OGH 3Ob4/99f

OGH3Ob4/99f30.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Herbert Grass, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wider die beklagte Partei Ö***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Roland Gabl & Dr. Josef Kogler & Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in Linz, wegen 67.957,86 S sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14. Oktober 1998, GZ 14 R 453/98f-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Perg vom 29. Mai 1998, GZ C 250/97 d-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.871,04 S (darin 811,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Die P***** Gesellschaft m. b. H. übergab als Verkäuferin aufgrund des schriftlichen Kaufvertrags vom 25. März 1995 einen Omnibus "wie besichtigt und probegefahren" um 2,220.000 S inklusive 20 % Umsatzsteuer der J***** KG als Käuferin. Kurz danach ist während des Gebrauchs des Kaufobjekts durch die klagende Partei als Mieterin ein Kupplungsschaden eingetreten. Die klagende Partei wendete zur Schadensbehebung 67.957,86 S an Reparaturkosten auf. Nicht feststellbar ist, daß der Geschäftsführer der Verkäuferin die Klageforderung konstitutiv anerkannt hätte. Am 3. Oktober 1996 hatte die "J***** GesmbH" an die "P***** GmbH. & Co KG", deren Geschäftsführer auch Geschäftsführer der Omnibusverkäuferin war, ein Schreiben nachstehenden Inhalts gerichtet:

"Betrifft: Busankauf ...

Sehr geehrter Herr ... (Geschäftsführer) ...!

Wie bereits telefonisch besprochen, senden wir Ihnen nachstehend die Aufstellung der Reparaturkosten die beim o.a. Omnibus nach der ersten Ausfahrt entstanden sind:

... (Detaillierung der Aufwendungen) ...

Gesamtsumme öS 67.957,86

Da Sie sich bereit erklärt haben, diese Kosten zu übernehmen, bitten wir um Überweisung des Betrages per öS 67.957,86 auf unser Konto wie folgt:

... (Bankverbindung) ...

Wir danken im Voraus für die prompte Erledigung und verbleiben ... ".

Noch vor Kaufvertragsabschluß vom 25. März 1995 hatte die Verkäuferin einem gewerblichen Werkunternehmer "unabhängig vom Verkauf" den Auftrag erteilt, am Omnibus eine Kupplungsreparatur (Austausch der Kupplungsbeläge, der Kupplungsscheiben und der Druckplatten) durchzuführen. Die Reparatur erfolgte vom 5. bis 7. Februar 1995. Der Geschäftsführer der Verkäuferin wies jenen der Käuferin im Zuge der Vertragsverhandlungen auf den Reparaturumfang hin. Nicht feststellbar ist, ob diese Mitteilung "einen besonderen Einfluß auf die Preisvereinbarung hatte". Der Verkäuferin war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses "die bestrittene Mangelhaftigkeit der Kupplungsreparatur" unbekannt. Es sind auch keine Umstände feststellbar, aus denen die Verkäuferin eine "Mangelhaftigkeit der Reparatur" hätte erkennen können. Während des durch Klageeinbringung am 27. März 1997 eingeleiteten Verfahrens erster Instanz trat die Käuferin ihre Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom 25. März 1995 gegen die Verkäuferin an die klagende Partei, die Mieterin des Omnibusses, ab. Die Verkäuferin wurde nach Kaufvertragsabschluß mit der nunmehrigen beklagten Partei verschmolzen.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 67.957,86 S und brachte vor, ihr seien die Ansprüche der Käuferin aus dem Kaufvertrag vom 25. März 1995 abgetreten worden. Für die Kaufpreishöhe sei die Zusicherung des Geschäftsführers der Verkäuferin, die Kupplung des Omnibusses sei kurz vorher einer Generalüberholung unterzogen worden, mitbestimmend gewesen. Ohne diese Zusage wäre die spätere Käuferin nur bereit gewesen, einen um zumindest 70.000 S geringeren Kaufpreis zu akzeptieren. Es habe sich jedoch herausgestellt, daß die von der Verkäuferin veranlaßte Generalüberholung mangelhaft gewesen sei. Obgleich der Omnibus "ohne Gewähr" erworben worden sei, hafte die Verkäuferin für Schadenersatz, weil sich das Fehlen einer ausdrücklich zugesicherten Eigenschaft herausgestellt habe. Die beklagte Partei habe als Rechtsnachfolgerin der Verkäuferin auch für das Verschulden des Reparaturunternehmers als Erfüllungsgehilfen einzustehen. Die Verkäuferin habe den Klageanspruch überdies konstitutiv anerkannt und auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben nicht reagiert.

Die beklagte Partei wendete ein, die klagende Partei sei nicht Zessionarin der Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom 25. März 1995. Der Omnibus sei "in ordnungsgemäßem und vertragsgemäßem Zustand", also mängelfrei, übergeben worden. Es seien keine besonderen Zusagen über bestimmte Eigenschaften des Kaufobjektes erfolgt. Die Verkäuferin hätte eine allenfalls mangelhafte Kupplungsreparatur auch gar nicht "feststellen" können. Es bestehe daher kein Schadenersatzanspruch. Der Klageanspruch sei aber auch nicht konstitutiv anerkannt worden. Die Mitteilung vom 3. Oktober 1996 sei kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seiner Ansicht muß der begehrte Ersatz des geltend gemachten Mangelschadens schon daran scheitern, daß die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei keine Kenntnis von einer (allfälligen) Mangelhaftigkeit der Kupplungsreparatur am Omnibus gehabt habe. Sie hätte eine solche Kenntnis auch nicht haben müssen. Die Verkäuferin habe sich des Werkunternehmers nicht in Erfüllung kaufvertraglicher Pflichten bedient. Deshalb habe die beklagte Partei auch nicht für dessen allfälliges Verschulden einzustehen. Die Verletzung von "Auswahl- und Prüfpflichten" komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Verkäuferin die Kupplungsreparatur in einer "konzessionierten Werkstätte" durchführen habe lassen. Die klagende Partei sei überdies als "Zessionarin der Käuferin" kein durch den Werkvertrag geschützter Dritter. Sie hätte als Betroffene einer Schadensverlagerung nur den Werkstättenleiter ex delicto in Anspruch nehmen können. Soweit sie aber eigene - demnach nicht zedierte - Ansprüche geltend mache, könne sie sich auch nicht auf die "Beweislastumkehr des § 1298 ABGB" berufen. Im übrigen mangle es an Tatsachen, aus denen ableitbar wäre, daß die Verkäuferin einen Anspruch in Höhe der Klageforderung konstitutiv anerkannt hätte.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach zunächst aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit Beschluß vom 25. November 1998 änderte es diesen Ausspruch dahin ab, daß die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, das Schreiben vom 3. Oktober 1996 könne im Verhältnis zur beklagten Partei schon deshalb nicht die Wirkungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens entfalten, weil es sich auf Parteien beziehe, die am Kaufvertrag gar nicht beteiligt gewesen seien. Außerdem sei das Schweigen des Empfängers nach Zugang eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch dann nicht als Zustimmung zu werten, wenn es sich auf einen noch nicht zustandegekommenen Vertrag beziehe. Gerade das treffe aber auf das von der klagenden Partei behauptete konstitutive Anerkenntnis zu. Eine bestimmte Kupplungsqualität sei nicht vereinbart worden. Die Verkäuferin habe auch keinen ihr bekannten Mangel verschwiegen. Nach § 1298 ABGB habe der Verkäufer nachzuweisen, daß ihn in Ansehung einer unterbliebenen Mängelbehebung kein Verschulden treffe. Hier habe sich aber die Verkäuferin von einem Verschuldensvorwurf entlastet, weil sie keine Kenntnis von einem (allfälligen) Kupplungsmangel gehabt habe und keine Tatsachen den Schluß auf die Erkennbarkeit eines solchen Mangels zugelassen hätten. Da eine Haftung der beklagten Partei schon deshalb ausscheide, sei gar nicht mehr zu prüfen, ob der behauptete Mangel bei Übergabe des Omnibusses überhaupt vorhanden gewesen sei. Die Verkäuferin habe sich des Werkunternehmers anläßlich der Kupplungsreparatur nicht in Erfüllung des Kaufvertrags bedient, weil diese Reparatur unabhängig vom späteren Omnibusverkauf erfolgt sei. Weil eine vertragliche Haftung der beklagten Partei jedenfalls zu verneinen sei, bedürfe es auch keiner Klärung, ob der geltend gemachte Schaden im Vermögen der Zedentin oder in jenem der Zessionarin eingetreten sei.

Den schließlichen Ausspruch, daß die ordentliche Revision gegen das Berufungsurteil doch zulässig sei, begründete das Gericht zweiter Instanz damit, die Negativfeststellung zur Frage des konstitutiven Anerkenntnisses belaste nach Ansicht der klagenden Partei wegen des unwidersprochen gebliebenen kaufmännischen Bestätigungsschreibens den Prozeßstandpunkt der beklagten Partei. Dagegen sei das Berufungsgericht "bei der Frage nach der Beweiswirkung davon ausgegangen, daß entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht der Beweis des Gegenteils notwendig" sei, "sondern selbst im Falle der (fiktiven) bewiesenen Vermutungsbasis der Gegenbeweis" ausreiche. Dazu fehle es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist unzulässig.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin sind die Rechtswirkungen eines unwidersprochen gebliebenen kaufmännischen Bestätigungsschreibens (siehe zum Stand von Lehre und Rechtsprechung Kramer in Straube, HGB2 Rz 45 ff zu § 346) nicht entscheidungswesentlich. Die klagende Partei stellt gar nicht in Abrede, daß das Schreiben vom 3. Oktober 1996 weder von der Käuferin verfaßt noch an die Verkäuferin adressiert war. Das soll nach Ansicht der klagenden Partei rechtlich deshalb belanglos sein, weil die "Korrespondenz zwischen den Personen geführt" worden sei, "die eine mündliche Vereinbarung getroffen" hätten "bzw zwischen welchen ein Anerkenntnis zustande gekommen" sei.

Damit leugnet die klagende Partei rechtsirrig jene Zurechnungsfrage, die immer dann zu lösen ist, wenn ein Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften als Vertreter handelt. Im übrigen bedarf es wohl keiner näheren Begründung, daß bei einem an eine bestimmte Gesellschaft gerichteten kaufmännischen Bestätigungsschreiben das Unterbleiben eines Widerspruchs nur Wirkungen gegen diese Gesellschaft entfalten kann. Daran vermag die Tatsache, daß deren Geschäftsführer auch noch Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft ist, nichts zu ändern.

Hier steht fest, daß nicht die Adressatin des Schreibens vom 3.

Oktober 1996, sondern eine andere Gesellschaft Verkäuferin des

Omnibusses war. Die beklagte Partei ist - nach den maßgebenden

Tatsachen - aber nur Rechtsnachfolgerin der Verkäuferin und kann

daher in dieser Funktion nicht von den Rechtswirkungen eines

kaufmännischen Bestätigungsschreibens erfaßt worden sein, das nicht

an ihre Rechtsvorgängerin, sondern an eine andere Gesellschaft -

nämlich eine handelsrechtliche Personengesellschaft - gerichtet war.

Schon deshalb stellt sich kein materiellrechtliches Beweislastproblem

zu den Rechtswirkungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens

mehr, dessen Klärung zur Entbindung der klagenden Partei vom strikten Nachweis der Tatsachengrundlagen für das behauptete konstitutive Anerkenntnis des Klageanspruchs durch die Verkäuferin führen könnte.

Soweit die klagende Partei in ihren Rechtsmittelausführungen auch einen Feststellungsmangel rügt, bringt sie in Wahrheit nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Beweisrüge zur Darstellung, weil sie als Grundlage ihrer Argumentation die Frage der materiellrechtlichen Wirkung eines unwidersprochen gebliebenen kaufmännischen Bestätigungsschreibens von jener seiner Beweiskraft als Urkundenbeweis im Zivilprozeß nicht trennt. Eine solche Differenzierung ist jedoch notwendig (Kramer aaO Rz 52). Dazu ist mit Rücksicht auf die Verfahrensergebnisse hervorzuheben, daß der klagenden Partei trotz Vorlage des Schreibens vom 3. Oktober 1996 (Beilage ./C) der Beweis von Tatsachen mißlang, aus denen ein konstitutives Anerkenntnis des Klageanspruchs durch die Verkäuferin als Rechtsvorgängerin der beklagten Partei ableitbar wäre. Dem kann im Revisionsverfahren - wie bereits erwähnt - nicht mehr abgeholfen werden.

Damit ist aber die ordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer entscheidungswesentlichen Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Bei dieser Zulässigkeitsprüfung ist der Oberste Gerichtshof, wie hervorzuheben ist, zufolge § 508a Abs 1 ZPO nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 508 Abs 3 ZPO gebunden (2 Ob 217/98w).

Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil die beklagte Partei darin auf die Unzulässigkeit der Revision hinwies. Deren Kosten sind daher gemäß §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO zuzusprechen.

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