European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00054.16M.0427.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Beklagte bestritt das Begehren auf Unterlassung der Nutzung einer näher bezeichneten Teilfläche des im bücherlichen Eigentum der klagenden Gebietskörperschaft stehenden Grundstücks als Badeplatz zu über den Gemeingebrauch hinausgehenden Freizeitzwecken mit der Behauptung, sie habe an der Teilfläche eine Dienstbarkeit ersessen bzw es sei ihren Rechtsvorgängern eine Dienstbarkeit konkludent eingeräumt worden.
Das Berufungsgericht bestätigte das klagestattgebende Ersturteil im Wesentlichen mit der Begründung, der Beklagten, die während der Ersitzungsfrist dem in der Natur festgelegten und im zugehörigen Plan dargestellten Grenzverlauf zugestimmt habe, fehle ab diesem Zeitpunkt jedenfalls der für die Ersitzung erforderliche gute Glaube. Gemessen an dem strengen Maßstab des § 863 ABGB sei eine Dienstbarkeit auch nicht konkludent eingeräumt worden.
In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf:
Rechtliche Beurteilung
1. Voraussetzung für die Ersitzung einer Dienstbarkeit ist (unter anderem), dass der Besitz während der gesamten Ersitzungszeit (§ 1477 ABGB) redlich ist (§ 1463 ABGB) und zumindest 30 Jahre (§ 1470 ABGB) oder ‑ wie hier gegenüber einer Gebietskörperschaft - 40 Jahre (§ 1472 ABGB) gedauert hat. Der gute Glaube geht verloren, wenn der Besitzer positiv Kenntnis erlangt, dass sein Besitz nicht rechtmäßig ist, oder wenn er zumindest solche Umstände erfährt, die zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Besitzausübung Anlass geben (RIS‑Justiz RS0010137 [T1]; RS0010184; RS0034103 [T1]).
2. Die Beurteilung der Redlichkeit hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und wirft daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS‑Justiz RS0010184 [T13]; RS0010185 [T7]).
3. Eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor. Die Auffassung des Berufungsgerichts ist jedenfalls vertretbar; musste doch die Beklagte seit der Unterfertigung der Planurkunde zumindest Zweifel an einem eventuell bis dahin von ihr angenommenen Grenzverlauf haben (vgl auch den zu 1 Ob 38/16v entschiedenen Fall, der ebenfalls Teilflächen betraf, die der Klägerin gehören).
4. Die in der Revision als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob die Unterfertigung des Plans „Einfluss auf eine offenkundig bestehende“ Dienstbarkeit haben könne, stellt sich nicht, weil zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Planurkunde eine derartige Dienstbarkeit gerade nicht bestand: Die Beklagte behauptete dazu in erster Instanz, ihren Rechtsvorgängern sei durch bestimmte, nach den Feststellungen des Erstgerichts bis 1961 ergriffene Maßnahmen der Straßenmeisterei (Anbringung einer Metallkette und eines Metallschildes mit der Aufschrift „Privat“) eine Dienstbarkeit schlüssig eingeräumt worden. Dem steht bereits entgegen, dass die Beklagte bzw ihre Rechtsvorgänger nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten in erster Instanz, das sie in der Revision wiederholt, darauf vertrauten, Eigentümer der strittigen Teilfläche zu sein. Es fehlt daher schon nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten an dem für einen schlüssigen Vertragsabschluss im Sinn des § 863 ABGB erforderlichen Tatbestandsmerkmal des Vertrauens des konkreten Erklärungsempfängers darauf, dass das Verhalten der Klägerin als Anbot auf Einräumung einer unentgeltlichen Dienstbarkeit zu verstehen war (Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 863 Rz 14; Bollenberger in KBB4 § 863 Rz 3 je mwN; RIS‑Justiz RS0014167 [T1]).
5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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