European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00045.14K.0521.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden mit Beschluss vom 1. April 2009 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 33.836,90 EUR sA die Exekution durch Zwangsversteigerung der im gemeinsamen Wohnungseigentum der Verpflichteten stehenden Liegenschaftsanteile.
Mit Beschluss vom 19. September 2012 bewilligte das Erstgericht die Aufschiebung des gegen den Erstverpflichteten geführten Exekutionsverfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung der von ihm erhobenen Oppositionsklage gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 5.000 EUR. Diese Entscheidung wurde dem Erstverpflichteten am 10. Oktober 2012 zugestellt.
Am 16. Oktober 2012 beantragte der Erstverpflichtete Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung eines Rekurses gegen den Aufschiebungsbeschluss. Das Erstgericht wies den Verfahrenshilfeantrag mit Beschluss vom 29. November 2012 wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ab, das Rekursgericht gab dem vom Erstverpflichteten dagegen erhobenen Rekurs mit Beschluss vom 20. März 2013 nicht Folge.
Am 11. April 2013 erhob der Erstverpflichtete, vertreten durch den im Titelverfahren beigegebenen Verfahrenshelfer, mit der Begründung Rekurs, die verhängte Sicherheitsleistung sei unverhältnismäßig hoch.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs wegen Verspätung zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil hier eine Einzelfallentscheidung zu treffen gewesen sei (Beurteilung als Rechtsmissbrauch). Der gegen den Sicherheitserlag erhobene Rekurs habe lediglich der Verfahrensverzögerung gedient, der hiefür gestellte neuerliche Verfahrenshilfeantrag sei von vornherein aussichtslos gewesen. Wiederholt gestellte Verfahrenshilfeanträge seien jedoch nicht geeignet, die Rechtsmittelfrist zu unterbrechen. Der erst am 11. April 2013 erhobene Rekurs gegen den am 10. Oktober 2012 dem Erstverpflichteten zugestellten Beschluss sei daher verspätet.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Erstverpflichteten, neuerlich vertreten durch den im Titelverfahren bestellten Verfahrenshelfer, erhobene, als Rekurs bezeichnete Revisionsrekurs, mit dem er die Aufhebung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses und die neuerliche (inhaltliche) Entscheidung des Rekursgerichts über seinen Rekurs gegen den Sicherheitserlag anstrebt, ist nicht zulässig.
Zunächst ist festzuhalten, dass für den Wert des Entscheidungsgegenstands im Exekutionsverfahren in der Regel der betriebene Anspruch maßgeblich ist, was insbesondere auch für die Entscheidung über die Aufschiebung des gesamten Exekutionsverfahrens gilt (RIS‑Justiz RS0121365). Maßgebend für den Wert des Entscheidungsgegenstands ist auch dann, wenn es um die Aufschiebung der Exekution und/oder um die Frage der Sicherheitsleistung geht, die Höhe der betriebenen Forderung (3 Ob 302/99d; Jakusch in Angst EO 2 Rz 25c zu § 65; Rassi in Burgstaller/Deixler‑Hübner , § 65 EO Rz 45).
Die Vertretungsmacht eines im Titelverfahren bestellten Verfahrenshelfers umfasst nicht ‑ wie vom Rekursgericht offenbar angenommen ‑ automatisch die Vertretung des Verpflichteten im Exekutionsverfahren. Abgesehen davon, dass sich selbst eine Prozessvollmacht nur auf die Vertretung der exekutionsführenden Partei erstreckt (§ 31 Abs 1 Z 3 ZPO; RIS‑Justiz RS0035997), lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien ein Anhaltspunkt für eine entsprechende Einschränkung finden. Wenn dort die in § 64 Abs 1 erster Satz ZPO erwähnte Erstreckung der Verfahrenshilfe auf ein anschließendes Exekutionsverfahren damit begründet wird, dass damit den Parteien und dem Gericht ein neues und „in aller Regel überflüssiges“ Verfahren zur Erlangung der Verfahrenshilfe erspart werden soll, so liegt dem offenbar die Annahme zugrunde, dass die Partei nur einen im Prozess bereits als berechtigt anerkannten Anspruch in der Zwangsvollstreckung (weiter‑)verfolgen will; nur dort kann nämlich eine neuerliche Prüfung der Frage einer allfälligen Aussichtslosigkeit oder Mutwilligkeit (auch die Frage der Einbringlichkeit war bereits Verfahrensgegenstand) unterbleiben, wogegen Maßnahmen des Verpflichteten in der Exekution (etwa Rekurse, Aufschiebungsanträge, exekutionsrechtliche Klagen etc) einer ganz eigenen Beurteilung unterliegen ( Bydlinski in Fasching/Konecny 2 § 64 ZPO Rz 2 mwN, auch zur zweitinstanzlichen Rsp). Der dem Beklagten im Titelverfahren beigegebene Verfahrenshelfer war daher als solcher nicht befugt, den Verpflichteten im zur Hereinbringung der titulierten Forderung eingeleiteten Exekutionsverfahren zu vertreten.
Daraus folgt zunächst, dass die den Rekurs des Erstverpflichteten zurückweisende Entscheidung des Rekursgerichts richtig an den Erstverpflichteten und nicht an den für ihn einschreitenden Verfahrenshelfer zugestellt wurde, dem mangels neuerlicher Bewilligung der Verfahrenshilfe im Exekutionsverfahren jedenfalls keine Vertretungbefugnis zukommt. Diese Zustellung erfolgte am 5. August, der erst am 30. August zur Post gegebene Revisionsrekurs ist daher ‑ abgesehen davon, dass sich der für den Erstverpflichteten einschreitende Rechtsanwalt neuerlich nur auf seine wie schon dargelegt für das Exekutionsverfahren unwirksame Bestellung als Verfahrenshelfer beruft ‑ jedenfalls verspätet und daher zurückzuweisen. Die Frage eines allfälligen Verbesserungsverfahrens (Sanierung des Vollmachtsmangels) stellt sich daher von vornherein nicht.
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