OGH 3Ob35/08f

OGH3Ob35/08f3.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) O***** Limited, *****, Zypern. und 2.) M***** Corp. (vormals A*****, Inc.), *****, Vereinigte Staaten von Amerika, beide vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei C***** Limited, *****, Jersey, vertreten durch Dr. Wolfgang Kropf, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.404.601,89 USD sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Dezember 2007, GZ 46 R 783/07y-43, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 13. November 2006, GZ 63 E 5260/06m-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird im Umfang des Punktes II. des erstgerichtlichen Beschlusses zurückgewiesen.

Im Übrigen wird ihm dahin Folge gegeben, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen in ihrem jeweiligen Punkt I. - einschließlich der Kostenentscheidung zweiter Instanz - aufgehoben werden. Dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz über die Vollstreckbarerklärung.

Text

Begründung

Auf Antrag von zwei von vier klagenden Parteien erklärte das Erstgericht zwei Schiedssprüche des London Court of International Arbitration (im Folgenden nur LCIA) vom 28. April 2003 (Partial Award) sowie vom 3. Juli 2003, Zahl UNO242 (Final Award), gegenüber einer von seinerzeit zwei beklagten Parteien, die ihren Sitz in Jersey hat, für Österreich für vollstreckbar (Punkt I.) und bewilligte (mit Punkt II. seiner Entscheidung) diesen betreibenden Parteien wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung von 4.404.601,89 USD sA die Exekution nach § 294 EO. Die betreibenden Parteien hätten die nach dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, BGBl 1961/200 (im Folgenden nur NYÜ) erforderlichen Urkunden vorgelegt und die Rechtsverbindlichkeit und Vollstreckbarkeit der Schiedssprüche bescheinigt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Gericht zweiter Instanz den Rekurs zweier Drittschuldner gegen die Vollstreckbarerklärung der Schiedssprüche zurück und gab im Übrigen dem im vollen Umfang erhobenen Rekurs der verpflichteten Partei sowie dem gegen die Exekutionsbewilligung gerichteten Rekurs der Drittschuldner nicht Folge. Es sprach jeweils aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Nach der zweitinstanzlichen Rechtsauffassung seien Drittschuldner einer späteren Forderungsexekution nicht Antragsgegner im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels. Diesen fehle die Rechtsmittellegitimation zur Bekämpfung der Vollstreckbarerklärung.

Entgegen der Auffassung der verpflichteten Partei müsse ein aus Großbritannien stammender Schiedsspruch nicht auch im „Heimatland" Großbritannien durch ein ordentliches britisches Gericht für vollstreckbar erklärt werden, um in Österreich anerkannt zu werden. Das NYÜ mache die Anerkennung und Vollstreckung nur von den in seinen Art III bis V genannten Voraussetzungen abhängig, nicht aber von einer Vollstreckbarkeit oder Genehmigung im Urteilsstaat. Auch eine Vollstreckbarkeitsbestätigung sei nicht erforderlich. Die von den betreibenden Parteien vorgelegten Urkunden entsprächen den Voraussetzungen des Art IV des NYÜ, die schriftliche Schiedsabrede sei im Teilschiedsspruch auf den Seiten 6 und 7 festgehalten und durch das Schreiben der Beklagtenvertreter vom 11. Juni 2001 und das Antwortschreiben der Klagevertreter vom 19. Juni 2001 abgeschlossen worden. Die betreibenden Parteien hätten dieses Schreiben in beglaubigter Übersetzung vorgelegt. Zur Beglaubigung reiche die Bestätigung eines den Schiedsverfahrensparteien als neutrale Person nahestehenden Funktionsträgers, wie hier des Sekretärs der Schiedsgerichtsorganisation, aus. Dessen Handlungsbefugnis sei durch einen öffentlichen Notar beglaubigt und gemäß der Haager Konvention überbeglaubigt worden. Auch diese Urkunden seien samt Übersetzung vorgelegt worden. Schließlich reiche auch die vorgelegte Anzeige der Firmenänderung samt Bestätigung des Secretary of State of Delaware sowie die Apostille zum Nachweis der Namens-(Firmen-)Änderung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist im Umfang der Exekutionsbewilligung jedenfalls unzulässig, im Übrigen aber zulässig und im Sinne seines hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass auch in dritter Instanz, worauf in der den betreibenden Parteien freigestellten Revisionsrekursbeantwortung zutreffend hingewiesen wird, von der verpflichteten Partei nicht geltend gemacht wird, die vorgelegten Schiedssprüche wären gefälscht, die Kopien stimmten mit deren Original nicht überein oder es sei die Schiedsvereinbarung in Wahrheit nicht oder nicht in dieser Form getroffen worden bzw auch in diesem Punkt stimme die Kopie mit dem Original nicht überein. Vielmehr beschränken sich die Ausführungen darauf, geltend zu machen, dass die vorliegenden Beglaubigungen den Voraussetzungen des Art IV Abs 1 lit a und b des NYÜ nicht entsprächen.

Zu Recht macht die verpflichtete Partei als erhebliche Rechtsfrage geltend, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu, ob nach dem NYÜ auch die Schiedsvereinbarung durch einen Sekretär oder ähnlichen Funktionär des (ständigen) Schiedsgerichts beglaubigt werden dürfe und ob die Beglaubigung sowohl der Schiedsvereinbarung als auch des Schiedsspruchs durch eine solche Person stets oder nur dann erfolgen dürfe, wenn die anzuwendende Schiedsgerichtsordnung dies vorsehe.

Dazu führt die verpflichtete Partei aus, es stellten die betreibenden Parteien nicht in Abrede, dass die Beglaubigung der Schiedsvereinbarung nur durch ein untergeordnetes Organ des Schiedsgerichts erfolgt sei. Die Frage, ob die anzuwendende Schiedsordnung eine solche Beglaubigung überhaupt vorsehe oder für zulässig erkläre, sei vom Rekursgericht nicht behandelt worden. Tatsächlich finde sich in der Schiedsgerichtsordnung des LCIA keine Bestimmung, die solches vorsehe. Zwar sehe diese Schiedsgerichtsordnung in ihrem Art 26.5. vor, dass der LCIA den Parteien beglaubigte Kopien des Schiedsspruchs zu übermitteln habe, es gehe daraus aber nicht hervor, in welcher Form die Beglaubigung vorzunehmen sei. Ein Schiedsgerichtssekretär werde in diesen Regeln nicht erwähnt. In der Schiedsgerichtsordnung werde mit keinem Wort erwähnt, dass der „registrar" in irgendeiner Weise berufen oder befugt sei, Schiedssprüche oder gar Schiedsvereinbarungen zu beglaubigen. Demnach seien dessen Beglaubigungen im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht als ausreichend zu qualifizieren. Daher sei die Vollstreckbarerklärung zu Unrecht erfolgt. Die betreibenden Parteien hätten die Schiedsvereinbarung weder im Original (also in der Urschrift) noch in einer beglaubigten Abschrift, die von einer dazu befugten Person hergestellt worden sei, vorgelegt. Im Übrigen wäre eine beglaubigte Abschrift einer nicht legalisierten Urschrift nach Art IV des NYÜ nicht ausreichend. Für die Urschrift bedürfe es nämlich einer der Legalisierung nach § 79 NO entsprechenden Beglaubigung, während die Vidimierung im Sinne des § 77 NO nur für die Kopie eines entsprechend beglaubigten Originals vorgesehen sei.

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

I. Zur Vollstreckbarerklärung:

1.) Zu den formellen Beglaubigungserfordernissen:

Nach § 86 Abs 1 EO haben Regelungen des Völkerrechts Vorrang vor den Bestimmungen über die Vollstreckbarerklärung nach den §§ 79 ff EO. Das gilt daher auch für das NYÜ, das für Österreich am 31. Juli 1961 in Kraft getreten ist. Nach Art IV Abs 1 des NYÜ setzt die Anerkennung und Vollstreckung voraus, dass die antragstellende Partei zugleich mit ihrem Antrag vorlegt:

a) die gehörig beglaubigte (legalisierte) Urschrift des Schiedsspruchs oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist,

b) die Urschrift der Vereinbarung im Sinne des Art II oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist.

Schlosser (in Stein/Jonas, ZPO22, Anh zu § 1061 dZPO Rz 65) nennt diese Formerfordernisse eine umständliche Übertreibung, die ohne sinnvolle Funktion sei, wenn der Beklagte irgendwelche Authentizitätsmängel nicht geltend mache. Der Genannte vertritt dazu die Auffassung, es sei von den Beglaubigungsanforderungen des Anerkennungsstaats auszugehen. Aus dem NYÜ könne nicht abgeleitet werden, dass alternativ dazu auch die Beglaubigungsanforderungen des Staats genügen würden, in dem der Schiedsspruch erlassen worden sei, oder dass gar dieser Ort allein maßgebend wäre. Bei einer solchen Anforderung könnte das inländische Gericht die Beglaubigungsbefugnis der bestätigten Person nur sehr mühevoll überprüfen. Allerdings räumt er ein, dass es vernünftiger wäre, sich mit den Formen zu begnügen, in denen im Allgemeinen Urkunden in ein Gerichtsverfahren eingeführt werden (aaO Rz 66). Aus der Überlegung, dass das NYÜ nicht klar ausführt, ob an den Schiedsspruch und die Schiedsgerichtsvereinbarung oder deren Abschriften nur jene Anforderungen für die Echtheit bzw Richtigkeit gestellt werden können, die in dem Staat des Schiedsspruchs vorgesehen sind, oder ob auch die Beglaubigungserfordernisse für ausländische Urkunden im Anerkennungsstaat erfüllt werden müssten, vertritt dagegen in ständiger Rechtsprechung der Oberste Gerichtshof die Auffassung, dass nicht ausschließlich die österreichischen Beglaubigungserfordernisse maßgeblich sind (3 Ob 62/69 = SZ 42/87 = EvBl 1969/432 ua; RIS-Justiz RS0075355). Daran ist auch weiter festzuhalten, zumal sich daraus keineswegs die von Schlosser so vehement abgelehnte Auffassung ergibt, es seien ausschließlich die Beglaubigungserfordernisse am Ort der Schiedsspruchfällung maßgeblich. Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat demnach der Oberste Gerichtshof auch Beglaubigungen nach dem Recht des Staats, in dem der Schiedsspruch erging, als ausreichend angesehen, insbesondere auch durch einen Sekretär der Schiedsgerichtsorganisation, wenn dies den Regeln der auf das Schiedsverfahren angewendeten Schiedsordnung entspricht (3 Ob 320/97y = SZ 70/249 = RdW 1998, 340 = ZfRV 1998/23; 3 Ob 196/02y = RdW 2003, 385). In der letztgenannten Entscheidung wurde im Übrigen auch klargestellt, dass das Geltendmachen der fehlenden formellen Voraussetzungen nach Art IV Abs 1 des NYÜ keinen Verstoß gegen das Neuerungsverbot darstellt, weshalb es im vorliegenden Fall nicht schadet, dass sich die verpflichtete Partei darauf im Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung nicht berufen hatte. Auch Gerichte anderer Staaten begnügen sich mit der Bestätigung durch einen Schiedsrichter oder den Sekretär der Schiedsgerichtsträgerorganisation (Nachweise bei Schlosser aaO Rz 67 in FN 312).

Auch wenn dies nicht in allen dazu ergangenen Entscheidungen so klar zum Ausdruck kommt, setzt eine gehörig legalisierte bzw ordnungsgemäß beglaubigte Urkunde im Sinn des Art IV Abs 1 des NYÜ jedenfalls voraus, dass jene dem Schiedsgericht nahestehende Person, die die Beglaubigung vornimmt, dazu nach der maßgeblichen Schiedsverfahrensordnung auch befugt ist. Dieser Schiedsverfahrensordnung haben sich die Parteien ja unterworfen, weshalb es auch gerechtfertigt ist, sich bei den Voraussetzungen für eine Anerkennung und Vollstreckung mit solchen Beglaubigungen zu begnügen, die nach dieser Ordnung vorgesehen sind. Schon die Entscheidungen 3 Ob 2097/96w und 3 Ob 2098/96t = ZfRV 1996, 199 gehen davon aus, dass nach der damals maßgeblichen Verfahrensordnung durch die Unterschriften des Präsidenten des Schiedsgerichts und des Sekretärs desselben die Unterschriften der Schiedsrichter beglaubigt wurden. Dagegen ergibt sich aus den Gründen der Entscheidung 3 Ob 320/97y eindeutig, dass die bloße Beglaubigung durch einen Sekretär eines ständigen Schiedsgerichts nicht ausreicht, wenn die anzuwendende Schiedsgerichtsordnung eine Beglaubigung in dieser Form nicht vorsieht.

Zutreffend macht nun die verpflichtete Partei geltend, dass die Schiedsgerichtsordnung des LCIA (vielfach auch in der österreichischen Literatur abgedruckt, so auch bei Fasching/Konecny, ZPO2 IV/2 Anh XIV 971 ff) eine Beglaubigungsbefugnis des sogenannten „registrar" nicht vorsieht. Dieser gehört zwar nach deren Art 3 zu den Organen des LCIA, an ihn sind die Mitteilungen der Parteien und der Schiedsrichter zu adressieren (Art 3.3.), eine Beglaubigungsbefugnis wird ihm aber nicht zuerkannt. Insbesondere ergibt sich auch aus Art 26.5. nicht, von wem die den Parteien zu übermittelnden beglaubigten Kopien des Schiedsspruchs zu beglaubigen wären. Allenfalls käme dafür als Generalklausel Art 3.1. in Frage, wonach die Aufgaben des Schiedsgerichtshofs nach der Schiedsgerichtsordnung je nach Zuweisung durch den Präsidenten von diesem selbst, von einem Vizepräsidenten oder einem Ausschuss wahrgenommen werden. Der „registrar" wird in dieser Generalklausel nicht genannt. Damit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Schiedsgerichtsordnung des LCIA Beglaubigungen durch einen Sekretär oder den konkret handelnden „registrar" vorsehen würde. Damit entsprechen dessen Beglaubigungen nicht den, wenn auch strengen Voraussetzungen des NYÜ. Deren Zweckmäßigkeit im Einzelfall zu prüfen wäre Sache der Vertragsstaaten oder allenfalls des österreichischen Gesetzgebers, der im Sinne des Art VII Abs 1 des NYÜ die formellen Anforderungen an die vorzulegenden Urkunden auch senken könnte (vgl dazu § 1064 Abs 1 und 3 dZPO; Schlosser aaO Rz 65).

2.) Zur Vorlage der Schiedsvereinbarung:

Anknüpfend an das zuletzt Dargelegte ist festzustellen, dass auch der österreichische Gesetzgeber diese Möglichkeit durch § 614 Abs 2 ZPO, eingeführt durch das SchiedsRÄG 2006 BGBl I 2006/7, wahrgenommen hat. Diese Regel ist aus nachstehenden Erwägungen für das vorliegende Verfahren bereits maßgeblich. Nach Art VII Abs 1 des SchiedsRÄG trat dieses mit 1. Juli 2006 in Kraft, demnach vor (der Antragstellung und demzufolge auch vor) der erstinstanzlichen Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung. Allerdings sieht als Ausnahme dazu Abs 2 leg cit vor, dass auf Schiedsverfahren, die noch vor dem 1. Juli 2006 eingeleitet wurden, die bisher geltenden Bestimmungen anzuwenden sind. Nach den ErläutRV (1158 BlgNR 22. GP, 31) sollen bereits anhängige Schiedsverfahren und damit auch die mit ihnen verbundenen gerichtlichen Verfahren noch nach den bestehenden Vorschriften zu Ende geführt werden, damit es nicht im bereits anhängigen Schiedsverfahren zu einer Änderung des anwendbaren Rechts kommt, die nicht nur reines Verfahrensrecht, sondern auch damit eng verbundene Fragen des materiellen Rechts betrifft. Auch die noch vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen sollen nicht einem geänderten und daher nicht vorhersehbaren Regime unterworfen werden. Unter den mit dem Schiedsverfahren verbundenen gerichtlichen Verfahren können wohl nur die in § 615 Abs 1 ZPO genannten verstanden werden, weil es wenig sinnvoll erscheint, Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, die im Zusammenhang mit der Vollstreckung dieser Titel in Österreich stehen, als mit den Schiedsverfahren im eigentlichen Sinn verbunden anzusehen. Auch der in den ErläutRV dargelegte Zweck verlangt es nicht, die formellen Erleichterungen des § 614 Abs 2 ZPO erst für zur Vollstreckung von Schiedssprüchen dienende Verfahren einzuführen, die in Schiedsverfahren ergangen sind, welche erst nach dem 30. Juni 2006 eingeleitet wurden. Weder sind materiell-rechtliche Fragen damit verknüpft noch wird durch die sofortige Anwendung des § 614 Abs 2 ZPO das Zu-Ende-Führen des eigentlichen Schiedsverfahrens nach den bisherigen Regeln beeinträchtigt. Es kann daher das vorliegende Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs des LCIA gegen die verpflichtete Partei nicht unter jene Schiedsverfahren subsumiert werden, die nach Art VII Abs 2 SchiedsRÄG von der sofortigen Geltung der neuen Regeln ausgenommen wurden. Es gilt daher für das Inkrafttreten Abs 1 leg cit (ebenso Reiner, Das neue österreichische Schiedsrecht SchiedsRÄG 2006, 60 f FN 244 [der allerdings auf ab dem 1. Juli 2006 eingeleitete Vollstreckbarerklärungsverfahren abstellt, was im vorliegenden Fall ebenfalls zutrifft]; Öhlberger, Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche in Österreich und deren Formvoraussetzungen nach dem New Yorker Übereinkommen, SchiedsVZ 2007, 77 [80 f]).

Nach § 614 Abs 2 ZPO ist die Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Schiedsvereinbarung nach Art IV Abs 1 lit b NYÜ nur nach Aufforderung durch das Gericht erforderlich. Nach den ErläutRV (aaO 29) soll diese Vorlage nur dann gefordert werden, wenn Zweifel über das Vorliegen der Schiedsvereinbarung bestehen. Zutreffend wird dazu die Auffassung vertreten, dass die Vorlage nicht einmal dann angeordnet werden muss, wenn dies vom Antragsgegner ausdrücklich beantragt wird, es vielmehr im (pflichtgemäßen) Ermessen des Exekutionsgerichts liegt, ob es eine solche Vorlage anordnet (Rechberger/Melis in Rechberger3 § 614 ZPO Rz 5; Hausmaninger in Fasching/Konecny2 § 614 ZPO Rz 79; ähnlich Öhlberger aaO 80).

Wie einleitend dargelegt wurde, bestreitet die verpflichtete Partei nicht substantiiert, es liege die vom Schiedsgericht als gegeben angesehene Schiedsvereinbarung in Wahrheit gar nicht vor, sondern begnügt sich damit, das Vorliegen der notwendigen Beglaubigungen zu bestreiten. Unter diesen Umständen sind keine berechtigten Zweifel am Vorliegen einer Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien angebracht, weshalb auch eine Aufforderung durch das Gericht zur Vorlage nicht zu erfolgen hatte. Demnach kann es darauf, ob eine gehörige Beglaubigung der Schiedsvereinbarung selbst vorliegt, nicht ankommen.

3.) Zur Beglaubigung des Schiedsspruchs:

Wie bereits ausgeführt verlangt Art IV Abs 1 lit a des NYÜ die Vorlage einer gehörig beglaubigten (legalisierten) Urschrift des Schiedsspruchs oder einer Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist.

Der Oberste Gerichtshof hat in gleichlautenden Passagen der Entscheidungen 3 Ob 2097/96w, 3 Ob 2098/96t, 3 Ob 320/97y und 3 Ob 196/02y weitere Lehrmeinungen von Schlosser (Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit2 Rz 928) zitiert, wonach es der englische Ausdruck „certified" gestatte, die Bestätigung eines den Schiedsverfahrensparteien als neutrale Person nahestehenden Funktionsträgers für ausreichend zu halten ... . Wie ein Vergleich mit jenem Werk ergibt, fehlt in den Zitaten jedoch die Wortgruppe „für die Kopie des Originalschiedsspruchs". Die Äußerung Schlossers bezieht sich, woran auch im Hinblick auf den englischen Abkommenstext kein Zweifel bestehen kann, eben allein auf die Kopie des Originalschiedsspruchs, zumal er in der Folge hervorhebt, dass sich die beglaubigte Abschrift auf ein Original beziehen müsse, dessen Unterschrift beglaubigt sei. Es wäre sinnwidrig, bei Vorlage nur einer beglaubigten Abschrift keinerlei, also auch keinen durch mittelbare Beglaubigung erbrachten formellen Beweis für die Echtheit der Unterschrift zu verlangen. Tatsächlich nennt der englische Originaltext (deutlicher als der deutsche) in Art IV Abs 1 lit a des NYÜ zwei klar unterschiedene Formen von Beglaubigung, was (für das Original) mit „duly authenticated" und (für die Kopie) mit „duly certified" bezeichnet wird. Demnach geht es beim Original um die Legalisation der Unterschriften der Schiedsrichter (so zutreffend Schlosser aaO). Lediglich für die Kopie ist die geringere Form der Beglaubigung vorgesehen, für die auch Schlosser nicht die strenge, in Österreich in § 79 NO geregelte Beglaubigung der Echtheit einer händischen Unterschrift verlangt. Es ist Schlosser auch darin zuzustimmen, dass aus der Möglichkeit, Kopien vorzulegen, nicht abgeleitet werden kann, man könnte deshalb schon auf die förmliche Bestätigung der Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter auf dem Original für die Zwecke der Anerkennung und Vollstreckung völlig verzichten. In diesem Sinn verlangte auch bereits der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 3 Ob 320/97y und 3 Ob 196/02y, dass bei beglaubigten Abschriften zumindest mittelbar auch die Echtheit der Unterschriften auf der Urschrift beglaubigt werden müsse.

Im vorliegenden Fall trägt nun die vorgelegte Abschrift des Schiedsspruchs nur die Bestätigung der Übereinstimmung mit dem Original des Schiedsspruchs, womit nach Ansicht des erkennenden Senats auch nicht mittelbar die Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter auf dem Schiedsspruch als im Sinne des Art IV Abs 1 lit a des NYÜ beglaubigt angesehen werden kann.

Daraus folgt, dass auf Basis der vorgelegten Urkunden die Vollstreckbarerklärung nicht hätte erteilt werden dürfen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher insoweit im Sinne seines Aufhebungsantrags berechtigt.

Das Erstgericht wird daher ein entsprechendes Verbesserungsverfahren einzuleiten haben (Hausmaninger aaO § 614 ZPO Rz 48 mwN).

II. Zur Exekutionsbewilligung:

Da § 84 Abs 4 EO, wonach ein weiterer Rekurs nicht deshalb unzulässig ist, weil das Gericht zweiter Instanz die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung zur Gänze bestätigt hat, auf die Entscheidung über die Exekutionsanträge, die mit Anträgen auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel verbunden wurden, nur bei konformen abweisenden, nicht jedoch - wie hier - bei konformen bewilligenden Beschlüssen zweiter Instanz anzuwenden ist (RIS-Justiz RS0114023 [T3]), ist der Revisionsrekurs gegen die bestätigte Exekutionsbewilligung nach § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Dasselbe gilt an sich auch nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO für den ausdrücklich erhobenen Kostenrekurs.

Infolge Aufhebung der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung ist aber die Kostenentscheidung zweiter Instanz über die Rekursbeantwortung der betreibenden Parteien aufzuheben. Im Hinblick auf die Einseitigkeit des Exekutionsverfahrens ist davon auszugehen, dass der Kostenzuspruch zweiter Instanz allein das Verfahren auf Erteilung der Vollstreckbarerklärung betrifft, das in zweiter Instanz nach § 84 Abs 1 EO zweiseitig ausgestaltet ist.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 EO iVm § 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte