European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00040.22M.0324.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Mit Scheidungsfolgenvergleich vom 15. September 2016 verpflichtete sich der nunmehrige Oppositionskläger gegenüber der Beklagten zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 850 EUR. Aufgrund dieses Titels wurde der Beklagten als Betreibender mit Beschluss des Erstgerichts vom 18. November 2020 die Exekution zur Hereinbringung rückständigen Unterhalts für den Zeitraum September bis November 2020 sowie des laufenden Unterhalts in Höhe von 850 EUR monatlich ab 1. Dezember 2020 bewilligt.
[2] Mit seiner Oppositionsklage begehrte der Kläger, den titulierten Anspruch der Beklagten ab 1. September 2020 hinsichtlich eines 502,53 EUR monatlich übersteigenden Betrags (also im Ausmaß von 347,47 EUR monatlich) für erloschen zu erklären.
[3] Das Erstgericht erklärte die Exekution für den Zeitraum September bis November 2020 hinsichtlich eines Betrags von 213,11 EUR monatlich, für Dezember 2020 hinsichtlich eines Betrags von 505,62 EUR und ab 1. Jänner 2021 hinsichtlich eines 514,45 EUR monatlich übersteigenden Betrags (also im Ausmaß von 335,55 EUR monatlich) für unzulässig.
[4] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil infolge Berufung der Beklagten dahin ab, dass die Exekution für die Monate September bis November 2020 hinsichtlich eines monatlich 357,49 EUR übersteigenden Betrags und ab 1. Dezember 2020 hinsichtlich eines monatlich 750 EUR übersteigenden Betrags für unzulässig erklärte. Es ließ die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.
[5] Die dagegen erhobene „außerordentliche“ Revision der Beklagten legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof direkt vor.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Oberste Gerichtshof ist derzeit zur Behandlung dieses Rechtsmittels nicht zuständig:
[7] 1. Gemäß § 502 Abs 4 ZPO ist in den in § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO – wie hier – für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.
[8] 2. Eine familienrechtliche Streitigkeit iSd § 49 Abs 2 Z 2 JN liegt insbesondere dann vor, wenn in einem über eine Oppositionsklage eingeleiteten Verfahren – wie hier – der aus dem Gesetz gebührende Unterhalt strittig ist (vgl RS0046467 [T1, T12]), es sei denn, es wäre nur zu prüfen, ob der Unterhaltsanspruch infolge Aufrechnung oder Zahlung erloschen ist (RS0042968 [T4]), wenn dem betriebenen Anspruch also nicht mit einem aus dem Familienrecht abgeleiteten Oppositionsgrund entgegengetreten wird (3 Ob 149/13b mwN). Ist wie im vorliegenden Fall die Höhe des Unterhalts infolge einer Änderung der maßgeblichen Umstände strittig, liegt ein Streit über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt vor.
[9] 3. Der Wert des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz bestimmt sich beim Unterhalt nach § 58 Abs 1 JN grundsätzlich mit dem 36-fachen des monatlichen Unterhalts; dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nur auf den laufenden Unterhalt abzustellen, während bereits fällige Ansprüche nicht zusätzlich zur dreifachen Jahresleistung zu bewerten sind. Dies gilt auch für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Gerichts zweiter Instanz in einem Oppositionsverfahren, das betriebenen rückständigen und laufenden Unterhalt betrifft (vgl 3 Ob 207/19s mwN = RS0132912). Wird die Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (vgl RS0046543).
[10] 4. In zweiter Instanz war hinsichtlich des laufenden Unterhalts noch eine Herabsetzung im Ausmaß von 335,55 EUR monatlich strittig. Demgemäß betrug der Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts 12.079,80 EUR, überstieg also den Betrag von 30.000 EUR nicht.
[11] 5. Erhebt in den im § 508 Abs 1 ZPO angeführten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen, und zwar auch dann, wenn es als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (vgl RS0109623). Ob der dem Berufungsgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl RS0109623 [T8]).
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