Normen
Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 200/1961 ArtIV
Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 200/1961 ArtIV
Spruch:
Art. IV des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 200/1961.
Zur Frage, ob an den Schiedsspruch und die Schiedsgerichtsvereinbarung oder deren Abschriften nur jene Anforderungen für die Echtheit bzw. Richtigkeit gestellt werden können, die in dem Staat, in dem oder nach dessen Recht der Schiedsspruch gefällt wurde, vorgesehen sind, oder ob auch die in dem Staat, in dem er geltend gemacht wird, vorgesehenen Beglaubigungserfordernisse für ausländische Urkunden erfüllt werden müssen.
Entscheidung vom 11. Juni 1969, 3 Ob 62/69.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Der betreibenden Partei wurde vom Erstgericht auf Grund eines Schiedsspruches der Schiedskommission für den Außenhandel bei der Handelskammer in Sofia vom 6. Juli 1968 zur Hereinbringung einer Forderung von 39.330.70 S s. A. am 25. Februar 1969 die Fahrnisexekution bewilligt.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
Die verpflichtete Partei bekämpft die Exekutionsbewilligung mit der Begründung, die betreibende Partei hätte den Schiedsvertrag und den Schiedsspruch in Original vorlegen müssen, sie habe aber nur von einem bulgarischen Notar beglaubigte Abschriften vorgelegt. Der Schiedsspruch sei nicht von dem im Schiedsvertrag vereinbarten Schiedsgericht des bulgarischen Handelspalastes, sondern vom Schiedsgericht der bulgarischen Handelskammer gefällt worden. Die Übersetzung der Urkunden hätte von einem in Österreich akkreditierten Dolmetsch vorgenommen werden müssen, andernfalls hätten die Beglaubigungen der Übersetzungen von der österreichischen diplomatischen Vertretung und nicht vom bulgarischen Außenministerium erfolgen müssen. Weiters wird behauptet, der Anwalt der Verpflichteten habe sich nicht vorbehaltlos in die Verhandlung beim Schiedsgericht eingelassen, sondern dessen Zuständigkeit ausdrücklich bestritten, das Verhandlungsprotokoll sei unvollständig und es sei verschwiegen worden, daß dem Schiedsgericht nur bulgarische Staatsbürger angehören können.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gemäß Art. IV des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. Nr. 200/1961, dem auch Bulgarien beigetreten ist, ist zur Vollstreckung eines Schiedsspruches erforderlich, daß die betreibende Partei zugleich mit dem Antrag die beglaubigte Urschrift des Schiedsspruches oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit der Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist, vorlegt. Weiters die Urschrift der Schiedsgerichtsvereinbarung oder eine Abschrift derselben, deren Übereinstimmung mit der Urschrift ebenfalls ordnungsgemäß beglaubigt ist. In dem Übereinkommen wird nicht klar gesagt, ob an den Schiedsspruch und die Schiedsgerichtsvereinbarung oder deren Abschriften nur jene Anforderungen für die Echtheit bzw. Richtigkeit gestellt werden könne, die in dem Staat, in dem oder nach dessen Recht der Schiedsspruch gefällt wurde, vorgesehen sind, oder ob auch die in dem Staat, in dem er geltend gemacht wird, vorgesehenen Beglaubigungserfordernisse für ausländische Urkunden erfüllt werden müssen. Nach dem Übereinkommen ist der Antragsteller also nicht gezwungen, sich an die ausländische Vertretung des Staates zu wenden, in dem er den Antrag stellen will. Gemäß Abs. 2 des Art. IV des genannten Übereinkommens hat die Partei, die die Vollstreckung des Schiedsspruches nachsucht, eine Übersetzung der genannten Urkunden in der Sprache des Landes nachzubringen, in dem sie den Schiedsspruch geltend macht. Die Übersetzung muß von einem amtlichen oder beeideten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter beglaubigt sein. Auch hier läßt das Übereinkommen es dem Antragsteller frei, bei welcher Vertretung er die Beglaubigung vornehmen will. Zur Vermeidung von Schwierigkeiten wird es sich zwar empfehlen, die Urkundenabschriften bei der Vertretung des Staates beglaubigen zu lassen, dessen Gerichte und die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches ersucht werden (vgl. Bülow - Arnold Intern. Rechtsverkehr 240 a Anm. 39, Sedlacek in ZfRV. 1962 S. 31 ff.), ein Zwang hiezu besteht aber nicht. Auch der JME. vom 4. Jänner 1921, JABl. Nr. 1, wonach im Ausland zustande gekommene Urkunden von den inländischen Behörden nur dann angenommen und für rechtsgültig erkannt werden sollen, wenn sie von einer österreichischen Vertretungsbehörde beglaubigt sind, normiert keinen solchen Zwang, sondern ist nur eine interne Anweisung ohne Gesetzeskraft. Es bleibt daher dem Gericht überlassen, die vorgelegten Urkunden hinsichtlich ihrer Beweiskraft zu werten. Es ist den Untergerichten beizustimmen, daß kein Anlaß zu Bedenken gegen die Richtigkeit der Urkunden und ihre Übereinstimmung mit den Originalen besteht. Die Übereinstimmung der Abschriften mit den Originalen wurde in beiden Fällen vom zweiten Notar beim Volksgericht Sofia bescheinigt, das Justizministerium der Volksrepublik Bulgarien bestätigte die Echtheit der Unterschrift des Notars, das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten beglaubigte die Unterschrift des Beamten des Justizministeriums und schließlich wurden die Unterschrift des Legationsrates des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten und das Amtssiegel von der österreichischen Botschaft beglaubigt. Der österreichische beeidete Gerichtsdolmetsch K. bestätigte unter Berufung auf seinen Eid die Richtigkeit der Übersetzung.
Aus den vorgelegten Übersetzungen geht hervor, daß der Schiedsspruch von der Schiedsgerichtskommission gefällt wurde, die im Kaufvertrag vom 4. Februar 1966 vereinbart worden war. Auch aus dem bulgarischen Text geht hervor, daß in beiden Urkunden dieses Schiedsgericht gleich bezeichnet wird, ob es nun richtig Schiedsgericht bei der bulgarischen Handelskammer oder beim bulgarischen Handelspalast heißen soll, ist daher ohne Bedeutung.
Ein Grund zur Versagung der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches im Sinn des Art, V des genannten Übereinkommens liegt nicht vor. Es widerspricht nicht der öffentlichen Ordnung Österreichs, den Schiedsspruch eines Schiedsgerichtes anzuerkennen, dem sich die Vertragspartner vereinbarungsgemäß unterworfen haben.
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