangsversteigerung der aus dem Spruch ersichtlichen Miteigentumsanteile des Verpflichteten. Im Exekutionsantrag wies er nicht darauf hin, dass er für die betriebene Forderung zu 12 E 3489/16i des Erstgerichts bereits ein Zwangspfandrecht erwirkt hat (C-LNr 34a).

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß und ordnete die Anmerkung der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens im Rang des Zwangspfandrechts an.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten, mit dem dieser in erster Linie geltend machte, dass die Exekution nicht bewilligt werden hätte dürfen, weil die betriebene Forderung Gerichtskommissionsgebühren betreffe, die nur die Republik Österreich eintreiben dürfe, teilweise Folge und wies den Exekutionsantrag im Umfang des Zinsenbegehrens ab. Sei an der Liegenschaft für die vollstreckbare Forderung bereits rechtskräftig ein Pfandrecht begründet worden, sei die Exekution gemäß § 135 EO – ohne dass die Vorlage des Titels notwendig sei – im Rang dieses Pfandrechts zu bewilligen, wenn der betreibende Gläubiger dies beantrage und die Identität der Forderung nachweise. Der Antrag des Betreibenden sei im Sinn einer Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung der bereits pfandrechtlich sichergestellten vollstreckbaren Forderung zu verstehen. Der Betreibende lege zum Nachweis der Identität der betriebenen und sichergestellten Forderung auch die dem Pfandrecht zugrunde liegenden Titel vor. Die Einwendungen des Verpflichteten gegen den Inhalt des Titels seien daher nicht zu prüfen. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass das Pfandrecht keine Sicherstellung für Zinsen biete, weshalb das Erstgericht die Exekution insoweit überschießend bewilligt habe.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zulässig und berechtigt.

1. Ist zugunsten des Betreibenden für die mittels Zwangsversteigerung einer Liegenschaft des Verpflichteten hereinzubringende vollstreckbare Forderung schon ein (Zwangs-)Pfandrecht an dieser Liegenschaft rechtskräftig begründet, muss gemäß § 135 EO mit dem Exekutionsantrag keine Ausfertigung des Exekutionstitels vorgelegt werden; die Exekution ist im Rang dieses Pfandrechts zu bewilligen, wenn der betreibende Gläubiger dies beantragt und die Identität der Forderung nachweist.

2. Beruft sich der betreibende Gläubiger auf § 135 EO (und legt den Titel nicht vor), hat das Exekutionsgericht nur zu prüfen, ob alle anderen Voraussetzungen für die Bewilligung der Zwangsversteigerung vorliegen; hingegen entfällt die (nochmalige) Prüfung, ob ein die Exekution deckender Exekutionstitel samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit vorhanden ist (Angst in Angst/Oberhammer 3 § 135 EO Rz 2).

3. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts hat sich der Betreibende in seinem Exekutionsantrag allerdings nicht auf § 135 EO gestützt. Aber selbst, wenn er das getan hätte, wäre – im Hinblick darauf, dass er mit dem Exekutionsantrag (dennoch) eine Ausfertigung des Exekutionstitels vorlegte – zu prüfen (gewesen), ob der Titel die beantragte Exekution deckt. Der Antrag auf Exekutionsbewilligung ist nämlich abzuweisen, wenn sich schon aus dem Antrag oder aus den Akten des Gerichts das Nichtbestehen der Forderung ergibt (RIS‑Justiz RS0084555; vgl auch RS0000709 [T12]).

4. Gemäß § 1 Z 6 lit b GEG sind von Amts wegen (ua) die aus Anlass eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten für dritte Personen oder Stellen auf deren Antrag einzubringenden Beträge, insbesondere die gerichtlich bestimmten Gebühren der Notare für ihre Amtshandlungen als Gerichtskommissäre einzubringen.

5. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Gerichtskommissär aufgrund dieser Bestimmung grundsätzlich das Wahlrecht hat, ob er seine im Verlassenschaftsverfahren rechtskräftig bestimmten Gebühren selbst exekutiv hereinbringt oder aber im Justizverwaltungsweg einbringen lässt (vgl LG Ried im Innkreis 6 R 6/17z = RIS‑Justiz RRI0000044 zu einem Titel, wonach die Gebühren des Gerichtskommissärs vom Verpflichteten „bei sonstiger Exekution oder gerichtlicher Einhebung“ zu zahlen sind): Die im hier zu beurteilenden Titel enthaltene Wortfolge „bei sonstiger gerichtlicher Einhebung“ kann jedenfalls nur so verstanden werden, dass die Gebühren ausschließlich im Justizverwaltungsweg hereinzubringen sind (RIS‑Justiz RS0000125).

6. Da somit der Titel die Exekutionsführung durch den Betreibenden selbst nicht deckt, ist in Stattgebung des Revisionsrekurses (auch) der (restliche) Exekutionsantrag abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 78 EO. Rekurskosten hat der Verpflichtete nicht verzeichnet.

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