OGH 3Ob595/87 (3Ob596/87)

OGH3Ob595/87 (3Ob596/87)2.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Wolfgang K***, geboren am 14. Dezember 1946 in Wien, Geschäftsmann, Nesselthalerstraße 40, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Karl Ludwig Vavrovsky, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte und widerklagende Partei Lydia K***, geboren am 29. März 1941 in Salzburg, Hausfrau, Münchner Bundesstraße 38, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Ehescheidung, hier wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur einstweiligen Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der gefährdeten beklagten und widerklagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 23. September 1987, GZ 1 R 230,231/87-45, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 21. Juli 1987, GZ 5 Cg 385/85-41, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 5.657,85 (darin S 514,35 Umsatzsteuer) bestimmten weiteren Kosten des Provisorialverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Parteien haben am 28. Feber 1979 die Ehe geschlossen. Die Ehefrau hat ihre im Juli 1985 erhobene Ehescheidungsklage im September 1985 unter Verzicht auf die geltend gemachten Gründe zurückgenommen, nach Einbringung der Klage des Ehemannes auf Scheidung der Ehe nach § 49 EheG am 4. Oktober 1985 zunächst nur die Abweisung dieser Klage beantragt und dann am 27. Juni 1986 die Widerklage auf Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Ehemannes erhoben.

Am 25. März 1987 beantragte die Ehefrau im Zusammenhang mit diesen Verfahren auf Scheidung der Ehe, zur einstweiligen Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse dem Ehemann, der noch während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft am 31. Jänner 1985 Anteile der Liegenschaft EZ 547 KG Salzburg erworben und diese in der Folge erheblich belastet habe und behaupte, sonst über kein nennenswertes Vermögen zu verfügen, die Veräußerung und Belastung seiner 434/992 Anteile an dieser Liegenschaft, die zu den ehelichen Ersparnissen gehöre und die der Ehemann veräußern wolle, zu verbieten.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung am 30. März 1987 und ordnete die Anmerkung des Verbotes im Grundbuch an. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Ehemannes keine Folge. Das Erstgericht verhandelte zufolge vom Ehemann erhobenen Widerspruches über die Statthaftigkeit der bewilligten Verfügung und entschied, daß die einstweilige Verfügung aufrecht bleibe.

Es sah als bescheinigt an:

Der Ehemann beabsichtigte die Errichtung einer Gesellschaft mbH und wollte Anteile an der Liegenschaft EZ 547 KG Salzburg mit dem Haus Bergstraße 19/Priesterhausgasse 20 erwerben, um dort für das zu gründende Unternehmen eine Geschäftsräumlichkeit zu schaffen. Am 31. Jänner 1985 kaufte er die Liegenschaft um S 1,400.000 und errichtete mit Johann R*** die R*** Gesellschaft mbH. Am selben Tag trat der Gesellschafter Johann R*** seine Stammeinlage an den Ehemann ab, der damit Alleingesellschafter der am 26. Feber 1985 in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaft wurde.

Seit dem 30. Mai 1985 leben die Eheleute getrennt.

In Erfüllung schon vor dem Ankauf der Liegenschaft mit Dr. Robert E*** getroffener Vereinbarungen veräußerte der Ehemann am 18. Dezember 1985 an diesen 558/992 Anteile der Liegenschaft. Zugleich wurde die Begründung von Wohnungseigentum an allen, also auch den im Eigentum des Ehemannes verbleibenden 434/992 Anteilen vereinbart.

Der Ehemann blieb weiter Eigentümer dieser mit Wohnungseigentum an dem Geschäftsraum G 1 verbundenen Liegenschaftsanteile, die GmbH führte Ausgestaltungen des Geschäftslokals durch, sollte nach Willen des Ehemannes die "wirtschaftliche Eigentümerin" des Objektes sein und übernahm eine Abwicklung in finanzieller Hinsicht mit S 612.560. Im Jahresabschluß der GmbH zum 31. Dezember 1986 findet sich das Objekt als Zugang unter "Gebäude" mit einem Wert von S 1,380.978,03. Auch die anteiligen Betriebskosten und die Kosten der Instandhaltung scheinen in der Bilanz auf.

Ein Immobilienmakler kündigte am 16. Feber 1987 an, der Ehemann sei bereit, seine Anteile, die inzwischen mit Pfandrechten für Forderungen von S 297.507 sA, S 403.914 sA und bis zum Höchstbetrag von S 1,500.000 belastet worden waren, um S 1,850.000 zu verkaufen. Das Erstgericht meinte, die Ergebnisse des Widerspruchsverfahrens änderten nichts daran, daß es sich bei dem unbeweglichen Vermögen des Ehemannes um der nachehelichen Aufteilung unterliegende eheliche Ersparnisse handle. Das Geschäftsobjekt sei der GmbH nur zur Verfügung gestellt, nicht aber als Sacheinlage eingebracht oder der Gesellschaft übertragen worden. Die Liegenschaftsanteile seien keinem Unternehmen des Ehemannes zuzuordnen. Wegen der Verkaufsabsichten bestehe die Gefahr, daß sie der Aufteilung entzogen werden.

Das Rekursgericht änderte über den Rekurs des Ehemannes den erstgerichtlichen Beschluß über die Bestätigung der einstweiligen Verfügung ab, gab dem Widerspruch Folge und hob die Verfügung vom 30. März 1987 auf. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000 übersteigt, ging von dem schon vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt aus und kam nach eingehenden Ausführungen zu der zu § 82 Abs 1 Z 3 EheG, wonach der nachehelichen Aufteilung zu einem Unternehmen gehörende Sachen nicht unterliegen, entwickelten Lehre und Rechtsprechung zu dem Ergebnis, daß der mit Geschäftsraumwohnungseigentum verbundene Liegenschaftsanteil dem Unternehmen der GmbH gewidmet und daher von einer Aufteilung als eheliches Ersparnis ausgenommen sei. Um eheliches Gebrauchsvermögen, das während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient hat, handle es sich nicht. Daraus ergebe sich, daß die Ehefrau keinen Anspruch darauf habe, daß die Liegenschaftsanteile, deren Belastung und Veräußerung sie zur Sicherung ihres Aufteilungsanspruches verhindert wissen wolle, der nachehelichen Aufteilung nach Rechtswirksamkeit der Scheidung der Ehe unterworfen werden. Da der Ausnahmetatbestand nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG dargetan sei, sei die Verfügung aufzuheben, auch wenn der Ehemann ausdrücklich betone, er müsse die Liegenschaftsanteile verwerten, um die Gesellschaft wirtschaftlich zu retten, denn die Ehefrau verlange eine Zustandssicherung in Ansehung einer zu einem Unternehmen gehörenden und daher nicht der Aufteilung unterliegenden Sache.

Gegen diesen abändernden Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich die Ehefrau mit ihrem nach § 402 Abs 2 und § 78 EO, § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Revisionsrekurs. Sie strebt die Wiederherstellung der erstrichterlichen Entscheidung an, wonach das mittels einstweiliger Verfügung erlassene Verbot der Veräußerung und Belastung des Liegenschaftsanteiles aufrecht bleibe. Der Gegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Soweit die Revisionsrekurswerberin meint, das Rekursgericht habe auf unzureichender Entscheidungsgrundlage die Zugehörigkeit des Liegenschaftsanteils zu dem Unternehmen der GmbH angenommen, ist festzuhalten, daß auch im Provisorialverfahren der von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommene Sachverhalt keiner Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegt (EFSlg 39.507; EFSlg 44.353 ua) und dem Rekursgericht kein Rechtsirrtum unterlaufen ist, wenn es die Widmung des Wohnungseigentumsobjektes für die Geschäftstätigkeit der GmbH, deren Alleingesellschafter (und Geschäftsführer) der Ehemann ist, daraus ableitete, daß dieser schon vor der Errichtung der Gesellschaft Absprachen mit einem Dritten traf, der Liegenschaftsanteile zur Begründung von Wohnungseigentum erwerben sollte, die Liegenschaft in der Absicht erwarb, der Gesellschaft Geschäftsräume zu beschaffen und die diesem Ziel dienenden Rechtsgeschäfte in der Folge tätigte. Ob die GmbH die Geschäftsräumlichkeiten zu unternehmerischer Tätigkeit benützte oder ob der Ehemann selbst dort ein Unternehmen betreibt, macht keinen Unterschied. Der Hinweis auf die wirtschaftliche Einflußnahme des Ehemannes auf das Unternehmen versagt, weil die Rechtslage nicht anders wäre, hätte der Ehemann selbst sein Unternehmen in den von ihm ins Wohnungseigentum erworbenen Geschäftsräumlichkeiten aufgenommen. Eine Liegenschaft bildet keinen Gegenstand der Aufteilung, wenn sie als Sitz des Unternehmens benützt wird, ja wenn sie zur Sicherstellung von Betriebsmittelkrediten für das Unternehmen gewidmet ist (EFSlg 46.345). Maßgebend dafür ist, ob der Eigentümer die Liegenschaft als Bestandteil eines Unternehmens gewidmet hat (EFSlg 48.935). Alle Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, sind von der Aufteilung auszuscheiden (Ehrenzweig-Schwind 112; Schwind, EheR2 317; Migsch in Floretta, Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht 67; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 12 zu § 82; Koziol-Welser II7 212), gleich ob es sich um größere Unternehmen oder Kleinbetriebe handelt (EFSlg 46.343). Bei der GmbH handelt es sich jedenfalls um eine selbständige organisierte Erwerbsgelegenheit also ein Unternehmen (Koziol-Welser II7 15), sie gilt nach § 61 Abs 3 GmbHG als Handelsgesellschaft, auch wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Es liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, daß die GmbH nicht im Sinne ihres Unternehmensgegenstandes (Groß- und Einzelhandel mit Giften und Chemikalien, chemischen Produkten und Laboreinrichtungen) unternehmerisch tätig wurde.

Der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, daß die zum Zwecke der Führung des Betriebes dieses Unternehmens beschafften mit Wohnungseigentum an dem Geschäftsraum verbundenen Liegenschaftsanteile zu dem Unternehmen gehören, weil sie der Eigentümer dafür zur Verfügung stellte, ist beizupflichten. Bei der Herausnahme von Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, aus der der Aufteilung unterliegenden Vermögensmasse war bestimmend, daß durch den nachehelichen Aufteilungsanspruch nicht Betriebe in ihrem Bestand gefährdet werden und damit Arbeitsplätze verloren gehen (JA 916 BlgNR 14.GP 14), wofür sich beide Sozialpartner im Zuge der Beratungen zur Neuordnung der Aufteilung ehelichen Vermögens nach der Scheidung der Ehe eingesetzt hatten (EFSlg 46.343; EFSlg 48.934). Dies stellt aber nur die Begründung für die Regelung im § 82 Abs 1 Z 3 EheG dar, der zu einem Unternehmen gehörende Sachen von der Aufteilung ausnimmt, ohne daß im Einzelfall geprüft werden könnte, ob der Regelungszweck der Norm die Ausnahme rechtfertigt. Es kommt daher weder darauf an, ob die Sache vom Eigentümer mit oder ohne Zustimmung des anderen Ehegatten dem Unternehmen gewidmet wurde, noch darauf, ob der Unternehmensbestand oder Arbeitsplätze gefährdet wären, wenn die zum Unternehmen gehörende Sache der nachehelichen Aufteilung unterworfen würde. Das Gesetz schränkt vielmehr in einer generalisierenden Betrachtungsweise die der Aufteilung unterliegende Vermögensmasse ein und scheidet alle dem Unternehmen gewidmeten Sachen aus. Besteht aber ein Anspruch auf Einbeziehung des Liegenschaftsanteiles in die nacheheliche Aufteilung nicht, so kann durch Veräußerung oder Belastung des Anteils eine die Sicherung durch das begehrte Belastungs- und Veräußerungsverbot erfordernde Gefährdung des Aufteilungsanspruches im Sinne des § 382 Z 8 lit c EO nicht eintreten. Die einstweilige Verfügung wurde vom Rekursgericht zu Recht aufgehoben.

Dem Gegner der gefährdeten Partei, die mit ihrem Widerspruch obsiegte, sind auch die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen (§ 402 Abs 2 und § 78 EO, §§ 41 und 50 ZPO).

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