OGH 3Ob62/14k

OGH3Ob62/14k30.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Jensik, die Hofrätin Dr. Grohmann und den Hofrat Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, selbständiger Handelsvertreter, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner und andere Rechtsanwälte in Melk, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gerhard Stranzinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen 20.851,70 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2014, GZ 6 R 28/13z‑42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 26. November 2012, GZ 5 Cg 38/10f‑27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00062.14K.0430.000

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es als Teilzwischenurteil zu lauten hat:

„Die Klageforderung besteht dem Grunde nach zu Recht.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat mit der beklagten Partei, die Luftbildaufnahmen vermarktet, am 10. April 2005 auf unbestimmte Zeit einen Handelsvertretervertrag geschlossen. Dem Kläger oblag der Verkauf von Luftbildern in jenen Gebieten, die von der beklagten Partei festgelegt wurden.

Am 15. Februar 2010 löste der Kläger das Vertragsverhältnis vorzeitig auf. Den Gegenstand des Verfahrens bildet die Frage, ob ein wichtiger Grund für die vorzeitige Vertragsauflösung vorlag.

In der ursprünglichen Provisionsvereinbarung waren vier Provisionsstufen vorgesehen: Bis zu einem gewissen durchschnittlichen Wochenumsatz stand die Mindestprovision von 15 % zu, ab diesem Umsatz bis zu einem weiteren durchschnittlichen Wochenumsatz eine Provision zwischen 20 und 25 %, variierend je nach erzieltem Bildschnitt, danach ab einem gewissen höheren Umsatz zwischen 23 und 30 %, wieder variierend nach dem Bildschnitt, und schließlich ab einem weiteren erhöhten Wochenumsatz zwischen 25 und 35 %, je nach Bildschnitt.

Neben dem Handelsvertretervertrag schlossen die Parteien auch einen Gebietsleitervertrag mit einer 3 %igen Vergütung vom Nettoverkauf des Teams, gekoppelt an Umsatzziele und Bildschnitt.

Der Geschäftsführer der beklagten Partei wusste von seinem Verkaufsleiter, dass dem Kläger und dessen Lebensgefährtin Angebote von Konkurrenzunternehmen vorlagen und dass die beiden mit den Provisionszahlungen der beklagten Partei unzufrieden waren. Auf Initiative des Geschäftsführers der beklagten Partei fand im Jänner oder Februar 2008 ein Gespräch zwischen ihm, dem Kläger und dessen Lebensgefährtin statt. Der Geschäftsführer der beklagten Partei bot dem Kläger eine Sonderprovision von 44 % an, damit er im Unternehmen der beklagten Partei verbleibt, weiterhin für diese als Handelsvertreter und als Gebietsleiter tätig wird und neue Mitarbeiter rekrutiert. Der Kläger nahm dieses Angebot in Kenntnis der Beweggründe des Geschäftsführers der beklagten Partei an. Dem Kläger war von Anfang an klar, dass er die Sonderprovision von 44 % nicht dauerhaft von der beklagten Partei bekommen werde. Nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger und der Geschäftsführer der beklagten Partei eine jederzeitige Widerrufbarkeit der Sonderprovision von 44 % vereinbart haben. Eine schriftliche Bestätigung der mündlichen Provisionsvereinbarung von Jänner/Februar 2008 erhielt der Kläger von der beklagten Partei trotz mehrfacher Urgenz nicht.

In den Folgemonaten stellte der Geschäftsführer der beklagten Partei fest, dass weder der Kläger selbst noch sein Team die erwarteten Umsatzzahlen erreichten. Bei einem Gespräch vom 29. Oktober 2008 einigten sich der Geschäftsführer der beklagten Partei und der Kläger mündlich darauf, dass die oberste Provisionsstufe je nach Bildschnitt auf zwischen 30 bis maximal 40 % reduziert wird, dies bei gleichbleibender Superprovision von 5 %; andererseits sollte der Kläger eine zusätzliche Provision zwischen 1 bis maximal 4 % erhalten, wenn von November 2008 bis einschließlich Oktober 2009 der Kläger und sein Team einen gemeinsamen Gesamtumsatz von 300.000 bis 600.000 EUR erreichten. Die Frage einer Widerrufbarkeit der ‑ gegenüber der Situation vor Jänner/Februar 2008 ‑ erhöhten Provision wurde bei dem Gespräch am 29. Oktober 2008 zwischen den Parteien nicht erörtert. Der Geschäftsführer der beklagten Partei ging von einer Widerruflbarkeit der Provisionserhöhung laut Vereinbarung von Jänner/Februar 2008 aus.

Mit Schreiben vom 20. November 2009 kündigte der Kläger seinen Handelsvertretervertrag mit der beklagten Partei unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist zum 31. Mai 2010. Daraufhin teilte der Geschäftsführer der beklagten Partei dem Kläger mit Schreiben vom 24. November 2009 mit, dass die Superprovision und die Sonderprovision mit Dezember 2009 auf Normalstatus zurückgesetzt und dem Kläger das neue Einsatzgebiet 156 zugewiesen werde. Der Kläger stellte daraufhin seine Tätigkeit als Handelsvertreter und Gebietsleiter gegenüber der beklagten Partei in der ersten Dezemberwoche 2009 faktisch ein und nahm diese auch nicht mehr auf.

Die jährlich eingeflogenen Gebiete wurden von der beklagten Partei festgelegt. Die in der Obersteiermark gelegenen Gebiete mit den Kartenblattnummern 156 und 161 zählten nicht zu jenen Gebieten, die vom Kläger im Jahr 2009 regelmäßig bearbeitet wurden. Betreffend das Gebiet Nr 156 war im November 2009 ein Bearbeitungsauftrag nicht erledigt worden, weshalb dieses Gebiet dem Kläger zur Bearbeitung zugewiesen wurde. Der Kläger erhielt mit Dezember 2009 ferner Bilder für das Gebiet Nr 161 zur Bearbeitung zugewiesen; er verweigerte jedoch ein Tätigwerden in beiden Gebieten. Bilder betreffend jene Gebiete, die er bis November 2009 regelmäßig bearbeitet hatte, erhielt der Kläger ab Dezember 2009 nicht mehr.

Der Kläger erhielt im Jahr 2009 (jeweils ohne Mehrwertsteuer) an Provision und Superprovision samt Terminauszahlung 4.035,32 EUR im Jänner, 3.044,80 EUR im Februar, 5.109,91 EUR im März, 5.159,23 EUR im April, 4.473,16 EUR im Mai, 3.164,22 EUR im Juni, 3.216,87 EUR im Juli, 6.265,67 EUR im August, 4.059,66 EUR im September, 6.746,48 EUR im Oktober, 3.010,32 EUR im November und 990,76 EUR im Dezember. Es kann nicht festgestellt werden, welche Einkünfte der Kläger an Provision und Superprovision samt Terminauszahlung von Jänner bis einschließlich Mai 2010 erzielt hätte, wenn er in diesem Zeitraum weiterhin als Handelsvertreter und Gebietsleiter tätig gewesen wäre. Für die Tätigkeit des Klägers fielen sowohl Fahrtkosten als auch Diäten an, deren durchschnittliche monatliche Höhe nicht festgestellt werden kann. Diese Aufwendungen wurden vom Kläger bei der jährlichen Einkommensteuererklärung als einkommensmindernd angegeben. Ab Jänner 2010 wäre in jenen Gebieten, in denen der Kläger zuvor regelmäßig tätig war, der Verkauf von 2.527 Bildern vorgesehen gewesen. Die Herstellungskosten pro Bild betragen ca 6 EUR. Etwa 10 % dieser 2.527 Bilder konnten nicht mehr bearbeitet bzw verkauft werden. Da von der beklagten Partei andere Handelsvertreter mit der Bearbeitung und dem Verkauf der 2.527 Bilder beauftragt wurden, konnten diese Handelsvertreter in anderen Gebieten im Jahr 2010 weniger Bilder als durchschnittlich bearbeiten und verkaufen. Der beklagten Partei fielen insofern im Hinblick auf die anderen beauftragten Handelsvertreter erhöhte Reisekosten und Spesen betreffend Bearbeitung und Verkauf dieser Bilder an. Ein Ersatz für den Kläger als Handelsvertreter und Gebietsleiter konnte trotz intensiver Bemühungen für längere Zeit nicht gefunden werden.

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei restliche Provisionszahlungen (Dezember 2009: 624,01 EUR; Jänner 2010: 474,49 EUR) sowie Schadenersatz (2. Jännerhälfte: 2.194,80 EUR sowie für die Monate Februar bis Mai 2010 jeweils 4.389,60 EUR) aus der vorzeitigen Auflösung seines Handelsvertreter- und Gebietsleitervertrags zum 15. Februar 2010. Die beklagte Partei habe als Reaktion auf die Kündigung zu Unrecht die vereinbarte Provision von 40 % sowie die vereinbarte Superprovision von 5 % widerrufen und einseitig auf die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Provisionssätze herabgesetzt. Unzulässigerweise habe die beklagte Partei auch eine einseitige Abänderung des Verkaufsgebiets des Klägers vorgenommen. Trotz Nachfrage habe die beklagte Partei dem Kläger während der Kündigungsfrist kein Bildmaterial zur Verfügung gestellt, sodass der Kläger an seiner Arbeit gehindert gewesen sei.

Die beklagte Partei wandte ein, dass die vorzeitige Auflösung der Verträge durch den Kläger unrechtmäßig erfolgt sei, weshalb dem Kläger keine Schadenersatz- bzw Provisionsansprüche zustünden. Bei der von der beklagten Partei mündlich erhöhten und täglich widerrufbaren Provision von 40 % habe es sich um eine Motivationsprämie für den Aufbau neuer Mitarbeiter und nicht um einen vertraglichen Anspruch gehandelt. Diese Motivationszahlung sei nach Kündigung des Klägers widerrufen und daraufhin vertragsgemäß abgerechnet worden. Zwischen den Streitteilen sei kein Hausgebiet vereinbart worden. Aufgrund der Kündigungsfrist habe den Kläger die Verpflichtung getroffen, bis 31. Mai 2010 seine Verträge ordnungsgemäß zu erfüllen. Der der beklagten Partei durch die Arbeitsverweigerung des Klägers entstandene Schaden von 15.162 EUR (Herstellungskosten für 2.527 Bilder à 6 EUR) werde der Klageforderung kompensando entgegengehalten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab. Zwischen den Streitparteien sei die jederzeitige Widerrufbarkeit der Provisionserhöhung vereinbart worden, nicht hingegen der exklusive Einsatz des Klägers in einem bestimmten Bearbeitungsgebiet. Daraus folge, dass die beklagte Partei mit ihrer Zurücksetzung der Provision auf den Normalstatus und der Zuteilung eines anderen Einsatzgebietes nicht gegen ihre Vertragspflichten verstoßen hatte, weshalb die vorzeitige Auflösung des Handelsvertreter- und Gebietsleitervertrags durch den Kläger nicht zulässig gewesen sei.

Nach dem Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs zu 3 Ob 147/13h traf das Berufungsgericht in Bezug auf die im Jänner/Februar 2008 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der beklagten Partei getroffene Vereinbarung neue Feststellungen, die in dem eingangs dargestellten Sachverhalt bereits berücksichtigt sind, und gab der Berufung des Klägers nicht Folge.

Der Geschäftsführer der beklagten Partei habe im Zuge des Gesprächs im Jänner/Februar 2008 deutlich darauf hingewiesen, dass er dem Kläger eine erhöhte Sonderprovision deshalb anbiete, um ihm im Unternehmen der beklagten Partei zu halten und seine Aktivitäten als Gebietsleiter zu forcieren. Der Kläger habe dieses Angebot in Kenntnis der Motivation des Geschäftsführers der beklagten Partei angenommen, weshalb der Beweggrund Inhalt der Provisionsvereinbarung von Jänner/Februar 2008 geworden sei. Den Vorbehalt, dass er die Sonderprovision von 44 % nicht dauerhaft bekommen werde, habe der Kläger durchschaut. Die neue Vereinbarung vom 29. Oktober 2008 ändere nichts daran, dass der Beweggrund Inhalt der Provisionsvereinbarung geworden sei, zumal das dem Kläger bekannte Motiv des Geschäftsführers der beklagten Partei noch immer das gleiche geblieben sei. Die mit Schreiben vom 20. November 2009 auf 31. Mai 2010 ausgesprochene Kündigung des Klägers habe zum Wegfall der vom Geschäftsführer der beklagten Partei gesetzten Bedingung geführt; die Provisionsvereinbarung vom Oktober 2008 sei damit aufgelöst worden. Somit sei die Rücksetzung der Provision auf Normalstatus zulässig gewesen und stelle keine erhebliche Vertragsverletzung der beklagten Partei dar.

Die Revision wurde nachträglich mit der Begründung zugelassen, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem gleichgelagerten Fall, insbesondere einer durchschauten Mentalreservation fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagestattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus Klarstellungsgründen zulässig; sie ist auch im Sinne einer Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Das Revisionsvorbringen des Klägers lässt sich dahin zusammenfassen, dass gemeinsame Vorstellungen beider Vertragsparteien nur dann Vertragsinhalt würden, wenn ein nach seinem objektiven Erklärungswert als Willenserklärung zu beurteilendes Verhalten gesetzt worden sei. Allein die Kenntnis des Motivs des Vertragspartners lasse die Motivation nicht als Bedingung in das Vertragsverhältnis eingehen. Darüber hinaus handle es sich bei der vom Berufungsgericht angenommenen Bedingung sowohl um eine unbestimmte als auch um eine unmögliche Bedingung, die als nicht beigesetzt gelte. Es sei schlicht unmöglich, dass der Kläger ewig Handelsvertreter bei der beklagten Partei sein würde; außerdem könne er nicht durch eine vage Motivation des Geschäftsführers der beklagten Partei gebunden sein. Abgesehen davon habe der Kläger die Bedingung, weiterhin für die beklagte Partei tätig zu sein, dadurch erfüllt, dass er zwischen der Vereinbarung von Jänner/Februar 2008 und seiner Kündigung fast zwei Jahre für die beklagte Partei gearbeitet habe.

Soweit das Berufungsgericht als Konsequenz aus der Feststellung, dass der Kläger angenommen habe, die erhöhte Provision nicht dauerhaft zu erhalten, die Figur der (durchschauten) Mentalreservation ins Spiel bringe, liege eine Verwechslung mit einem (möglichen) Vorbehalt im Sinne einer einseitigen Änderungsmöglichkeit vor. Eine Mentalreservation habe es beim Geschäftsführer der beklagten Partei, der den Provisionssatz von 44 % durch einige Monate vorbehaltlos geleistet habe, nicht gegeben, daher auch keine „durchschaute“ Mentalreservation. Im Übrigen würde eine solche zur Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung führen, was aber im vorliegenden Fall schon deshalb nicht anzunehmen sei, weil die Vereinbarung in der Folge so „gelebt“ worden sei wie vereinbart. Es gehe auch nicht an, dass jemand aus der eigenen Mentalreservation (selbst wenn sie durchschaut werde) einen Vorteil ziehe. Die am 29. Oktober 2009 vereinbarte Provisionsreduktion auf 40 % zeige, dass sich das realisiert habe, was der Kläger schon angenommen habe, nämlich dass er den Provisionssatz von 44 % nicht auf Dauer bekommen werde.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

1. Nach den vom Berufungsgericht getroffene Feststellungen über die im Jänner/Februar 2008 getroffenen Vereinbarung bot der Geschäftsführer der beklagten Partei dem Kläger eine Sonderprovision von 44 % an, damit er im Unternehmen der beklagten Partei verbleibt, weiterhin für diese als Handelsvertreter und als Gebietsleiter tätig wird und neue Mitarbeiter rekrutiert. Der Kläger nahm dieses Angebot in Kenntnis der Beweggründe des Geschäftsführers der beklagten Partei an. Dem Kläger war von Anfang an klar, dass er die Sonderprovision von 44 % nicht dauerhaft von der beklagten Partei bekommen werde.

2. Nach § 901 Satz 1 ABGB können die Parteien einen Beweggrund oder einen mit einem Vertrag verfolgten Zweck zur Bedingung erheben. Das verbum legalium „ausdrücklich“ wird dabei im Sinn von „hinreichend deutlich“ verstanden, sodass ein Motiv auch schlüssig als Bedingung vereinbart werden kann (RIS-Justiz RS0017408; Bollenberger in KBB3 § 901 ABGB Rz 2). Allerdings kann ein Motiv nicht schon deshalb als bedungen angesehen werden, weil es ein Teil bekannt gibt und der andere Teil vom Vertragsschluss nicht Abstand nimmt. Zur bloßen Bekanntgabe des Motivs müssen noch besondere Umstände hinzutreten (7 Ob 595/76 = NZ 1981, 42; RIS-Justiz RS0017417), damit das Motiv als zur Bedingung im Sinne des § 901 Satz 1 ABGB erhoben angesehen werden kann. Der andere Vertragsteil muss nämlich das Motiv nicht nur als solches akzeptieren, sondern ‑ zumindest konkludent ‑ als Vertragsinhalt akzeptieren.

Die Abgrenzung, ob ein Motiv zur Bedingung erhoben oder als Vertragsinhalt vereinbart wurde, ist mitunter schwierig und nur durch Vertragsauslegung zu ermitteln (Pletzer in ABGB-ON1.01 § 901 Rz 5). In der Lehre (ausführlich etwa Stefula/Thunhart, Der Motivirrtum beim Rechtsgeschäft unter Lebenden, NZ 2002, 193 [194] mwN) wird als Voraussetzung dafür, dass ein bekanntes Motiv als Bedingung qualifiziert werden kann, verlangt, dass sich das Motiv aus Sicht der Vertragsparteien auf einen noch ungewissen Umstand bezieht: Was von den Parteien nicht als unsicher erkannt wurde, kann daher nicht Bedingung sein. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der andere Vertragspartner bewusst das Risiko des Nichteintritts des ungewissen Umstands und des damit verbundenen Wegfalls des Vertrags auf sich nimmt.

3. Das vage gehaltene Motiv des Geschäftsführers der beklagten Partei, den Kläger durch die Zusage einer höheren Provision an das Unternehmen zu binden und seinen Einsatz zu befördern, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Der Geschäftsführer der beklagten Partei bot dem Kläger die höhere Provision an, damit er im Unternehmen verbleibt; es war aber beiden Vertragsparteien klar, dass es nicht „ewig“ so bleiben würde. Gerade dieser Umstand zeigt den erkennbaren Versuch, den Kläger aktuell im Unternehmen zu halten. Vorerst war klar (und nicht unsicher), dass der Kläger die höhere Provision erhalten sollte, zumal die Vereinbarung einer einseitigen Abänderbarkeit zugunsten der beklagten Partei gerade nicht festgestellt ist. Dazu kommt, dass aus dem Gespräch von Jänner/Februar 2008 keine Hinweise hervorgehen, dass der höhere Provisionsanspruch mit der Ankündigung der Beendigung des Vertragsverhältnisses (in Form der Kündigung) auslaufen sollte. Das bekanntgegebene Motiv ist insoweit zu unbestimmt, um als (auflösende) Bedingung für den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung gelten zu können. In gleicher Weise könnte angenommen werden, dass die wirkliche Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Ende der Kündigungsfrist als maßgeblich anzusehen. Diese Überlegungen zeigen, dass eine Qualifikation des bekannt gegebenen Motivs als (bestimmte) Bedingung für das Aufrechtbleiben des höheren Provisionsanspruchs nicht in Betracht kommt.

4. Da die beklagte Partei ohne entsprechende Grundlage in der vertraglichen Vereinbarung die Provisionsansprüche des Klägers einseitig reduziert hat, war die sofortige Vertragsauflösung berechtigt.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher dahin abzuändern, dass mit Zwischenurteil die Berechtigung der Klageforderung dem Grunde nach festgestellt wird. Mit der Höhe der vom Kläger relevierten Ansprüche haben sich die Vorinstanzen noch nicht auseinander gesetzt, ebenso wenig mit den eingewendeten Gegenforderungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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